https://www.uni-muenster.de/Ejournals/index.php/zts/issue/feed Zeitschrift für Theoretische Soziologie 2025-07-10T16:00:05+02:00 Zeitschrift für Theoretische Soziologie (ZTS) zts@uni-muenster.de Open Journal Systems <p>Die <em>Zeitschrift für Theoretische Soziologie</em> (ZTS) ist eine soziologische Fachzeitschrift, die sich ausdrücklich als ein Forum für die soziologische Theoriediskussion versteht. Ziel der ZTS ist es, die wissenschaftlichen Diskussionen zwischen unterschiedlichen Theorierichtungen wie auch allgemein den Austausch zwischen theoretischer und methodologischer Grundlagenforschung, zwischen methodischen Reflexionen und Verfahren und den vielfältigen empirischen Forschungsprogrammen und Spezialdisziplinen der Soziologie zu fördern.</p> https://www.uni-muenster.de/Ejournals/index.php/zts/article/view/8754 Ausdifferenzierung, Symbole und die gesellschaftliche Virulenz der Religion 2025-07-10T12:06:42+02:00 Rafael Walthert rafael.walthert@uzh.ch <p>Mit Verwunderung, Befremdung und Spott reagierte Philip Rieff 1972 auf seine soziologischen Kollegen, die sich auf Einladung der Agnelli Foundation und des Vatikans in Rom über den Zustand und die Zukunft der Religion austauschten. Diese Kollegen waren die Crème de la Crème der damaligen Religionssoziologie: Peter L. Berger, Thomas Luckmann, Charles Y. Glock, Robert Bellah, Bryan Wilson, Thomas O’Dea und sogar Talcott Parsons war dabei. Rieff war weder anwesend noch Religionssoziologe – letzteres machte er in seiner Rezension zum Tagungsband (vgl. Rieff 1972, Caporale/Grumelli 1971) deutlich: In unverhohlen ironischem Ton hob er hervor, dass er sich auf die Beziehungen der Religionssoziologen zu ihrem Gegenstand, der Religion, keinen Reim machen konnte. Symbole und Glaubensvorstellungen stünden im Zentrum, weltliche Faktoren dagegen würden vernachlässigt. Ob diese Symbole analysiert, vertreten oder gar weiterentwickelt werden, war ihm nicht klar, was ihn zu der Vermutung führte, die Religionssoziologen stünden eher in Verwandtschaft zu Theologie und Kirche als zum Rest der Soziologie und frönten sogar ihrer eigenen Religion. Dass die versammelten Neoklassiker der Religionssoziologie für manche Vertreter ihrer Mutterdisziplin in solcher Unverständlichkeit operierten, tut anhaltend weh. Als Religionssoziologe stellt man sich die bange Frage, ob eine Neuauflage eines solchen bindestrichsoziologischen Schaulaufens ähnlich beurteilt würde. Biographische Gründe gaben den Ausschlag dafür, dass Volkhard Krech nicht nach Rom geladen wurde. Heute, 50 Jahre später, sähe das anders aus. Mit der Publikation von Die Evolution der Religion (Krech 2021) gibt er der Religionssoziologie eine neue Grundlage, die hier anhand der drei Themenbereiche diskutiert werden soll, die bei Rieff für Verwirrung sorgten: Erstens: Wie versteht die Religionssoziologie ihren Gegenstand Religion und wie gestaltet sich daraus ihre Beziehung zum Rest der Disziplin? Zweitens: Welchen Stellenwert <br>haben die religiösen Symbole und ihre Bedeutungen, und inwiefern sind die Bedeutungen soziologisch relevant? Drittens: Was kann die Religionssoziologie nach der Rekonstruktion ihres Gegenstandes als innerhalb der Gesellschaft ausdifferenzierten Bereich zum Verständnis der Gesellschaft insgesamt beitragen?</p> 2025-07-10T00:00:00+02:00 Copyright (c) 2025 Zeitschrift für Theoretische Soziologie https://www.uni-muenster.de/Ejournals/index.php/zts/article/view/8755 Ist Religion gesellschaftlich wirklich unhintergehbar? 2025-07-10T12:47:15+02:00 Monika Wohlrab-Sahr wohlrab@uni-leipzig.de <p>Volkhard Krech entfaltet am Beispiel der Evolution von Religion einen beeindruckenden soziologischen Grundriss. Beeindruckend in der theoretischen Geschlossenheit, mit der er ein auf Systemtheorie und Semiotik basierendes Modell von Anfang bis Ende durchspielt. Beeindruckend aber auch im Reichtum archäologischer, anthropologischer und religionshistorischer Bezüge, mit denen er das Modell auf Religion, ihre Potenziale und deren Entfaltung bezieht. Und beeindruckend schließlich in dem Mut – oder vielleicht besser: der Chuzpe – mit der er ein Buch schreibt, das die Evolution der Religion noch vor ihre Anfänge – also zu ihrem Potenzial vor ihrer Entfaltung – zurückverfolgt, fast bis hinein in die Gegenwart. Dies erinnert an Luckmanns (Luckmann 1991) – dabei an Schütz anschließenden – Vorschlag, Religion aus der Fähigkeit des Menschen, das hier und jetzt zu transzendieren, zu begründen. Auch dort ging es um das Potenzial des Menschen, Religion zu entwerfen, weil er immer schon einen Blick über sich selbst hinauswerfen kann. Was ist hinter der Tür? Wie geht es dort weiter? Was war gestern und wie wird oder könnte es morgen sein? Soziologen wagen solche großen Entwürfe seit Weber kaum noch, wenn sie sie nicht gar verwerflich oder allzu spekulativ finden, und viele Religionswissenschaftler dürften den systematischen Zugriff wohl als Übersystematisierung empfinden. Aber: Gibt es nicht genügend Forschungsliteratur, in der eng geschnürte Thesen anhand von Daten, die in ihrer Aussagekraft extrem reduziert sind, begründet werden? Manche nennen dies euphemistisch ›elegante‹ Theoriebildung. An großen Entwürfen, die den Blick über das Hier und Jetzt hinaus öffnen und gerade darin nicht nur den historischen, sondern auch den Denkhorizont öffnen, mangelt es. Volkhard Krech hat es gewagt und sich damit angreifbar gemacht. Deshalb: Chuzpe. Und deshalb: Chapeau! Man kann nur ahnen, was in den angekündigten drei weiteren Bänden folgen wird, zu denen das vorliegende Buch eine »kurze und kompakte Fassung« sein soll, die »wo immer möglich auf überflüssigen Theoriejargon« (Krech 2021: 13) verzichtet, wie es in <br>der Vormerkung heißt. Aber man lasse sich nicht täuschen: Es ist ein durch und durch theoretisches und auch theoriesprachlich verfasstes Buch, aber dadurch, dass es reich ist an historischem Material aller Art, seien es Texte oder Bilder, ist es lesbar für alle an Religion und an Systemtheorie Interessierten. So muss man das Publikum wohl charakterisieren – aber auch einschränken.<br>Weil das Buch eine hohe Geschlossenheit aufweist, die die Entwicklung religiöser Phänomene als Evolution systematisiert und damit auch in gewisser Weise als solche konstruiert, und das zudem durch seine Materialkenntnis besticht, fällt es nicht leicht, einen kritischen Zugang zu finden. Ich will mich im Folgenden auf vier Punkte begrenzen. Der erste hat etwas mit dem Anschluss an vorliegende Theorierichtungen und Forschungen zu tun. Der zweite bezieht sich auf den von der Systemtheorie ererbten Funktionalismus, insbesondere auf die Bestimmung der gesellschaftlichen Funktion von Religion. Beim dritten Punkt geht es um die handlungstheoretische Erweiterung der Systemtheorie in der jüngeren Zeit und damit auch um die Frage nach Ursachen. Und der vierte Punkt schließlich bezieht sich auf die Bedeutung von Personen – oder besser vielleicht: von Individuen – im Rahmen der religiösen Evolution.</p> 2025-07-10T00:00:00+02:00 Copyright (c) 2025 Zeitschrift für Theoretische Soziologie https://www.uni-muenster.de/Ejournals/index.php/zts/article/view/8756 Evolution am Beispiel der Religion – oder Religion als evolutionäres Faktum? 2025-07-10T12:58:58+02:00 Joachim Renn j.renn@uni-muenster.de <p>Die folgenden Überlegungen zu Volkhard Krechs gewaltiger Arbeit zur Evolution der Religion sind nicht aufgrund besonderer Interessen und Kompetenzen in Sachen Religion geschrieben. Sie geben vielmehr dem Drang nach, einen bemerkenswerten Beitrag zur soziologischen Rezeption der Evolutionstheorie genauer zu verstehen. Gerade das macht allerdings einige Anmerkungen zur Konjunktur des Religiösen erforderlich: Denn der Vorrang meines Interesses an Fragen der Evolution bedeutet natürlich nicht, dass das Thema Religion als der Fokus, als der sachliche Bezugsbereich des Werkes von Volkhard Krech austauschbar oder irrelevant wäre – auch dann nicht, wenn die Arbeit selbst eben dies suggerierte, d. h., wenn die Analyse des theoretischen Entwurfs offenbarte, dass die vorgelegte Theorie vom ›Objekt‹ unabhängig gebildet, an dieses herangetragen und also durch die etwaige Auswechslung des empirischen Referenzfeldes nicht zur Revision gebracht würde (weil also z. B. der ›Anteil‹ und die Form evolutionärer Dynamik in jeder sozialen Sinn-Sphäre ›a priori‹ gleich ausfallen müsste). Dass sich die von <br>Krech vorgelegt Evolutionstheorie hier nun aber doch an der Religion konkretisieren und bewähren will, motiviert deshalb mindestens die Rückfrage, woraus die Vitalität ausgerechnet religionssoziologischer Arbeit zu erklären ist. Eine Vitalität, die dazu führt, dass – abgesehen von einer ebenfalls breit angelegten, aber vornehmlich wissenschaftshistorischen Arbeit (Renn, Jü 2022) und von eher ›soziobiologischen‹ Gesamtdarstellungen naturalistischer Art (z. B.: Boyd/Richerson 2005) – in jüngerer Zeit die wirklich dringende Auseinandersetzung der Soziologie und anderer ›Kulturwissenschaften‹ mit der Evolutionstheorie ausgerechnet an der Religion laboriert.</p> 2025-07-10T00:00:00+02:00 Copyright (c) 2025 Zeitschrift für Theoretische Soziologie https://www.uni-muenster.de/Ejournals/index.php/zts/article/view/8757 Was steckt hinter (religiösen) Zeichen? 2025-07-10T13:07:39+02:00 Volkhard Krech volkhard.krech@rub.de <p>Für eine zweite Runde haben sich Joachim Renn, Rafael Walthert und Monika Wohlrab-Sahr bereiterklärt, Précis (Krech 2023) und Buch (Krech 2021; im Folgenden Grundriss genannt und als RE zitiert) zu kommentieren. Dafür danke ich der Kollegin und den Kollegen. Mit der zweiten Replik antworte ich auf die Kommentare erneut nicht jeweils gesondert, sondern entlang ausgewählter Themen, die in den Kommentaren behandelt werden.</p> 2025-07-10T00:00:00+02:00 Copyright (c) 2025 Zeitschrift für Theoretische Soziologie https://www.uni-muenster.de/Ejournals/index.php/zts/article/view/8764 Kein Anschluss unter dieser Nummer? 2025-07-10T15:49:38+02:00 Jasmin Siri jasmin.siri@soziologie.uni-muenchen.de <p>Stäheli zeichnet in diesem Buch eine Dialektik von Ver- und Entnetzung nach, die diskursiv gerne genutzte Antagonismen wie Humanität vs. Technologie, ›gute‹/normale vs. ›schlechte‹/überbordende Vernetzung oder Vernetzung vs. Abbruch jeder Kommunikation auf ihre praktische Relevanz hin befragt. Konnektivität wird als erfolgreiche Ideologie westlicher Gesellschaften (und einiger ihrer Theorien) offenbar, in der Entnetzung vor allem als Störung, Mangel oder Gegenreaktion thematisiert wird. Und doch: selbst »Theorien, die von einem starken Konnektivitätsbias geprägt sind, stoßen an ihren Rändern auf das Problem der Entnetzung.« (319) Diese Ränder lotet das Buch mittels theoretischer und empirischer Fallstudien aus, die in einer fein gliedrigen theoretischen Interpretation zusammengebunden werden.</p> 2025-07-10T00:00:00+02:00 Copyright (c) 2025 Zeitschrift für Theoretische Soziologie https://www.uni-muenster.de/Ejournals/index.php/zts/article/view/8758 Affektivität als Herausforderung für die soziologische Theorie 2025-07-10T14:46:09+02:00 Sarah Mönkeberg moenkeberg@uni-kassel.de Moritz von Stetten vonStetten@em.uni-frankfurt.de <p>Wir freuen uns, in der vorliegenden Ausgabe der ZTS in den zweiten Teil des Themenschwerpunktes »Affektivität als Herausforderung für die soziologische Theorie« einleiten zu dürfen, mit dem wir an die Diskussionen des Verhältnisses von Affektivität und soziologischer Theoriebildung in der Ausgabe 2/2023 anschließen. Der Themenschwerpunkt adressiert die gesellschaftliche, ästhetische und politische Wirkkraft von Theorien, die jenseits ihrer systematisch-argumentativen Bedeutung zu jeder Zeit mitberücksichtigt werden sollte. Wir fassen Affektivität daher nicht nur als ein Phänomen oder Problem, auf das soziologische Theorien mit Begriffsarbeit und Argumentationsschärfung zu reagieren hätten. Die Affektivität soziologischer Theorien betrifft deren umfassende Wirkung, sprachlich-stilistische Form, genealogische Verwurzelung, gesellschaftliche Rezeption und politische Wandelbarkeit.</p> 2025-07-10T00:00:00+02:00 Copyright (c) 2025 Zeitschrift für Theoretische Soziologie https://www.uni-muenster.de/Ejournals/index.php/zts/article/view/8759 Antimoderne Narrative in vitalistischen Affekttheorien 2025-07-10T14:54:07+02:00 Christian Helge Peters christian-helge.peters@soziologie.uni-halle.de <p>In dem Artikel werden das gegenwärtige und oftmals affirmative Verständnis sowie der theoriepolitische Einsatz von körperlich-intensiven Prozessen in vitalistischen Affekttheorien problematisiert, indem eine historisch-genealogische Perspektive eingenommen wird. Hierbei bilden antimoderne Ansätze der sogenannten »konservativen Revolution« von Oswald Spengler und Ernst Jünger, die produktive und vitale körperliche Kräfte zum Verständnis der Gesellschaft hervorheben, den Ausgang. Den zu dieser Zeit entwickelten Narrativen des Affekts wird in gegenwärtigen Affekttheorien von Brian Massumi und Elizabeth Grosz nachgegangen, um bisher unbeachtete Verbindungen und Verschiebungen in den Narrativen von Massumi und Grosz offenzulegen. Anhand dieser Autor*innen wird die Funktion von Affektnarrativen sowie affektiven Argumentationsstrategien in Theorien untersucht. Ziel ist es, antimodernen Narrativen des Affekts nachzugehen, die Kontinuitäten und Ähnlichkeiten zwischen konservativer Revolution einerseits und dem vitalistischen Strang zeitgenössischer Affekttheorien andererseits aufzeigen. Verbindendes Moment beider Strömungen ist das über Friedrich Nietzsche vermittelte Narrativ, demzufolge die Gesellschaft auf ursprünglichen, schöpferischen und körperlichen Kräften, insbesondere Affekten, aufbaut, die aber in bürgerlichen Gesellschaften durch die Dominanz nivellierender rationaler und kognitiver Strukturen unterdrückt werden.</p> 2025-07-10T00:00:00+02:00 Copyright (c) 2025 Zeitschrift für Theoretische Soziologie https://www.uni-muenster.de/Ejournals/index.php/zts/article/view/8760 In der Gegenwart der Affekte 2025-07-10T15:03:41+02:00 Sarah Mönkeberg moenkeberg@uni-kassel.de Kerstin Jürgens juergens@uni-kassel.de Markus Kurth m.kurth@uni-kassel.de <p>Der Beitrag behandelt Affekte und Affizierungen im Kontext von Tier-Mensch-Beziehungen und spiegelt aktuelle Debatten im Bereich des Posthumanismus und der more-than-human Forschung an den Befunden einer qualitativen Studie, in der die Eigenlogiken der Gefährt*innenschaft (Companionship) von Tieren und Menschen erhoben wurden. Die empirische Grundlage bilden Interviews mit Tierhalter*innen und Tierdienstleister*innen sowie umfassende Beobachtungen. Die Auswertung dieses Materials legt offen, dass Affekte und Affizierungen einen Herstellungscharakter aufweisen: Erkenntlich wird, dass Affizierungsweisen zwischen Tieren und Menschen an interspezifische Beziehungspraxen und -qualitäten gebunden sind; auch zeigt sich, dass im Affizierungsgeschehen zwischen Tieren und Menschen Gegenwart konstituiert wird. Mit diesen Einsichten konfrontiert der Beitrag die genannten affekttheoretischen Ansätze und stellt zur Diskussion, Affekte und Affizierungen weniger als weltbildend zu konzeptualisieren, sondern vor allem als welterschließend.</p> 2025-07-10T00:00:00+02:00 Copyright (c) 2025 Zeitschrift für Theoretische Soziologie https://www.uni-muenster.de/Ejournals/index.php/zts/article/view/8761 Das Böse dahinter: Verschwörungstheorie, Populismus und die Kommunikation affektiver Polarisierung 2025-07-10T15:12:52+02:00 Nils Kumkar kumkar@uni-bremen.de <p>Der Artikel fragt nach der Funktion der Kommunikation verschwörungstheoretischen Wissens, populistischer Politik und affektiver Polarisierung. Er argumentiert, dass alle drei in einem gegenseitigen Stützzusammenhang verstanden werden sollten: Verschwörungstheorien erlauben Verständigungsunterbrechung zu kommunizieren. Diese Verständigungsunterbrechungen sind kommunikative Entsprechungen affektiver Polarisierung – und affektive Polarisierung ist weniger eine Konsequenz von als vielmehr ein funktionales Äquivalent zu Themenpolarisierung. Indem affektive Polarisierung plausibilisiert, dass es bei politischen Entscheidungsszenarien um Grundsatzentscheidungen geht, ohne das in der Sachdimension begründen zu müssen, stützt sie die Inklusionsfunktion des Populismus. Verschwörungstheorien zeigen sich also als eine spezifische kommunikative Form, die es erlaubt, leeren politischen Antagonismus artikulieren.</p> 2025-07-10T00:00:00+02:00 Copyright (c) 2025 Zeitschrift für Theoretische Soziologie https://www.uni-muenster.de/Ejournals/index.php/zts/article/view/8762 Affiziertes Erleben. Zur kommunikativen Form der Scham in Annie Ernaux’ La honte 2025-07-10T15:21:35+02:00 Anna Staab anna.staab@zu.de <p>Der vorliegende Beitrag diskutiert ausgehend von Annie Ernaux’ literarischem Werk La honte ein affiziertes Erleben als Ausdruck des Affekts der Scham und diesen Ausdruck als Problem einer soziologischen Theorie der Scham. Die Scham wird dabei als Affekt einer Ausdruckshemmung und Erfahrung einer sozialen Vernichtung gezeigt, der mit antizipierten und vorweggenommenen Kommunikationsabbrüchen einhergeht. Vor dem Hintergrund von Erving Goffmans Überlegungen zum Cooling Out und Niklas Luhmanns Überlegungen zu einer soziologischen Theorie der Gefühle wird die spezifische Zeitlichkeit der Scham der Ich-Erzählerin des Textes herausgearbeitet: Die Scham charakterisiert das Ausbleiben fester Relationierungen wie wiederholbarer kommunikativer Anschlüsse und Verhaltenserwartungen; soziale Integration gelingt für die Ich-Erzählerin immer nur prekär und als Erfahrung eines Davongekommenseins. Die abschließenden Überlegungen diskutieren diesen Aspekt der Scham als Problem einer soziologischen Theorie der Scham im Hinblick auf eine soziologische Theorie der Emotionen.</p> 2025-07-10T00:00:00+02:00 Copyright (c) 2025 Zeitschrift für Theoretische Soziologie https://www.uni-muenster.de/Ejournals/index.php/zts/article/view/8763 Auf der Suche nach Formen 2025-07-10T15:39:54+02:00 Marc Strotmann marc.strotmann@posteo.de <p>Das Sprechen über Affekte hat in den vergangenen zwei Jahrzehnten in soziologischen und sozialtheoretischen Ansätzen vernehmbar an Präsenz gewonnen. Eine offene Problemstellung der disziplinenübergreifenden Affektforschung ist dabei die Darstellbarkeit von Affekten geblieben. So zeigen sich Vertreter:innen des affective turn kritisch gegenüber dem Wert von Erzählungen, insofern diese immer schon die unbestimmten und dynamischen Verläufe von Affizierungsprozessen zu verpassen drohen. Ausgehend von dieser Beobachtung frage ich im vorliegenden Text, welche Darstellungsmöglichkeiten für eine soziologischen Auseinandersetzung mit Affekten anschlussfähig sind. Im Kontrast zu einer Abkehr von Erzählungen argumentiere ich dafür, dass das Problem der Darstellbarkeit von Affekten eine vertiefte Auseinandersetzung in der Soziologie mit ihrem erzählerischen Repertoire anstoßen kann. Als ein sensibilisierendes Konzept schlage ich hierfür im Anschluss an die Arbeiten des Anthropologen Paul Rabinow den Begriff der Form vor und interpretiere diesen als einen experimentellen Umgang mit narrativen Elementen.</p> 2025-07-10T00:00:00+02:00 Copyright (c) 2025 Zeitschrift für Theoretische Soziologie