Erster Workshop zum neuen Forschungsschwerpunkt "Ethik und Psychologie"

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Am 6. Februar 2018 fand am Seminar für Moraltheologie der Katholisch-Theologischen Fakultät der Universität Münster ein Workshop zum Thema „Ethik und Psychologie“ statt. 17 Expertinnen und Experten aus Ethik, Psychologie, Theologie, Philosophie und Recht waren für den ersten Workshop, dem offiziellen Startschuss des neuen Forschungsschwerpunkts „Ethik und Psychologie“ von Prof. Dr. Monika Bobbert, in Münster zusammen gekommen.

Die Veranstaltung stand im Zusammenhang mit einem geplanten Handbuch, das von Prof. Dr. Bobbert, Seminar für Moraltheologie in Münster, und Herrn Prof. Dr. Jochen Sautermeister, Moraltheologisches Seminar in Bonn, herausgegeben werden wird. Dieses Handbuch soll die für beide Disziplinen relevanten Konzepte und Begriffe enthalten, diese aus ethischer sowie psychologischer Perspektive beleuchten und Gemeinsamkeiten und Unterschiede aufzeigen. Es richtet sich an Wissenschaftler(innen) aus der angewandten Ethik und der Psychologie sowie an Praktiker(innen) in Schule, ethischer und psychologischer Beratung, Rechtsprechung und Verwaltung.

Die Expertinnen und Experten des Workshops traten daher in einen ersten interdisziplinären Austausch über  Begriffe, die für die Disziplinen Ethik und Psychologie grundlegend sind:  Am Vormittag, der dem Grundbegriff „Moral“ gewidmet war, trugen Dr. Jos Philips (Department of Philosophy and Religious Studies der Universität Utrecht) und Dr. Horst Heidbrink (Institut für Psychologie der Fernuniversität Hagen) vor. In Bezug auf den Begriff Moral kam gleich zu Anfang die Frage auf, inwieweit sich die Psychologie, sofern sie empirisch arbeitet, mit der Klärung von Begriffen und Konzepten befassen müsse. Am Nachmittag gaben Prof Dr. Iring Koch (Institut für Psychologie der RWTH Aachen) und PD Dr. Martin Hoffmann (Philosophisches Seminar der Universität Hamburg) mit ihren Ausführungen zum Begriff „Handeln“ weitere Impulse für die Frage nach Gemeinsamkeiten und Unterschieden der beiden Disziplinen. Beim Begriff Handeln war allen gemeinsam das Bemühen um die Unterscheidung von Verhalten und Handeln und die Problematisierung der Willensfreiheit.

Ziel des neuen Forschungsschwerpunkts ist es,  den Abstand zwischen angewandter Ethik und ethisch relevanten Feldern der Psychologie zu verringern. Während es in anderen Fachbereichen durchaus üblich ist, psychologische Erkenntnisse für die eigene Arbeit fruchtbar zu machen, kommt es bislang eher selten vor, dass die Ethik die Psychologie befragt – zu unterschiedlich scheinen die jeweiligen Begriffe, Theorien und Methoden, zu fremd scheinen sich die beiden Fachkulturen. Gleichwohl befassen sich beide Disziplinen mit dem Menschen und seinem Handeln. Und beide sind sich einig darin, dass Können und Nicht-Können von Menschen oder Institutionen mit ihren Regeln und Praktiken nach einer Erklärung verlangen.

Die Psychologie mit ihren speziellen Teilbereichen kann der Ethik, vor allem aber der angewandtem Ethik zahlreiche Erkenntnisse und Konzepte bieten: So erforscht beispielsweise die allgemeine Psychologie moralrelevante Handlungsvoraussetzungen wie Situationswahrnehmung, Motivationen und Entscheidungsprozesse, die Entwicklungspsychologie untersucht Veränderungen im Laufe des Lebens (z.B. Perspektivenübernahme, kritisches Denken) und  die Persönlichkeitspsychologie fragt nach moralischer Identität, Gewissen und interindividuellen Unterschieden etwa im Hinblick auf  Wertüberzeugungen.

Gleichzeitig beruhen in der Psychologie zahlreiche Konzepte auf moralischen Wertungen – wenn etwa die Sozialpsychologie non-konformes oder altruistisches  Verhalten beforscht. Außerdem befasst sich die Psychologie mit ethisch relevanten Phänomenen, etwa der Frage, ob und wenn ja, inwieweit ein Mensch zur Selbstbestimmung fähig ist, ob er seine Affekte kontrollieren und eine Situation angemessen beurteilen kann. Da eine ethische Reflexion die Explikation und Kritik von Voraussetzungen beinhaltet, kann die Psychologie daraus gegebenenfalls Impulse für die Selbstaufklärung impliziter Vorannahmen und Wertungen gewinnen und daraus z.B. in empirischen Studien methodische Konsequenzen ziehen.

Der zweite Workshop, der sich den Begriffsfeldern „Glück/Sinn/Lebensqualität“ und „Subjekt/ Identität“ widmet, wird am 6. Juli 2018 in Bonn am Moraltheologischen Seminar von Prof. Dr. Dr. Sautermeister stattfinden. Ein dritter Workshop wird am 05. Februar 2019 wieder am Seminar für Moraltheologie in Münster stattfinden, dann zu den Begriffen „Wille/Willensbildung“ und „Norm“.