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(af) Die Aachener Händel sind ein Beispiel für die konfessionelle Problematik, die sich aus den Regelungen des Augsburger Religionsfriedens für Reichsstädte ergab. Der Stadtobrigkeit stand kein ius reformandi zu. In Aachen bedeutete dies, dass das Anwachsen der calvinistischen Bevölkerung keine Konsequenzen für die Zusammensetzung des Rates hatte. 1580 hatte die Bürgermeisterwahl eine calvinistische Mehrheit ergeben, aber schon 1560 war von einer kaiserlichen Kommission angemahnt worden, dass entsprechend des Ratswahldekrets nur Katholiken in den Rat gewählt werden könnten. Die Angelegenheit wurde auf den Reichstag von 1582 verschoben, doch ohne Erfolg für Aachen. 1593 wurde die Stadt mit der kaiserlichen Acht belegt. Der Katholizismus wurde durch die Reichsexekution von 1598 wiederhergestellt.
(Konfessionelles Zeitalter)
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Charles Irénée Castel Abbe de Saint Pierre, 1658-1743, französischer Geistlicher und Schriftsteller. Er macht in seinen Schriften zahlreiche Vorschläge für Reformen der inneren Verfassung Frankreichs, wird aber vor allem bekannt durch seinen zuerst 1713 erschienenen "Traktat vom Ewigen Frieden". Dort schlägt er einen Zusammenschluss aller europäischen Staaten zur Erhaltung des Friedens vor.
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bezeichnet nach dem katholischen Kirchenrecht den Nachlass zeitl. Strafen vor Gott für Sünden, deren Schuld schon getilgt ist (Corpus Iuris Canonici: Can. 992 ). Der Ablass entstand auf dem Boden der frühmittelalterlichen Bußpraxis in der lat. Kirche und wurde erstmals im 11. Jh. in Frankreich gewährt. Zunächst noch mit dem Bußsakrament verbunden, wurde er im 13. Jh. von diesem abgetrennt und in der Folge oft als „Bußersatz“ missverstanden. Die Kommerzialisierung des Ablasses (Verkauf von Beichtbriefen) setzte im 14. Jh. ein und erreichte am Anfang des 16. Jh. im planmäßigen, von der Kirche geförderten Ablasshandel ihren Höhepunkt. Gegen diese Praxis trat Luther 1517 mit seinen 95 Thesen gegen den Ablass auf; der Missbrauch wurde jedoch erst durch das Konzil von Trient (1545-63) abgestellt.
(Reformation)
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Ächtung: Ausschluss aus der Gemeinschaft. Die so aus dem Rechtsverband ausgestoßenen wurden rechtlos, ehrlos und vogelfrei. Die räumliche Wirkung erstreckte sich auf den Gerichtsbezirk des Gerichts, das die Acht ausgesprochen hatte, später auf das übrige Territorium.
(Reformation)
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(ml) Mit Wilhelm Abel bezeichnet der Begriff
„Agrarkrise des Mittelalters“ das „langfristige
Missverhältnis zwischen den Erlös- und Kostenpreisen
des Landbaues, den Rückgang des Getreideanbaus und den
Abfall der Grundrenten, verbunden mit einem verstärkten
Anfall leer werdender Dörfer und unbewirtschafteter
Fluren (
Wüstungen)“ (
Abel, Strukturen, 7).
Abel identifiziert eine konjunkturelle Depression in
der Landwirtschaft im 14. und 15. Jh., die vor allem
auf mangelnde Nachfrage und damit fehlende Absatzmöglichkeiten
für landwirtschaftliche Produkte zurückzuführen sei.
Der Grund für die mangelnde Nachfrage sei ein durch
Hungersnöte seit Beginn und
Pestepidemien seit Mitte
des 14. Jh.s verursachter Bevölkerungsrückgang
gewesen. Aufgrund der Überproduktion
(=Marktungleichgewicht) hätten sich die
Relativpreise
für landwirtschaftliche Produkte im Verhältnis zu
denen für Gewerbeprodukte ungünstiger entwickelt.
Wegen des Bevölkerungsrückgangs seien zudem die Löhne
gestiegen (verringertes Arbeitsangebot). Dies habe die
Landwirtschaft unrentabler gemacht und zur Aufgabe von
Dörfern („Wüstungen“) und bisher
landwirtschaftlich genutzten Flächen geführt.
Die maßgeblich auf Abels Habilitationsschrift von 1935
(„Agrarkrisen und Agrarkonjunktur in Mitteleuropa vom
13. bis zum 19. Jahrhundert“, 1935; 3., neubearbeitete
Auflage:
Abel, Agrarkrisen) zurückgehende Bezeichnung
hat sich – trotz vielfacher Diskussion - inzwischen
als feststehender Begriff etabliert.
Wilhelm Abel, Strukturen und Krisen der spätmittelalterlichen Wirtschaft (= Quellen und Forschungen zur Agrargeschichte 32), Stuttgart 1980.
Hieram Kümper, Referat: Zur Problematik der „Krise des Spätmittelalters“,
Ruhr-Universität Bochum, WS 2001/02.
(Wirtschaftliche Grundstrukturen und Entwicklungen)
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(el) Allmende bezeichnet Land, das sich in Gemeindeeigentum von Städten und Dörfern befand und von den Gemeindemitgliedern genutzt wurde. Die Allmende, das „allen zustehende Land“, bestand aus Weiden (v.a. in den Gebirgsgegenden), Ackerland (v.a. in der Ebene), Wald (Brennholz, Bauholz, Viehstreu, Waldfrüchte), Gewässern sowie aus Steinbrüchen, Sand- und Lehmgruben.
Bis ins 10. Jh. lässt sich die Allmende zurückverfolgen, bis ins HochMA umfasste sie auch Jagd- und Fischereirechte.
Nutzungsberechtigt waren die Vollmitglieder der Gemeinde; in der Regel war das Nutzungsrecht an den Besitz einer Hufe, eines Bauernhofes oder zumindest einer Herdstelle gebunden. Streit um die Nutzgrenzen und um die Nutzungsdichte z.B. bei Weideland war gerade in Zeiten des schnellen Bevölkerungswachstums Anlass für Gerichtsprozesse. Versuche, neu Zugezogenen die Allmenderechte zu verweigern, führten zu sozialen Kämpfen, die schließlich auch einer der Auslöser für die Abschaffung der Allmende waren.
E. Sachers, Allmende, in: HRG, 108-120; L. Carlen, Allmende, in: LexMA, 439-440.
(Ländliche Gesellschaft)
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(ms) Das Altenteil stellt eine vertragliche Regelung zwischen dem vererbenden Bauernpaar bzw. dem überlebenden Elternteil und dem Erben dar, die mündlich oder auch schriftlich getroffen wird. Sie beinhaltet mitunter sehr detaillierte Absprachen über die Versorgung mit Nahrung, Anteil an der Viehwirtschaft, Dienstleistungen sowie Zusicherung von Wohnraum. Eine Altenteil-Regelung war nur im Falle der
Übergabe der Hofstelle bei mindestens noch einem lebenden Elternteil nötig (Vererbung inter vivos) und setzte eine gewisse Wirtschaftskraft des Hofes voraus.
(Ländliche Gesellschaft)
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Gegen Mitte der 1770er Jahre eskalieren Konflikten über die Verwaltung der britischen Kolonien in Nordamerika zwischen den Kolonisten einerseits und der Regierung und dem Parlament in London andererseits. 1776 erklären sich die Kolonien für unabhängig, es kommt zu kriegerischen Auseinandersetzungen in Amerika. Ab 1778 greift - aufgrund seiner Konkurrenz mit Großbritannien - Frankreich auf Seite der Kolonien in den Krieg ein, 1779 schließt sich Spanien an. Der Krieg wird in der ganzen Welt von der Karibik bis nach Indien ausgetragen. Der Frieden von Versailles 1783 führt nur zu wenigen Veränderungen zwischen den europäischen Mächten; die amerikanischen Kolonien können allerdings ihre Unabhängigkeit erreichen.
(Int. Konflikte, Mächtesystem)
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(jl) Antiklerikalismus bezeichnet eine Haltung der mehr oder weniger radikalen Kritik an Erscheinungsbild und Legitimation des Klerus-Standes.
Der Antiklerikalismus entwickelte sich vor dem Hintergrund der seit dem 12. Jh. kirchenrechtlich festgeschriebenen Trennung von Klerikern und Laien. Diese durch das Weihe- Sakrament begründete Trennung manifestierte sich in der ungleichen Stellung von Klerikern und Laien, die in verschiedenen Bereichen während des Spätmittelalters zunehmend zum Gegenstand der Kritik wurde. Vor allem die Kritik an:
Diese Formen der vorreformatorischen Kleruskritik blieben auch in der Reformationszeit präsent, verbanden sich aber mit einer viel grundsätzlicheren Kritik an der generellen theologischen Berechtigung der Trennung von Klerikern und Laien. Unter Bezugnahme auf die reformatorische Vorstellung vom Priestertum aller Gläubigen wurde nicht mehr nur eine partielle Verbesserung kirchlicher Missstände, sondern die generelle Abschaffung des Kleriker-Standes gefordert.
Der Antiklerikalismus bestimmte die Durchsetzung des Reformationsprozesses in Dynamik und Duktus und wirkte durch die gemeinsame Abgrenzung nach außen (gegenüber der römischen Kirche und dem Klerus) identitätsbildend und einheitsstiftend nach innen. Der anfangs noch nicht weiter ausdifferenzierte Antiklerikalismus der frühen Reformationsphase bildete die gemeinsame Front aller reformatorischen Bewegungen und überdeckte zunächst die bald auftretenden Differenzen (Wittenberger Unruhen, Bauernkrieg) innerhalb der reformatorischen Bewegung.
Aus dem Phänomen des Antiklerikalismus entwickelte sich seit den späten 1980er Jahren ein eigener Forschungsansatz zur Erklärung der Genese des Reformationsprozesses. Zu Problemen und Tendenzen dieses Antiklerikalismuskonzepts siehe Mörke, Reformation S. 121-125.
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(af) Nach der siegreichen Beendigung des Schmalkaldischen Krieges hatte Karl V. auf dem Augsburger Reichstag von 1548 eine neue Ausgangsbasis für eine religiöse Einigung unter kaiserlicher Oberhoheit gewonnen. Das dafür von gemäßigten evangelischen und katholischen Theologen ausgearbeitete Augsburger Interim war doch vor allem katholisch-kaiserlich geprägt. Inhaltlich gestand das Interim den evangelischen Ständen die Priesterehe und den Laienkelch zu, wobei ansonsten die katholischen Traditionen verbindlich bleiben sollten (und damit auch die bischöfliche Jurisdiktion). Für die katholischen Reichstände galt das Interim nicht, stattdessen erließ der Kaiser die Formula reformationis.
Das Augsburger Interim wurde zwar erlassen, war aber nicht durchführbar, da es von Katholiken wie Protestanten abgelehnt wurde. Theologisch war diese Lösung für beide Seiten nicht weitgehend genug, politisch war man nicht bereit dem Kaiser diese Kompetenz in Religionssachen zuzusprechen.
(Konfessionelles Zeitalter, Reformation)
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(el) Das Säen erfolgte über Jahrhunderte von Hand; Vorläufer von Sämaschinen gab es 1663 in Spanien und 1670 in England sowie 1758/59 auf einem Gut in der Westlausitz. Diese bewährten sich jedoch nicht gegenüber der Handaussaat. Erst die von James Cooke 1783 entwickelte Sämaschine hatte Zukunft, ihr hoher Preis verhinderte aber den Einzug in die bäuerliche Wirtschaft Deutschlands.
(Ländliche Gesellschaft)
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Anrufung einer höheren gerichtlichen Instanz. Die Kurfürsten und die meisten großen Fürsten des Reiches erwarben sog. "Appellationsprivilegien" ("privilegia de non appellando"), d.h. der Kaiser verlieh ihnen das Recht, ihren Untertanen die Appellation an ein kaiserliches Gericht zu versagen. Darüber hinaus verlieh er "privilegia de non evocando", d.h. der Kaiser selbst durfte keine Prozesse vom Gericht des betreffenden Landesherrn mehr vor sein eigenes Gericht ziehen. Das machte die landesherrlichen Gerichte zu den höchsten Gerichtsinstanzen in dem betreffenden Land und war ein wesentlicher Schritt zur einheitlichen fürstlichen Territorialherrschaft.
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(el) Städtische Zünfte konnten bei ausreichendem Einfluss obrigkeitliche Verordnungen bewirken, nach denen sich im Umkreis der Stadt (½ - 2 Meilen) keine Landhandwerker niederlassen durften. Dies galt allerdings nur teilweise für die Handwerke der Grundversorgung. In Schleswig und Holstein z.B. war nach einer königlichen Konstitution von 1711 innerhalb der städtischen Bannmeilen in jedem Kirchspiel ein Rademacher, Grobschmied, Bauernschneider und Schuster erlaubt. Im Fürstbistum Göttingen dagegen durften nach einem Landtagsabschied von 1601 innerhalb der Bannmeile keine Handwerker ansässig sein.
(Ländliche Gesellschaft)
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(rt) Die Bauern (
regional unterschiedliche Bezeichnungen der Bauern) mit einer zur Subsistenz ausreichenden Landwirtschaft bildeten die älteste Siedlungsschicht und waren vollberechtigte Gemeindemitglieder. Sie hatten das Recht, die Gemeinheit zu nutzen
(
Ritter, Nachsiedlerschichten, 94).
(Ländliche Gesellschaft)
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(af) Der Bauernkrieg ist keine geschlossene in sich zusammenhängende Bewegung, sondern erhielt diese Bezeichnung aus der Perspektive der betroffenen Obrigkeiten, die die parallelen Bewegungen als einheitliche Bedrohung ansahen. Er stand in der Tradition zahlreicher bäuerliche Unruhen seit dem 14. Jh. (z.B. Aufstand des Armen Konrad, 1514 in Württemberg, Bundschuhaufstand am Oberrhein zwischen 1493 und 1517). Die Berufung auf die Heilige Schrift verlieh herkömmlichen Beschwerden eine neue Radikalität, religiöse Legitimation und überregional integrierende Wirkung. Schon 1524 kam es u.a. in Forchheim in der Nähe von Nürnberg und in der Landgrafschaft Stühlingen zu Unruhen, in denen die Wiederherstellung verletzten „alten Rechts“ verlangt wurde. In Oberschwaben begann die Erhebung des „gemeinen Mannes“ Anfang 1525 (v.a. drei Bauernbünde: Baltringer Haufen, Allgäuer Haufen, Seehaufen). Ende Februar fasste der Kürschnergeselle Sebastian Lotzer in Memmingen die Beschwerden in „Zwölf Artikeln“ zusammen, in denen die bäuerlichen Forderungen ( außer der freien Pfarrerwahl durch die Gemeinde betrafen diese alle den Agrarbereich, wie Abschaffung des
kleinen Zehnten, Aufhebung der Leibeigenschaft) mit dem Evangelium, dem „göttlichen Wort“, begründet wurden; aus der Forderung nach der Wiederherstellung des „alten Rechts“ wurde nun die Forderung nach dem „göttlichen Recht“.
Bis Anfang Mai erfasste der Aufstand den Südwesten und Süden des Heiligen Römischen Reiches einschließlich der Alpenländer (außer Bayern), Teile der Schweiz sowie die Pfalz, das Elsass und Thüringen/Vogtland. Auch landesherrliche Städte und Teile der reichsstädtischen Unterschichten schlossen sich an. Thomas Müntzer, ein Vertreter der radikalen Reformation, der sich im März in der Reichsstadt Mühlhausen durchgesetzt hatte, suchte die Aufständischen in den Dienst einer radikalen Verchristlichung der Welt zu stellen. Nachdem die oberschwäbischen Bauern sich zunächst um einen gütlichen Ausgleich mit den Herren bemüht hatten, kam es seit Ende März zu den ersten Gewalttaten. Luther grenzte sich radikal von den bäuerlichen Aufstandsbewegungen ab (Wider die räuberischen und mörderischen Rotten der andern Bauern).
Die Organisation des Aufstandes erfolgte in bündischen Formen, durch lokale Bündnisse mit Bergleuten und mit Städten. In Heilbronn wurde die Bildung eines Bauernparlaments versucht. Doch diese Ansätze zu einem gesamtheitlichen politischen Reformprogramm wurden durch die Niederlage in Böblingen gesprengt.
Die fehlende politische und militärische Geschlossenheit des Aufstandes, der größten politisch-sozialen Massenbewegung der deutschen Geschichte, erleichterte seine Niederwerfung durch Georg Truchseß von Waldburg, den Heerführer des Schwäbischen Bundes, durch Herzog Anton II., den Guten, von Lothringen sowie durch Landgraf Philipp I., den Großmütigen, von Hessen (Schlachten: Leipheim (4.4.), Wurzach (14.4.) sowie - nach der Wende des Bauernkrieges durch den Vertrag von Weingarten (17.4.) Böblingen (12.5.), Königshofen (2.6.), Zabern (16.5.) und Frankenhausen (15.5.).
In der marxistischen Forschung wurden Reformation und Bauernkrieg in der Tradition Friedrich Engels als „frühbürgerliche Revolution“ gedeutet
(
Vogler, Gehalt).
Die Niederlage der Bauern wurde in der Forschung lange als Ende der evangelischen Bewegung und der Bauern als politischer Kraft interpretiert. Nach der Niederschlagung des Bauernkrieges sei die Gemeindereformation von der Fürstenreformation abgelöst worden, die Reformation habe sich damit von einer Massenbewegung mit durchaus gesellschafts- und herrschaftskritischer Problematik zu einer obrigkeitlichen Veranstaltung gewandelt
(
Blickle, Gemeindereformation, 205-215). Dieser Antagonismus von Reformation „von oben“ und „von unten“ wird u.a. von Bernd Hamm kritisiert
(
Hamm, Reformation). Außerdem begann sich die soziale und wirtschaftliche Lage der Bauern seit der zweiten Hälfte des 16. Jh.s zu stabilisieren, die obrigkeitliche Sorge vor neuen Erhebungen hatte zu einer teilweisen Beseitigung der Missstände geführt.
Quelle: Die 12 „Hauptartikel aller Bauernschaft“ 1524
(Reformation)
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(af) Zu den bezahlten Bediensteten einer ländlichen Gemeinde gehörte der Hirte, ein Büttel (Erledigung von Botengängen, Schuldeintreibungen, Haussuchungen), der Flurschütz, der Holzknecht, der Feuermeister, der Brunnenwärter etc. Diese Beamten wurden für jeweils ein Jahr bestellt. Daneben gab es auch nur zeitweise eingestellte Bedienstete.
(Ländliche Gesellschaft)
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(el) Mit dem Pflug wird der Boden erst senkrecht (mit Sech), dann waagerecht (mit Schar) geschnitten, um dann mit dem Streichbrett/-blech nach einer Seite gewendet zu werden. Mit dem Beetpflug ließ sich die Scholle nur zu einer Seite wenden. D.h. man konnte den Acker nur in eine Richtung pflügen und nicht neben der bereits gezogenen Furche zurückackern. Hier behalf man sich, indem man den Acker z.B. von außen nach innen pflügte. |
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Johann Adam Schall von Bell in der Kleidung eines
Mandarin
Stich aus: Athanasius Kircher, China monumentis qua sacris qua profanis...aliarumque rerum memorabilium argumentis
illustrata, Amsterdam 1649, Tafel 11
aus: Anette Völker-Rasor (Hrsg.), Frühe Neuzeit. München
2000, 79.
(el) Der Jesuit Johann Adam Schall von Bell (1592-1666) reiste 1618 nach Bejing und trat in den Dienst des chinesischen Kaisers. Er führte eine Kalenderreform in China durch, die – durch die Verbindung von Kosmos und Natur in der chinesischen Kultur – von zentraler Bedeutung war, da hierdurch die Bewegung der Himmelskörper, Sonnen- und Mondfinsternisse exakt vorausgesagt werden konnten (Keplersche Tafeln). Er stieg zum Mandarin erster Klasse (höchster Beamter) auf und wurde zum Direktor des Astronomischen Amtes.
(Europäische Expansion)
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(ml) Der Begriff „Regal“ wird im Wormser Konkordat (1122) erstmals nachgewiesen und bezeichnet Hoheitsrechte.
Das Bergregal als das Recht, Erz abzubauen, gehört wie z.B. das Wasser- und Wegeregal, das Mühlenregal und das Fischereiregal zu den wirtschaftlichen Nutzen bringenden Regalien. Im Hochmittelalter verstärkte sich zwar die Einschätzung, die Nutzung von Erzfunden könne nur mit Einwilligung des Königs geschehen, doch erscheint sie bis ins 11. Jh. als Zubehör auch nichtköniglicher Grundherrschaften. Die praktische Durchsetzung des königlichen Bergregals gegenüber den Fürsten bleibt auch nach der Constitutio de regalibus Friedrich Barbarossas von 1158, die als Rechtsgrundlage des Bergregals angesehen wird, schwierig. Daher wurde in der Goldenen Bulle (1356) das Bergregal auf die Kurfürsten übertragen, im Westfälischen Frieden (1648) auch allen übrigen Fürsten das Bergregal verliehen.
Mit dem Bergregal war ein unumschränktes Aneignungsrecht des Landesherrn über gewisse Mineralien verbunden, das er nach Belieben ausüben konnte. Beutete der Landesherr das Bergregal nicht selbst aus, so konnte er es wie eine Konzession an Dritte weiterverleihen, die als Gegenleistung den Bergzehnt zahlten und meist dem Landesherrn ein Vorkaufsrecht an den Metallen einzuräumen hatten. Auch die Veräußerung des Bergregals selbst an Dritte war möglich. Da der Erzabbau eng mit Metallgewinnung und Münzprägung verbunden war, ergaben sich durch die Abgaben der Hütten und Prägeanstalten weitere Einnahmen.
Raimund Willecke, Bergrecht, in: LexMA. Bd. 1, München/Zürich 1980, 1957-1959.
(Wirtschaftliche Grundstrukturen und Entwicklungen)
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(af) geb. Noyon 10. 7. 1509, gest. Genf 27. 5. 1564;
1535 kam der Franzose Calvin als Flüchtling nach Basel und veröffentlichte dort 1536 sein Hauptwerk „Christianae Religionis Institutio“ (Unterricht in der christlichen Religion). Im selben Jahr wurde er nach Genf berufen, aber wegen des Versuches, eine strenge Kirchenzucht einzuführen, 1538 aus der Stadt ausgewiesen. 1541 nach Genf zurückberufen, legte Calvin dem Rat der Stadt eine auf strenge Gemeindezucht angelegte Kirchenordnung (Ordonnances ecclésiastiques) zur Beschlussfassung vor; sie wurde vom Rat angenommen und in den folgenden Jahren konsequent durchgeführt. 1542 erschien der Genfer Katechismus als weitere reformierte Bekenntnisschrift.
Über Genf hinaus hatte Calvin an der Durchsetzung der Reformation in ganz Europa erheblichen Anteil. Genf wurde zum Zentrum der Reformierten und zu einem Vorbild eines nach der göttlichen Offenbarung gestalteten Gemeinwesens, geprägt durch eine äußerst strenge Kirchenzucht (z.B. Verbot von Tanzveranstaltungen, Würfel- und Glücksspiel etc.). Die ganze Härte der Kirchenzucht zeigte sich an der berühmten Verurteilung des Naturphilosophen Michel Servet (Entdecker des doppelten Blutkreises). Auf der Flucht vor der Inquisition wurde Servet 1553 in Genf erkannt und auf Betreiben Calvins verurteilt und öffentlich verbrannt.
(Reformation)
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(af) Constitutio Criminalis Carolina, auch Peinliche Gerichtsordnung: Erster Versuch eines allgemeinen deutschen Strafgesetzbuch, von Karl V. auf dem Reichstag zu Regensburg 1532 zum Reichsgesetz erhoben. Sie spiegelt den Umbruch vom Mittelalter zur Neuzeit im Rechtsbereich wider und steht unter dem Eindruck der Rezeption der römisch-italienischen Strafrechtslehre: z.B. endgültige Bestätigung des Offizial- und Inquisitionsprinzip (Strafrechtspflege als staatliche Aufgabe), Einführung der Lehre vom gesetzlichen Beweis nach der Theorie des italienisch-kanonischen Prozesses, die Anwendung der Folter nach genauen gesetzlichen Bestimmungen (Indizienlehre).
Die Carolina besaß allerdings gegenüber den einzelnen Landesrechten nur subsidiäre Geltung. Auf ihrer Grundlage entwickelte sich aber in den folgenden Jahrhunderten ein allgemeines deutsches Strafrecht.
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Christoph Columbus, spanisch Cristóbal Colón (1451-1506) nahm von Genua aus an Seefahrten und Handel teil und kam 1476 nach Lissabon. Da der Versuch, die portugiesische Krone für die Suche nach einem Westweg nach Indien zu gewinnen, scheiterte, begab sich Columbus 1485 nach Spanien, wo er schließlich 1492 einen
Vertrag mit Isabella von Kastilien und Ferdinand von Aragón erwirken konnte, durch den ihm drei Schiffe für seine Reise und bestimmte Rechte zugesichert wurden.
Auf seiner ersten Fahrt (3.8.1492-15.3.1493) landete Columbus am 12.10.1492 auf einer der Bahamainseln. Auf der zweiten Fahrt mit 17 Schiffen und etwa 1500 Mann (25.9. 1493-11.6. 1496) kam er im November auf die Kleinen Antillen, nach Puerto Rico und Jamaika. Auf der dritten Fahrt (30.5.1498-25.11.1500) erreichte er mit sechs Schiffen das nördliche Küstengebiet Südamerikas (Trinidad, Orinocomündung, Isla Margarita). Auf der vierten Fahrt (11.5.1502-7.11.1504) berührte er auf der Suche nach einer Meeresstraße zum indischen Festland (gemäß seinen Vorstellungen) mit vier Schiffen die Küste Zentralamerikas (Honduras bis Panama) und kam über Kuba nach Jamaika.
Mit der Westfahrt hoffte Columbus, der von der Kugelgestalt der Erde überzeugt war, den Ostrand der Alten Welt zu erreichen. Er blieb bis zum Ende seines Lebens in dem Glauben, Inseln vor der Ostküste Eurasiens betreten und den westlichen Weg nach Indien entdeckt zu haben (daher die Namen Westindische Inseln, Indianer). Obwohl Columbus nicht als erster Seefahrer Amerika erreicht hatte (vor ihm u.a. die Wikinger unter Leif Eriksson um 1000), gilt er als der Entdecker dieses Kontinents, dessen Eroberung durch europäische Mächte (zunächst Spanien und Portugal) er einleitete.
(
Brockhaus, Enzyklopädie in 24 Bänden, digitale Ausgabe)
(Europäische Expansion)
Christoph Columbus, Bordbuch, Briefe, Berichte, Dokumente, ausgewählt, eingeleitet und erläutert von Ernst Gerhard Jacob. Bremen 1957.
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(af) Augsburger Bekenntnis, grundlegende Bekenntnisschrift der lutherischen Kirche. Auf dem Augsburger Reichstag von 1530 versuchte Karl V., die kirchliche Einheit wiederherzustellen. Dafür legten die evangelischen Stände die von Philipp Melanchthon verfasste Confessio Augustana als Bekenntnisschrift der lutherischen Kirche vor. Sie war ursprünglich nicht als bleibendes Dokument des evangelischen Glaubens gedacht, sondern als Arbeitspapier für die Reichstagsarbeit. So stellte sie die Einheit der Kirche nicht in Frage und betonte das Gemeinsame von lutherischer und katholischer Lehre stärker als das Trennende. Die oberdeutschen Städte Straßburg, Memmingen, Lindau und Konstanz hatten die Zustimmung zur Confessio Augustana wegen der lutherischen Abendmahlslehre verweigert, und stattdessen die Confessio Tetrapolitana vorgelegt. Die katholische Antwort auf die Confessio Augustana war die Confutatio. Trotz der in vielen Verhandlungen erreichten Annäherung scheiterte der Versuch der Kircheneinigung.
Die Confessio Augustana wurde schnell als Lehrnorm der lutherischen Landeskirchen verbreitet und war seit Schmalkalden (1535) für alle neu aufzunehmenden Bundesmitglieder verbindlich.
In der Konkordienformel von 1577 erlangte das Augsburgische Bekenntnis offizielle Anerkennung und wurde in das Konkordienbuch (1580), die bis heute gültige Sammlung lutherischer Bekenntnisschriften, aufgenommen.
Bildquelle: Übergabe der Confessio Augustana
(Reformation)
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(af) In der „Konföderationsakte“ vom 31. 7. 1618 erklärten die böhmischen Stände sich zur freien, ständisch verfassten Wahlmonarchie, König Ferdinand wurde abgesetzt (22. 8. 1619) und der pfälzische Kurfürst Friedrich V. zum König gewählt (26./27. 8. 1619).
(Dreißigjährige Krieg)
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Der erste Angriffskrieg Ludwigs XIV. richtet sich gegen Spanien. Seine Truppen überrennen die
spanischen Niederlande; nachdem Großbritannien, die Niederlande und Schweden mit Eingreifen drohen, muss Ludwig sich mit dem Erwerb von Grenzregionen zufrieden geben.
(Internationale Konflikte und europäisches Mächtesystem)
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(af) Religiöse Erneuerungsbewegung des 14. und 15. Jh.
Die Devotio moderna ging von dem niederländischen Buß- und Reformprediger Gert Groote (1340-1384) aus und wurde hauptsächlich von der Gemeinschaft der Brüder vom gemeinsamen Leben getragen. Sie fand Eingang in nahezu allen Ländern Europas; in den Niederlanden und Deutschland wurde sie von der Windesheimer Reformkongregation gefördert. Als einflussreicher Vertreter der Devotio moderna gilt Thomas a Kempis (1379/80-1471), dessen Namen mit dem im 15. Jh. weit verbreiteten Erbauungsbuch „De imitatione Christi“ (Nachfolge Christi) verbunden ist. Die Devotio moderna betonte statt der an äußere Formen gebundenen Frömmigkeit des Mittelalters das Ideal der vita communis der Urkirche (Gemeineigentum, apostolisches Leben), konkrete Frömmigkeit und persönliche Nachfolge Christi in Armut und Demut. Im 15. Jh. gewannen die Devoten Bedeutung für die Schullehre und den Schulhumanismus.
(Reformation)
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Das Konfessionalisierungskonzept zielt auf eine vergleichende Untersuchung in den verschiedenen Territorien, dafür hat Reinhard idealtypische Dimensionen des Prozesses systematisch zusammengestellt:
A Ursachen
B Formen
a) Verfahren
b) Institutionen
C Folgen
a) intendiert
b) nicht intendiert
aus: Wolfgang Reinhard, Was ist katholische Konfessionalisierung? in: Ders./Heinz Schilling, Die katholische Konfessionalisierung. Gütersloh 1995, 426-427.
(Konfessionelles Zeitalter)
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Das Kirchenrecht beinhaltete viele Ver- und Gebote (vgl. Fasten, Ehehindernisse). Wenn diese nicht eingehalten werden konnten, gab es die Möglichkeit, sich bei der zuständigen kirchlichen Autorität (Pfarrer, Bischof, Papst etc.) davon befreien zu lassen. Der Papst kann für alle kirchlichen Gesetze (aber nicht für die göttlichen) einen solchen Dispens erteilen.
Die Dispenspraxis war ein wichtiges Thema reformatorischer, aber auch vorreformatorischer Kirchenkritik. Dabei wurde vor allem die Verbindung der Dispenserteilung mit einer Geldgebühr immer wieder in den Vordergrund gerückt.
(Reformation)
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nach:
Reinheimer, Dorfordnungen, Bd.1.
Wie sich diese Entwicklung regional gestaltete, hing von vielfältigen Faktoren ab, wie der Etablierung der landesherrlichen Staatlichkeit bzw. der Intensität der Adelsherrschaft, vgl.
Willoweit, Verfassungsgeschichte, 175.
(Ländliche Gesellschaft)
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(af) „Das Bild dörflicher Gerichtsbarkeit ist insgesamt ziemlich diffus.“
(
Schildt, Bauer, 129) Die Dorfgerichte waren regional verschieden zusammengesetzt, ebenso unterschieden sich ihre Kompetenzen. Sie unterstanden meist dem örtlichen Gerichtsherren und wurden vom Ortsvorsteher geleitet. Die Urteiler oder Schöffen entsprachen oft den Mitgliedern der gemeindlichen Kollektivorgane, konnten aber auch herrschaftlich eingesetzt werden.
Die Zuständigkeit der Dorfgerichte war vielfältig: Neben der niederen Gerichtsbarkeit, der Ahndung von Verstößen gegen die Dorfordnung, der Regelung von Nachbarschaftsstreitigkeiten übernahmen sie auch verwaltungsrechtliche Aufgaben (z.B. Ausstellung von Kaufverträgen, Beurkundungen von Geburten, Heiraten und Sterbefällen). Es gab neben diesen dörflichen Gerichte solche, denen der Grund- und Gerichtsherr selbst oder sein Vogt vorstand. Diese Gerichte hatten umfangreichere Zuständigkeiten, z.T. sogar die Bluts- und Halsgerichtsbarkeit.
Die Strafen der dörflichen Gerichte reichten von einfachen Bußen über Ehrenstrafen, dem Entzug an gemeindeeigenen Ressourcen (z.B. Ausschluss von Wasser und Weide) bis hin zum Ausschluss aus der Gemeinde.
(Ländliche Gesellschaft)
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(ml) Das System der doppelten Buchführung als Verfeinerung der kommerziellen Buchführung (die seit dem 13. Jh. auch nördlich der Alpen anzutreffen ist) entstand seit dem 14. Jh., zunächst in Genua, Florenz und Venedig, ist aber auch in Lübeck für 1340 nachzuweisen.
Jeder Vorgang wird bei der doppelten Buchführung zweimal gebucht: Ein Einkauf beispielsweise bedeutet eine Bestandsminderung an Geld und eine Bestandserhöhung des eingekauften Gutes. Beide werden auf unterschiedlichen Konten (Aktiv- und Passivkonten) gebucht.
Im 15. Jh. bahnte sich dem Zyklus der Steuerveranlagungen entsprechend ein periodischer Buchungskreislauf an, der zur Ermittlung von Bilanzen führte, die den Stand der Aktiv- und Passivkonten am Ende einer Geschäftsperiode darstellten. Auf einen solchen Entstehungsprozess deuten neben Genueser Quellen mehrere erhalten gebliebene „Probebilanzen“ aus der Toskana hin, erstellt unter den Medici.
Neben dem Jahresabschluss erstellen kaufmännische Unternehmungen heute zur Ermittlung des Periodenerfolges eine Gewinn- und Verlustrechung, die die Veränderungen innerhalb des Geschäftsjahres anzeigt.
(Wirtschaftliche Grundstrukturen und Entwicklungen)
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(af) Begriff nach Stutz, Eigenkirche: ein Gotteshaus, das dem Eigentümer in vermögensrechtlicher Beziehung unterstand und über das er auch die volle geistliche Leitungsgewalt beanspruchte, sie also der bischöflichen Kontrolle entzogen war. Diese Pfarrgemeinden beruhten auf ursprünglich grundherrlichen, also laikalen Kirchengründungen. Eigenkirchen waren typisch für die frühmittelalterliche Grundherrschaft. Von diesen Rechten blieb im Spätmittelalter und der FNZ vor allem das Patronatsrecht.
(Ländliche Gesellschaft)
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(ml) Das Engelsche Gesetz beschreibt die 1857 von Ernst Engel (1821-96) festgehaltene Beobachtung, dass die Nachfrage nach Nahrungsmitteln mit steigendem Einkommen zu-, der Anteil der Nahrungsmittelausgaben am Einkommen aber abnimmt, dass also die Einkommenselastizität bzgl. Nahrungsmitteln kleiner eins ist. Mit anderen Worten: Steigt das Einkommen eines Individuums um ein Prozent, werden seine Nahrungsmittelausgaben unterproportional, d.h. um weniger als ein Prozent steigen.
Im hier betrachteten Fall sinkender Reallöhne haben wir es mit dem umgekehrten Fall zu tun, dass nämlich der Anteil des für die Befriedigung grundlegender physiologischer Bedürfnisse (Ernährung) ausgegebenen Einkommens steigt und daher höherwertige Güter (Fleisch, gewerbliche Produkte) nur noch in überproportional sinkendem Maße nachgefragt werden können.
Verschiedene empirische Studien haben gezeigt, dass das Engelsche Gesetz sowohl im Querschnitt (zu einem Zeitpunkt: ärmere Haushalte verwenden einen größeren Ausgabenanteil auf den Erwerb von Elementargütern) als auch im Längsschnitt (im Wachstumsprozess eines Landes nimmt die relative Nachfrage nach Elementarprodukten ab, die nach „Luxus“-Produkten und Dienstleistungen nimmt zu) beobachtbar ist.
(Wirtschaftliche Grundstrukturen und Entwicklungen)
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Die drei englisch-niederländischen Seekriege werden in erster Linie aufgrund handelspolitischer Rivalitäten geführt, sind im Ergebnis aber nicht entscheidend für deren Entwicklung.
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(rt) Das Kommunalismuskonzept versteht die gesellschaftlich-politische Entwicklung zwischen 1300 und 1550 als dynamischen Prozess, der geprägt ist durch einen von den Land- und Stadtgemeinden getragenen politischen Emanzipationsprozess zur Beseitigung des Feudalismus. Dieser Prozess musste zwangsläufig mit den Feudalgewalten kollidieren, die Gemeinden intensivierten ihren Widerstand im 15. und 16. Jh., scheiterten nach Blickle aber zuletzt mit der Niederlage im Bauernkrieg 1525. Darauf folgte eine Phase der politischen Entmündigung von 1550 bis 1800.
(Ländliche Gesellschaft)
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(ms) Unter Feudalrente ist die Aneignung bäuerlicher Mehrarbeit durch die örtlichen Herrschaftsträger und Grundherren in Form von Abgaben und Diensten zu verstehen. Die Abschöpfung der bäuerlichen Leistungen konnte im Wesentlichen auf dreierlei, teilweise kombinierte Arten erfolgen :
Die Legitimation solcher Abgabenforderungen konnte auf unterschiedlichen Herrschaftsbeziehungen beruhen.
(Ländliche Gesellschaft)
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(jl) Flugschriften sind preisgünstige und handliche Druckerzeugnisse zur Beeinflussung der öffentlichen Meinung.
"Flugschrift" ist jedoch lediglich ein Sammelbegriff für ein sehr heterogenes literarisches Phänomen, weshalb eine eindeutige Definition schwer fällt. Die wichtigsten Merkmale sind Mehrblättrigkeit, keine Periodizität, fehlender fester Einband, aktuelles Thema, Ziel der Agitation (d. h. der Beeinflussung des Handelns) und/oder der Propaganda (d. h. der Beeinflussung der Überzeugung), nichtspezifisches Publikum und öffentliche Verbreitung ( Schwitalla, Flugschrift,
Moeller, Flugschriften).
Aufgrund ihrer propagandistisch-agitatorischen Intentionen wurden Flugschriften zum "Druck"-Mittel für gesellschaftliche Veränderungen. Dies gilt besonders für die Zeit der Reformation, in der sich die Flugschriften zur Massenware entwickelten und an der Herstellung von "Öffentlichkeit" ( Die Rolle der ref. Bewegung für den Buchdruck) wesentlich beteiligt waren (
Köhler, Flugschriften als Massenmedium). Die Flugschriften behaupteten auch während der gesamten FNZ eine Schlüsselstellung im publizistischen Meinungskampf.
Sie erreichten nicht nur Gebildete und Lesekundige, sondern durch gemeinschaftliches Vorlesen und im Verbund mit anderen Medien (z. B. Predigt, illustriertes Flugblatt) auch Analphabeten. Aus ökonomischen Erwägungen, vor allem aber wegen des Willens zur Einflussnahme auf die Meinungsbildung waren die Autoren bestrebt, möglichst große Rezipientenkreise anzusprechen und bezogen daher die Erwartungshaltungen und Interessen ihrer erhofften Leser und Hörer mit ein. Aufgrund dieser Rezipientenorientierung ermöglichen die Flugschriften als historische Quellen Einblick in die Meinungen, Überzeugungen und Wertvorstellungen der Autoren, Leser und Hörer.
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(up/mb/ml) Die Fishersche Verkehrsgleichung oder Quantitätsgleichung des Geldes trägt den Namen ihres Entwicklers Irving Fisher (amerikanischer Mathematiker und Ökonom, 1867-1947). Sie lautet:
M • v = Y • P
(M = Geldmenge, v = Umlaufgeschwindigkeit des Geldes pro Jahr, Y = reales Bruttosozialprodukt einer Volkswirtschaft, P = Preisindex des Bruttosozialprodukts)
Der Ausdruck (Y • P) bezeichnet den Wert des gesamten jährliches Produkts einer Volkswirtschaft, der mit den verfügbaren Zahlungsmitteln bezahlt werden muss. Dieses Zahlungsvolumen kann durch (M • v) aufgebracht werden, d. h. durch die Geldmenge M, die im Durchschnitt jährlich v-mal in der Volkswirtschaft zirkuliert. Die Umlaufgeschwindigkeit v kann nicht direkt gemessen werden, sondern wird in der Regel durch die Gleichung v = Y • P / M geschätzt.
Nimmt man an, dass v konstant ist, so verändert sich das Preisniveau (d.h. entwickelt sich die Inflationsrate) nach Maßgabe des Verhältnisses, in dem die Geldmenge M rascher als das Volkseinkommen Y wächst.
(Wirtschaftliche Grundstrukturen und Entwicklungen)
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(rt) Erst nachdem in der ehemaligen DDR und den Ländern Ostmitteleuropas die Erforschung von bäuerlichen Aufständen auf der Grundlage der marxistischen Kategorie des Klassenkampfes schon etabliert war, und man sich auch in Frankreich im Zuge der Absolutismusforschung mit Bauernrevolten auseinandersetzte, wurde auch in der BRD systematisch nach den Ursachen, dem Ausmaß, den Verlaufsformen und den politischen Rhetoriken von Bauernaufständen auch nach dem Bauernkrieg von 1525 gefragt.
Profitieren kann die bäuerliche Widerstandsforschung von der Delinquenzforschung bzw. Kriminalitätsgeschichte
(
Schwerhoff, Aktenkundig und gerichtsnotorisch), besonders wenn wechselseitige Beziehungen zwischen einerseits innergemeindlichen Spannungen und Konflikten und andererseits Differenzen zwischen Obrigkeit und Untertanen zutage traten. Aber auch das gemeinsame Nachdenken über Krisenerfahrung und Konfliktlösungsmöglichkeiten, über die „Verrechtlichung sozialer Konflikte“
(
Schulze, Bäuerlicher Widerstand, 76ff.;
Schulze, „Rechte der Menschheit“, 45ff.) und den Umgang mit gesellschaftlichen Normen kann zu einer fruchtbaren Verbindung führen
(
Häberlein, Devianz, Widerstand).
(Ländliche Gesellschaft)
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(af) Michel Foucault betont, dass Macht nicht etwas ist, „das jemand besitzt, sondern vielmehr etwas, was sich entfaltet“. Er versteht Macht also nicht als Eigentum, „sondern als Strategie“
(
Foucault, Überwachen, 38).
Foucaults Machtbegriff ist nicht der der Regierungsmacht und ihres Apparats, sondern „die Vielfältigkeit von Kraftverhältnissen, die ein Gebiet bevölkern und organisieren; das Spiel das in unaufhörlichen Kämpfen und Auseinandersetzungen diese Kräfteverhältnisse verwandelt, verstärkt, verkehrt“
(
Foucault, Wissen, 113-114). Diese Kraftverhältnisse erzeugen durch ihre Ungleichheit ständig Machtzustände, die allerdings lokal und instabil sind, während Macht durch diesen Begriff allgegenwärtig ist. Die Staatsmacht und ihre Gesetzgebung sind demnach nur eine abgeleitete institutionelle Kristallisation dieser allgegenwärtigen Macht.
(Ländliche Gesellschaft)
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(rt) Friedewahrung sei nach Blickle eine leitende Kategorie für kommunale Ordnungen. Laut Blickle haben wir es mit der Forderung nach Frieden, nicht mit einer Banalität zu tun, die zu einer Norm stilisiert würde, denn nur über die Gemeinden wurde allmählich Frieden in Gemeinwesen hergestellt. Sie verdrängten die Fehde und mindere Formen der Gewalttätigkeit.
(Ländliche Gesellschaft)
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"Friedrich der Große", 1712-1786, König von Preußen aus dem Haus Hohenzollern seit 1740. Erobert und verteidigt in drei Kriegen (1740-42; 1744/45; 1756-63) Schlesien für Preußen. Der erste Angriff im Zusammenhang mit dem Österreichischen Erbfolgekrieg erfolgt ohne jede völkerrechtliche Rechtfertigung und wird von Österreich erst nach dem
Siebenjährigen Krieg wirklich anerkannt. Nach seiner erfolgreichen Verteidigung im Siebenjährigen Krieg ist Preußen endgültig als Großmacht anerkannt. 1772 erwirbt Friedrich im Zuge der
Ersten Polnischen Teilung noch Westpreußen. Seine Innenpolitik bewegt sich im Rahmen des Aufgeklärten Absolutismus.
(Internationale Konflikte und europäisches Mächtesystem)
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Der portugiesische Seefahrer Vasco da Gama (ca. 1469-1524) wurde von König Emanuel I. von Portugal beauftragt, den Seeweg nach Indien um das Kap der Guten Hoffnung zu finden und somit einen direkten Kontakt zu den Gewürzländern herzustellen. Er verließ Lissabon am 8.7.1497 mit vier Schiffen und gelangte am 20.5.1498 zur Westküste Vorderindiens bei Calicut. Er hatte damit die 80 Jahre währenden Bemühungen der portugiesischen Krone um eine Verbindung nach Indien erfolgreich abgeschlossen. Auf seiner zweiten Reise 1502-03, diesmal mit einer Kriegsflotte, sicherte Gama für Portugal das Handelsmonopol in Indien und erzwang die Anerkennung der Oberhoheit Portugals in den Städten an der Westküste Indiens. 1524 wurde er als Vizekönig nach Indien gesandt. Gama legte die Grundlagen für die Kolonial- und Handelsmacht Portugals in Vorderindien
(
Brockhaus, Enzyklopädie in 24 Bänden, digitale Ausgabe).
(Europäische Expansion)
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(af) „Gegenreformationen“ (Plural) als Bezeichnung für die Rückführung protestantischer Territorien zum Katholizismus wird seit dem 18. Jh. verwandt, erst Ranke erhob den Singular „Gegenreformation“ zu einer Epochenbezeichnung. Von Seiten katholischer Historiker wurde kritisiert, dass Gegenreformation ein rein reaktives Verhalten auf die Reformation impliziere und eine eigenständige katholische Reform ausblende. Hubert Jedin schlug vor, von „katholischer Reform und Gegenreformation“ zu sprechen. Dieses Begriffspaar setzte sich vor dem neuen Konzept der „Konfessionsbildung“ und im Anschluss des „Konfessionellen Zeitalters“ in der deutschen Geschichtswissenschaft durch.
Hubert Jedin, Katholische Reformation oder Gegenreformation? Ein Versuch zur Klärung der Begriffe nebst einer Jubiläumsbetrachtung über das Trienter Konzil. Luzern 1946.
(Konfessionelles Zeitalter)
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(af) Die ländliche Gemeinde verfügt als eigene Rechtskörperschaft über eigenes Vermögen: z.B. Gemeindewald, Gemeindegebäude, Einkommen durch Einzugsgeld neuer Gemeindebürger, Bußen, Kreditgeschäfte etc.
(Ländliche Gesellschaft)
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„Gemeindereformation“ heißt das von Peter Blickle entwickelte Konzept, dass die Verwurzelung des reformatorischen Anliegens in den städtischen und ländlichen Gemeinden beschreibt, und damit ein Gegenkonzept zur Konfessionalisierung darstellt. Zentral für Blickle ist dabei die Übereinstimmung bürgerlich-städtischer und bäuerlich-ländlicher Frühreformation, die einen gemeinsamen kommunalen Erfahrungshintergrund teilten. Außerdem wird durch dieses Konzept eine originäre und spezifische Form der Aneignung der reformatorischen Theologie durch den „gemeinen Mann“ herausgestrichen.
„Gemeindereformation heißt theologisch-ethisch, das Evangelium in reiner Form verkündet haben zu wollen, und danach das Leben auszurichten; organisatorisch, Kirche auf die Gemeinde zu gründen; politisch, die Legitimität von Obrigkeit an Evangelium und Gemeinde zu binden“
(
Blickle, Gemeindereformation, 112).
Kritik wurde vor allem an einer Überzeichnung der Gemeinsamkeiten zwischen Stadt und Land geübt sowie an der regionalen Begrenzung des Konzeptes auf Oberdeutschland (vgl.
Schilling, Gemeindereformation).
(Reformation)
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(af) = zentrales Organ der bäuerlichen Selbstverwaltung. Sie trat mehrmals im Jahr zusammen. Die Teilnahme war für alle Gemeindemitglieder verpflichtend. Die Einberufung erfolgte oft durch ein einfaches Läuten der Glocken. Alle Gemeindemitglieder hatten Rede- und Stimmrecht. Die Gemeindeversammlung endete mit der so genannten Gemeindezeche. Diese hatte eine kommunikativ-soziale und friedensstiftende Funktion, z.B. wurden Rechtsbrecher auf diese Weise wieder in die Gemeinde integriert
(
Wunder, Strukturprinzip, 392).
Aufgaben der Gemeindeversammlung:
Die Gemeindeversammlung war nur in Ausnahmefällen völlig frei von herrschaftlichem Einfluss. Vor allem im süddeutschen Raum musste die Herrschaft über Ort, Zeit und zu verhandelnde Gegenstände unterrichtet werden. Dies verstärkte sich, im 18. Jh. konnten Gemeinden kaum noch autonom solche Versammlungen ansetzen. Einzelne Punkte, wie z.B. die Erneuerung einer Dorfordnung, fand in Anwesenheit des Herren oder eines Vertreters statt.
(Ländliche Gesellschaft)
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(rt) Ein weiterer Wert von Gemeinden sei laut Blickle der „gemeine Nutzen“, der oft genug zur Legitimation von Dorfordnungen bemüht wurde. Rechtsetzung sei auf dem Lande (und in der Stadt) viel enger mit dem „gemeinen Nutzen“ verknüpft als im Reich und in den Territorien. Er entwickelte eine „ideologische Sprengkraft“, weil der private Nutzen der Herrschaft sich an dem Nutzen der Gesamtheit, der Gemeinde messen lassen musste, so dass der „gemeine Nutzen“ zum Leitbegriff gegen feudale Herrschaft avancierte.
(Ländliche Gesellschaft)
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(rt) Wer nun fand in der institutionell kommunalistisch geprägten Gemeinde seine politische Organisationsform? Blickle spricht mit der zeitgenössischen Terminologie von dem „gemeinen Mann“, der durch seine Nichtzugehörigkeit zu den Herrenständen Adel und Geistlichkeit charakterisiert wurde. Er schließt sich damit der Kategorisierung der Ständelehre an und benennt mit diesem Begriff die nicht an der Herrschaft beteiligten sozialen Gruppen im altständischen System. Dieser dritte Stand ist nach Blickle aber nicht der ganze Rest der Gesellschaft in seiner Abgrenzung zu den Herrenständen, sondern die unterständischen oder randständischen Gruppen werden von Blickle ausgeschlossen. Nur der „gemeine Mann“, der über seine eigenverantwortliche, „ordentliche und regelmäßige“ Arbeit definiert wurde und einen Hof auf dem Siedlungsgebiet der ländlichen Gemeinde besaß, wurde zu diesem Stand gezählt. Der „gemeine Mann“ war der Hausvater. Um eindeutig dem „gemeinen Mann“ die Gemeinde als seine originäre Organisationseinheit zuzuschreiben, wäre es nach Blickle verführerisch, den „gemeinen Mann“ mit dem Mitglied der Gemeinde gleichzusetzen. Er merkt jedoch an, dass auch Nichtmitglieder, die auf dem Siedlungsgebiet der Gemeinde wohnten, als „gemeine Männer“ gelten konnten und demnach in der Gemeinde auch ihre politische Organisationsform finden konnten.
(Ländliche Gesellschaft)
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Auf dem Reichstag in Worms 1495 beschlossene allgemeine Steuer im Rahmen der dort verabschiedeten Reformen. Die Steuer war zunächst auf vier Jahre bewilligt und sollte zur Finanzierung der Türkenabwehr und vor allem zum Unterhalt des > Reichskammergerichts dienen. Sie folgte nach einem sehr modernen Konzept: Gedacht war der "(all)gemeine" Pfennig als eine von jedem Einwohner des Reichs über 16 Jahren erhobene Kopfsteuer, nach Vermögen gestaffelt; einzuziehen über die einzelnen Pfarreien, d.h. über die Köpfe aller territorialen und anderen Herrschaftsträger hinweg. Das scheiterte naheliegenderweise; die Finanzierung von Reichssteuern lief stattdessen die ganze FNZ hindurch über die Reichsstände nach der 1521 aufgestellten "Wormser Matrikel", nach der die Reichsstände ihre Beiträge aufbrachten, indem sie sie ihrerseits von ihren Untertanen erhoben. Es kam im Reich nie zu einer allgemeinen Steuer auf alle Untertanen; es gab in diesem Sinne nie einen Reichsuntertanenverband.
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(rt) Nach Blickle verfügte eine Gemeinde über ein Gericht, das durch die Untrennbarkeit von Rechtspflege und Verwaltung geprägt sein konnte, d.h. die kollegial organisierten Verwaltungsbehörden übernahmen oft die Rechtspflege. In anderen Fällen wurden die Mitglieder des Gerichts von der Gemeinde gewählt, vorgeschlagen oder aus der Gemeinde von den Richtern selbst hinzugewählt, gelegentlich auch durch die Obrigkeit bestimmt. Das Gericht war nach Blickle von den kommunalen Institutionen am ehesten herrschaftlich geprägt, die Rechtsgegenstände, die vor ihm verhandelt wurden und gegen die statuarisch festgelegten Normen der Gemeindeversammlung oder der kollegial organisierten Verwaltungsbehörde verstießen, machten es allerdings auch zu einer kommunalen Einrichtung.
(Ländliche Gesellschaft)
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(af) In der Rechtsgeschichte wird zwischen hoher und niederer Gerichtsbarkeit unterschieden.
Die niedere Gerichtsbarkeit befasste sich mit minderen Rechtsstreitigkeiten und leichten Straftaten, sie verhängte Buß-, Geld-, Ehren und leichtere körperliche Strafen (Strafen zu Haut und Haaren).
Die höhere Gerichtsbarkeit (auch Blut-, Hals, Malefiz-, Obergericht) befasste sich dagegen mit Kapitalverbrechen bei den Leib- und Lebensstrafen verhängt wurden. Sie unterstand meist dem Landes- oder Gerichtsherr.
(Ländliche Gesellschaft)
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(cn) Ein Ghetto ist ein durch Mauern abgetrennter Bezirk innerhalb einer Stadt, in dem bestimmte Minderheiten, insbesondere Juden, eingeschlossen wurden.
Häufig entwickelte sich das Ghetto aus den mittelalterlichen Siedlungsplätzen. In der Frühzeit (Früh- und Hochmittelalter) konnte das jüdische Wohnviertel dann zum Teil und auch schon vollständig von Mauern umgeben sein – auch auf Wunsch der Juden, die darin einen Schutz sahen.
Die Ghettoisierung, die durch einige Städte betrieben wurde, hatte die Separierung der jüdischen und christlichen Lebensbereiche zum Ziel. Kontrollen an den Toren, Ausgehverbote und „Schließzeiten“ ermöglichten den Städten daneben auch eine Begrenzung des jüdischen Handels und Erwerbs. Einher damit gingen Maßnahmen zur Begrenzung des Immobilienerwerbs für Juden sowie Verbote einer weiteren Ausdehnung ihrer Siedlung.
(Juden)
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(af) „Konfession“ bedeutet ursprünglich Glaubensbekenntnis, seit dem 19. Jh. aber auch eine Glaubensgemeinschaft, die eben auf einem solchen Bekenntnis beruht. Alle drei großen Konfessionen legten ihr Bekenntnis im Laufe des 16. Jh.s in theologisch-dogmatischen Lehrschriften fest:
Lutheraner: 1530 Confessio Augustana, 1588 Konkordienbuch;
Reformierte: 1542 Calvins Genfer Katechismus, 1559 Confessio Gallicana, 1563 Heidelberger Katechismus (seit der Dordrechter Synode 1618/19 allgemein anerkannte reformierte Bekenntnisschrift);
Katholiken: 1563 Abschluss des Konzils von Trient, 1566 Catechismus Romanus.
(Konfessionelles Zeitalter)
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(rt) Während die feudale Ordnung grundsätzlich auf vertikalen Abhängigkeiten und Herrschaftsbeziehungen von Lehnsherrn und Lehensmann, Grundherrn und Grundholden, Leibherren und Eigenmann beruhe, wird Gemeinde durch Peter Blickle als alternatives Prinzip sozialer Organisation definiert, das nach dem Prinzip der Gleichberechtigung und Solidarität strukturiert sei. Damit stehe der Kommunalismus dem Feudalismus in einem antagonistischen Verhältnis gegenüber.
(Ländliche Gesellschaft)
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Das englische Parlament setzt in einem umstrittenen Verfahren den König aus dem Hause Stuart ab und ruft Wilhelm von Oranien als König ins Land, der als erblicher Statthalter der Republik der Niederlande auch dort außerordentlich einflussreich ist. Damit ist die Grundlage für eine aktive Politik der Seemächte zusammen mit Österreich gegen Ludwig XIV. im Namen der balance of power gelegt.
(Internationale Konflikte und europäisches Mächtesystem)
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(mb) Ertrag, den der Einsatz einer zusätzlichen Einheit eines bestimmten Produktionsfaktors erbringt. Z.B. ist es plausibel, dass im Fall, dass ein bestimmtes Feld durch eine einzige Person gepflügt wird, ein Ertrag von, sagen wir, 200 kg Getreide resultiert. Hilft eine zweite Person mit (z.B. indem eine Person den Pflug lenkt, die andere die Pferde führt), so dürfte ein hoher zusätzlicher Ertrag von, sagen wir, 300 kg Getreide resultieren, da das Feld erheblich sorgfältiger gepflügt werden kann. Das Grenzprodukt des Wertes 2 des Faktors Arbeit beträgt somit 300 kg, das Produkt insgesamt 500 kg. Der Einsatz einer dritten Person dürfte nur mehr mit einem geringeren Grenzprodukt von, sagen wir, 100 kg, verbunden sein (vielleicht können die Pferde noch etwas besser gelenkt werden). Eine vierte Person wird kaum mehr etwas zu tun haben und damit ein Grenzprodukt von 0 aufweisen.
Oft wird das Grenzprodukt mindestens für einen Wirtschaftssektor insgesamt zu schätzen versucht sowie in Geldwerten ausgedrückt (Wertgrenzprodukt).
Die oben beispielhaft genannten Werte sind Datenpunkte einer sog. Produktionsfunktion. Wie im Beispiel ab dem Wert von 2 geht man davon aus, dass Produktionsfunktionen in der Regel fallend sind, d.h. eine negative Steigung haben. M.a.W., die meisten wirtschaftlichen Aktivitäten sind durch ein abnehmendes Grenzprodukt der Arbeit, des Kapitals etc. gekennzeichnet.
(Ländliche Gesellschaft, Wirtschaftliche Grundstrukturen und Entwicklungen)
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Der Krieg beginnt mit einem Angriff der Türken auf Wien. Mit Unterstützung aus Polen, Venedig, dem Reich und Russland kann der Kaiser nicht nur den Angriff zurückschlagen, sondern in einem langen Krieg auch ganz Ungarn erobern; zuvor hatten die Habsburger nur einen kleinen westlichen Teil kontrolliert. Mit dem Frieden von Karlowitz 1699 steigen die österreichischen Habsburger als Territorialfürsten unabhängig vom Kaisertitel zur Großmacht auf.
(Internationale Konflikte und europäisches Mächtesystem)
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(ap) Bedeutender niederländischer Jurist und Theologe. 1583 in Delft geboren, fiel schon früh seine Begabung auf. Johan van Oldenbarnevelt stellte ihn dem französischen König Heinrich IV. als „das Wunder von Holland“ vor. Als Elfjähriger nahm er das Studium an der Universität Leiden auf und erwarb nach Studien der Philologie, Geschichte, Theologie und der Rechte 1598 den Doktorgrad in beiden Rechten in Orléans. Ab 1607 politische Ämter in der Provinz Holland und ab 1613 in der Stadt Rotterdam. 1618 wurde er im Zusammenhang des Streites um Arminius
(
Dordrechter Synode/Arminianismus) als Remonstrant festgenommen und 1619 zu einer lebenslangen Haft verurteilt. Nach der berühmten Flucht, angeblich in einer Bücherkiste, erhielt er Asyl in Frankreich, wo er 1621-1631 als Gelehrter wirkte. 1625 erschien in Paris sein juristisches Hauptwerk „De jure belli ac pacis“ („Vom Recht des Krieges und des Friedens“), das ihm den Ehrentitel „Vater des Völkerrechts“ einbrachte. 1627 veröffentlichte er die wirkmächtige theologische Schrift „De veritate religionis christianae“ („Von der Wahrheit der christlichen Religion“). Von 1635 bis an sein Lebensende war er Botschafter von Schweden in Paris. Er kam 1645 bei einem Schiffbruch auf der Rückreise aus Schweden ums Leben.
Als weitere wichtige Werke wären noch „Mare liberum“ (1609, „Freiheit der Meere“) zu nennen sowie seine „Annotationes“ ins Neue und Alte Testament aus den letzten Lebensjahren, die als wichtigster Bibelkommentar des 17. Jh.s gelten dürfen.
(Konfessionelles Zeitalter)
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Der Zusammenschluss zahlreicher wichtiger Deutscher Fürsten gegen den Kaiser unter preußischer Führung ist ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur endgültigen Auflösung des Reiches.
(Internationale Konflikte und europäisches Mächtesystem)
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Die Dynastie der Habsburger herrscht über zahlreiche Territorien in ganz Europa. Seit Mitte des 16. Jh. gibt es zwei Linien. Die spanischen Habsburger beherrschen neben Spanien zahlreiche Kolonien und große Teile Italiens und der Niederlande. Die Österreichischen Habsburger herrschen in Österreich, Böhmen und zahlreichen angrenzenden Gebieten und sind als Kaiser Oberhaupt des Reiches. Nach dem Aussterben der spanischen Linie fallen 1713 die italienischen und niederländischen Besitzungen an die österreichische Linie, die außerdem seit 1699 ganz Ungarn beherrscht (siehe Glossar: Großer Türkenkrieg). Wenn man die Besitzungen der österreichischen Habsburger meint, ist oft vereinfachend von
Österreich die Rede.
(Internationale Konflikte und europäisches Mächtesystem)
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(el) Der Haken (Arl) gehört zu den Pfluggeräten, besaß aber im Gegensatz zum Pflug kein Radvorgestell und kein Streichbrett. Seine Verbreitung war regional unterschiedlich. Gebietsweise wurde zur Ackerbearbeitung ausschließlich der Haken benutzt, in anderen Regionen diente er – neben dem Pflug – der Erstbearbeitung stark verunkrauteter Felder, dem Unterpflügen der Saat, aber auch zum Ziehen der zweiten Furche, die quer zur ersten, mit dem Pflug gezogenen Furche angelegt wurde.
(Ländliche Gesellschaft)
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(ml) Eine Handelsgesellschaft ist die Vereinigung von zwei oder mehr Personen mit dem Ziel der Tätigung von Handelsgeschäften. Seit Beginn des 10. Jh.s ist in Italien, insbesondere für den Seehandel, die so genannte Commenda, eine Handelsgesellschaft zwischen zwei Partnern, nachweisbar. Im Landhandel entwickelten sich Formen wie die Compagnia mit drei oder mehr Partnern.
Handelsgesellschaften waren zunächst zeitlich befristet oder zweckgebunden, konnten aber verlängert werden. Die Hauptpartner stellten dabei das Stammkapital, trafen die zentralen
Firmenentscheidungen und hafteten mit ihrem Vermögen. Sie gewannen zusätzliches Kapital über sog. „stille Beteiligungen“, deren Kapitaleigner mit ihrem Kapitalanteil hafteten und entsprechend am Gewinn beteiligt wurden, und Depositen (Einlagen gegen Verzinsung) hinzu.
In Oberdeutschland setzte im 16. Jh. ein Strukturwandel ein, der zum einen zu kleineren, oft kernfamiliären Gesellschafterkreisen führte (z.B. die Fugger mit Jakob und später Anton Fugger als einzigem „Regierer“) und zum anderen beinhaltete, dass ausführende Tätigkeiten an Handelsdiener (wie Kopisten, Schreiber, Buchhalter und Kassierer) und kaufmännische Angestellte delegiert wurden. Damit gingen ein Gewinnkonzentrationsprozess und steigende Personalkosten einher, der Kapital-/Kreditmarkt gewann an Bedeutung.
North, Kommunikation, 24-26;
H. Kellenbenz, Handelsgesellschaft, in: LexMA. Bd. 4, München/Zürich 1989, 1901.
(Wirtschaftliche Grundstrukturen und Entwicklungen)
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(el) Das Handwerk ist gekennzeichnet durch selbstständige Gewerbetätigkeit, bei der der Meister Eigentümer des Werkzeuges und sonstiger Produktionsmittel ist. Er arbeitet in der eigenen Werkstatt mit begrenztem Maschineneinsatz und bei Bedarf mit Hilfskräften, Lehrlingen und Gesellen. Einkauf der Rohstoffe und Verkauf der Produkte bleiben in der Hand des Meisters.
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(ml) Der ursprünglich germanische Rechtsbegriff „Hanse“ (Schar) war seit dem 12. Jh. in Nordwesteuropa wieder im Gebrauch. Beginnend mit dem Zusammenschluss von Kaufleuten, die Handelstätigkeiten im Ausland unternahmen, bildete sich seit dem ausgehenden 13. Jh. die Gesamtheit „Hanse“, der schließlich die meisten Gruppen von Kaufleuten zwischen Niederrhein und Baltikum angehörten. Im Zusammenhang mit der Neugründung von Städten im Zuge der Ostsiedlung, dem Ausbau kommunaler Autonomie gegenüber den Landesherren und verschiedenen geographisch-strategischen Vorteilen gelang es der Hanse, andere Fernhandelstreibende (Friesen, Flamen, Dänen, Russen) zu verdrängen.
Die territorialen Schwerpunkte des Handels der Hanse zeigen ihre bedeutenden Niederlassungen in Nowgorod, Brügge, London und Bergen.
Die Entwicklung der Hanse von einem Kaufleute- zu einem Städteverbund ging sukzessive vor sich: Die Städte hatten bereits im 13. Jh. die Interessen ihrer Kaufleute mitvertreten und diese unterstützt. Seit dem 14. Jh. entstand ein Verbund von etwa 70 Städten, denen weitere 100 zeitweise und/oder indirekt angeschlossen waren. Seit 1356/66 gab es als allgemeines Beschlussgremium der zur Hanse gehörenden Städte den Hansetag.
Die wirtschaftliche und politische Macht der Hanse wurde seit dem 15. Jh. zunehmend geschwächt. Neue Produktionszentren, die Zunahme nicht-hansischer Handelstätigkeit, Konkurrenzkampf zwischen Hansestädten und die Erschließung neuer Handelsrouten ließen die Hanse bis zum Ende des 16. Jh.s politisch bedeutungslos werden. Der letzte Hansetag fand 1669 statt.
K. Wriedt, Hanse, in: LexMA. Bd. 4, München/Zürich 1989, 1922-1926.
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(rt) Die dritte Norm, die Blickle als genuin kommunal definiert, bezieht sich auf das „Haus“ innerhalb der Gemeinde. Der hier angesprochene Quellenbegriff „Hausnotdurft“ besagt, dass jedem „Haus“ eine seiner Größe und Ausstattung angemessene Auskömmlichkeit gewährleistet sein muss.
(Ländliche Gesellschaft)
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(af) Im Gegensatz zu den bisher genannten Ämtern wurde die Hebamme nicht von der Gemeindeversammlung, sondern von einer Versammlung der verheirateten Frauen einer Gemeinde gewählt
(
Labouvie, Selbstverwaltete Geburt).
(Ländliche Gesellschaft)
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Holenstein unterscheidet fünf Herrschaftsbeziehungen, die eine Abschöpfung bäuerlicher Arbeit und Erträge ermöglichen und legitimieren :
(
Holenstein, Bauern, 35)
(Ländliche Gesellschaft)
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(bu) Der Ausdruck „kumulativer Hexenbegriff“ bezeichnet eine Vorstellung von Hexerei, die im Spätmittelalter von den Theologen der Scholastik im Anschluss an die Ketzerprozesse entwickelt, wissenschaftlich begründet und verbreitet wird. Das Wissen über die Genese dieser neuen Hexenlehre, die zu einer der entscheidenden Voraussetzungen der frühneuzeitlichen Massenverfolgungen wurde, ist vor allem den Arbeiten Joseph Hansens, dem „Klassiker“ der älteren Hexenforschung, zu verdanken.
Die neue, zunächst ausschließlich in den Köpfen der scholastischen Theologen vorhandene Kumulativvorstellung der Hexerei umfasst im Wesentlichen vier Elemente:
„Kumulativ“ wird der neue Hexenbegriff deswegen genannt, weil in ihm Bestandteile verschiedener, zum Teil sehr weit zurückreichender Überlieferungsstränge zu einer neuen Sammelvorstellung zusammenfließen. So war die Vorstellung von Menschen, die mittels magischer Praktiken schädigende Handlungen aller Art bewirken können, schon in vorchristlicher Zeit im Volksglauben fest verankert, während die Idee des Hexensabbats ebenso wie die des Teufelspaktes aus der Zeit der großen Häretikerverfolgungen im Spätmittelalter stammt.
Die erste Schrift, in der die einzelnen Bestandteile der neuen Hexenlehre, die – wie wir aus den Arbeiten Hansens wissen – bereits seit etwa 1430 voll entwickelt war
(
Hansen, Zauberwahn, 6-9), zu einem geschlossenen System zusammengefügt wurden, war der 1487 erschienene „Hexenhammer“ der Inquisitoren Institoris und Sprenger, der in der Folgezeit zu einem der verbreitetsten Handbücher der neuen wissenschaftlichen Hexenlehre wurde.
Trotz der Bedeutung, die dem „Hexenhammer“ als erstem systematischen Nachschlagewerk in Fragen der Hexenlehre und Prozesspraxis sicherlich zugesprochen werden muss, darf man seinen Einfluss auf die Verbreitung des neuen Sammelbegriffs der Hexerei nicht überschätzen: Von der Veröffentlichung des Werkes bis zum Einsetzen der ersten Massenprozesse sollte noch ein ganzes Jh. vergehen. Das hing unter anderem damit zusammen, dass die neue Lehre, die in den Kreisen gelehrter Theologen und Juristen so rasch Fuß gefasst hatte, bei der einfachen Bevölkerung zunächst auf massiven Widerstand stieß. Während der Schadenzauber schon lange ein fester Bestandteil der Volksmagie war, waren die Ideen von Teufelspakt, Buhlschaft und Hexensabbat der einfachen Bevölkerung völlig fremd und wurden erst nach und nach in ihre Vorstellungswelt integriert.
(Hexen)
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1588-1679, englischer Philosoph und Staatstheoretiker. Entwickelt in seinem Werk "Leviathan" von 1651 radikal und systematisch die Lehre vom Gesellschaftsvertrag und unternimmt damit den Versuch, eine Staatsphilosophie allein auf "vernünftigen" Prinzipien aufzubauen. Im "Naturzustand" ohne Staat ist "Der Mensch dem Menschen ein Wolf" und keiner seines Lebens sicher. Einziger Ausweg ist die Übertragung aller Macht an eine höchste Instanz, den "Leviathan", der über den Einzelinteressen steht, aber seinerseits unwiderruflich und absolut herrscht.
(Internationale Konflikte und europäisches Mächtesystem)
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(ml) Vereinzelt sind Arbeitswanderungen aus Nordwestdeutschland in die Niederlande bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts zurückverfolgen. Doch erst nach dem Ende des Dreißigjährigen Krieges (1648), nahm der Umfang dieser Form der Saisonarbeitermigration stark zu. Sie bestand bis ins 19. Jh.
Während die häufig mit wenig fruchtbaren Geest-, Moor- und Heidelandschaften ausgestatteten Regionen Nordwestdeutschlands landwirtschaftlich und institutionell rückständig waren und gleichzeitig ein starkes Bevölkerungswachstum erfuhren, erlebten die Niederlande nach dem siegreichen Unabhängigkeitskrieg einen starken wirtschaftlichen Aufschwung, der sich besonders im wohlhabenden und stark urbanisierten Küstenstreifen bemerkbar machte.
Aus Westfalen zogen im Frühjahr vor allem junge Männer nach Holland, um dort im Frühjahr und Sommer Wiesen zu mähen (ab April/Mail) oder Torf zu stechen (ab Ende Juni), und zur Ernte zurückzukehren. Den Hauptstrom der Hollandgänger stellten landarme Kleinstellenbesitzer (Brinkkötter, Anbauern), insbesondere aber landlose Heuerleute, Einlieger- und Mietsleute, usw. Aber auch angesessene (verschuldete) Kleinbauern (Kötter), nichterbbechtigte Söhne von Kleinbauern und sogar Vollbauern befanden sich unter den Hollandgängern, da die Erträge der heimischen Landwirtschaft allein oft nicht ausreichten, um ausreichende Lebensbedingungen im Winter sicherzustellen. Während der Abwesenheit der Hollandgänger erledigten ihre Frauen die anfallenden Frühjahrs- und Sommerarbeiten in der Landwirtschaft bis zur Ernte.
Die harten Arbeitsbedingungen und oft mangelhaften Unterkünfte der Hollandgänger hatten vielfach aber auch Krankheit, körperliche Gebrechen (Arbeitsunfähigkeit) oder Tod zur Folge.
Unterbäuerliche Schichten im Kapitel Ländliche Gesellschaft
(Wirtschaftliche Grundstrukturen und Entwicklungen)
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Der Überfall französischer Truppen auf die Republik der Niederlande führt zur Bildung einer Koalition gegen Frankreich unter Führung des Kaisers: Schweden, Spanien und die meisten Reichsstände schließen sich ihm an. Auf dem Friedenskongress von Nimwegen kann Frankreich allerdings die Koalition auseinanderdividieren und sich noch mals territoriale Zugewinne sichern.
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Begriff für wissenschaftliche Bewegung des 14.-16 Jh.; philologisch-kritische Auseinandersetzung mit antiken Schriften; in der Folge Abkehr von mittelalterlicher Scholastik, Gründung humanistischer Universitäten; neues Verhältnis des Menschen zur Natur.
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(cs) Der Wille, die Stadt planerisch zu gestalten und „in ein Ganzes zusammenzufügen, sowohl im Aufriß als auch im Grundriß einer Idealfigur anzunähern“, ist eines der Elemente, die für die frühneuzeitliche Stadt charakteristisch sind
(
Gerteis, Städte, 42). Insbesondere Residenzen, Planstädte und Festungen wurden nach vorgegebenen Grundrissen gebaut, diese waren stark beeinflusst von den italienischen Renaissance-Stadtplänen mit klaren, streng geometrischen Formen. Der Grundriss sollte sich durch planvolle Anlage mit quadratischen oder rechteckigen Blöcken auszeichnen
(
Knittler, europäische Stadt, 56-59). Durch Bauvorschriften kam es zu gleichförmiger, teilweise monotoner Gestaltung der Fassaden, der Fenster-, Gesims- und Dachformen
(
Gerteis, Städte, 47).
(Städtische Gesellschaft)
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(ml) Mit Inventur bezeichnet man die körperliche Bestandsaufnahme von Vermögen (inklusive Einrichtungsgegenständen und Lagerbeständen) und Schulden einer Körperschaft (Unternehmen, Institution, etc.) zu einem bestimmten Zeitpunkt. Das Ergebnis einer Inventur manifestiert sich im Inventar, dem Verzeichnis aller Schulden und Vermögensgegenstände.
(Wirtschaftliche Grundstrukturen und Entwicklungen)
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Besonders im 18. Jh. gebräuchlicher Begriff für das in Europa geltende Völkerrecht.
(Internationale Konflikte und europäisches Mächtesystem)
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(ap) Gesellschaft Jesu, lat. Societas Jesu, Abk. SJ. 1534 entstanden aus dem Zusammenschluss einer Gruppe von Studenten um Ignatius von Loyola in Paris, mit dem Gelöbnis zur Armut und Keuschheit und dem Ziel, das Heilige Land zu missionieren. Die Unmöglichkeit einer Palästinafahrt führte dazu, das Ziel dahingehend zu revidieren, sich dem Papst für apostolische Sendungen zur Verfügung zu stellen. Papst Paul III. erkannte 1540 den neuen Orden an, dessen Regeln, noch von Ignatius von Loyola ausgearbeitet, erst nach dessen Tod 1558 approbiert wurden. Ausbreitung des Glaubens durch Predigt, karitative Werke, Seelenführung und nicht zuletzt Schultätigkeit bilden den Schwerpunkt ihrer Arbeit. Besondere Bedeutung kommt den geistlichen Übungen zu, den so genannten Exerzitien.
Die Jesuiten entwickelten sich schnell zu einer „intellektuellen Schlagtruppe“ der katholischen Kirche (scherzeshalber wird ihre Abkürzung SJ auch mit „Schlaue Jungs“ wiedergegeben). Wenn auch die Jesuiten stark hierachisch organisiert sind, so hat der Verzicht auf Ordenskleidung, gemeinsames Chorgebet und Ortsansässigkeit (stabilitas loci) die Wirkung dieses neuen Ordenstypus stark befördert. Den Jesuiten kommt ein wichtiger Teil bei der Umsetzung der Reformen des Trienter Konzils zu (Jesuitenkollegien, Jesuitentheater).
Nicht unumstritten, gerade auch im katholischen Lager, gingen die Anfeindungen so weit, dass die Jesuiten 1773 vom Papst verboten wurden. Erst 1814 ließ Rom die Jesuiten wieder zu.
(Konfessionelles Zeitalter)
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(cn) Nach den großen Judenverfolgungen während der Pestwellen 1348-1350 waren die meisten jüdischen Gemeinden ausgelöscht worden. Bis dahin hatten die Juden kollektiv unter dem Schutz des Kaisers gestanden, der allerdings nicht wirksam war: Karl IV. griff während der Pogrome nicht ein, verhinderte sie nicht, und somit war die Basis jüdischer Existenz im Reich nicht mehr gesichert.
In Konsequenz aus dem Versagen des kaiserlichen Schutzes übertrug der Kaiser im Jahr 1356 in der Goldenen Bulle alle Schutzrechte über die Juden auf die Kurfürsten. Diese Urkunde bildet einen Wendepunkt in der jüdischen Geschichte, denn die vorher eher personale Bindung der Juden an den Kaiser veränderte sich nun zu einer finanziellen Beziehung. Das Judenregal stand nunmehr als eines neben anderen wie z.B. dem Bergwerks- oder Zollregal: Es waren Rechte, die man an bestimmte Personen gegen Zahlung eines festgelegten Betrages verlieh. Die Juden konnten sich von nun an Schutz vor Vertreibungen und Übergriffene erkaufen. Von den Kurfürsten gingen diese Rechte allmählich auf Landes- und Stadtherren über.
(Juden)
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(af) Vorspiel des Dreißigjährigen Krieges: 1609 stirbt Herzog Johann Wilhelm von Jülich-Kleve-Berg („letzter des Stammes“). Erbansprüche auf dieses strategisch wichtige und konfessionell gemischte Land erheben Brandenburg und Pfalz-Neuburg (die so genannten Possedierenden, beide Lutheraner), aber auch der Kaiser. Im Dortmunder Vertrag von 1609 beschließen Brandenburg und Pfalz-Neuburg die gemeinsame militärische Besetzung; dies wird vorläufig von den Landständen akzeptiert (nach der Garantie ihrer Privilegien und der Religionsfreiheit für alle drei Konfessionen). Der Kaiser erhebt erfolglos Einspruch.
Mit dem Beitritt Kurfürst Johann Sigismunds von Brandenburg zur Union (verbündet mit Heinrich IV. von Frankreich, der den Einmarsch am Niederrhein plante) verschärft sich die Situation. Pfalzgraf Wolfgang Wilhelm konvertiert zum katholischen Glauben, sucht Hilfe bei Liga, Kaiser und Spanien. Johann Sigismund wird calvinistisch und nun von den Niederlanden unterstützt (Einmarsch Moritz von Oraniens). Bevor es zu militärischen Aktionen zwischen den Possedieren kommt, vermittelt englische wie französische Diplomatie. Im Vertrag von Xanten (1614) wird das Land aufgeteilt. Der Pfalzgraf erhält Jülich-Berg, Brandenburg Kleve, Mark und
Ravensberg.
(Konfessionelles Zeitalter)
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1661-1700, König von Spanien seit 1665. Der letzte männliche spanische Habsburger. Da er körperlich und geistig labil ist, wird früh spekuliert, dass er keinen Erben hinterlassen werde. Als er tatsächlich stirbt, ohne einen Erben zu hinterlassen, führen rivalisierende Erbansprüche der französischen Bourbonen und der österreichischen Habsburger zum
Spanischen Erbfolgekrieg.
(Internationale Konflikte und europäisches Mächtesystem)
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24.2.1500 | geboren in Gent; |
1506 | Herzog von Burgund und nominell König von Kastilien; |
1516 | regierender König der vereinigten spanischen Königreiche Kastilien und Aragon (als Karl I.); |
1519 | Wahlmann, König und Kaiser des Hl. Röm. Reiches dt. Nation, Erzherzog von Österreich; |
1521 |
auf dem Reichstag zu Worms, an dem Karl V. erstmals teilnimmt, erhält er Reichshilfe für seinen bevorstehenden Krieg gegen Frankreich; |
1521-1526 |
Erster Krieg Karls V. gegen Franz I. von Frankreich, in dem Franz vernichtend geschlagen und gefangengenommen wird; |
1521/1522 | Übertragung der österreichischen Erblande an seinem Bruder Ferdinand; |
1526-1529 | Zweiter Krieg gegen Franz I. und die hl. Liga von Cognac; |
1530 | Karl V. lässt sich in Bologna (als letzter Kaiser) vom Papst krönen; |
1530 | Reichstag zu Augsburg; |
1531 |
Protestanten formieren sich im Schmalkaldischen Bund zu einer Verteidigungsgemeinschaft gegen den Kaiser; |
1536-1538 | Dritter Krieg gegen Franz I.; |
1542-1544 | Vierter Krieg gegen Franz I.; |
1546-1547 | Schmalkaldischer Krieg gegen die Protestanten; |
1555/56 | Rücktritt in mehreren Schritten nach Scheitern seiner universalen Politik; |
25.10.1555 | Augsburger Religionsfriede, den Karl V. nicht mitträgt; |
25.10.1555 | Übertragung der Niederlande auf seinen Sohn Philipp (II.); |
16.1.1556 |
Verzicht auf seine Herrschaft in Spanien, auf italienische Besitzungen und auf überseeische Kolonien zugunsten seines Sohnes Philipp (II.); |
12.9.1556 | Verzicht auf das Kaisertum zugunsten seines Bruders, König Ferdinand (= Kaiser Ferdinand I.); |
1557 | Rückzug in das Kloster San Jerónimo de Yuste in Neukastilien; |
21.9.1558 | Gestorben ebenda. |
nach: Der Große Ploetz
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Kurfürst Karl Albrecht von Bayern aus dem Hause Wittelsbach (* 1697, + 1745), einziger nichts-habsburgischer Kaiser der frühen Neuzeit. Karl Albrecht war verheiratet mit einer Tochter Kaiser Josephs I., hatte zunächst aber auf alle Erbansprüche aus dieser Ehe verzichtet. Nach dem Tod Kaiser Karls VI., der keine Söhne hatte, erbte dessen Tochter Maria Theresia die habsburgischen Länder aufgrund eines eigens dafür erlassenen Erbfolgegesetzes, der sog. "Pragmatischen Sanktion". Karl Albrecht verbündete sich mit Frankreich, Spanien, Sachsen und Preußen, um diese Erbfolge anzufechten, und eröffnete den "Österreichischen Erbfolgekrieg" gegen Maria Theresia. 1742 ließ er sich von den Kurfürsten, die mit ihm verwandt bzw. verbündet waren (der Kurfürst von Köln als sein Bruder, die Kurfürsten von Trier und Pfalz als seine Vettern) zum Kaiser wählen. Während seiner kurzen Regierungszeit als Kaiser war sein eigenes Kurfürstentum Bayern die meiste Zeit über von Österreich besetzt, er mußte in Frankfurt am Main residieren. Da er nur über eine geringe eigene Hausmacht verfügte, war er ganz von seinen Bündnispartnern abhängig. Um gewählt zu werden, mußte er in seiner Wahlkapitulation zahlreiche Zugeständnisse machen, die die kaiserliche Position im Reich weiter schwächten.
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(el) Der Kehrpflug besaß ein umsetzbares Streichbrett und eine symmetrische Schar, wodurch die Scholle nach rechts oder links gewendet werden konnte, während beim Beetpflug nur eine Richtung möglich war. Dadurch konnte der Pflug am Ende der Ackerfurche gewendet und in die entgegengesetzte Richtung zurückgeackert werden. Bentzien datiert die Anfänge des Kehrpfluges auf das Jahr 1425
(
Bentzien, Bauernarbeit, 107). Schar und Sech der hölzernen Pflüge waren aus Eisen, der Fund eines eisernen Beschlages für das Streichbrett datiert ebenfalls ins 15. Jh.
(
Bentzien, Bauernarbeit, 108).
(Ländliche Gesellschaft)
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(af) Die Gemeinden übernahmen seit dem 12. Jh. treuhänderisch die Verwaltung der Kirchengüter und setzten zu diesem Zweck die so genannten Kirchenpfleger (Kirchenmeister, Kirchenvorsteher, Kirchenvater, Jurat etc.) ein. Die Kirchenpflegschaft ist keine Institution des Kirchenrechts, sondern widerspricht diesem streng genommen, da Laien eigentlich keine aktive Teilhabe an der Kirchenregierung haben durften. Im nachtridentinischen Kirchenrecht wurde dies insofern geändert, dass Laien sich zwar nicht in kirchliche Angelegenheiten einmischen dürfen, aber doch an der administratio oeconomica beteiligt sein können
(
Schröcker, Kirchenpflegschaft).
(Ländliche Gesellschaft)
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Entnommen aus: Heinrich Richard Schmidt, Konfessionalisierung im 16. Jh.
(Konfessionelles Zeitalter)
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(af) Mit Kirchenregiment wird die weltliche Herrschaft über das Kirchwesen eines Territoriums bezeichnet. Zu seiner vollen Ausprägung kam es mit der Reformationszeit und in den evangelischen Territorien. In den entwickelteren Territorien des Reiches kann schon im 15. Jh. von einem landesherrlichen Kirchenregiment gesprochen werden, das sich vor allem in den Ordens- und Klosterreformen manifestierte. Diese Form des kirchenpolitischen Handelns griff aber – im Gegensatz zum nachreformatorischen Kirchenregiment – noch nicht in die eigentlichen theologischen Inhalte ein (vgl.
Schulze, Fürsten).
(Ländliche Gesellschaft)
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(af) Kollegialorgane (Vierer, Achter, Zwölfer, Geschworene, Schöffen, Rat) waren gemeinsam mit dem Dorfvorsteher in der Selbstverwaltung tätig. Sie wurden durch die Gemeindeversammlung gewählt und bildeten „einen die Gemeinde repräsentierenden Ausschuss, der alle öffentlichen Aufgaben wahrnahm“
(
Dülmen, Dorf, 48). Meist waren sie auch die Urteiler im Dorfgericht.
(Ländliche Gesellschaft)
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(af) Der Kölner Erzbischof Gebhard Truchseß von Waldburg verkündete 1582 seinen Übertritt zum Protestantismus und stellte gleichzeitig in seinem Land die katholische wie die lutherische Konfession frei. Der Anlass zu diesem Übertritt war weniger bzw. nicht nur religiöser Art, sondern auch sein Wunsch, die Stiftsdame Agnes von Mansfeld zu heiraten. Die Konversion eines geistlichen Fürsten bei Beibehaltung seines Amtes widersprach dem geistlichen Vorbehalt, wie er im Augsburger Religionsfrieden festgelegt worden war. Dazu bestand im Falle Kölns die Gefahr einer evangelischen Mehrheit im Kurfürstenkollegium und der Fall einer wichtigen Bastion des Katholizismus im Reich. 1583 wurde Gebhard Truchseß von Waldburg von Papst Gregor XIII. für abgesetzt erklärt. Da er sich diesem Absetzungsspruch nicht fügte, kam es zum Kölner Krieg zwischen ihm und v.a. bayerischen Truppen, die ihn schließlich aus Westfalen vertrieben. Damit war der Versuch gescheitert, eines der bedeutendsten Bistümer im Reich zu säkularisieren.
(Konfessionelles Zeitalter)
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Erster von zwei von der französischen Regierung initiierten Versuchen, Konflikte zwischen den europäischen Mächten unter Beteiligung aller Großmächte zu regeln. Er scheitert, da die beiden erbittertesten Gegner, Österreich und Spanien, sich lieber eigenständig und gegen die Interessen der Anderen einigen als Dritten eine Einmischung zu ermöglichen.
(Internationale Konflikte und europäisches Mächtesystem)
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Unter einer frühneuzeitlichen Korporation versteht man ganz allgemein eine Personengesamtheit, die zu einer handlungsfähigen Einheit zusammengeschlossen ist, meist um bestimmte gemeinsame Rechte und Privilegien auszuüben und aufrecht zu erhalten. Eine solche Korporation besteht über das Leben ihrer einzelnen Mitglieder hinaus fort.
Korporationen in diesem Sinne finden sich auf allen Ebenen, z.B. die römische Kirche als Ganze, aber auch ein Kloster oder geistliches Stift, die Ritterschaft eines Landes oder einer Region, eine Stadtgemeinde, eine Zunft usw.
Die Juristen haben das seit dem Spätmittelalter theoretisch gefaßt, indem sie die Korporation ("universitas", "corpus") als künstlichen Körper oder als fiktive Person ("persona ficta") bezeichneten, die einen einheitlichen Willen hat und handlungsfähig ist wie eine natürliche Person, aber im Gegensatz zu dieser niemals stirbt. Zur Herstellung dieses einheitlichen Willens bedarf es bestimmter förmlicher Verfahrensweisen, die regeln, wie die Korporation repräsentiert wird, d.h. die dafür sorgen, daß das Handeln einzelner als Handeln der ganzen Korporation angesehen wird.
Organe, die die Handlungsfähigkeit einer Korporation herstellen, sind vor allem die Gesamtversammlung (z.B. ein Konzil, ein Landtag, ein Reichstag, die Bürgerversammlung einer Stadt etc.) und ein stellvertretendes Gremium von Vorstehern, die das "Haupt" der Korporation darstellen; z.B. im Reich die Kurfürsten, in der Kirche die Kardinäle, in der Stadt ein Stadtrat, in einer Diözese das Domkapitel (von lat.caput=Haupt) etc.
Die ständische Verfassung spätmittelalterlicher und frühneuzeitlicher Gemeinwesen beruht ganz wesentlich auf korporativen Zusammenschlüssen der Stände im Land; d.h. die darin angesessenen Gruppen, die über Herrschaftsrechte, Freiheiten und Privilegien verfügen, schließen sich zu Korporationen zusammen, um auf Ständetagen diese Rechte kollektiv auszuüben und sie unter Umständen gegenüber den Forderungen des Landesherrn zu verteidigen.
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(rt) Sie trugen regional unterschiedliche Namen: Gärtner: sächsisch-böhmisch-schlesischer Raum und West- und Ostpreußen; Kossäten: Mark Brandenburg, Mecklenburg, Pommern; Seldner: Südwestdeutschland: Köbler: Fränkisches Siedlungsgebiet; Kötner: Niedersachsen; Kötter: Westfalen; Kotsassen: Braunschweig; Schupposen: Schweiz, Südbaden; Bardenhauer: Ostfalen; Warfsleute: Ostfriesland
(
Ritter, Nachsiedlerschichten, 94).
(Ländliche Gesellschaft)
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(rt) Die kleinbäuerlichen Kötter als die ältesten Vertreter der nachvollbäuerlichen Besiedelung genossen nur abgeleitete, stets mindere Rechte an den genossenschaftlich genutzten Ländereien, die erst seit dem 16. Jh. nach langen Auseinandersetzungen mit den vollberechtigten Bauern erworben werden konnten. Sie rückten innerhalb der Gemeinde zu den Reiheleuten auf, d.h. sie standen im Gegensatz zu den bloßen Gemeindebewohnern innerhalb des Gemeindeverbandes und übernahmen mit den „Vollbauern“ die vielfältigen Aufgaben der Verwaltung der Gemeinderechte und -verpflichtungen sowie die Regelung der gemeinsamen Nutzungsangelegenheiten. Ihr Anwesen bestand im Allgemeinen aus einer Kleinstelle und einem Garten und war in der Regel mit einem zufälligen Konglomerat von einzelnen Ackerstücken verbunden
(
Ritter, Nachsiedlerschichten, 92f., 95;
Saalfeld, Ländliche Bevölkerung Nordwestdeutschlands, 234;
Holenstein, Bauern, 17).
(Ländliche Gesellschaft)
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(ml) Das auf das Werk „Principles of Political Economy and Taxation“ (1. Auflage 1817) von David Ricardo (1772-1823) zurückgehende Konzept des komparativen Vorteils lässt sich am Verständlichsten durch ein Beispiel erklären:
Angenommen, die Welt bestehe aus zwei Ländern (Portugal und England), in denen jeweils gleich viele Menschen leben, die mit einem identischen, festgelegten Kontingent an Arbeitsstunden zwei verschiedene Güter (Wein und Tuch) erzeugen. Die Produktivität (das Geschick) bei der Herstellung der Güter sei unterschiedlich zwischen Engländern und Portugiesen verteilt:
Erstere benötigen zur Herstellung einer Einheit Wein 6 Stunden, zur Herstellung einer Einheit Tuch 4 Stunden. Ihre Arbeitsproduktivität ist 0,16 Einheiten Wein pro Stunde bzw. 0,25 Einheiten Tuch pro Stunde.
Letztere sind in der Lage, eine Einheit Wein in 3 Stunden herzustellen, benötigen aber 5 Stunden pro Einheit Tuch. Ihre Arbeitsproduktivität beträgt 0,33 Einheiten Wein pro Stunde und 0,2 Einheiten Tuch pro Stunde.
Damit kostet in England eine Einheit Wein 6 Arbeitsstunden oder 1,5 Einheiten Tuch. Eine Einheit Tuch kostet 4 Arbeitsstunden oder 0,67 Einheiten Wein.
In Portugal dagegen kostet eine Einheit Wein 3 Arbeitsstunden oder 0,6 Einheiten Tuch, eine Einheit Tuch dagegen 5 Arbeitsstunden oder 1,67 Einheiten Wein.
Damit ist es für die Engländer vorteilhaft, eine Einheit Tuch zu produzieren und sie nach Portugal zu exportieren, wo sie dafür 1,67 Einheiten Wein erhalten (im Gegensatz zu 0,67 Einheiten, die sei erhalten hätten, wenn sie daheim statt einer Einheit Tuch mit demselben Arbeitsaufwand Wein produziert hätten). Umgekehrt können die Portugiesen 1 Einheit Wein in England gegen 1,5 Einheiten Tuch eintauschen (und stellen sich damit deutlich besser, als wenn sie in den verkauften 3 Arbeitsstunden 0,6 Einheiten Tuch selbst produziert hätten).
Es sind also Unterschiede in den relativen Arbeitsproduktivitäten bezüglich der beiden Güter, die den internationalen Handel und die Spezialisierung auf die von ihnen mit höherer Produktivität hergestellten Güter für Engländer wie für Portugiesen lohnend machen. In unserem Beispiel fallen diese relativen Produktivitätsunterschiede allerdings mit absoluten zusammen: die Engländer können pro Stunde mehr Tuch (0,25:0,2), die Portugiesen mehr Wein (0,33:0,16) herstellen. Modifiziert man das Beispiel ein wenig, so sieht man, dass nicht diese absoluten, sondern komparative Produktivitätsvorteile den Handel lohnend machen:
Wir erhöhen (entgegen der historischen Erfahrung) die Produktivität der Portugiesen bei Tuch auf 0,33, so dass sie sowohl Tuch (0,3:0,25 Einheiten pro Stunde) als auch Wein (0,33:0,16) mit höherer Arbeitsproduktivität herstellen können als die Engländer. Dennoch lohnt es sich für sie zu handeln, denn:
Eine Einheit Tuch kostet in Portugal nun 3 Stunden oder 1 Einheit Wein, in England aber weiterhin 4 Arbeitsstunden oder 0,67 Einheiten Wein, während eine Einheit Wein in England weiterhin 1,5 Einheiten Tuch, in Portugal nun aber eine Einheit Tuch kostet. Analog zum obigen Beispiel lohnt sich internationaler Handel also noch immer, wenn sich die Portugiesen auf die Produktion von Wein, den sie pro Einheit in England gegen 1,5 Einheiten Tuch eintauschen können, und die Engländer auf die von Tuch, das sie in Portugal gegen eine Einheit Wein eintauschen können, spezialisieren. Dies ist das Prinzip des komparativen Vorteils, das besagt, dass Handel zu Wohlfahrtsgewinnen führt, wenn sich die beteiligten Länder auf die Produktion derjenigen Güter spezialisieren, die sie mit höherer relativer Arbeitsproduktivität herstellen können, bei deren Produktion sie also über einen komparativen Vorteil verfügen.
Eine alternative Erklärung für komparative Vorteile, die nicht auf unterschiedlichen relativen Arbeitsproduktivitäten, sondern auf unterschiedliche Ausstattung mit Produktionsfaktoren abstellt, geht auf den schwedischen Ökonomen Eli Heckscher (1879-1952) und seinen Schüler Bertil Ohlin (1899-1979) zurück. In ihrer Betrachtung ist die Arbeitsproduktivität in beiden Ländern identisch, so dass keine ricardianischen komparativen Vorteile vorhanden sind. Stattdessen betrachten sie neben Arbeit einen zweiten Produktionsfaktor (Kapital). Die beiden Produktionsfaktoren Arbeit und Kapital sind zwischen beiden Ländern unterschiedlich verteilt, eines ist kapitalreich, das andere arbeitsreich. Von den beiden betrachteten Güter wird eines mit mehr Kapitaleinsatz, das andere mit mehr Arbeitseinsatz produziert. Das Inland wird dadurch relativ effizienter bei der Produktion des kapitalintensiven Gutes sein, während das Ausland das arbeitsintensive Gut effizienter herstellen kann. Da kapitalintensive Gut ist im Inland und das arbeitsintensive Gut im Ausland relativ günstiger. Bei Aufnahme von internationalem Handel werden nun die ausländischen Nachfrager das kapitalintensive Gut aus dem Inland und die inländischen das arbeitsintensive Gut aus dem Ausland verstärkt nachfragen. Hierdurch kommt es (im Vergleich zur Preisstruktur vor Aufnahme von Handel) 1. zu einem Ansteigen der Exportgüterpreise und 2. zu einem Absinken der Preise der importkonkurrierenden Güter. Ohne an dieser Stelle auf die Einkommensverteilungswirkungen des Handels einzugehen, lässt sich feststellen, dass damit insgesamt der Nutzen der Konsumenten und die Erträge der Produzenten gesteigert werden, die Aufnahme von Handel und die resultierende internationale Arbeitsteilung also zu Wohlfahrtsgewinnen geführt haben.
(Wirtschaftliche Grundstrukturen und Entwicklungen)
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(af) „Die Figur des ‚Kräftefeldes‘, in dem Macht durchgesetzt, Herrschaft begründet und bezweifelt wird, vermeidet eine einfache Zweipoligkeit. Den Herrschenden stehen zwar Beherrschte gegenüber – Herrschende konstituieren sich in der Definition und der Verfügung über die Beherrschten. Dennoch mögen sich die Herrschenden ihrerseits in Abhängigkeit befinden. Und auch die Beherrschten sind mehr als passive Adressaten der Regungen der Herrschenden. Vor allem zeigen sich Ungleichheiten und Widersprüche auch zwischen Herrschenden, ebenso wie zwischen Beherrschten.“
(
Lüdtke, Herrschaft, 13).
(Ländliche Gesellschaft)
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Die Kurfürsten (von "Kur"=Wahl) galten als "Säulen des Reiches" und repräsentierten gemeinsam mit dem Kaiser das Reich. Das Kurfürstenkollegium war eine wesentliche Keimzelle des ganzen Reichstags; es konnte schon im SpätMA pars pro toto als eine repräsentative Korporation für das ganze Reich verbindlich handeln, indem es den Kaiser wählte.
Nach ursprünglichen Vorstellung vom Wahlrecht des ganzen "Volkes" verfestigte sich seit dem HochMA die Gruppe der Kurfürsten als alleinige Königswähler.
Nämlich: die drei rheinischen Erzbischöfe Mainz, Köln, Trier; der König von Böhmen, der Pfalzgraf bei Rhein, der Herzog von Sachsen und der Markgraf von Brandenburg.
Die Herausgehobenheit wurde nachträglich begründet und legitimiert mit Erzämtertheorie: Die weltlichen Kurfürsten versahen am Königshof die Hofämter Mundschenk, Truchseß, Marschall, Kämmerer. Die drei geistl. Kurfürsten hatten die Ämter von Reichserzkanzlern inne: Mainz für Deutschland, Köln für Italien, Trier für "Gallien". Der Pfalz kommt im fränkisch-rheinischen, westlichen Teil des Reiches, Sachsen im östlichen Teil das sog. Reichsvikariat zu, d.h. das Recht zur Vertretung des Königs bei Thronvakanz. (Warum es genau diese Fürsten und keine anderen sind, die das Königswahlrecht monopolisieren konnten, darüber gibt es in der Forschung geteilte Meinungen. Fest steht aber: Das Ehrenvorrecht der Erstkurstimme führte auf Dauer zum Ausschluß aller anderen vom Wahlrecht.)
Diese Wählergruppe wurde in der Goldenen Bulle von 1356 als feste Korporation mit bestimmten gemeinsamen Privilegien endgültig festgeschrieben und entwickelte sich zums institutionellen Zentrum der Reichsverfassung. Die Goldene Bulle stellte sicher, daß es bei der Königswahl immer zu einer eindeutigen und sicheren Entscheidung kam. Dazu dienten Bestimmungen, die sicherstellten, daß sich die Zusammensetzung des Kollegiums nicht änderte (Festlegung des Erstgeburtsrechts und Unteilbarkeit der Kurländer), daß es nicht zu Rangkonflikten kam (Fixierung des zeremoniellen Rangs im Gehen, Stehen und Sitzen); daß die Kurfürsten sich allein versammeln durften, und - das wohl wichtigste - daß grundsätzlich das Mehrheitsprinzip galt. (Das war in der Vormoderne eher unüblich, weil es Zählbakeit und damit Gleichheit der Stimmen voraussetzte und weil es realen Konsens, "unanimitas", ersetzte durch das Prinzip, daß der Wille der Mehrheit als Wille der Gesamtheit gelte.)
Das Kurfürstenkollegium repräsentierte - nach der Lehre der spätmittelalterlichen Korporationstheorie ( Korporation) - das Reich als Ganzes in einem doppelten Sinne: Die Kurfürsten konnten verbindlich für das Ganze handeln (eben weil sie dieses moderne Verfahren ausgebildet haben); und sie repräsentierten das Reich gemeinsam mit dem Kaiser in dem Sinne, daß ihr gemeinsames, feierliches öffentliches Auftreten die Majestät des Reiches sichtbar zur Erscheinung brachte. Deshalb sind auf Abbildungen "des Reiches" sehr oft allein Kaiser und Kurfürsten dargestellt.
Bildquelle:
Sitzordnung der Kurien auf den Reichstagen
Kupferstich von Peter Troschel, 1675
Veränderungen in der FNZ
Trotz der Vorkehrungen der Goldenen Bulle wurde die Zusammensetzung des Kurfürstenkollegs im Lauf der FNZ verändert.
Quellenedition und viele andere Informationen zur Goldenen Bulle:
http://www.people.freenet.de/heckmann.werder/GoldeneBulleDeutsch.htm
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(el) Bartolomé de Las Casas (1484-1566), Sohn eines spanischen Kaufmanns, kam erstmals 1502 als Konquistador in die „Neue Welt“ und erwarb auf La Española Land, das er zunächst von der einheimischen Bevölkerung in Zwangsarbeit bewirtschaften ließ. Als Zeuge der brutalen Eroberung Amerikas und der Unterdrückung der dortigen Bevölkerung durch die Spanier wurde er jedoch „der bedeutendste Vorkämpfer für die Rechte der Indianer“
(
Gründer, Welteroberung, 112). Einen Wendepunkt in seinem Leben markierte wohl die anklagende
Adventspredigt des Dominikaners Montesinos, dessen Orden er 1522 beitrat
(
Wendt, Begegnungen, 77). Bekannt wurde er v.a. durch die Veröffentlichung der
Brevísima relación 1552, die er bereits 1541/42 als Informationsschrift an den spanischen König verfasst hatte, um Einfluss auf die geplanten „Neuen Gesetze“ zum Schutz der indigenen Bevölkerung Amerikas zu nehmen. Eine weitere wichtige Quelle bietet seine „Historia de las Indias“, die er 1527 auf La Española begann und 1563 abschloss. Dieses Werk enthält u.a. eine Zusammenfassung des nicht mehr in der Erstfassung erhaltenen Bordtagebuchs Columbus’ und eine Beschreibung der ersten Jahrzehnte der Conquista in Amerika.
(Europäische Expansion)
Bartolomé de Las Casas, Werkauswahl, hrsg. von Mariano Delgado, Bd. 2: Historische und ethnographische Schriften. Paderborn/München/Wien/Zürich 1995.
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(rt) Otto Brunner kritisiert die Aussagen Max Webers zu den drei Arten der Legitimität von Herrschaft (rationale, traditionale und charismatische Legitimität; vgl.
Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, 625). Der Begriff von der traditionalen Legitimität, die Weber von der rationalen Legitimität der Neuzeit abgrenzt, sei nicht an den Verhältnissen des Mittelalters und der FNZ entwickelt, sondern sei geschichtlich bedingt, d.h. erst in der Neuzeit konnte sich eine Vorstellung von einer traditionalen Legitimität von Herrschaft entwickeln. Nach Brunner haben sich die Menschen erst nach und im Zeitalter der französischen Revolution, als die Gesamtordnung in Frage gestellt worden war, auf eine „Tradition“ an sich berufen können
(
Brunner, „Feudalismus“, 114;
Brunner, Bemerkungen zu den Begriffen „Herrschaft“ und „Legitimität“, 75.). Trotz dieser Kritik orientieren sich Historiker noch an Max Webers Begriff von der traditionalen Legitimität: Andreas Suter definiert Bauernaufstände als traditionale Bewegungen. Tradierte Geschichte galt nach Suter innerhalb von Bauernbewegungen in einem viel umfangreichen und grundsätzlichen Maß als handlungsleitendes und handlungslegitimierendes Prinzip
(
Suter, „Troublen“, 375).
(Ländliche Gesellschaft)
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Das Reich blieb bis zu seinem Ende ein Lehnsverband mit dem Kaiser als Lehnsherrn an der Spitze, also ein Verband, der aus persönlichen Treueverhältnissen bestand. Alle Reichsfürsten waren direkte Vasallen des Kaisers. Bei jedem Tod eines Kaisers oder eines seiner Vasallen mußte dieses Treueverhältnis rituell erneuert werden in einem Akt der feierlichen Investitur, bei dem der Kaiser den Vasallen mit seinen Gütern und Herrschaftsrechten belehnte und der Vasall dagegen Treue zu Kaiser und Reich schwor (im Laufe der FNZ nicht mehr in Person, sondern durch Gesandte). Dieses Lehnsband bestand auch nach wie vor gegenüber vielen italienischen Fürsten, ja wurde nach dem Westfälischen Frieden sogar wieder intensiviert. In diesem Sinne gehörten zahlreiche italienische Fürstentümer auch in der FNZ noch immer zum Reich ("Reichsitalien"), obwohl sie sich an den anderen Reichsinstitutionen nicht beteiligten. Umgekehrt waren aber nicht alle Beziehungen zwischen Kaiser und Reichsgliedern lehnsrechtlicher Natur: so z.B. nicht die Herrschaft über die Reichsstädte, die zum Königsgut gehörten, oder die Herrschaft über viele geistliche Stifter.
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Das Lehnwesen war die Grundlage der mittelalterlichen Herrschafts- und Eigentumsordnung. Es beruhte darauf, daß die Vergabe von Land, Ämtern, Pfründen etc. vom Lehnsherrn an den Lehnsmann (Vasallen) mit einem persönlichen Treueverhältnis zwischen beiden verbunden wurde. Der Lehnsmann verpflichtete sich gegenüber dem Lehnsherrn durch das Ritual des Handgangs in umfassender Weise zu Rat und Hilfe. Lehnsbeziehungen bestanden auf allen Ebenen der Gesellschaft, vom Kaiser/König bis hinunter zum einfachen Freien. Das Lehnswesen bestand auch in der frühen Neuzeit fort.
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"Ständische" oder "fürstliche Libertät" (auch "teutsche Freiheit") ist ein zeitgenössischer Ausdruck für den Anspruch der Reichsstände auf eigene Herrschaftsausübung in ihren Territorien und auf zentrale Mitsprache bei allen Reichsangelegenheiten. In den Phasen der Reichsgeschichte, als die habsburgischen Kaiser ihre zentrale Herrschaft - letztlich mit militärischer Gewalt - auf Kosten der Reichsstände zu stärken versuchten, so vor allem Karl V. im Schmalkaldischen Krieg gegen die Protestanten und Ferdinand II. im Dreißigjährigen Krieg, wurde "fürstliche Libertät" zum protestantischen Kampfbegriff gegen die sogenannte "spanische Servitut" (mit der man die katholische, auch auf Spanien gestützte Macht der Habsburgerdynastie meinte). "Teutsche Freiheit" der Reichsstände galt als zentrales Kennzeichen der Reichsverfassung; Freiheitsliebe in diesem Sinne als Nationalcharakter der "Teutschen", wobei man sich auf Tacitus' "Germania" berief.
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(af) Das Konzept des Limited Good weist der bäuerlichen Gesellschaft ein Weltbild zu, das von einer Summenkonstanz der materiellen Güter ausgeht. Die Umwelt wie die zu erarbeitenden Güter wurden als begrenzt verstanden. Vermehrung oder Wachstum des einen mussten zu Knappheit oder Verarmung des anderen führen. Dieses Wahrnehmungsmuster eines Nullsummenspieles prägte nicht nur das Wirtschaftssystem sondern auch das soziale Zusammenleben (vgl.
Walz, Kommunikation;
Foster, Society;
Schlögl, Bedingungen;
Burkhardt, „Produktivität“).
Die Produktion über die eigene Bedarfsdeckung hinaus war dem Verdacht „sozialer Schädlichkeit“ ausgesetzt und wurde dementsprechend sanktioniert. Andererseits wurde ein Beschneiden der für die Subsistenz wichtigen Güter in der FNZ als Verletzung der „Hausnotdurft“ gesellschaftlich verurteilt und somit durch diese Norm ein Schutz vor Armut geschaffen. Durch eine Steigerung der Dienst- und Abgabenpflicht in ihrer Subsistenz gefährdete Bauern konnten z.B. in einen für sie durch die Norm der „Hausnotdurft“ rechtlich legitimierten Widerstand gegen ihre Herrschaft eintreten
(
Blickle,
Subsistence).
(Ländliche Gesellschaft)
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1638-1715, französischer König aus der Dynastie der Bourbonen, seit 1643 König, 1661 Übernahme der Alleinregierung. Damit übernimmt er die Herrschaft der stärksten Macht in Europa, eine Position, die er in der Folge auszubauen versucht. Seine Herrschaft wird traditionell als Musterbeispiel absolutistischer Machtentfaltung und höfischer Pracht angesehen. Seine Expansionsbestrebungen stoßen zunehmend auf den vereinten Widerstand der Europäischen Mächte (so im Devolutionskrieg 1667, im
Holländischen Krieg 1672-9, im
Pfälzischen Erbfolgekrieg 1688-97). Zwar bleiben ihm eindeutige Rückschläge erspart und selbst im
Spanischen Erbfolgekrieg kann er noch einen Teil seiner Ziele durchsetzen, aber die inneren Folgen der Belastungen schwächen den französischen Staat lange Zeit.
(Internationale Konflikte und europäisches Mächtesystem)
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Deutscher Theologe und Reformator
* 1483 in Eisleben, Thüringen, als Sohn eines Bergmannes
Nachdem Luther an der Artistenfakultät in Erfurt sein Studium absolviert hatte, begann er zunächst auf Wunsch seines Vaters Jura zu studieren, brach dies jedoch bereits zwei Monate später ab. Grund dafür soll ein schweres Gewitter gewesen sein, bei dem Luther in Todesangst ein Gelübde ablegte - „Hilf Du, heilige Anna, ich will ein Mönch werden“. Zwei Wochen später (17.7.1505) trat er in das Kloster der Augustinereremiten in Erfurt ein, wurde 1507 zum Priester geweiht und nahm das Theologiestudium auf. 1512 promovierte er zum Doktor der Theologie und übernahm die Professur für Bibelauslegung. Ausschlaggebend für seine exegetischen Arbeiten waren sein starkes Sündenbewusstsein und die wachsende Gewissheit, dass der Mensch nicht aus eigener Kraft und auch nicht durch die von der Kirche angebotenen Mittel vor Gott bestehen und das Heil erlangen könne. Daraus entwickelte sich seine Rechtfertigungslehre, dassß die Rechtfertigung des Menschen vor Gott nicht durch seine eigene Leistung bewirkt werden könne, sondern ein Geschenk (Gnade) Gottes sei, und dass der Mensch nichts anderes zu tun habe, als dieses Geschenk in Demut anzunehmen. In der weiteren Ausarbeitung seiner Theologie wurde sich Luther immer deutlicher seines Gegensatzes zur scholastischen Theologie bewusst.
1517 veröffentlichte er, veranlasst durch die Ablasspredigten J. Tetzels, seine 95 Thesen gegen den Ablass. Ein Bruch mit der Kirche war damit keinesfalls beabsichtigt, doch es folgte eine Anzeige in Rom. Luther wurde in Augsburg durch Kardinal Thomas Cajetan verhört, lehnte aber den Wiederruf ab. 1519 kam es in Leipzig zur Disputation zwischen Luther und J. Eck, in welcher der Gegensatz Luthers zu Rom deutlich wurde. Die Antwort der Kurie war die Androhung des Banns in der Bulle Exsurge Domini vom 15.6. 1520. Statt binnen 60 Tagen zu widerrufen, antwortete Luther mit einer Gegenschrift („An den christlichen Adel deutscher Nation“) und verbrannte am 10.12. 1520 die Bulle zusammen mit scholastischen Schriften vor dem Elstertor in Wittenberg. Damit war der Bruch mit der Kirche vollzogen.
1521 erschien Luther auf dem Reichstag in Worms und verteidigte dort seine Positionen und lehnte erneut jeden Wiederruf ab. Nach der Verhängung des Wormser Edikts floh Luther unter dem Schutz seines Landesherren Friedrich des Weisen auf die Wartburg, wo er unter anderem das Neue Testament in die deutsche Sprache übersetzte. 1522 kehrte er nach Wittenberg zurück.
1525 grenzte sich Luther gegen drei, mit ihm sympathisierende Bewegung ab; den spiritualistischen reformatorischen Bewegungen (Schwärmer), den Täufern und den Bauern im Bauernkrieg.
Am 13.6.1525 heiratete Luther die frühere Nonne Katharina von Bora. Die folgenden Jahre, die durch eine enge Zusammenarbeit mit Philipp Melanchthon geprägt waren, dienten der Festigung seiner Theologie (großer und kleiner Katechismus 1529, Abschluss der Bibelübersetzung 1534). 1525-1528 trug Luther einen heftigen literarischen Streit mit U. Zwingli über das Abendmahl aus (Abendmahlsstreit, Marburger Religionsgespräch). Am Augsburger Reichstag, 1530, konnte er als Geächteter selbst nicht teilnehmen. 1536 gelang mit der Wittenberger Konkordie die Beilegung des Abendmahlsstreits mit den Oberdeutschen, aber nicht mit den Schweizer Reformatoren.
Im Frühjahr 1546 starb Luther auf einer Reise nach Eisleben.
(Reformation)
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„An den christlichen Adel deutscher Nation von des christlichen Standes Besserung“ Aufforderung an Kaiser und Reichsfürsten, das „römische Joch“ abzuwerfen.
Die theologische Wende wird umgemünzt in praktische Reformvorschläge |
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„Über die Freiheit eines Christenmenschen“ „Ein Christenmensch ist ein freier Herr über alle Dinge und niemand untertan. Radikale Gegenüberstellung des äußeren und inneren Menschen, des Gesetzes (AT) und der Gnade (NT) des Reiches Christi und des Reiches der Welt |
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„De captivitate Babylonica ecclesiae praeludium“ Theologischer, lateinisch verfasster Traktat über die Sakramentenlehre der Kirche; konzipiert als erster Teil einer umfassenden Reaktion auf die päpstliche Bannbulle. Polemik gegen den Papst als Antichrist, der die Gläubigen um ihr Seelenheil betrügt. Sakramente als „Zeichen“ für die Verheißung Christi; reduziert auf die nach dem Zeugnis der Hl. Schrift von Christus selbst eingesetzten: Taufe, Abendmahl, Buße. |
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1717-1780, seit 1740 als Erzherzogin von Österreich und Königin von Ungarn Herrscherin über die Besitzungen der Habsburger. Sie muss ihr Erbe im Österreichischen Erbfolgekrieg verteidigen. 1745 wird ihr Ehemann Franz Stephan von Lothringen zum Kaiser gewählt. Trotz intensiver Bemühungen um einen Ausbau der staatlichen Macht und diplomatischer Bemühungen wie dem
Renversement des Alliances scheitert der Versuch, im >
Siebenjährigen Krieg das 1745 an Preußen verlorene Schlesien zurückzuerobern. Im Gegensatz zu ihrem Sohn Joseph, seit 1765 Kaiser und Mitregent, steht sie einem entschieden aufklärerischen Reformprogramm ablehnend gegenüber.
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(af) In den Auseinandersetzungen zwischen dem Kaiser und seinem Bruder Matthias gestand Rudolf II. den böhmischen Ständen im Majestätsbrief weitreichende Rechte zu, um sie auf seiner Seite zu halten:
Am 20. 8. 1609 erhielten die schlesischen Stände ebenfalls in einem Majestätsbrief die Religionsfreiheit zugesichert.
(Dreißigjährige Krieg)
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(af) im Heiligen Römischen Reich die Aufhebung der immediaten Stellung (Reichsunmittelbarkeit) eines weltlichen Reichsstandes unter gleichzeitiger Annexion seines Territorialbesitzes durch einen mächtigeren Reichsstand (Unterwerfung unter dessen Landeshoheit). Mediatisierungen wurden seit dem Mittelalter üblich, in größerem Umfang erfolgten sie durch den Reichsdeputationshauptschluss (1803) und die Rheinbundakte (1806).
(Konfessionelles Zeitalter)
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(rt) Peter Blickle fasst die bäuerlichen Konflikte und ihre Zielvorstellungen und Ursachen noch etwas anders als Winfried Schulze: Bäuerliche Konflikte erklären sich als „Folge einer Disharmonie über die rechte politische Ordnung zwischen Bauern und Herrschaft“. Diese These schließe den herrschaftlichen Druck auf Bauern ebenso ein wie bäuerlichen Druck auf die Herrschaft durch die Erweiterung genossenschaftlicher oder individueller Rechte. Mit dieser These kann Blickle das reaktive Interpretationsmodell überwinden
(
Blickle, Modell der bäuerlichen Rebellion, 302).
(Ländliche Gesellschaft)
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(jl) Thomas Müntzer (1490-1525) war ein Theologe der sog. ` Radikale Reformation`, der (nach anfänglicher gegenseitiger Sympathie) zu einem der erbittertsten Gegner
Luthers wurde.
Er stammte aus einer Bürgerfamilie aus Stolberg am Harz und studierte 1506 in Leipzig und 1512 in Frankfurt a.d. Oder. In der Frühphase seines öffentlichen Wirkens ab 1520 wurde er immer wieder als Aufrührer vertrieben (Zwickau, Prag, Erfurt, Nordhausen, Halle). Erst in Allstedt 1523/24 konnte er Ansätze einer kontinuierlichen Gemeindearbeit verwirklichen. Dort reformierte er den Gottesdienst, gründete einen ersten Bund der Auserwählten und agitierte im Zusammenhang mit der Zerstörung der Mallerbacher Kapelle. In der als Flugschrift veröffentlichten sog. "Fürstenpredigt" (1523) ermahnte er die Obrigkeit, ihren Auftrag der Trennung von Auserwählten und Gottlosen wahrzunehmen, andernfalls ginge das Recht der Obrigkeit auf das Volk über. Unter anderem auf
Luthers Intervention hin musste er Allstedt verlassen und vollzog mit seiner Flucht eine Wende seines theologischen Denkens: Was in der "Fürstenpredigt" noch als Ermahnung zur Umkehr formuliert war, wird in der
Flugschrift "Entblößung des gedichteten Glaubens" (1524) zum Befund: Die Obrigkeit habe ihren Auftrag korrumpiert, statt der Auserwählten schütze sie die Gottlosen; deshalb habe das Volk das Recht und die Pflicht, die Obrigkeit zu stürzen und die Trennung von Auserwählten und Gottlosen selbst zu verwirklichen.
Nach seiner Flucht aus Allstedt betätigte er sich an verschiedenen Orten und konnte in der Reichsstadt Mühlhausen vorübergehend Fuß fassen. Der beginnende Bauernkrieg schien ihm Zeichen des anbrechenden Gerichts Gottes über die Gottlosen. Von Mühlhausen aus unterstützte er den Aufruhr, gründete einen neuen Kampfbund der Auserwählten und übernahm vor der Schlacht bei Frankenhausen (1525) eine Führungsrolle innerhalb der dort versammelten Aufständischen. Nach der Niederlage gegen den
Schwäbischen Bund wurde Müntzer gefangen genommen, gefoltert und öffentlichkeitswirksam hingerichtet.
Zustimmung oder scharfe Ablehnung kennzeichnete die Wahrnehmung der Anliegen Müntzers schon bei seinen Zeitgenossen - dieser polarisierenden Wirkung konnte sich auch die moderne Geschichtswissenschaft meist nicht entziehen (deutlicher Unterschied in der Wertung von Person und Werk Müntzers in der ost- bzw. westdeutschen Geschichtsschreibung; in der marxistischen Forschung galt Müntzer als Galionsfigur der `frühbürgerlichen Revolution`).
Literatur:
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(rt) Der Terminus „Mußepräferenz” umschreibt die Tatsache, dass die Arbeitsintensität nicht bis an die mögliche Grenze gesteigert wurde, sondern nur bis zum Punkt der ausreichenden Bedarfsdeckung
(
Groh, Strategien, 78ff.).
(Ländliche Gesellschaft)
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(af) Als Nachbarn werden die „reicheren“ Hofbesitzer, die eine eigene Hofstelle bewirtschafteten, und in Regionen einer ausgeprägteren Grundherrschaft die spannfähigen Bauern verstanden. Diese Einteilung stellte auch für die Zeitgenossen ein wichtiges soziales Bezugsmuster dar
(
Kaschuba, Kommunalismus, 68). In Anlehnung an städtische Strukturen spricht die historische Forschung vor allem im oberdeutschen Bereich manchmal auch von Dorfpatriziat (vgl.
Bader, Dorfpatriziate).
(Ländliche Gesellschaft)
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(rt) Als Nachsiedler wird der Teil der ländlichen Bevölkerung bezeichnet, der sich zu einem Zeitpunkt in den Gemeinden ansiedelte, als die subsistenzfähigen Bauernhöfe bereits besetzt waren, so dass die Nachsiedler nicht mehr genug Land zur Verfügung hatten, um dadurch ihre Subsistenz zu sichern. Meist waren die Nachsiedler nicht erbende Kinder von Bauern.
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(cs) Der Begriff der „(auskömmlichen) Nahrung“ ist im Kontext der Handwerkszünfte ein zentraler Quellenbegriff. In vielen Bittschriften der Zünfte oder einzelner Handwerker findet er Verwendung. Er bezeichnet als Idealzustand eine Situation, in der die gewerbliche Arbeit die Hausnotdurft
(Subsistenz, vgl.
Ländliche Gesellschaft,
Subsistenzwirtschaft;
Wirtschaftliche Grundstrukturen,
Subsistenzwirtschaft) aller Zunftgenossen, gewährleistet. Maßnahmen zum Schutz der Warenproduzenten (Bestimmungen zu Gesellenzahl, Technologie, Rohmaterialeinkauf, Preisen; Verbot der Schmähung einer Arbeit eines Mitmeisters) sowie Vorgehen gegen so genannte „Pfuscher“, „Störer“ und
„Stümpler“ stehen in diesem Wertkontext.
Der Begriff der Nahrung ist außerdem eng verknüpft mit dem ordnungspolitischen Gedanken des Gemeinwohls. Mit der Befugnis in der Stadt „bürgerliche Nahrung“ betreiben zu können, die mit Bürger- und Meisterrecht korrespondierte, ging die Verpflichtung einher, die Versorgung der Stadtbevölkerung mit qualitativ und quantitativ ausreichendem Warenangebot zu angemessenen Preisen zu gewährleisten.
Nahrung fungiert seit Sombart in der Forschung insbesondere zur Beschreibung einer vormodernen, vorkapitalistischen Wirtschaftsmentalität. In dieser Sicht wird der Begriff durch aktuelle Handwerks- und Zunftforschung jedoch zunehmend in Frage gestellt. (demnächst erscheinender Tagungsband zu der Tagung „Nahrung, Markt, Gemeinnutz“ in Frankfurt a.M. 4.-5. April 2003).
(Städtische Gesellschaft)
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(af) Die oranische Heeresreform ist vor dem Hintergrund der niederländisch-spanischen Auseinandersetzung zu sehen. Die Generalstaaten verfügten zwar über größere finanzielle Mittel als der spanische Gegner, die spanische Infanterie galt aber als die beste der Welt.
Justus Lispius (1547-1606), Professor an der Universität Leiden, forderte im Rahmen seiner Staatslehre eine Reform des Heerwesens. Grundlegend für diesen Reformplan sind die aus der stoischen Philosophie übernommenen Begriffe „vis“ und „virtus“ (vis = Festungen, disziplinierte Soldaten; virtus = eine das ganze Staatsleben durchdringende moralische Haltung). Die Idee der „militaris disciplina“ (des disziplinierten Heeres) sollte auf vier Wegen erreicht werden:
In der Durchführung lief die oranische Heeresreform auf eine Reform des Söldnerwesens auf Grund einer wissenschaftlich fundierten Kriegskunst hinaus. Die Vorstellung Lipsius dieses zugunsten eines stehenden Heeres ganz abzuschaffen, also das gesamte Kriegswesen neu zu ordnen, konnte dagegen nicht umgesetzt werden.
(Staatsbildungsprozesse)
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Standardisierter Bewegungsablauf zum Laden eines Gewehrs
Aus dem Kriegsbuch des Johann von Nassau Im Hinblick auf die Lineartaktik hatten Infanteristen zu lernen, in einem festen möglichst raschen Zeitrhythmus ihr Gewehr nachzuladen und gleichzeitig einen Schuss (Salve) abzugeben. Mit dem Drill wurde eine neue Sozialtechnologie der gleichförmigen, auf einen sozial generalisierten Zweck gerichteten Beherrschung menschlicher Körper entwickelt.
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Militärformation: Drillbewegungen
Darstellung der Drillbewegungen nach der zürcherischen „Trüllvorschrift“, gemäß Hans Conrad Lavaters „Kriegsbüchlein“, Zürich 1644; Zürich, Zentralbibliothek.
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Auslöser sind Erbansprüche Ludwigs XIV. in einem Reichsfürstentum; Ursache sind seine Expansionsbestrebungen gegenüber dem Reich und seine Handelskonkurrenz mit den Niederlanden. Allerdings sieht sich Ludwig bald einer Koalition aus England, dem Kaiser, den Niederlanden, Spanien und zahlreichen Reichsfürsten gegenüber. Trotz militärischer Rückschläge können französische Diplomaten auf dem Friedenskongress von Rijswijk größere Verluste vermeiden.
(Internationale Konflikte und europäisches Mächtesystem)
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(af) (auch: Schultheiß, Ammann, Vogt, Schulze, Grebe, Zender, Heimbürge, Bauernmeister) Dieser leitende Ortsbeamte berief die Gemeindeversammlung ein, saß dem Dorfgericht vor, beaufsichtigte die übrigen Gemeindeämter, sorgte für die fristgerechte Lieferung der Abgaben an die Herrschaft und die Leistung der Frondienste. Er hatte die oberste Gebotsgewalt in der Gemeinde. Der Ortsvorsteher kam immer aus dem jeweiligen Dorf, je nach den herrschaftlichen Strukturen wurde er von der Gemeinde gewählt oder von der Ortsobrigkeit oder der Landesherrschaft eingesetzt. In manchen Regionen wurde dieses Amt auch erblich (z.B. Mittel-/ Ostdeutschland).
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Oft vereinfachend gebraucht, um alle Besitzungen der österreichischen Habsburger zu bezeichnen - Böhmen und Möhren (das heutige Tschechien), große Teile des heutigen Österreichs, seit 1699 ganz Ungarn (sehr viel größer als heute) und seit 1713 die
Österreichischen Niederlande sowie verschiedene Territorien in Italien, bis 1742 auch Schlesien. Österreich im engeren Sinne sind die Erzherzogtümer Ober- und Niederösterreich, der Nordostteil des heutigen Österreich.
(Internationale Konflikte und europäisches Mächtesystem)
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Die durch die Pragmatische Sanktion vorgesehene Erbfolge
Maria Theresias in den Habsburgischen Erblanden wird von Preußen und Bayern nicht anerkannt. Da sie von Frankreich unterstützt werden, bricht ein europaweiter Krieg aus. Preußen, nur zeitweise am Krieg beteiligt, gewinnt Schlesien. Ansonsten wird weitgehend die alte Machtverteilung bestätigt.
(Internationale Konflikte und europäisches Mächtesystem)
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Für die Zeit nach 1740 werden die europäischen Großmächte in der Forschung oft in West- und Ostmächte aufgeteilt. Die Westmächte sind Großbritannien, Frankreich und Spanien. Die Ostmächte sind Österreich, Russland und Preußen.
(Internationale Konflikte und europäisches Mächtesystem)
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In der ersten Hälfte des 18. Jh. etabliert sich ein Kreis relativ gleich mächtiger Großmächte. Der zeitgenössische Begriff "Pentarchie" gibt der Vorstellung Ausdruck, dass fünf Großmächte die europäischen Beziehungen kontrollieren. Wer zu diesen Mächten gehört, ist allerdings umstritten. Im Rückblick von heute herrscht zumindest für die zweite Hälfte des 18. Jh. Einigkeit: Frankreich, Großbritannien, Österreich, Russland und Preußen gelten als die Pentarchiemächte.
(Internationale Konflikte und europäisches Mächtesystem)
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(af) Für die Periodisierung der Konfessionalisierung stehen verschiedene Modelle zur Verfügung:
Zwei-Phasen Modell:
Problem: auf das Reich fokussierte Periodisierung.
Vier-Phasen Modell (Schilling):
In letzter Zeit wird vor allem von Helga Schnabel-Schüle der Schlusspunkt durch den Westfälischen Frieden, 1648, in Frage gestellt.
Helga Schnabel-Schüle, Vierzig Jahre Konfessionalisierungsforschung - eine Standortbestimmung, in: Konfessionalisierung und Region (Forum Suevicum. Beiträge zur Geschichte Ostschwabens und der benachbarten Regionen Band 3). Konstanz 1999, 23-40.
(Konfessionelles Zeitalter)
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(tl) Die Pest wurde aus Mittelasien auf die Krim eingeschleppt und 1347 nach Italien weitergetragen. Bis 1353 breitete sie sich bis auf wenige Ausnahmen in allen bewohnten Gebieten westlich des Urals aus (übertragen wurde sie zunächst meist durch den Rattenfloh, nach Ausbrechen der Krankheit auch durch Tröpfcheninfektion von Mensch zu Mensch). Das pandemische Auftreten (d.h. mit zeitlicher und ohne örtliche Begrenzung) der Krankheit war der Hauptunterschied zu vorhergehenden Pestinfektionen (so war z.B. die justinianische Pest im 6. Jh. auf den Mittelmeerraum und die angrenzenden Gebiete beschränkt). Endemisch (d.h. mit örtlicher und ohne zeitliche Begrenzung) blieb die Pest in Europa bis Anfang des 18. Jh.s präsent, in größeren Gebieten (Territorien des Röm.-dt. Reiches, Frankreich) dürfte es nur wenige pestfreie Jahre gegeben haben.
Hauptfolge der wiederkehrenden Infektionswellen war ein extremer Bevölkerungsrückgang (allein in den Jahren 1347–1350 starben zwischen 20 und 60% der Bevölkerung in den von der Pest betroffenen Gebieten), der in der ersten Hälfte des 15. Jh.s einen Höhepunkt erreichte, als die Gesamtbevölkerung unter die Hälfte des Niveaus von 1348 sank. Gegen Ende des 15. Jh.s setzte ein nur in Ausnahmen durch politische Maßnahmen (wie zum Beispiel der Förderung von Wiederverheiratungen) gesteuerter Bevölkerungsanstieg ein, der im 16. Jh. die eingetretenen Verluste wettmachte. Danach hatte die Pest nie wieder eine dermaßen starke, langfristige Auswirkung auf die Gesamtbevölkerungszahl größerer Gebiete (allerdings verursachte die Pestepidemien im Zuge des Dreißigjährigen Krieges 1634-1640 einen temporären Einbruch der Bevölkerungszahl in den mittleren, östlichen und südlichen Territorien des Röm.-dt. Reiches).
Es gab keine gültige medizinische Erklärung der Pest (Robert Koch kam erst Ende des 19. Jh.s zu der Erkenntnis, dass Krankheiten wie die Pest durch bakterielle Infektionen verursacht werden). Isolierungsmaßnahmen (Pesthäuser, Quarantänestationen, Isolierung von kranken oder möglicherweise infizierten Personen in deren Häusern) und Schutzmaßnahmen (Unterbrechung des Handels, vollständige Abschottung betroffener Gebiete von der Außenwelt) sowie Maßnahmen zur Verbesserung der allgemeinen hygienischen Verhältnisse (Entsorgungsvorschriften, Auflagen zur Straßenreinigung, Verbot der Straßentierhaltung) wurden zwar ergriffen, unterschieden sich in ihrer Ausprägung regional jedoch stark (insbesondere waren sie im Süden ausgeprägter als im Norden Europas). Die Bereitschaft, sie zu ergreifen, wurde durch ihre hohen Kosten vermindert. Außerdem beschränkten häufig Ausnahmeregelungen für sozial hochstehende Personengruppen ihre Effizienz. Verschärfungen der Hygiene-Vorschriften wirkten zudem allenfalls langfristig.
N. Bulst, Pest, in: LexMA, Bd. 6. München/Zürich 1993, 1915-1918;
Ann G. Carmichael, Plague, in: Paul F. Grendler (Hrsg.), Encyclopedia of the Renaissance, Bd. 5. New York 1999, 47-51.
(Wirtschaftliche Grundstrukturen und Entwicklungen)
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nach altem Kirchenrecht ein Kirchenamt, das mit einer Vermögensausstattung (Land, Geldvermögen u. a.) verbunden war, deren Erträge zum Unterhalt des Amtsinhabers (Benefiziat; Pfründner) bestimmt waren. Mit dem Beginn der Neuzeit zerfiel das bis dahin eine rechtl. Einheit bildende Ortskirchenvermögen in zwei getrennte Vermögensmassen: in das Gotteshausvermögen (zur Sicherung des Sachbedarfs des Gottesdienstes und zum Unterhalt der Kirchengebäude und Dienstwohnungen) und in das Benefizialvermögen (Pfründengut), das als Stellenvermögen den Unterhalt des Klerus sichert.
(Reformation)
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(af) (Präbende, Pröve, praebenda, provenda) Ein Kirchenamt, das mit einer Vermögensausstattung (Land, Geldvermögen u.a.) verbunden war, deren Erträge zum Unterhalt des Amtsinhabers (Benefiziat; Pfründner) bestimmt waren. Das Pfründenvermögen wird auch Wittum (Temporalia, Widem, Dotalgut) genannt und entspricht dem Gesamtbesitz einer Kirche an Gütern, Rechten oder eben der Ausstattung eines Kirchenamtes.
Der Begriff Pfründe wird auch für eine Stelle an einem geistlichen Stift benutzt.
(Ländliche Gesellschaft)
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(af) Seit Mitte des 18. Jh. geriet das Konzept des Merkantilismus zunehmend in die Kritik. Man suchte nach den Gesetzmäßigkeiten in der Wirtschaft, entdeckte dabei ihre Autonomie, ihre eigene Ordnung (ordre naturel, vgl. Quesnays Wirtschaftskreislauf auf arithmetischer Grundlage: Tableua économique). Damit beginnt die Epoche des modernen ökonomischen Denkens.
Die aus dieser theoretischen Richtung kommenden Physiokraten sahen die Landwirtschaft als die einzige Quelle staatlichen Reichtums an, alle anderen Wirtschaftsgruppen galten dagegen als steril.
Daraus resultierte die Idee einer radikalen Umgestaltung der herrschenden Steuerverfassung: Nur noch der landwirtschaftliche Nettoertrag sollte besteuert werden.
Diese Vorstellungen bedeuteten indirekt auch eine Umwerfung der bisherigen Ständeordnung, in denen die Bauern bisher den untersten Rang eingenommen hatten.
Wichtige Physiokraten im Reich sind Schlettwein und Mauvillon. Besondere Wirkung entfalteten die physiokratischen Ideen in den jospehinischen Reformen (vgl. 1781 Abschaffung der Leibeigenschaft unter Joseph II. in den habsburgischen Ländern, anders verlief die Entwicklung in Preußen, wo sich v.a. Friedrich II. die zunehmende Staatlichkeit und damit Entmündigung des Adels durch die Autonomie der Junker auf ihren ostelbischen Gütern erkaufte, vgl.
Schilling, Höfe, 408-410;
Press, 50 Thesen).
vgl. hierzu
Stollberg-Rilinger, Europa, v.a. 63-67 sowie 172-173;
Muhlack, Physiokratie;
(Ländliche Gesellschaft)
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(af) Die seit dem 15./16. Jh. immer öfter erlassenen Landes- und Policeyordnungen strebten eine alle Rechtsgebiete umfassende Zusammenfassung dar. Im Vergleich zu den Kodifikationen seit Ende des 18. Jh. zielten sie noch auf keine vollständige Regelung aller Teilbereiche. Im Gegensatz mit den mittelalterlichen Vorstellungen von der Existenz eines existierenden und nur zu findenden Rechts liegt ihnen aber bereits der Gedanke zugrunde, eine Rechtsordnung könne konstituiert werden und sei damit im Prinzip auch disponibel (vgl.
Schildt, Bauer).
(Ländliche Gesellschaft)
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Unterschiedliche Großmächte wollen einen ihnen genehmen Kandidaten auf den Thron der polnischen Wahlmonarchie bringen. Am Ende setzen Russland und Österreich ihren Kandidaten durch, Frankreich erkennt die Pragmatische Sanktion an, Österreich muss dafür territoriale Einbußen hinnehmen. Es kommt zu zahlreichen kleineren territorialen Verschiebungen in ganz Europa.
(Internationale Konflikte und europäisches Mächtesystem)
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Russland, Preußen und Österreich teilen Randgebiete Polens unter sich auf. Die handlungsunfähige Wahlmonarchie ist schon länger nur noch Spielball auswärtiger Mächte. Als sich das durch innere Reformen zu ändern droht, teilen die drei Nachbarstaaten 1792 und 1795 auch noch den Rest Polens unter sich auf.
(Internationale Konflikte und europäisches Mächtesystem)
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(tl) Gegründet im Jahr 1547, entwickelte sich die Industrie- und Bergbaustadt Potosí zu Spaniens wichtigstem Bezugsort für Silber (so wurde die Inflation im Europa des 16. Jh.s maßgeblich durch Silberzuflüsse aus Potosí verursacht) und wurde zu einer der reichsten Städte der Welt (noch heute sichtbare Zeichen des damaligen Reichtums sind die im 16. Jh. errichtete Universität sowie ein Palast und ein Gerichtshaus aus der gleichen Zeit).
Im 18. Jh. wurde der Silberabbau in Potosí aufgrund ungünstiger Arbeitsbedingungen zu kostspielig. Folge war ein rascher Niedergang der Stadt. Erneute Beachtung erlangte sie im 19. Jh., nachdem man in der Nähe Zinnvorkommen entdeckt hatte.
Potosí, in: C. Canby, Encyclopedia of Historic Places, Bd. 2. London 1984, 753-754.
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(af) Seit der Niederlage Tillys (1631) gegen Gustav Adolf von Schweden musste sich der Kaiser wieder um Verständigung mit den protestantischen Reichständen bemühen. 1635 schließt er mit dem Kurfürsten von Sachsen einen Vertrag, dem sich außer Hessen-Kassel fast alle Reichsstände anschlossen. Der Prager Frieden sah eine begrenzte Festschreibung des konfessionellen Status quo und den Verzicht auf die Durchführung des Restitutionsedikts vor (bzw. Aussetzung für 40 Jahre). Ziel war die gemeinsame militärische Organisation und Frieden für das gesamte Reich, aber Ausschluss des
Calvinismus; Bekenntnisstand Normaljahr 1627. Gegen diese Einigung sind Frankreich, Schweden und die nicht beigetretenen Reichsstände. Das Friedenswerk ließ sich nicht durchsetzen, auch weil der Kaiser seine Verbündeten nicht wirksam gegen die französisch-schwedische Kriegführung schützen kann. Der Prager Frieden konnte den Krieg zwar nicht beenden, war aber eine wichtige Voraussetzung für den Westfälischen Frieden.
(Dreißigjährige Krieg)
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Kaiser Karl VI. verkündet für alle habsburgischen Besitzungen eine einheitliche Erbfolgeregelung, die auch die Erbfolge seiner Töchter ermöglichen soll. In den folgenden Jahren und Jahrzehnten wird die Regelung sowohl von den ständischen Mitwirkungsgremien in den einzelnen Ländern wie auch von fast allen europäischen Mächten anerkannt. Dennoch erkennen nach dem Tod Karls 1740 unter anderem Bayern und Preußen seine Tochter
Maria Theresia nicht als rechtmäßige Erbin an und lösen damit den
Österreichischen Erbfolgekrieg aus.
(Internationale Konflikte und europäisches Mächtesystem)
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(mb) Absolute Preissteigerung meint, dass das Preisniveau insgesamt (z. B. ein nach der Bedeutung der einzelnen Güter gewichteter Konsumgüterpreisindex) steigt. In diesem Fall spricht man von Inflation. Der Begriff der Veränderung relativer Preise bezieht sich auf Veränderungen im Verhältnis des Preises zweier Güter, z. B. Roggen im Vergleich zu Textilien.
Im Kontext der Frühen Neuzeit ist die Unterscheidung bedeutsam, weil die Forschungsliteratur lange vor allem den Getreidepreis beachtet hat und seine Fluktuationen sowohl mit Argumenten, die vor allem Veränderungen des Preisniveaus bzw. der Inflationsrate erklären können, als auch mit Argumenten, die sich auf die Veränderung relativer Preise beziehen, erklärt hat.
(Ländliche Gesellschaft)
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(up/mb) Absolute Preissteigerung meint, dass das Preisniveau insgesamt (z.B. ein nach der Bedeutung der einzelnen Güter gewichteter Konsumgüterpreisindex) steigt. In diesem Fall spricht man von Inflation.
Der Begriff der Veränderung relativer Preise bezieht sich auf Veränderungen im Verhältnis des Preises zweier Güter, z.B. Roggen im Vergleich zu Textilien.
Im Kontext der FNZ ist die Unterscheidung bedeutsam, weil die Forschungsliteratur lange vor allem den Getreidepreis beachtet hat und seine Fluktuationen sowohl mit Argumenten, die vor allem Veränderungen des Preisniveaus bzw. der Inflationsrate erklären können, als auch mit Argumenten, die sich auf die Veränderung relativer Preise beziehen, erklärt hat.
(Wirtschaftliche Grundstrukturen und Entwicklungen)
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(jl) Das `Priestertum aller Gläubigen` (auch `allgemeines Priestertum`) basiert auf dem Gedanken, dass die Beziehung zwischen Gott und Mensch keiner Vermittlung durch Amtspriester bedarf.
Das kirchliche Amtspriestertum entwickelte sich seit der Zeit der Alten Kirche und erfuhr bis ins Spätmittelalter eine kontinuierliche Aufwertung: Im Akt der sakramentalen Priesterweihe erhält der Amtspriester die Kompetenz, die Absolution zu erteilen und die Transsubstantiation in der Eucharistie zu vollziehen. Diese heilsvermittelnde Funktion des Weihepriestertums wurde im Mittelalter mit der Trennung von Klerikern und Laien manifestiert.
Der Gedanke vom `Priestertum aller Gläubigen` diente in der Reformation zur Bestreitung der Sonderstellung der Geistlichkeit: Die Heilsvermittlung durch einen geweihten Stand wurde für obsolet erklärt, und dem Mönchtum wurde seine heilsgeschichtliche Begründung entzogen. Vor allem Luther machte die Vorstellung vom `Priestertum aller Gläubigen` öffentlich und populär. In der
Flugschrift "An den christlichen Adel deutscher Nation" (
Hauptschriften Luthers von 1520) stellte er die Gleichheit aller Gläubigen vor Gott und die dadurch bedingte gleiche und uneingeschränkte Vollmacht zum Dienst an Wort und
Sakrament heraus. Theologisch entfaltet vor dem Hintergrund des Rechtfertigungsgeschehens, begründen die Taufe und der Glaube das wahre Priestertum. Dessen Ausübung jedoch bleibt an die Ordination und die Berufung durch die Gemeinde gebunden (
Quelle).
Der Gedanke vom `Priestertum aller Gläubigen` entwickelte enorme gesellschaftliche Sprengkraft ( Antiklerikalismus): Die Abschaffung der Trennung von Klerikern und Laien erschütterte die hergebrachte kirchliche Hierarchie von Grund auf und begründete eine Neudefinition des laikalen Selbstverständnisses. Zudem wurde die theologische Forderung nach einem `Priestertum aller Gläubigen` schnell durch soziale und politische Entsprechungen ergänzt: Die Kommunalisierung der Kirche korrespondierte mit dem
Kommunalismus der politischen Gemeinde (
Gemeindereformation) und trug wesentlich zur Durchsetzung der Reformation bei (
Blickle, Reformation).
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(up/mb) Zur Produktion erforderlicher Input. Klassische Produktionsfaktoren sind Boden, Arbeit, Kapital (d.h. vor allem physisches Kapital in der Form von Instrumenten und Maschinen) und natürliche Ressourcen.
(Ländliche Gesellschaft, Wirtschaftliche Grundstrukturen und Entwicklungen)
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(up/mb) Eine Produktionsfunktion stellt den Zusammenhang zwischen der Menge des Einsatzes eines oder mehrerer Produktionsfaktoren (Input) und der produzierten Menge eines Gutes (Output) dar:
P = F (L, K, B)
(P produzierte Gütermenge, F Funktion, L Arbeit, K Kapital, B Boden)
(Wirtschaftliche Grundstrukturen und Entwicklungen)
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Der Friedensvertrag beendet den seit 1635 schwelenden Krieg zwischen Spanien und Frankreich, dessen Beendigung auf dem Westfälischen Friedenskongress gescheitert war. Spanien muss die Unabhängigkeit Portugals anerkennen. Frankreich erhält zwar nur geringe territoriale Zugewinne, löst aber Spanien als stärkste Macht in Europa ab.
(Internationale Konflikte und europäisches Mächtesystem)
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(jl) "Radikale Reformation" ist ein Sammelbegriff der Forschung für die Gruppierungen der reformatorischen Bewegung, die nicht mit der lutherischer oder
zwinglianischen Prägung konform gingen.
Die internen Unterschiede verhindern eine eindeutige inhaltliche Bestimmung des bis heute umstrittenen Begriffs. Alternative Begrifflichkeiten konnten sich nicht etablieren ("linker Flügel der Reformation", "Nonkonformisten"; "Randströmungen"). Die Unzufriedenheit mit der Bezeichnung hat jedoch forschungsgeschichtlich befruchtend gewirkt und dazu geführt, das Phänomen hinter dem Begriff differenzierter zu untersuchen.
Der Begriff `Radikale Reformation` will wertfrei und mit zweierlei Einschränkungen verstanden sein: a) Er bezeichnet keine einheitliche reformatorische Gruppierung oder Konzeption; b) Radikalität kann immer nur relational bestimmt werden - es bleibt immer anzugeben, worauf sie sich bezieht.
Radikalität ist in erster Linie eine Signatur der frühen Reformationszeit, verbunden mit Namen wie z. B. Thomas Müntzer (zu einzelnen Vertretern der `Radikalen Reformation` siehe
Goertz, Radikale Reformatoren).
Hauptdifferenzen zur lutherischen und zwinglianischen Reformation:
Aufgrund ihrer Minderheitenposition gegenüber der römischen Kirche und den lutherischen und zwinglianischen Reformationsmodellen mussten die radikalen Reformatoren harte Verfolgungen erleiden (u. a. im Zusammenhang mit dem Bauernkrieg und dem Münsteraner Täuferreich). Die polemischen Diffamierungen der Zeitgenossen wurden auch in der Forschung lange übernommen und reproduziert ("Schwärmer", "Wiedertäufer"). Mittlerweile werden die einzelnen Vertreter der `Radikalen Reformation` zunehmend in ihrer Eigenständigkeit gewürdigt, und ihre Beurteilung ist nicht mehr nur an das Verdikt ihrer historischen Gegner gebunden. Der `Radikalen Reformation` kommt trotz ihrer Verfolgungssituation kirchengeschichtliche Bedeutung zu, da von den einzelnen Strömungen im "Untergrund" oder am Rande der etablierten Kirchen kontinuierlich Impulse ausgingen, die im Verlauf der FNZ fortwirkten.
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(up/mb) Der Nominallohn (in Geld ausbezahlter Betrag) dividiert durch den Preisindex der Güter, die mit dem Lohn gekauft werden müssen (Deflator). Der Reallohn kann nur als Veränderung bzw. Index angegeben werden.
In der FNZ kann der Getreidepreis als einfacher, aber angesichts der Tatsache, dass Haushalte der Unterschicht einen überwältigenden Teil ihres Einkommens zum Kauf von Grundnahrungsmitteln verwenden mussten, halbwegs angemessener Deflator des Nominallohns dienen. Diese Größe gibt dann an, wie viele Einheiten (z.B. kg) Getreide mit dem zu einem bestimmten Moment erzielten Lohn gekauft werden können. Allgemein drückt ein Reallohnindex die Veränderung der Kaufkraft eines Lohns über die Zeit hinweg aus.
(Wirtschaftliche Grundstrukturen und Entwicklungen)
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(af) Durch den Erzbischof von Mainz einberufener, von Juli bis November 1630 in Anwesenheit der katholischen Kurfürsten (Sachsen und Brandenburg waren durch Gesandte vertreten) tagender Kurfürstentag; Kaiser Ferdinand II. scheiterte mit dem Versuch, seinen Sohn Ferdinand zum König krönen zu lassen, und konnte keine militärische Hilfe gegen Frankreich im Mantuanischen Erbfolgekrieg und gegen die Friedrich V. von der Pfalz unterstützenden Generalstaaten erlangen. Trotz der Landung König Gustavs II. Adolf von Schweden (6. 7.) in Vorpommern setzten die Kurfürsten eine Verringerung des kaiserlichen Heeres sowie die Absetzung Wallensteins durch (13. 8.), Maßnahmen, die sich in der Folge entscheidend auf den Verlauf des Dreißigjährigen Kriegs auswirkten.
(Dreißigjährige Krieg)
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(rt) Im norddeutschen Raum wurden sie allgemein Meier oder Erben genannt, im Weserbergland Anspänner oder Kärrner, im Münsterland Zeller, in Osnabrück Colonen, im Ammerland Hausmänner, in den Marschen Hausleute, Bauleute oder Heerden, in Lünebrug Höfner. In Süddeutschland nennt man diese älteste Siedlungsschicht Bauern, Hufgenossen, Erbgenossen und Pflüger
(
Ritter, Nachsiedlerschichten, 94).
(Ländliche Gesellschaft)
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Insgesamt verloren rund 110 rechtsrheinische Reichsstände ihre Existenz (neben den linksrheinischen, die von Frankreich annektiert worden waren.
Die Reichsritter blieben im RDHS selbst noch verschont; im Herbst 1803 kam es aber zum sog. Rittersturm, d.h. die Reichsfürsten bemächtigten sich ohne Rechtsgrundlage der Kleinstterritorien und Güter der Reichsritter in ihren Gebieten.
Die neuen Großterritorien waren konfessionell gemischt; der Konfessionsstand von 1803 sollte als status quo garantiert werden; die Landesherren sollten ihren Untertanen Kultusfreiheit gewähren.
Der Rhein wurde die Grenze zu Frankreich; alle alten Rheinzölle wurden aufgehoben und sollten in Zukunft von Frankreich und dem Reich gemeinsam erhoben werden, wobei die Verwaltung der Zölle seitens des Reiches dem Kurerzkanzler zufiel.
Dem RDHS stimmten Kaiser und Reichstag förmlich zu. Durch kaiserliche Ratifikation wurde er zu Reichsgesetz.
Bedeutung:
Der RDHS bedeutete die völlige Umgestaltung des Reichsverbandes, der damit im Kern ausgehöhlt wurde; er nahm den Zerfall des Reiches in eine Reihe mittlerer souveränder Einzelstaaten um drei Jahre vorweg. Die Reichskirche als Adelskirche war damit abgeschafft, die Kirche verlor ihre Herrschaftsrechte und war in Zukunft allein zur Seelsorge da. Der RDHS führte eine "territoriale Revolution" herbei, die Voraussetzung für moderne Groß- und Mittelstaaten schaffte.
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Die Juristen des 17. und 18. Jhs., die den über die Jahrhunderte angewachsenen Bestand des im Römisch-deutschen Reich geltenden Rechts sammelten und systematisierten, stellten dabei eine Reihe von Gesetzen, Privilegien und vertraglichen Regelungen besonders heraus, die sie als "Reichsgrundgesetze" ("leges fundamentales") bezeichneten und dem sonstigen Recht überordneten.
Zu diesen Reichsgrundgesetzen zählten vor allem die Goldene Bulle (1356), die die Königswahl regelte, die kaiserlichen Wahlkapitulation, der
Augsburger Religionsfriede und der
Westfälische Friede.
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Der seit 1648 schwelende Streit zwischen dem Kaiser und den Reichsständen um eine verbindliche Regelung zur über militärische Aktionen des Reiches endet mit einem Erfolg der Stände. Eine aktive Großmachtpolitik des Kaisers im Namen des Reiches ist damit endgültig gescheitert. Dennoch können die österreichischen Habsburger von Fall zu Fall durchaus erhebliche militärische Unterstützung durch das Reich organisieren.
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(cs) Die Reichsmatrikel ist ein Verzeichnis, in dem die militärischen und finanziellen Verpflichtungen der Reichsstände gegenüber dem Reich festgeschrieben sind. Der Eintrag in die Reichsmatrikel galt als Nachweis für die oft umstrittene Reichsunmittelbarkeit
(
Hingst, Reichsmatrikel).
(Städtische Gesellschaft)
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Umstrittener Begriff für die stärkere Institutionalisierung des Reichsverbandes um das Jahr 1495 herum ("Reformreichstag" von Worms).
Strukturelle Wandlungen des 15. Jhs. hatten Probleme erzeugt, die von einzelnen Fürsten allein nicht zu lösen waren, und einen neuartigen, gemeinsamen politischen Handlungsbedarf hervorgebracht. Äußere Gefahren (Hussitenkriege, burgundische Expansion, Türkengefahr, französische Expansion in Italien etc.) erzwangen engere Kooperation der Reichsfürsten und -städte miteinander und mit dem Kaiser. Die Hauptaufgaben waren Herstellung des Reichslandfriedens, d.h. Durchsetzung eines allgemeinen Fehdeverbots; effiziente Gerichtsbarkeit gegen Friedenstörer; Aufbringung von Steuern für Verteidigungszwecke.
Unter der Herrschaft Maximilians I. wurden im Reich die Weichen für die strukturelle Entwicklung der nächsten 300 Jahre gestellt. Man spricht vom sog. Zeitalter der Reichsreform - was aber irreführend ist: es handelte sich nicht um eine Reform im modernen Sinne, reformatio verstand sich als Rückkehr zur guten alten Ordnung; es gab kein gezieltes, planmäßiges Vorgehen, sondern pragmatisches Handeln in der Auseinandersetzung mit den jeweils sich stellenden Problemen, Kompromisse von Tag zu Tag. Daraus erwuchsen in der Tat aber neue Strukturen, die einen Institutionalisierungs- und Verrechtlichungsschub des Reiches bedeuteten. Sie bewirkten im Kern, daß die Reichsglieder auf der zentralen Ebene des Reiches als Gesamtverband in relativ festen institutionalisierten Formen zusammenarbeiteten (aber nach wie vor dabei auch konkurrierende Partikularinteressen verfolgten).
Der Reichstag von Worms 1495 bildete den Kulminationspunkt dieses Verdichtungsprozesses. Hier taucht auch erstmals die Bezeichnung "Reichstag" auf. Maßgeblichen persönlichen Einfluß auf die dort beschlossenen Gesetze hatte der Erzbischof und Kurfürst von Mainz als Reichserzkanzler, Berthold von Henneberg. Kompromisse zwischen Kaiser (der vor allem Geld brauchte) und Reichsständen führten zu vier miteinander zusammenhängenden grundlegenden Reformgesetzen im "Reichsabschied" von 1495:
Bewertung:
Das Ergebnis des Wormser Reichstags von 1495 waren nicht nur die vier Reformgesetze - zumal sie nicht alle von dauerhaftem Erfolg waren -, sondern: "vor allem das faktische Akzeptieren des funktionierenden RT durch den König und die Gewöhnung der politischen Elite an ein monatelanges politisch organisiertes beisammensein und Zusammenwirken" ( Moraw, S.34). Die Reichsstände lernten immer mehr zwischen Reichs- und dynastischen Interessen zu unterscheiden und entwickelten damit die Reichsverfassung in der konkreten Praxis weiter, und zwar in kleinen Schritten und ohne vorherige Kenntnis des Endziels.
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Zu Beginn des 16. Jhs. Ansatz zu einer Art ständischer "Reichsregierung" in der Form eines Ausschusses der Reichstagsgesamtheit, ein permanent tagendes Regierungsorgan für das ganze Reich, das fürstlichen Einfluß auf höchster Ebene sicherstellen sollte. Betrieben wurde die Einrichtung vor allem vom Erzbischof und Kurfürsten von Mainz, Berthold von Henneberg. Geplant war sie als ständisch besetzte Kollegialbehörde unter Leitung des Erzkanzlers, als zentrales Regierungsorgan für das Reich jenseits des Kaisers und der Partikulargewalten.
Ein solches Reichregiment gab es zuerst 1500 - 1502, dann brach das Experiment ab: Niemand von den Reichsständen war auf Dauer bereit, seine Macht an ein solches überständisches Regiment abzugeben; das reichsständische Interesse am Ganzen war geringer als die Partikarinteressen der Landesherren.
Unter Kaiser Karl V.wurde später ein zweitesmal ein Reichregiment eingerichtet (1521-1530), das nun aber den Kaiser selbst, solange er sich außerhalb des Reiches aufhielt, vertreten sollte, das sich aber gegenüber den Einzelständen ebenfalls nicht genügend Geltung verschaffen konnte.
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Von Italien ausgehende Umbruchperiode als „Wiege der Moderne“; Auflösung des hierarchisch-christlichen Denkens des Mittelalters; Wiederentdeckung der klassischen römisch-griechischen Kunst und Literatur; Grundlegung des modernen Welt- und Menschenbildes.
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(mb) Abgaben der Bauern für Bodennutzung, sowie Abgaben beim Eintritt eines Pachtverhältnisses.
(Ländliche Gesellschaft)
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Österreich und Frankreich verbünden sich und beenden damit die seit dem 16. Jh. andauernde Konfrontation zwischen Frankreich und den Habsburgern>. Diese beiden Mächte stellen traditionell die beiden Pole der
balance of power dar. Österreichs traditioneller Bündnispartner Großbritannien verbündet sich daraufhin mit Preußen gegen Österreich und der
Siebenjährige Krieg> bricht aus.
(Internationale Konflikte und europäisches Mächtesystem)
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Diejenigen Rechte des Kaisers, die er in der FNZ ganz allein, d.h. ohne Zuziehung der Kurfürsten und/oder des ganzen Reichstags ausüben konnte. Mehr und mehr Mitwirkungsrechte ließen sich die Reichsstände in den Wahlkapitulationen von den Kaisern schriftlich zusichern. Als Reservatrechte blieben im wesentlichen die kaiserlichen Rechte zur Standeserhöhung übrig (Nobilitierung, Legitimierung unehelicher Kinder etc.). Im Gegensatz dazu nannte man die Rechte, die der Kaiser nur im Zusammenwirken mit dem Reichstag ausüben durfte, Komitialrechte (von comitia=Versammlung).
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(af) Erlass Kaiser Ferdinands II. vom 6. 3. 1629, der das Reservatum ecclesiasticum (Geistlicher Vorbehalt) erneuerte, die Rückgabe aller seit dem Passauer Vertrag (2./15. 8. 1552) von den Protestanten eingezogenen Stifte und Kirchengüter an die Katholiken anordnete und den katholischen Reichsständen gestattete, ihre Untertanen zu
rekatholisieren. Das Restitutionsedikt beeinflusste den Verlauf des Dreißigjährigen Krieges entscheidend, wurde zum Signal auch für bisher konservative, kaisertreue Protestanten (Kursachsen,
Kurbrandenburg), sich gegen den Kaiser zu wenden und förderte das Eingreifen des europäischen Protestantismus. Im Prager Frieden (30. 5. 1635) verzichtete Ferdinand auf die weitere Durchführung des Restitutionsedikts.
(Dreißigjährige Krieg)
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(af) Das antike römische Recht hatte sich von der Mitte des 5. Jh.s v. Chr. bis zur Mitte des 6. Jh.s n. Chr. entwickelt. Seit dem hohen Mittelalter wurde vor allem das römische Privatrecht (CIC = Codex Juris Civilis) erneut und immer stärker rezipiert und verdrängte nach und nach das bisher übliche Gewohnheitsrecht. Im Spätmittelalter folgte das Eindringen des spätmittelalterlichen römisch-italienischen Strafrechts (z.B. in der Carolina). So wurde vor allem das justinianische römische Recht im lateinischen Europa bekannt und fand als gemeines Recht zunehmend Eingang in die Geschäfts-, Rechts- und Gerichtspraxis.
Dieser Prozess der Rezeption des Römischen Rechts wurde durch Humanismus und Renaissance sowie durch das Studium Deutscher an italienischen Rechtsschulen befördert. Wichtig war aber auch, dass die Zersplitterung des einheimischen Rechts immer mehr als Problem angesehen wurde. Für diesen Prozess waren Rechtsgelehrte nötig, wodurch gelehrte Räte in der Landesherrschaft ein übergewicht gegenüber den ständischen Räten gewannen.
Seit dem 18. Jh. kamen unter dem Einfluss der Naturrechtsschule und der aufblühenden rechtsgeschichtlichen Forschung die deutschrechtlichen Gedanken wieder stärker zur Geltung. Eine Nachrezeption bewirkte die Romanistik der historischen Rechtsschule. Mit der Einführung des BGB traten zwar die römischen Rechtsquellen außer Kraft, ihre Sätze aber wurden vielfach übernommen, besonders im Schuld- und Erbrecht.
(Ländliche Gesellschaft)
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(rt) Die Vermeidung von Mangel und Not war die ständige Sorge unserer Vorfahren. Die durch Tradition und Erfahrung eingeübten Verhaltensweisen, die am besten mit dem Begriff des „Habitus” im Sinne Bourdieus zu erklären sind, verdichten sich zu einer Strategie, die man mit Dieter Groh als Risikominimierungsstrategie bezeichnen kann und die den „harten Kern” der sozialen Logik vormoderner Gesellschaften oder Ökonomien ausmacht
(
Groh, Strategien, 89).
(Ländliche Gesellschaft)
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(el) Während sich in Amerika „geistliche und weltliche Macht verschränkten“
(
Wendt, Begegnungen, 75), waren die Missionare in Asien auf sich allein gestellt und mussten deshalb ihre Methoden der Missionierung möglichst an die dortige Kultur anpassen. Diese Akkomodation genannte Strategie verfolgten die Jesuiten in China, unter ihnen Alessandro Valignano (1539-1606), Matteo Ricci (1552-1610) und Roberto de Nobili (1577-1656), in dem sie sich in Kleidung und Verhalten den einflussreichen konfuzianischen Literaten anpassten und versuchten, eine Verbindung zwischen Christentum und Konfuzianismus herzustellen sowie „kulturelle Traditionen mit christlichen Vorstellungen zu harmonisieren“
(
Wendt, Begegnungen, 76).
Zu der Anpassungsmethode, mit der eine Missionierung der oberen Schichten erreicht wurde, gehörte die Beibehaltung der in China für jeden selbstverständlichen Konfuzius- und Ahnenriten sowie die Übersetzung von Kernbegriffen der christlichen Lehre in die asiatischen Sprachen. Seit 1631 gelangten in China jedoch auch Bettelorden (Franziskaner und Dominikaner), die diese Anpassung ablehnten, zu Einfluss und verzeichneten v.a. Erfolge bei der Bekehrung der Unterschichten. Die Auseinandersetzungen um den Grad der Akkomodation und die Vereinbarkeit der chinesischen Riten mit christlichen Vorstellungen führte 1704 zu einem Verbot der chinesischen Riten durch Papst Clemens XI.. Offiziell beendet wurde der Ritenstreit in China erst 1742 mit einer weiteren Bulle von Papst Benedikt XIV, durch die die chinesischen Riten endgültig verworfen wurden. Durch das Verbot der Akkomodation wandten sich viele Chinesen wieder vom Christentum ab; der Erfolg der jesuitischen Mission liegt somit weniger in einer Christianisierung, als vielmehr im Bereich der Vermittlung technischer, wissenschaftlicher und kultureller Innovationen aus Europa, v.a. im Bereich der
Astronomie.
(
Schmitt, Kolonialreiche, 483-484;
Reinhard, Expansion Bd. 1, 184ff.,
Gründer, Welteroberung, 258ff.)
(Europäische Expansion)
Quelle: Verbot der chinesischen Riten durch Papst Clemens XI. (1704)
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(af) Die Reichsritterschaft befand sich zu Beginn des 16. Jh.s in der Krise, ihre Stellung und traditionelle Lebensweise wurden durch die entstehenden Territorialstaaten bedroht. Dieser Bedrohung begegneten die Ritter vielfach mit Einungen (regionalen Zusammenschlüssen zur Wahrung der eigenen Interessen, die sich oft gegen einzelne Landesherren richteten). Gleichzeitig gehörte die Reichsritterschaft schon früh zu der Luther unterstützenden Fraktion.
Ein typischer Vertreter war Franz von Sickingen (1481-1523), der 1522 zum Hauptmann eines Bundes der schwäbischen und fränkischen Reichsritterschaft gewählt wurde. Damit glaubte er eine ausreichende Machtbasis zu haben, um gegen den Kurfürsten von Trier vorgehen zu können. 1522 brach Sickingen in Trierer Gebiet ein, doch die geplante Eroberung misslang. Sickingen wurde vom Reichsregiment in die Acht erklärt. 1523 musste er sich den verbündeten Fürsten von Trier, Hessen und Pfalz ergeben.
Nach der Niederschlagung der Sickingschen Fehde war die Reichsritterschaft als gestaltende Kraft im Reich ausgeschaltet. Die Territorialfürsten waren die neue entscheidende Macht.
(Konfessionelles Zeitalter, Reformation)
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(af) Ursprünglich Monatssold für das nach der Wormser Reichsmatrikel von 1521 aufzustellende Reichsheer, später Bezeichnung der Reichssteuer. Zur Zeit der Türkenkriege bewilligte der Reichstag von Fall zu Fall Römermonate als Türkenhilfe (auch Türkenschatzung genannt).
(Ländliche Gesellschaft)
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(af) Neben der Anrufung des Dorfgerichts oder anderer Gerichte gab es vielfältige Möglichkeiten der innergemeindlichen Kontrolle und Sanktionsverhängung, dazu gehörte nicht zuletzt das Rügebrauchtum. Rügebräuche wurden durch spezifische Vorfälle im sozialen oder familiären Leben provoziert (z.B. Heirat zwischen körperlich oder altersmäßig sehr verschiedenen Paaren, Streit zwischen Ehepaaren, v.a. Frau schlägt Mann). Ausgeübt wurden diese Rügebräuche oft durch die organisierten jungen Männer einer Gemeinde.
(
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bezeichnen in der christlichen Theologie, die die Gnade Gottes vermittelnde kirchliche Zeichenhandlungen; in ihrem Vollzug wird die im Erlösungswerk Jesu Christi vermittelte Gnade an die Glaubenden weitergegeben. Während es in der frühen Kirche noch keine Festlegung auf eine bestimmte Zahl von Sakramenten gab, kam es in der mittelalterlichen lateinischen Kirche zu einer allmählichen Beschränkung des Sakramentbegriffs auf wenige, für die kirchliche Praxis zentrale Vollzüge. Die Zahl von sieben Sakramenten ist erstmals im 12. Jh. bezeugt und setzte sich in der Folgezeit, vor allem nach dem Tridentinum, durch. Sakramente spiegeln im Sinne von Rites de passage entscheidende Zäsuren des (christlichen) Lebens (Taufe, Firmung, Ehe, Krankensalbung, Ordination/ Priesterweihe) und weitere konstitutive Elemente des Christentums: die Darstellung und Feier des Glaubens (Eucharistie), die neue Umkehr (Buße). Theologischer Maßstab für die Auswahl der sieben Sakramente war ihre (vermeintliche) Einsetzung durch Jesus Christus. Aufgrund dieses Maßstabes erkennen die evangelischen Kirchen in der Regel nur zwei (Taufe und Eucharistie) oder drei (außerdem die Buße) Vollzüge als Sakrament an.
(Reformation)
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Enteignung von Gütern und Herrschaftsrechten der Kirche durch die weltliche Obrigkeit. Man unterscheidet "Herrschaftssäkularisation" (den geistlichen Fürsten werden ihre weltlichen Herrschaftsrechte genommen, ihre Territorien also aufgelöst,) von "Vermögenssäkularisation" (den geistlichen Fürsten, Stiftern, Klöstern etc. werden ihre Güter und Einkünfte genommen). Beiderlei Säkularisationen kamen im großen Ausmaß vor allem in Folge der Reformation vor. Luther hatte die Ausübung von weltlicher Herrschaft durch Geistliche grundsätzlich abgelehnt. Protestantisch gewordene Landesherren eigneten sich auf dieser Grundlage die Kirchenhoheit in ihren Territorien, übernahmen die Verwaltung des Kirchenvermögens und verleibten oft auch die Herrschaftsgebiete benachbarter Bistümer ihrem Territorium ein. Aber auch katholische Landesherren säkularisierten Kirchengut, so im großen Stil Kaiser Joseph II., der als österreichischer Landesherr zahlreiche Klöster auflöste und den Ertrag in die Staatskasse leitete. Der größte Säkularisationsschub erfolgte durch die Französische Revolution in Frankreich und in deren Folge dann auch im Reich. Im Reichsdeputationshauptschluß von 1803 teilten - unter Napoleons Regie - die großen Reichsfürsten die Territorien der geistlichen Fürsten und die Güter der Kirche untereinander auf.
Von "Säkularisation" ist der weitere Begriff der "Säkularisierung" zu unterscheiden, der allgemein Prozesse der Verweltlichung, etwa des Denkens, der Mentalitäten etc. bezeichnet.
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(af) (Schoss, Gewerf) eine Art direkte Vermögenssteuer, die vom Landesherren zunächst in besonderen Notsituationen von seinen Landständen erbeten, dann regelmäßig und schließlich jährlich erhoben wurde. Diese Steuer betraf als Grund-, Gebäude- oder Viehsteuer praktisch nur die Bürger und Bauern. Daneben gab es solche Abgaben zu besonderen Anlässen (von der Aussteuer einer Fürstentöchter bis zur Auslösung des Landesherren aus der Gefangenschaft). Die Schatzung oder Bede wurde im Laufe der FNZ zur entscheidenden wirtschaftlichen Belastung der Bevölkerung. In den Städten hing die Bezahlung der Bede eng mit dem Bürgerrecht zusammen.
Vgl.
Hartwig Walberg/Reinhard Oberschelp/Frenn Wiethoff (Hrsg.), Die Schatzungsregister des 16. Jh. für das Herzogtum Westfalen. Bd. 2: Die Register von 1543 und Schatzungen des Adels von 1543 und 1549. Orts- und Personenindex für Teil 1 und 2. Münster 2000.
(Ländliche Gesellschaft)
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Titelholzschnitt der Schedelschen Weltchronik
Hartmann Schedel, Schedelsche Weltchronik 1493, ND München
1965.
(el) Die Schedelsche Weltchronik, die der Arzt Hartmann Schedel (1440-1514) mit Hilfe mehrerer Mitarbeiter verfasste, erschien erstmals 1493. Das Werk enthält 1809 Holzschnitte, darunter zahlreiche Städteansichten und eine ptolemäische Weltkarte; es gilt als „das bildreichste Werk aus der Frühzeit des Buchdrucks“
(
Rücker, Weltchronik, 7).
Schedel verfasste, vom Standpunkt der christlichen Heilslehre ausgehend, eine Weltgeschichte, die einen bedeutenden Einblick in das Weltbild zu Beginn der FNZ ermöglicht. Das Buch ist eingeteilt in die (christliche) Darstellung der sieben Weltalter. Es beginnt mit einem umfassenden „Register Des buchs der Chroniken und geschichten mit figure und pildnussen von anbegiñ der welt bis auf diese uñsere zeit“.
(Europäische Expansion)
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http://hsozkult.geschichte.hu-berlin.de/BEITRAG/intervie/schulze.htm
(Ländliche Gesellschaft)
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(af) 1488 auf Betreiben des Kaisers (schwäbischer Territorialherr) gegründete Vereinigung der schwäbischen Reichsstände zur Sicherung des Landfriedens (Landfriedenseinung), der später auch die Kurfürsten von der Pfalz, Mainz und Trier, ferner Hessen, Bayern und die meisten oberdeutschen Stände beitraten. Der schwäbische Bund entsprach der Bundesidee Karls V. für die Reichsexekution. Im Bauernkrieg 1525 besiegte der Feldhauptmann des Schwäbischen Bundes, Georg Truchseß von Waldburg, die Bauern. Später lockerte sich der Schwäbische Bund und löste sich 1533/34 auf.
(Reformation)
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England / Großbritannien und die Niederlande, die vor allem am Seehandel und ihren Kolonien interessiert sind.
(Internationale Konflikte und europäisches Mächtesystem)
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(af) Der Send ist eine aus dem Mittelalter überkommene und mit der Konfessionalisierung neu belebte Institution. Er war ein geistliches Sittengericht, das ursprünglich vom Bischof, später aber meist vom Archidiakon, Landdechanten oder Landpfarrer geleitet wurde. Auf dem Send wurden sittliche wie religiöse Vergehen der Gemeindemitglieder durch die Sendschöffen angezeigt. Der Send strafte mit Geld- und Sachbußen, konnte aber auch Schandstrafen verhängen. Im 18. Jh. verlor der Send immer mehr seinen gerichtlichen Charakter und wurde zu einer Pfarrversammlung, auf der allgemeine Pfarrangelegenheiten besprochen wurden.
(Ländliche Gesellschaft)
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(el) Die für die Heuernte bereits bekannte Sense wurde seit ca. 1500 auch für die Getreideernte eingesetzt. Die Arbeitsleistung war viermal höher als mit der Sichel, allerdings war der Kornverlust gerade des Wintergetreides, dessen Körner nur locker an der ähre sitzen, hoch. Als Gestellsense mit einer Ablegevorrichtung für das Getreide konnte sie auch für die Roggenernte eingesetzt werden.
Im Gegensatz zur Ernte von Heu und Sommergetreide, das ausgeschwadet, d.h. nach außen gemäht und abgelegt wurde, mähte man mit der Gestellsense an die noch stehenden Halme. Hierbei war eine zweite Person nötig, die die Halme sofort einsammelte, damit der nachfolgende Schnitter nicht behindert wurde – eine Arbeit, die Frauen zufiel, während Männer in der Regel die schwerere Sensenarbeit übernahmen. Bei der Sichelernte dagegen wurde erst das ganze Feld abgemäht und dann das Korn bzw. Heu eingesammelt, weshalb hier – regional unterschiedlich – auch Frauen die Schnittarbeit übernahmen.
(Ländliche Gesellschaft)
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(el) Die meist gezähnte Sichel als traditionelles Gerät
zum Getreideschnitt verlangte den größten
Arbeitsaufwand, garantierte aber den geringsten Körnerverlust.
Der Schnitt erfolgte kurz unterhalb der Ähren. Mit der
Sichel wurden auch äste und Blätter als Viehfutter
und für Bettfüllungen geschnitten.
(Ländliche Gesellschaft)
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(el) Die Sichte war eine einarmig gehandhabte Hausense
mit kurzem gewinkelten Baum, hinzu kam der Mathaken,
mit dem die Halme für jeden Hau abgeteilt wurden. Die
Getreidesichte gelangte im SpätMA von Flandern nach
Nordwestdeutschland.
(Ländliche Gesellschaft)
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In Amerika und Indien kämpfen Frankreich und Großbritannien um Kolonien. In Europa kämpfen Österreich Frankreich und Russland gegen das mit Großbritannien verbündete Preußen. Am Ende muss Frankreich seine Besitzungen auf dem amerikanischen Festland wie in Indien an Großbritannien abgeben. Preußen kann sich behaupten und sich damit endgültig Anerkennung als Großmacht sichern.
(Internationale Konflikte und europäisches Mächtesystem)
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1723-1790, schottischer Nationalökonom und Moralphilosoph. Er gilt als Vater der klassischen Nationalöökonomie. Sein Hauptwerk "An inquiry into the nature and causes of the wealth of nations" von 1776 richtet sich vor allem gegen die merkantillistische Wirtschaftstheorie, die in Europa lange vorherrscht. Sie setzt auf eine Lenkung der Wirtschaft durch den Staat, Abschottung durch Zölle und geht von einer konstanten Summe des Wohlstandes in der Welt aus, von dem sich einzelne Staaten einen möglichst großen Teil sichern müssen. Dagegen soll bei Smith der Staat nur bestimmte Rahmenbedingungen vorgeben. Wenn innerhalb dieser Rahmenbedingungen alle allein nach ihrem Eigeninteresse handeln, ist das der effektivste Weg zum Wohl aller. Unter anderem durch Arbeitsteilung ist Wirtschaftswachstum möglich.
(Internationale Konflikte und europäisches Mächtesystem)
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Die persönlichen Träger der Souveränität ( 1.4.2. Souveränität), also im Allgemeinen die Fürsten.
(Internationale Konflikte und europäisches Mächtesystem)
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(af) Das von Gerhard Oestreich entwickelte Konzept der Sozialdisziplinierung kann als spezifisch deutsche Modenisierungstheorie verstanden werden, oft wird sie parallel zum Prozess der Zivilisation von Elias und der Rationalisierungstheorie Max Webers gestellt. Oestreich bezog sein idealtypisches Modell auf die Staatsbildung im Rahmen des absolutistischen Staates. Das „neue“ an diesem Konzept ist seine Abgrenzung von der rein politischen oder wirtschaftshistorischen Forschung, dementsprechend versteht es Winfried Schulze als „Emanzipation von der politisch-dynastischen Geschichtsschreibung“
(
Schulze, Sozialdisziplinierung, 271). Gerhard Oestreich versteht die Sozialdisziplinierung „als Fundamentalvorgang, als Grundtatsache und als Leitidee“ des absolutistischen Zeitalters, die Staat und Gesellschaft verändert hätte. Sie hatte eine bedeutsame gesellschaftliche Wirkung auf „die geistig-moralische und psychologische Strukturveränderung des politischen, militärischen, wirtschaftlichen Menschen“ (
Oestreich, Strukturprobleme, 187-188).
Das Sozialdisziplinierungskonzept besteht aus verschiedenen Stufen:
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(rt) Die jüngste Sozialschicht hatte geringsten Besitz und geringste Rechte. Die regional unterschiedlich benannten Anwohner, Abbauer, Häuslinge, Einlieger oder Heuerlinge standen rechtlich außerhalb des Gemeindeverbandes und hinsichtlich ihrer Erwerbsgrundlage in Abhängigkeit von den bäuerlichen Schichten. Sie blieben ohne formelle Mitbestimmungs- und Nutzungsrechte in der Gemeinde, als Bewohner des Gebietes der Gemeinde waren sie aber dennoch den Anordnungen der Gemeinde unterworfen. Bisweilen wurde ihnen die Pachtung von Nutzungsrechten an der Allmende eingeräumt
(
Ritter, Nachsiedlerschichten, 90;
Rösener, Bauern, 198;
Holenstein, Bauern, 17).
Beispiel: Die Heuerlinge im östlichen Westfalen:
Die Heuerlinge im östlichen Westfalen pachteten z.B. von den Bauern kleine Stücke Land und mieteten in einem Nebengebäude des Hofes eine Unterkunft. Die Pachtzahlung bestand im Wesentlichen aus Arbeitsleistungen auf dem Altbauernhof
(
Seraphim, Heuerlingswesen, 12;
Wittich, Grundherrschaft, 8;
Rösener, Bauern, 169;
Mooser, Gleichheit und Ungleichheit, 233). Die Forschung spricht deshalb von einer „quasi-feudalen“ Beziehung dieser Schicht zu den Bauern
(
Wunder, Gemeinde, 96;
Mooser, Gleichheit und Ungleichheit, 233). Aber auch der Bauer unterstützte die Heuerlinge zum Beispiel durch Arbeitsleistungen mit seinem Gespann, das die Heuerlinge nicht besaßen
(
Seraphim, Heuerlingswesen, 12;
Wittich, Grundherrschaft, 8).
(Ländliche Gesellschaft)
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Nach dem Tod Karls II. von Spanien erheben sowohl
Ludwig XIV. wie Kaiser Leopold I. Erbansprüche, jeweils für nicht im Stammland erbberechtigte Nachkommen. Schon im Vorfeld sind mehrere Versuche einer diplomatischen Lösung gescheitert. Sorge vor einer Übermacht Ludwigs XIV. in Europa führen zu einer Koalition des habsburgischen Kaisers mit den
Seemächten. Als der habsburgische Kandidat für den spanischen Thron - nach dem Tod seines Bruders Joseph I. - 1711 als Karl VI. auch die Kaiserkrone erbt, haben die Seemächte kein Interesse mehr an seiner Unterstützung. Auf dem Friedenskongress von Utrecht wird vereinbart, dass Ludwigs Enkel Philip von Anjou Spanien und die Niederlande erhält, Karl VI. die italienischen und niederländischen Besitzungen Karls II. Eine Vereinigung Spaniens mit Frankreich wird verboten. Außerdem wird die
balance of power als Prinzip des Friedens festgeschrieben.
(Internationale Konflikte und europäisches Mächtesystem)
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Die niederländischen Besitzungen der Habsburger, die 1713 vom spanischen auf den österreichischen Zweig übergehen. Es handelt sich im wesentlichem um das heutige Belgien.
(Internationale Konflikte und europäisches Mächtesystem)
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(af) Die soziale Unterteilung in einer ländlichen Gemeinde beruhte auf dem Besitz einer eigenen Hofstelle. Eine weitere Möglichkeit der Unterteilung, vor allem in Gebieten, in denen die Bauern nicht Eigentümer des bewirtschafteten Grundes und Bodens waren, lag in der Art der Frondienste, die sie zu leisten hatten. Die reicheren Bauern, die ein eigenes Pferd besaßen (Gespann und Geschirr), waren zu den so genannten Spanndiensten mit ihren eigenen Tieren verpflichtet, während die ärmeren Bauern Handdienste leisten mussten.
(Ländliche Gesellschaft)
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(cn) Hebräisch „Kaschrut“ (Speisevorschriften). Sie stammen aus der Bibel und aus dem Talmud und bestimmen die koschere („reine“) Küche. Grundsätzlich ist der Verzehr einiger Tiere ebenso wenig erlaubt wie die Kombination bestimmter Gerichte miteinander. Fleisch und Milch bzw. milchverwandte Speisen dürfen nicht miteinander in Berührung kommen – nicht im Kühlraum, nicht während der Zubereitung, nicht im Magen. Die Gebote stützen sich auf Bibelstellen in den Fünf Büchern
Mose.
Säugetiere sind koscher, wenn sie sowohl Wiederkäuer sind als auch gespaltene Hufe haben. Fische müssen Flossen und Schuppen haben. Gemüse und Obst sind grundsätzlich neutral und mit allem kombinierbar.
Für das rituelle Schlachten, das Schächten, gelten zusätzliche Vorschriften: Der Schächter ist vom Rabbiner approbiert, das Schächtmesser muss jedes Mal einer genauen Prüfung unterzogen werden, das Tier mit einem exakten Schnitt durch die Kehle getötet werden und ausbluten. Sobald ein Fehler unterläuft, das Messer einen Schaden hatte oder der Schnitt nicht sauber durchgeführt wurde, gilt das Fleisch als
„trefe“ und darf nicht mehr verzehrt werden.
Für die unterschiedlichen Festtage des jüdischen Kalenders gelten jeweils besondere Speisegebote.
(Juden)
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(af) Spinnstuben stellen eine gemischtgeschlechtliche Soziabilitätsform dar, hier trafen sich vor allem unverheiratete Frauen und Männer
(peer groups). Geselligkeit und nicht Arbeit stand dabei im Mittelpunkt.
Die Dorfjugend suchte sich in den Spinnstuben ihre Partner. In der Forschung wird ein umfassendes Brauchtum an Eheeinleitung und Partnerwahl beschrieben und dadurch die dörfliche Heiratsordnung zumindest potentiell in Frage gestellt.
Zum anderen waren die Spinnstuben auch ein kritisches Forum der dörflichen
Öffentlichkeit. Die dort versammelten jungen Männer stellten ein Organ der lokalen Rügejustiz dar. Die Frauen bestimmten auch kollektiv über das Ansehen der einzelnen, so war an der Größe des in der Spinnstube gemeinsam hergestellten Brautrocks das Ansehen der Braut im Dorf deutlich abzulesen.
Seit der Reformationszeit versuchte die Obrigkeit, die Spinnstuben „als eine Form autonomer und gemeinsamer Geselligkeit unverheirateter Jugendlicher beiderlei Geschlechts“
(
Medick, Spinnstuben, 25) zu unterdrücken oder zumindest zu kontrollieren.
Bildquelle: Rügebrauch
Stich von Hogarth, in: Philippe Ariès/Roger Chartier (Hrsg.): Geschichte des privaten Lebens, Bd. 3.: Von der Renaissance zur Aufklärung. Frankfurt a.M. 1991, 541.
(Ländliche Gesellschaft)
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(af) Widmung von Kapital für einen vom Stifter bestimmten Zweck, oft für Messlesungen, Predigtstellen.
(Ländliche Gesellschaft)
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(af) Stolgebühren (Akzidentalien, Casualien, Stolien, Stolrecht, stolae jura): Gebühren, die der Geistliche für bestimmte Amtshandlungen erhob: Sakramente, aber auch Eheaufgebot, Aussegnung von Wöchnerinnen, Begräbnis. In den evangelischen Kirchen im Laufe der FNZ abgeschafft.
(Ländliche Gesellschaft)
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Anpassung an die fremde oder Beibehaltung der eigenen Kultur?
Reinhard diskutiert die Frage nach Anpassung an die fremde Kultur oder Beibehaltung der eigenen Kultur:
„Das missionstheologische Problem ist zugleich ein soziokulturelles: soll man mit beträchtlicher innerer Anpassung an die fremde Kultur deren Elite und damit das ganze Land zu gewinnen versuchen wie die Jesuiten oder ist es christlicher, ohne jede Akkulturationsstrategie die „Torheit des Kreuzes“ zu verkünden wie die Bettelorden (...)? Freilich lassen sich mit der zuletzt genannten Methode nur in gesellschaftlichen Randzonen Erfolge erzielen. Aber ist es nicht illusorisch, zu erwarten, daß sich die maßgebenden Gruppen einer unbeschädigten Hochkultur für die Religion einer fremden Kultur gewinnen lassen? Alle Anpassung muß ja die wesentlichen Inhalte der Botschaft der Missionare unberührt und damit deren letztliche Fremdheit bestehen lassen. Andernfalls wird zwar die neue Lehre für die Missionierten leichter annehmbar, sie vermögen sie aber rasch ihrer eigenen Weltanschauung zu assimilieren.“
(
Reinhard, Expansion Bd. 1, 191)
(Europäische Expansion)
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(af) Donauwörth war eine konfessionell gemischte Reichsstadt. Für diesen Fall hatte der Augsburger Religionsfrieden die Parität der Konfessionen auf der Grundlage des status quo festgelegt. Innerhalb der Bürgerschaft kam es aber zu Auseinandersetzungen zwischen der katholischen Minderheit und der evangelischen Mehrheit. Kaiser Rudolf II. beauftragte daraufhin 1606 den Herzog von Bayern, den katholischen Gottesdienst in Donauwörth zu schützen. Als die Protestanten die Abgesandten des Herzogs vertreiben, wird 1607 die Reichsacht gegen Donauwörth verhängt, die Bayern 1608 vollstreckt. Aus der Reichsstadt wurde eine bayerische Landstadt.
(Konfessionelles Zeitalter)
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(up/mb) Aufrechterhaltung eines Existenzminimums. Dieses kann man reduktionistisch als physisches Existenzminimum ansehen, bei dem eine ausreichende Zufuhr von Kalorien, Proteinen und Vitaminen erfolgt, damit langfristig keine gesundheitliche Schäden durch Mangelernährung erfolgt. Angesichts der großen Bedeutung der Beschaffung von Grundnahrungsmitteln in der Hauswirtschaft der Unterschichten in der FNZ macht eine derartige Definition in diesem Kontext Sinn. Eine erweiterte Definition bezieht kulturelle Aspekte, im Fall der FNZ ständisch gesetzte Aufwandsnormen (z.B. bezüglich des Konsums von Kleidung und Genussmitteln), in die Festlegung eines sozial akzeptierbaren Existenzminimums mit ein.
(Wirtschaftliche Grundstrukturen und Entwicklungen)
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(up/mb) Klimatisch oder durch Krieg bedingte schlechte Ernte im Agrarsektor, die dazu führt, dass Getreidepreise extrem steigen, Unterernährung weit verbreitet ist und deshalb die Sterblichkeit hoch ist.
In der Frühen Neuzeit traten Subsistenzkrisen alle paar Jahre ein. 1771/72, 1815/17, 1830/31 und 1846/48 sind die letzten großen Subsistenzkrisen in Westeuropa.
(Ländliche Gesellschaft, Wirtschaftliche Grundstrukturen und Entwicklungen)
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Supplik / Supplikation: Der Begriff leitet sich von dem lateinischen Verb supplicare ab, was so viel heißt wie "vor jemandem auf die Knie fallen" oder auch "flehentlich bitten". Er bezeichnet das Bittgesuch eines Bürgers, einer Gruppe oder einer Korporation an den Landesherren um eine Stellungnahme zu erlassenen Gesetzen, Privilegien oder einer Rechtsstreitigkeit. Diese wurde von den obrigkeitlichen Behörden, teils auch vom Landesherren selbst in Form eines Reskripts (schriftliches Gutachten) oder einer Dispensation (Erlass, Ausnahmebewilligung) beantwortet.
In der historischen Forschung zur FNZ sind die Supplikationen derzeit eine sehr stark untersuchte Quellengattung. Einige Forscher untersuchen sie als Ego-Dokumente, also um sich den Problemen der Zeitgenossen, die ansonsten quellenmäßig schwer greifbar sind, anzunähern (Ulbricht, Supplikationen als Ego-Dokumente). Aufgrund der zunehmenden Formalisierung von Supplikationen ist das jedoch nicht ganz unumstritten.
Andere Historiker nähern sich über diese Quellengattung der frühneuzeitlichen Gesetzgebungspraxis an. Sie betrachten Supplikationen und Dispensationen als einen "integralen, funktionalen Bestandteil der Gesetzgebungspraxis" der Frühen Neuzeit (Holenstein, "Die Umstände der Normen - die Normen der Umstände). Mittels der durch das Supplikationswesen kanalisierten Kommunikation konnten Regierungen und Behörden zu Informationen über Vorkommnisse in der Untertanenschaft gelangen, während die Untertanen ihre eigenen, partikularen Interessen artikulieren und gesetzesförmige, politische Entscheidungen einfordern konnten. Der Umgang mit Supplikationen zeigt den Versuch frühneuzeitlicher Behörden zwischen normativen Vorschriften und den Anforderungen der lokalen rechtlichen Verhältnisse zu vermitteln, denn das Recht war noch nicht in der heute gekannten Weise systematisiert und ausdifferenziert.
Literatur
Otto Ulbricht, Supplikationen als Ego-Dokumente. Bittschriften von Leibeigenen aus der ersten Hälfte des 17. Jahrhunderts als Beispiel, in: Winfried Schulze (Hg.), Ego-Dokumente. Annäherung an den Menschen in der Geschichte (Selbstzeugnisse der Neuzeit, Bd. 2) Berlin 1996, 149-174.
André Holenstein, Die Umstände der Normen - die Normen der Umstände. Policeyordnungen im kommunikativen Handeln von Verwaltung und lokaler Gesellschaft im Ancien Régime, in: Klaus Härter (Hg.) Policey und frühneuzeitliche Gesellschaft (Ius Commune Sonderhefte, Bd. 129) Frankfurt a. M. 2000, 1-46.
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(ap) Die Synode von Dordrecht beschäftigte sich mit dem Streit um die Prädestinationslehre, der durch die Auseinandersetzung der beiden Leidener Professoren Gomarus und Arminius virulent geworden war. Die Anhänger der Lehre des Arminius (Arminianer oder nach ihrer Eingabe von 1611 „Remonstranten“ genannt) wurden verurteilt und die reine Lehre des Calvinismus in Canones festgelegt, die neben dem Heidelberger Katechismus (1563) als calvinistische Bekenntnisschrift allgemeine Geltung haben sollten. Die Synode mit Vertretern des calvinistischen Europas stellt somit eine Art Konsolidierung des Calvinismus dar und wurde deshalb von Randgruppen des calvinistischen Lagers als quasi papistisches Konzil gebrandmarkt.
Beide Parteien lehrten, dass Gott vor Anbeginn der Welt beschlossen habe, nur den Gläubigen die ewige Seligkeit zu schenken und dass der Mensch diesen Glauben nicht durch eigene Bemühungen, sondern nur durch Gottes Gnade erlangen könne. Wenige Buchstaben trennen die Formulierungen der beiden Gruppierungen, was hier an reine theologische Spitzfindigkeit denken lässt. Doch sind die Auswirkungen dieses Unterschieds bis hin etwa zur Staatslehre gravierend. Es ist deshalb wohl auch kein Zufall, dass sich die beiden schärfsten Kontrahenten im Machtpoker der jungen Republik auf die beiden Parteien verteilten: Johan van Oldenbarnevelt als Befürworter einer starken Stellung der Generalstände votierte für die Lehre des Arminius, der Statthalter Moritz von Oranien hingegen sah seine Stellung besser behauptet durch die Lehre des Gomarus (Gomaristen/Contraremonstranten).
In den fast zwanzig Jahren bis zum Zustandekommen der Nationalsynode von Dordrecht, zu der außerdem Vertreter aller calvinistischen Territorien Europas eingeladen wurden, hatte sich der Konflikt dergestalt entschieden, dass die Remonstranten nur noch ihre Verurteilung verkündet bekamen, Gomarus dagegen auf der Bank der Universitätsvertreter Platz nehmen konnte. Moritz von Oranien nutzte die Gelegenheit, sich seines Gegners Oldenbarnevelt zu entledigen, den er 1619 hinrichten ließ. Dessen Parteigänger
Hugo Grotius wurde zu einer lebenslangen Haft verurteilt.
Erst nach dem Tode von Moritz von Oranien (1625) konnten die Remonstranten wieder an Einfluss gewinnen. Auch an der Reform der anglikanischen Kirche unter William Laud (seit 1633 Erzbischof von Canterbury) wird der arminianischen Theologie maßgeblicher Anteil zugesprochen.
(Konfessionelles Zeitalter)
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(af) Während des niederländischen Aufstandes waren im Hl. Römischen Reich wie auch in England zahlreiche Flüchtlingsgemeinden entstanden. Auf der Emdener Synode traten Abgeordnete dieser Gemeinden zusammen und nahmen für die niederländischen Calvinisten die Confessio Belgicana, die Confessio Gallicana sowie den Heidelberger und den Genfer Katechismus an. Damit war ein wichtiger Schritt zur niederländisch-calvinistischen Konfessionsbildung getan. Zu einer allgemein anerkannten Kirchenordnung kam es jedoch nicht. Vielmehr brach über die Frage der Prädestinationslehre ein Streit zwischen den beiden Leidener Professoren Arminius und Gomarus aus, der zur Trennung der niederländischen Calvinisten in Remonstranten (Arminianer) und Contraremonstranten führt.
(Konfessionelles Zeitalter)
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(ms) Im Gegensatz zum Teilbetrieb mit Ausnutzung der Arbeitskraft und des Inventars abhängiger Bauern bedeutet die Führung des Gutshofes im Eigenbetrieb, dass dieser von Lohnarbeitern und gutseigenem Gesinde bewirtschaftet wurde. Dazu wurde vom Gutsherren auch eigenes Inventar und Zugvieh gehalten. Die Arbeitskräfte entstammen meist regional ansässigen Landarbeiterfamilien aus unterbäuerlichen Schichten und nicht selten ehemaligen bäuerlichen Familien, deren Hof dem Gutshof hinzugefügt wurde.
(Ländliche Gesellschaft)
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Ein Territorium ist ein Stück Land, über das sich eine einheitliche Herrschaftsgewalt erstreckt. Die Vorstellung territorialer Grenzen ist relativ modern. Moderne Karten von mittelalterlichen und frühneuzeitlichen Ländern sind insofern irreführend. Vormoderne Herrschaft ist primär Herrschaft über Personen, nicht über ein festes Territorium mit linearen, womöglich sogar in der Landschaft sichtbar gemachten Grenzen. Herrschaft verteilt sich auf viele, hierarchisch abgestufte Träger. Mehrere Herren teilen sich womöglich verschiedene Herrschaftsrechte über dieselben Personen. Solche Verhältnisse lassen sich auf einer geographischen Karte nicht abbilden.
Im Laufe der Frühen Neuzeit vollzieht sich ein Prozeß zunehmender Territorialisierung; Herrschaft wird zunehmend als Herrschaft über einen Raum samt aller darauf wohnender Personen verstanden und als solche intensiviert. Alle möglichen Herrschaftsrechte erscheinen als "an dem Territorium hängend", d.h. ergeben sich aus der Herrschaft über das Territorium, werden also in einer Hand zusammengefßt, gebündelt und immer mehr als Einheit verstanden. Diese neuen, territorialen Herrschaftsstrukturen werden im Rahmen des Römisch-deutschen Reiches vor allem auf der Ebene der einzelnen Fürstentümer entwickelt und nicht oder kaum auf der Ebene des Reiches als Gesamtheit. Hier bleibt das alte Personen- und Rechtsverbands-Prinzip vorherrschend.
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Die Metapher des Theaters ist im 17. und 18. Jh. unter anderem weit verbreitet im Titel von Schriften zur europäischen Politik - in verschiedenen Verbindungen. Das Theatrum Europaeum ist eine der wichtigsten regelmäßig erscheinenden Druckwerke im deutschsprachigen Raum und erscheint von 1635-1738.
(Internationale Konflikte und europäisches Mächtesystem)
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Die Kaiserkrönung des ostfränkischen Königs Otto des Großen im Jahr 962 wurde als "Übertragung des (römischen) Reiches" auf die Deutschen aufgefaßt. Die Vorstellung von einer translatio Imperii von den Römern auf die Franken (Karl der Große 800) und dann auf die "Deutschen" war eine gedankliche Fiktion, mit deren Hilfe sich die deutschen Könige in die Tradition des römischen Imperiums einordneten und einen Anspruch auf universelle Schirmherrschaft über die gesamte Christenheit (drei Reichsteile: Deutschland, Italien und Gallien) begründeten. Damit traten sie zugleich in die heilsgeschichtliche Rolle des römischen Weltreichs ein: Nach der spätantik-mittelalterlichen Auslegung des biblischen Buches Daniel galt nämlich das römische Weltreich als das letzte der Weltgeschichte, und solange das römische Reich dauerte, so glaubte man, bleibe das Weltende mit dem Jüngsten Gericht noch aus. Aus diesem Grund nannte man das Reich das "Heilige römisch-deutsche Reich", und zwar bis weit ins 18. Jh. hinein. Das Verhältnis zwischen Papst und Kaiser, das sich daraus ergab, war allerdings stets umstritten. In der Frühen Neuzeit wurde die Bindung des Kaisertitels an die Krönung durch den Papst endgültig aufgegeben (letzte päpstliche Kaiserkrönung: Karl V. 1530).
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Das Osmanische Reich ist bis zum Ende der Frühen Neuzeit kein vollwertiger Teil des Europäischen Staatensystems - weder in seiner Selbstdeutung noch aus der Perspektive der Europäer. Nach dem Großen Türkenkrieg von 1683-99 wird das Osmanische Reich in Europa allerdings immer weniger als Bedrohung wahrgenommen. Es wird zum Opfer zunächst österreichischer und ab den 1730er Jahren russischer Expansion.
(Internationale Konflikte und europäisches Mächtesystem)
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Das expandierende osmanische Reich (Untergang des oströmischen Reiches mit der Eroberung Byzanz' 1453, Höhepunkt unter Sultan Süleyman dem Prächtigen im 16. Jh., schrittweiser Niedergang seit dem ausgehenden 17. Jh.) bedrohte vom 15. bis ins 18. Jh. die südöstliche Flanke des Reiches, d.h. die Territorien der österreichischen Habsburger und damit des Kaisers (Höhepunkt: Belagerung Wiens 1683). Zur militärischen Abwehr dieser Bedrohung war der Kaiser auf finanzielle Unterstützung der Reichsstände angewiesen. Diese "Türkensteuern" konnte er nach frühneuzeitlichem Rechtsverständnis nicht einfach von ihnen erheben, sondern er mußte sie darum bitten; diese Bitte mußte er auf Reichstagen vortragen. Die Reichsstände konnten ihm die Hilfe nicht einfach verweigern; sie konnten sich dafür aber Zugeständnisse machen lassen. Auf diese Weise gelang es etwa den protestantischen Reichsständen auf den Reichstagen der 1520er Jahre, die Durchführung des "Wormser Edikts" gegen Luther immer wieder zu verschleppen.
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(af) Bezeichnung einer indirekten Verbrauchersteuer, v.a. auf Wein. Das Ungeld war zunächst eine städtische Steuer, die aber seit dem 16. Jh. zunehmend auch vom Landesherren erhoben und dann oft als Akzise bezeichnet wurde. Im 17. und 18. Jh. belastete die Akzise als Generalakzise oder Universalakzise eine Vielzahl von Artikeln. Die regelmäßige Erhebung einer landesherrlichen Akzise war eines der entscheidenden Instrumente zur Ausschaltung des ständischen Steuerbewilligungsrechts und der städtischen Selbstverwaltung (v.a. in Preußen). Die Akzise diente aber auch einer steuerpolitischen Trennung von Stadt und Land, da sie an den Stadttoren als Torakzise erhoben wurde.
(Ländliche Gesellschaft)
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(rt) Unterproduktivität wird definiert als eine „geringere Ausnutzung der Tragekapazität einer ökologischen Nische durch die darin Lebenden”
(
Groh, Strategien, 75).
(Ländliche Gesellschaft)
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1714-1767, Schweizerischer Schriftsteller und Diplomat im Dienste der sächsischen Regierung. Sein Hauptwerk "Le droit des gens ou principes de la loi naturelle appliqués à la conduite et aux affaires des nations et des souverains" von 1758 steht in der vernunftrechtlichen Tradition seines Lehrers Christian Wolff. Vattel gilt als der nach Grotius einflussreichste Klassiker des Völkerrechts.
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(tl) Im 14. und 15. Jh. war Verleger Bezeichnung für Kaufleute, die im Ausfuhrhandwerk flandrischer und florentinischer Tuchweber oder Lübecker Bernsteindrechsler tätig waren. Dann (15.-18. Jh.) wurde der Begriff auf Personen ausgeweitet, die für einen in seiner eigenen Wohnung oder Werkstatt tätigen Produzenten die Absatzfunktionen (Markterkundung und -erschließung) übernahmen und teilweise auch dessen produktive Selbstständigkeit beschränkten (wenn der betreffende Produzent für nur einen Verleger tätig war). Im letzteren Fall regelte der Verleger die Produktgestaltung nach den Wünschen seiner Abnehmer, überwachte jedoch nicht die Technologie der Erzeugung.
Das Verlagssystem bestand in drei unterschiedlichen Formen:
In der Form des Lohn- und vor allem des Zwischenmeisterprinzips wurde das Verlagssystem im 18. Jh. in den nördlichen und süd-westlichen Territorien des heiligen römischen Reiches deutscher Nationen, in Sachsen, Thüringen sowie in der nördlichen Schweiz zu einem der wichtigsten Betriebssysteme in der Textil- und Eisenindustrie. Eine Gemeinsamkeit aller drei Erscheinungsformen war, dass sich die verlegten Personen in mehr oder weniger große wirtschaftliche Abhängigkeit ihres Verlegers begaben (insbesondere, wenn sie nur für einen Verleger tätig waren). Für den Verleger hatte das Verlagssystem vor allem zwei Vorteile: den geringen Bedarf an Anlagekapital und die Möglichkeit das Beschäftigungsrisiko vollständig auf die Beschäftigten abzuwälzen.
In den meisten Fällen kamen die Verleger aus Städten (zum Teil sogar aus weit entfernten; zum Beispiel kamen in Schlesien tätige Verleger aus Nürnberg und Hamburg). Sie waren in der Regel Angehörige der
städtischen (adeligen aber zunehmend auch bürgerlichen) Oberschichten und entstammten Familien, die schon vor Aufnahme der Verlegertätigkeit im (Fern-)Handel tätig waren. In Baumwolle produzierenden Regionen (Niederschlesien, Nord-Schweiz, Sachsen) gab es auch ländliche Verleger, allerdings meist nur als zusätzliche Instanz zwischen städtischem Verleger und den Produzenten auf dem Land (etwa indem sie den Transport der hergestellten Güter zum Teil übernahmen). Diese Zwischenverleger kamen meist aus im lokalen Einzelhandel tätigen Familien und waren erheblich kleiner als die städtischen Verleger.
Die Produzenten waren in der Mehrzahl auf dem Land beheimatet. Meist waren sie vorher Handwerksgesellen oder selbstständige Handwerksmeister (insbesondere in den westlichen und südlichen Territorien des Röm-dt. Reiches). Insbesondere in Regionen mit Zwischenverlegersystem rekrutierten sie sich auch aus den
ländlichen Unterschichten (Landlose, zum Teil auch Kleinstbauern). Nur die wenigsten der Meister hatten Gesellen oder bezahlte Beschäftigte, daher war bei fast allen Produzenten Heimarbeit unter Einbeziehung der eigenen Familie die Regel.
Das Verlagssystem nivellierte die Unterschiede zwischen Meistern und Gesellen, indem es erstere zu abhängig Beschäftigten „erniedrigte“ und letztere zu selbstständigen Produzenten „beförderte“. Außerdem beförderte es die Verlagerung von handwerklich tätigen Produzenten von der Stadt aufs Land. Damit stand das Verlagssystem in Widerspruch mit der traditionellen Ordnung der städtischen Zünfte und schwächte diese zum Teil erheblich.
Rainer Gömmel, Die Entwicklung der Wirtschaft im Zeitalter des Merkantilismus (=Enzyklopädie deutscher Geschichte, Bd. 46), München 1998;
Wilfried Reininghaus, Gewerbe in der frühen Neuzeit (=EDG, Bd.
3). München 1990;
R. Sellien/H. Sellien (Hrsg), Gablers Wirtschaftslexikon, Bd. 4. 8. Aufl. Wiesbaden 1971.
(Wirtschaftliche Grundstrukturen und Entwicklungen)
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(rt) Winfried Schulze stellte die These auf, dass seit dem 15. Jh., stärker seit dem Ausgang des Bauernkrieges, Tendenzen zu beobachten sind, den Konflikt zwischen Herrschaft und bäuerlichen Untertanen zu normalisieren und den beteiligten Parteien einen erweiterten rechtlichen Handlungsspielraum zu verschaffen, um bewaffnete Formen der Konfliktlösung zu verhindern. Die Obrigkeit habe im 16. und 17. Jh. immer stärker gerichtliche Konfliktlösungsmechanismen für die Untertanen bereitgestellt und die Untertanen waren vermehrt dazu bereit, den gerichtlichen Weg auch zu beschreiten. Schulze umschrieb diesen Prozess mit dem Terminus „Verrechtlichung sozialer Konflikte“
(
Schulze, Veränderte Bedeutung sozialer Konflikte, 281;
Schulze, Rechte der Menschheit, 45f.;
Schulze, Bäuerlicher Widerstand, 76).
(Ländliche Gesellschaft)
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(rt) Unter kollegial organisierten Verwaltungsbehörden versteht Blickle eine Gruppe von Gemeindemitgliedern, die „Vierer“, „Sechser“ oder „Zwölfer“ oder auch den Rat, die gemeinsam die anstehenden Geschäfte innerhalb der Gemeinde entschieden und Gebote und Verbote erließen.
(Ländliche Gesellschaft)
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(el) Der italienische Seefahrer Amerigo Vespucci (* 1451 in Florenz, gest. 1512 in Sevilla) kam erstmals 1490 nach Sevilla, stand hier u.a. im Dienst des Bankhauses der Medici und war an den Vorbereitungen der zweiten und dritten Fahrt des Columbus beteiligt. Er selbst unternahm nach eigenen Angaben vier Reisen in die „Neue Welt“, von denen aber nur zwei – 1499/1500 zur Nordostküste Südamerikas und 1501/02 zur brasilianischen Küste – tatsächlich belegt sind. Seine ausführlichen Reiseberichte, v.a. der Schilderung der Kultur der indigenen Bevölkerung Amerikas verhalfen ihm zu hohem Ansehen bei den europäischen Humanisten. Im Gegensatz zu Columbus war er überzeugt, dass es sich bei dem erreichten Festland nicht um Indien handele, sondern um einen bisher unbekannten Kontinent, wie er in seinem 1503/04 gedruckten Reisebericht
„Mundus Novus“ darlegt. Bereits in seinem Brief an Lorenzo di Pier Francesco de’Medici, den er 1502 nach seiner Rückkehr nach Lissabon verfasste, beschrieb er die „Neue Welt“.
(
Schmitt, Entdeckungen, 174f.)
(Europäische Expansion)
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(af) Die Verschärfung der konfessionellen Gegensätze im Reich legten immer mehr die Rechtsprechung der Reichsinstitutionen lahm. Der Vierklosterstreit entzweite den so genannten Deputationstag („kleine Reichstage“ zur Beratung nachgeordneter Probleme, bei den Kurfürsten paritätisch besetzt, bei den Fürsten aber kath. Mehrheit).
Der Vierklosterstreit entbrannte um die Säkularisation von vier Klöstern (in der Grafschaft Oettingen, Markgrafschaft Baden-Durlach, Reichsstadt Salzburg, Gebiet des Reichsritters von Hirschhorn). Nach Auffassung der Katholiken widersprach diese Vermögenskonfiskation dem Augsburger Religionsfrieden, für die Protestanten hingegen beinhaltete das ius reformandi ein Zugriffsrecht auf das Kirchengut. Die Frage der Klosteraufhebung wurde vor dem Reichskammergericht ausgetragen. Als das Reichskammergericht die Säkularisierung von Klöstern in besonderen Fällen für unberechtigt erklärte, verließ die Kurpfalz und zwei weitere protestantische Stände den Deputationstag und lösten ihn damit de facto auf.
(Konfessionelles Zeitalter)
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Vertragliche Vereinbarung zwischen einem Wählergremium und dem zu wählenden Amtsträger, worin (in einzelnen "Kapiteln") die Bedingungen festgelegt sind, an die sich der Gewählte zu halten hat und nach denen er seine Herrschaft ausüben soll. Meist wurden in Wahlkapitulationen vor allem die Rechte und Freiheiten des Wählergremiums selbst festgeschrieben. Wahlkapitulationen gab es schon im Mittelalter zwischen Domkapitel und Bischof, seit 1519 (Kaiser Karl V.) auch zwischen Kurfürsten und zu wählendem Kaiser bzw. Römischem König. Die Wahlkapitulationen zählten zu den Grundgesetzen des Reiches; sie wurden von Wahl zu Wahl weiter fortgeschrieben und sicherten die zentralen Mitspracherechte der Reichsstände gegenüber dem Kaiser.
Die Bemühungen der Reichsfürsten, nach dem Westfälischen Frieden eine "Capitulatio perpetua", eine immerwährende Wahlkapitulation und damit so etwas wie eine schriftliche Verfassung des Reiches festzulegen, scheiterte, weil man sich über viele Einzelpunkte nicht einigen konnte und weil vor allem der Kurfürsten die Einbuße ihrer Vorrangstellung befürchteten.
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(af) Wallenstein, Albrecht Wenzel Eusebius von, Herzog von Friedland (seit 1625) und Mecklenburg (seit 1629),
* Hermanitz 24. 9. 1583, † (ermordet) Eger 25. 2. 1634;
seit 1604 im militärischen Dienst der Habsburger, seit 1620 Militärbefehlshaber in Nordböhmen, 1621 Mitglied des Wiener Hofkriegsrats. 1622 zum
„Gubernator des Königreichs Böhmen“ ernannt, zeichnete Wallenstein für die Militärverwaltung des Landes verantwortlich und damit für die Konfiskation der Güter der vertriebenen Aufständischen.
1623 heiratete er die Tochter von K. Graf von Harrach, einem der engsten Vertrauten des Kaisers, und wurde in den Reichsfürstenstand erhoben.
1625 beim Einmarsch Christians IV. von Dänemarks bot Wallenstein auf eigene Kosten ein Heer auf und wird zum „oberstkommandierenden“ General
(„Generalissismus“) ernannt. Zusammen mit den Truppen der Liga unter Tilly konnte er den dänischen Vormarsch aufhalten. Im von Wallenstein mit Christian IV. ausgehandelten Verständigungsfrieden von Lübeck (22. 5. 1629) erreichte die Macht des Kaisers ihren Höhepunkt. Aufgrund seiner eigenen und der kaiserlichen Machtfülle stieß Wallenstein zunehmend auf Kritik. Die in Opposition stehenden Reichsfürsten um Maximilian I. von Bayern erzwangen auf dem Regensburger Kurfürstentag (1630) die Absetzung Wallensteins.
Zur gleichen Zeit landete der schwedische König Gustav II. Adolf auf Usedom. Sein Vormarsch, die Niederlagen Tillys und die Eroberung nahezu ganz Deutschlands durch die Schweden zwangen den Kaiser, Wallenstein um erneute Aufstellung einer Armee und die Übernahme des Kommandos zu bitten. Wallenstein willigte ein und erhielt 1632 unbeschränkte Vollmacht für Kriegführung und Friedensverhandlungen. Im Frühjahr 1632 manövrierte er 1632 Gustav Adolf aus Bayern heraus und traf am 16. 11. mit dem König erneut in der Schlacht bei Lützen zusammen, in der Gustav Adolf sein Leben verlor. Das Jahr 1633 wurde von den Versuchen Wallensteins bestimmt, teils durch seine militärische Überlegenheit, teils durch Friedensgespräche (v. a. mit Sachsen) die Basis eines allgemeinen Reichsfriedens zu schaffen und die fremden Mächte aus Deutschland hinauszudrängen.
Nach dem Tod Gustav Adolfs gewannen die Gegner Wallensteins beim Kaiser wieder die Oberhand. 1634 entschloß sich Kaiser Ferdinand II., Wallenstein erneut abzusetzen (Absetzungspatente vom 24. 1. und 18. 2.). Ausschlaggebend war die Unterstellung eines geplanten Hochverrats. Nach der Ächtung (ohne förmliche Verhängung der Reichsacht) fielen fast alle Offiziere von Wallenstein ab. Er wurde am 25. 2. 1634 in Eger ermordet.
(Dreißigjährige Krieg)
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Albrecht Wenzel Eusebius von Wallenstein 1583-1634, mährischer Adeliger und kaiserlicher General im Dreißigjährigen Krieg ( Politische Ereignisse und Entwicklungen 3 Dreißigjähriger Krieg und Westfälischer Friede). Durch seine Konversion zum Katholizismus nähert er sich dem Kaiserhaus an. Durch Heirat kommt er zu Reichtum und Einfluss. Im Dreißigjährigen Krieg stellt er im Auftrag des Kaisers in eigener Verantwortung Truppen auf und wird zum erfolgreichsten Heerführer der kaiserlichen Sache. Er steigt bis zum Herzog von Mecklenburg auf und erwirbt ein riesiges Vermögen. Konflikte mit dem Kaiser und den Reichsständen und Zweifel des Hofes an seiner Loyalität führen 1630 zu seiner Abberufung. 1632 zurückgerufen wird er schließlich 1634 in kaiserlichem Auftrag ermordet.
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(af) Für dieses binäre Herrschaftsverständnis wurde oft die Definitionen von Max Weber herangezogen: Max Weber bezeichnet als Herrschaft „die Chance, für einen Befehl bestimmten Inhalts bei angebbaren Personen Gehorsam zu finden“. Dies grenzt er ab von dem Begriff der Macht, also jeder „Chance innerhalb einer sozialen Beziehung den eigenen Willen auch gegen Widerstreben durchzusetzen, gleichviel worauf diese Chancen beruhen“.
(
Weber, Wirtschaft und Gesellschaft, 28).
Weber selbst sah „Herrschaft“ allerdings trotz dieser Definitionen nicht rein binär, vgl. dafür seinen Idealtyp „traditionaler Herrschaft“
(
Weber, Typen, 478-481).
(Ländliche Gesellschaft)
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(ml) Ein Wechsel ist eine Schuldurkunde, in der der Aussteller verspricht oder einen Dritten anweist, an einem bestimmten Ort zu einem bestimmten Zeitpunkt eine bestimmte Geldsumme an eine bestimmte Person zu zahlen.
Wechsel entstanden im Mittelalter zunächst in Oberitalien und boten Händlern die Möglichkeit, Geld risikoloser und bequemer über weite Strecken zu transportieren als in bar. Die Kaufleute zahlten dazu bei einem Geldwechsler einen bestimmten Betrag ein und erhielten eine Urkunde, die die Anweisung an einen bestimmten Geldwechsler der Zielortes enthielt, die angegebene Summe (auch in anderer Währung) auszuzahlen.
Zunehmend dienten Wechsel auch als Kredit- und Zahlungsmittel, bei dem nicht mehr der räumliche Transport von Geld, sondern die intertemporale Komponente im Vordergrund stand.
(Wirtschaftliche Grundstrukturen und Entwicklungen)
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Für die Zeit nach 1740 werden die europäischen Großmächte in der Forschung oft in West- und Ostmächte aufgeteilt. Die Westmächte sind Großbritannien, Frankreich und Spanien. Die Ostmächte sind Österreich, Russland und Preußen.
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(af) Diese Formen ländlicher Rechtsquellen sind in ihrer Form wie auch in ihrem Inhalt sehr unterschiedlich. Vor allem die Unterscheidung zwischen Dorfordnung und Weistum ist in der Forschung umstritten.
Teile der historischen Forschung gehen davon aus, dass in den Weistümern das bäuerliche und genossenschaftliche Element stärker war und in den Dorfordnungen das herrschaftliche
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Endres, Rechtsquellen, 163), auch Dietmar Willoweit sieht die alten Weistümer durch landesherrschaftliche Reglementierung in Form von Dorfordnungen vom 16. Jh. bis ins frühe 18. Jh. verdrängt
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Willoweit, Verfassungsgeschichte, 175). Demnach wäre den Weistümern gemeinsam, dass sie durch eine Weisung zustande kamen, also durch die Auskunft rechtskundiger Personen über einen bestehenden Rechtszustand oder geltendes Gewohnheitsrecht. Diese Weisung erfolgte zumeist durch eine hierzu einberufene Versammlung.
Andere Historiker sehen aber die Unterscheidung nach genossenschaftlichem oder herrschaftlichem Ursprung als unfruchtbar an und betonen einen rein terminologischen Unterschied: Weistümer behandelten Herrenrechte und Herrengerechtigkeit während Dorfordnungen eher Fragen der Gemeindewirtschaft und der innergemeindlichen Organisation behandelten
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Brakensiek, Rheinheimer;
Rheinheimer, Dorfordnungen, Bd.1).
(Ländliche Gesellschaft)
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(ml) Den Mittelpunkt der Wucherlehre bildet das kirchliche Zinsverbot, das bereits seit der Spätantike entstand und zweifache Wurzeln hat: Zum einen lehnen verschiedene Stellen im Alten Testament Kreditverzinsung als Ausbeutung von Bedürftigen ab, zum anderen besteht eine naturrechtliche Tradition seit der Antike, die die Vorstellung, das Tauschmedium Geld könne selbst Früchte (Zins) hervorbringen, als widernatürlich verwarf. Dementsprechend betraf das von den Kirchenvätern gefolgerte Zinsverbot nur den monetären Bereich, d.h. alle über die verliehene Summe hinaus zurückgezahlten Beträge. Pacht-, Leih- und Mietzinsen für fruchttragende Güter (z.B. Böden, Weinberge, etc.) fielen nicht unter das Zinsverbot.
Neben dem im Geldverleih auftretenden Wucher wurde auch derjenige verurteilt, der aus überhöhten Preisen entstand. Dahinter stand ein ebenfalls aus der Antike überliefertes Misstrauen gegen jede Art von Gewinn, der nicht in der Produktion, sondern im Handel erzielt wurde, insbesondere die Vorstellung, jedes Gut könne nur einen „gerechten Preis“ (pretium iustum) haben, von dem abzuweichen Ungerechtigkeit gegen Verkaufenden (Zwang zu zu niedrigem Preis) oder Käufer (zu hoher Preis) implizierte.
H.-J. Gilomen, Wucher, in: LexMA. Bd. 9, München/Zürich 1998, 342-346.
(Wirtschaftliche Grundstrukturen und Entwicklungen)
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(rt) Bezeichnung für eine ganz oder teilweise verlassene Siedlung (totale oder partielle Ortswüstung) und für aufgegebenes, ehemalig landwirtschaftlich genutztes Areal (totale oder partielle Flurwüstung). Die Kombination von Orts- und Flurwüstung bezeichnet man als Totalwüstung. Bei Wiederbesiedlung oder Wiederbewirtschaftung spricht man von temporären Orts- und Flurwüstungen. Die meisten Wüstungen entstanden in der Zeit vom Ende des 14. bis zur Mitte des 15. Jh.s: In Deutschland (in etwa in den Grenzen von 1914) sollen von 170.000 Siedlungen in der Mitte des 14. Jh.s etwa 40.000 eingegangen sein. Hauptsächlich hervorgerufen wurden diese Wüstungen durch die Bevölkerungsverluste infolge von Pestwellen im 14. Jh., deren letzte in den 80er Jahren des 14. Jh.s endete. Dies schließt nicht aus, dass teilweise eine Kombination von Ursachen vorgelegen hat, zumal ein Teil der Wüstungen des Mittelalters bereits in die Zeit vor der Pestwelle der 80er Jahre des 14. Jh.s einzuordnen ist. Mit den Ursachen befasst sich neben der Aufdeckung der Wüstungen und Rückschlüssen auf Prozesse der Siedlungsgenese und Wirtschaftsgeschichte sowie auf die frühere Ausdehnung des Kulturlandes die Wüstungsforschung, die folgende Theorien in Bezug auf die Wüstungsursachen formulierte.
Henning, Agrargeschichte, 285-292, zur Marxistischen Krise des Feudalismus: 294-311;
Abel, Landwirtschaft, 103-109.
(Ländliche Gesellschaft)
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auf dem Reichstag von Worms 1521 über M. Luther verhängtes Edikt, das das Datum (8.5.) seiner Billigung durch Kaiser Karl V. trägt, aber erst am 26.5. von den nicht mehr vollzählig anwesenden Reichsständen gebilligt und vom Kaiser unterzeichnet wurde. Trotz Verhängung der Reichsacht über Luther und des Verbots von Lektüre und Verbreitung seiner Schriften vermochte das Wormser Edikt, das auf dem Reichstag von Nürnberg (1524) seine Anerkennung als Reichsgesetz fand, der Ausbreitung der Reformation nicht wirkungsvoll entgegenzutreten.
Brockhaus - Die Enzyklopädie: in 24 Bänden.
Quelle: Die Reichsacht gegen Luther und seine Anhänger: Das Wormser Edikt 1521
(Reformation)
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(af) (Decem, Decima, Dezem) etwa seit dem 5. Jh. in Anlehnung an das alttestamentliche Zehntgebot von der Kirche geforderte Vermögensabgabe der Laien zum Unterhalt des Klerus. Die meist jährlich wiederkehrenden Abgaben waren anfänglich vom Gesamtvermögen aufzubringen, bezogen sich aber schon bald nur noch auf die Erträge des Grundbesitzes und betrugen meist weniger als den zehnten Teil.
Seit 818/819 hielten vielfach weltliche Grundherren als Inhaber von Eigenkirchen Zehntrechte, ferner kam der Zehnt durch Belehnung, Verpfändung u.ä. in Laienbesitz. Die Abgaben, ursprünglich Naturalien, wurden unterschieden in Feldzehnt (Fruchtzehnt), meist Getreide, Wein, Garten- und Baumfrüchte, und Blutzehnt (Fleisch- oder Viehzehnt), Tier und Tierprodukte. Seit dem 13. Jh. wurden auch Geldabgaben üblich. Mit der Bauernbefreiung im 19. Jh. wurde der Zehnt aufgehoben beziehungsweise für ablösbar erklärt (u.a. preußisches Ablösungsgesetz von 1850).
(Ländliche Gesellschaft)
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(ms) Unter dem „Großen Zehnt“ sind prozentuale Abgaben vom Rohertrag an Getreide und Wein an den adeligen Grundherren zu verstehen. Der „Kleine Zehnt“ dehnt die Abgabepflicht auf andere Produkte wie Kartoffeln oder Klee aus. Während die Pflicht, den Großen Zehnt zu leisten, weitgehend unstrittig war, kam es in Belangen des Kleinen Zehnt öfter zu Widerständen seitens der Bauernschaft.
(Ländliche Gesellschaft)
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(cs) Die Zentralortetheorie geht auf den Geographen Walter Christaller
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Christaller, Orte) zurück und wurde in der Folge von der historischen Zentralitätsforschung aufgegriffen
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Mitterauer, Probleme;
Blotevogel, Zentrale Orte). Grundsätzlich geht diese Theorie davon aus, dass Städte als Zentrale Orte bestimmte Dienstleistungen ökonomischer, administrativer, infrastruktureller, medizinischer oder kultureller Art für eine bestimmte, in den meisten Fällen der umliegenden Region, zur Verfügung stellen.
Hohenberg/Lees (
Hohenberg/Lees, urban Europe) haben die Theorie in Richtung eines Netzwerk-Modells abgewandelt. Städte werden dabei in ihrer Funktion für Fernhandelsnetze betrachtet.
(Städtische Gesellschaft)
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(rt) Gruppen des 19. und 20. Jh. machten nach Tilly Gruppenansprüche geltend, die zuvor noch nicht erhoben wurden. Diese forderten sie in Streiks oder Demonstrationen.
(Ländliche Gesellschaft)
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(af) Den Begriff der „Zweiten Reformation“ prägte Heinz Schilling für den Konfessionswechsel zum Reformiertentum als Fürstenreformation. Die Zweite Reformation knüpft an oberdeutsche Traditionen an und verbindet sie mit calvinistischen Ideen. Der Begriff ist aber nicht unumstritten, der Begriff der reformierten Konfessionalisierung wird meist bevorzugt. Sie beansprucht, die Reform der Lehre, wie sie die lutherische Reformation bewirkt hatte, durch eine Reform des Lebens zu vollenden (Betonung der Sittenzucht), dringt auf eine radikalere Ausmerzung altkirchlicher Relikte. Außerdem führt sie zu einer Intellektualisierung des Glaubens, getragen von einer Beamten- und Bildungselite gegen den Widerstand in der Bevölkerung.
Harm Klueting, Gab es eine „Zweite Reformation“? Ein Beitrag zur Terminologie des Konfessionellen Zeitalters, in: GWU 38, 1987,
261-279.
(Konfessionelles Zeitalter)
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Der Krieg Schwedens gegen eine Koalition aus Dänemark, Brandenburg-Preußen, Sachsen-Polen und Russland endet mit einer schweren Niederlage Schwedens. Damit ist Schwedens Rolle als Vormacht im Ostseeraum beendet, statt dessen steigt Russland zur Großmacht auf.
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1.1.1484 | geboren in Wildhaus, Toggenburg; |
1498 | Beginn des Studiums in Wien; |
1502-06 | Ausbildung in Basel im Geist der via antiqua; |
1506 | Priesterweihe; |
1506-16 | Pfarrer in Glarus; |
seit 1514/15 | starker Einfluss des Humanisten Erasmus von Rotterdam; |
1516-18 | Leutpriester in Einsiedeln; |
1518 | Wahl zum Leutpriester des Großmünsters zu Zürich; |
1519/1520 | Annäherung an Luthers Lehre; |
1523 |
Zürcher Disputationen: Der Rat der Stadt Zürich entschied positiv über Zwinglis 67 Thesen → erster Durchbruch der Reformation in der Schweiz; |
1524 | heimliche Heirat mit der Witwe Anna Reinhard; |
1225 | Veröffentlichung „De vera et falsa religione Commentarius“; |
seit 1525 | Konflikt mit Luther über die Abendmahlfrage; |
1526 |
Badener Disputation: Verurteilung Zwinglis, der versuchte, die Reformation auf die übrige Schweiz auszudehnen; |
1528 | Disputation in Bern: Durchsetzung seiner Lehre in Bern; |
11.10.1531 | gestorben im zweiten Krieg von Kappel als Feldprediger; |
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© 2003 by Barbara Stollberg-Rilinger • mail: fnz.online@uni-muenster.de |