Zeitschrift für Pastoraltheologie (ZPTh) https://www.uni-muenster.de/Ejournals/index.php/zpth <p>(ehemals:<em> Pastoraltheologische Informationen, PThI</em>)<em><br></em>Die <em>Zeitschrift für Pastoraltheologie</em> ist ein Forum für die Diskussion von Themen der evangelischen und katholischen Pastoraltheologie bzw. Praktischen Theologie und informiert über Vorgänge und Entwicklungen in diesem Gebiet. Die Zeitschrift versteht sich als ein Mittel des wissenschaftlichen Austausches, sie respektiert unterschiedliche pastoraltheologische Traditionen und Ansätze und will die ökumenische Zusammenarbeit in der Praktischen Theologie fördern.<br>Die <em>Zeitschrift für Pastoraltheologie</em> ist eine praktisch-theologische Fachzeitschrift, die zweimal jährlich als frei zugängliche Internetpublikation erscheint.</p> Konferenz der Deutschsprachigen Pastoraltheologen und Pastoraltheologinnen e.V. de-DE Zeitschrift für Pastoraltheologie (ZPTh) 0555-9308 Bildung und Religion https://www.uni-muenster.de/Ejournals/index.php/zpth/article/view/5301 Antje Roggenkamp Copyright (c) 2024 2024-01-17 2024-01-17 43 2 197 214 Die sozialphilosophische Theorie der Anerkennung als Anstoß einer missachtungssensiblen Sakramentenpastoral https://www.uni-muenster.de/Ejournals/index.php/zpth/article/view/5284 <p>Axel Honneth nimmt in seiner sozialphilosophischen Anerkennungstheorie eine Verhältnisbestimmung von individueller Selbstbestimmung und gesellschaftlichen Institutionen vor. Ausgehend von institutionalisierten Interaktionen individueller Freiheit rekonstruiert er ein geschichtliches Höchstmaß legitimer Anerkennungsansprüche und gewinnt dadurch ein Kriterium für ein modernes Autonomieverständnis. Kirchliche Handlungspraktiken müssen sich an diesem Höchstmaß messen, wenn sie den Anspruch erheben, individuelle Autonomie zu ermöglichen. Der Aufsatz zeigt am Beispiel der Initiative #outinchurch, welche Konsequenzen Spannungen zwischen gesellschaftlichen und kirchlichen Anerkennungsordnungen für die Glaubwürdigkeit kirchlicher Sakramente haben. Der Autor plädiert für eine missachtungssensible Sakramentenpastoral, die ihr pastorales Handeln im Rahmen gesellschaftlicher Wertestandards verantwortet.</p> <p><br />In his socio-philosophical theory of recognition, Axel Honneth determines the relationship between individual self-determination and social institutions. Based on institutionalized interactions of individual freedom, he reconstructs a historical maximum of legitimate claims to recognition and thus gains a criterion for a modern understanding of autonomy. Ecclesiastical practices have to measure themselves against this maximum if they claim to enable individual autonomy. Using the example of #outinchurch, the paper shows what consequences tensions between social and ecclesial orders of recognition have for the credibility of sacraments. The author argues for a pastoral care of the sacraments, which is sensitive for disregard. It needs to responsibility for its pastoral actions within the framework of societal value standards. </p> Markus Adolphs Copyright (c) 2024 2024-01-17 2024-01-17 43 2 9 19 Theologie im Abenteuer der Zeichen: https://www.uni-muenster.de/Ejournals/index.php/zpth/article/view/5285 <p>Charles Sanders Peirce (1839–1914) hat eine Semiotik entwickelt, die unterschiedlichste Zeichen nicht nur pragmatizistisch mit dem Handeln verknüpft, sondern mit der Abduktion auch eine schöpferische Logik des Neuen diskursivierbar macht. Semiotik, Pragmatizismus und Abduktion ergeben ein metatheoretisches Begriffstableau, das die Pastoraltheologie in ihrer fachinternen Theoriearbeit weiterbringen kann. Denn sie beschäftigt sich mit allen möglichen (nicht-)sprachlichen Zeichen (=&gt; Semiotik), die sie mit Blick auf ihren jeweiligen Handlungswert untersucht (=&gt; Pragmatizismus), um ihr schöpferisches Potenzial zu heben (=&gt; Abduktion): Bewirken diese, was sie besagen – oder produzieren sie performative Selbstwidersprüche? Pastoraltheologie ist eine theologische „Performanzkritik“ (Christian Kern), welche die unabschließbare Semiose immer neuer pastoraler Zeichenketten „ad infinitum“ (Charles S. Peirce) abduktiv offenhält: Deus semper maior.</p> <p>Charles Sanders Peirce (1839-1914) developed a semiotics that not only pragmaticistically links a wide variety of signs with action, but also uses abduction to make a inventive logic of the new discursible. Semiotics, pragmaticism and abduction establish a metatheoretical tableau of concepts that can advance pastoral theology in its internal theoretical work. It deals with all possible (non-)linguistic signs (=&gt; semiotics), which it examines with a view to their respective action value (=&gt; pragmaticism) in order to increase their creative potential (=&gt; abduction): Do they realize what they say – or do they produce performative self-contradictions? Pastoral theology is a theological “criticism of performance” (Christian Kern), which keeps open abductively the never-ending semiosis of always new pastoral chains of signs “ad infinitum” (Charles S. Peirce): Deus semper maior. </p> Christian Bauer Copyright (c) 2024 2024-01-17 2024-01-17 43 2 21 33 René Girard und die „Mimetische Theorie“ https://www.uni-muenster.de/Ejournals/index.php/zpth/article/view/5286 <p>Die „Mimetische Theorie“ von Rene Girard geht davon aus, dass das mimetische Begehren eine entscheidende Grundlage menschlichen Handelns ist. Indem Subjekte jene Objekte begehren, die ein „Mittler“ besitzt, wollen sie diesem ahnlich werden. Aus dieser Konkurrenzsituation ergeben sich Konflikte, die durch die Verstosung eines unschuldigen Sundenbocks gelost werden. (Religiose) Rituale und kulturelle Formen sind hier verortet: Sie wiederholen den Ausschluss, um Gemeinschaft zu stiften. U. a. Literatur und judisch-christliche Tradition decken diesen Mechanismus auf, indem sie auf die Unschuld des Opfers verweisen. Die „Mimetische Theorie“ kann als „Referenztheorie“ nicht nur Mechanismen der modernen Marktwirtschaft erklaren, sondern auch religiose und kulturelle Praktiken in einen groseren Rahmen stellen. Eine Unterscheidung zwischen „Mythos“ und „Offenbarung“ geschieht bei der Frage, ob der Mechanismus ‒ und damit die Unschuld des Opfers ‒ verschleiert oder aufgedeckt wird. Daraus ergeben sich uber den Raum der Theologie hinausgehende Gesprachsmoglichkeiten.</p> <p>Rene Girard’s „Mimetic Theory“ assumes that mimetic desire is a crucial basis of human acts. By desiring those objects that a „mediator“ possesses, subjects want to become similar to him. This competition gives rise to conflicts that are resolved by the cast-off of an innocent scapegoat. (Religious) rituals and cultural forms are located here: they repeat exclusion in order to create community. Literature and Judeo-Christian tradition, among others, reveal this mechanism by referring to the innocence of the victim. As a „reference theory“, „mimetic theory“ can not only explain mechanisms of the modern market economy, but also place religious and cultural practices in a larger framework. A distinction between „myth“ and „revelation“ occurs in the question of whether the mechanism ‒ and thus the innocence of the victim ‒ is veiled or revealed. This gives rise to possibilities for conversation beyond the theology. </p> Thomas H. Böhm Copyright (c) 2024 2024-01-17 2024-01-17 43 2 35 44 Niklas Luhmanns Systemtheorie und die Praktische Theologie https://www.uni-muenster.de/Ejournals/index.php/zpth/article/view/5287 <p>In diesem Beitrag wird die komplexe Systemtheorie von Niklas Luhmann ausführlich dargestellt, und zwar insbesondere Luhmanns Überlegungen zur Religion in einer säkularisierten und funktional differenzierten Gesellschaft, zum Glauben als symbolisch-generalisiertes Kommunikationsmedium sowie zur Kirche, Seelsorge und Diakonie. Danach werden ohne jeden Anspruch auf Vollständigkeit der mögliche Gewinn und das Anregungspotenzial dieser Theorie für die Praktische Theologie benannt. Eine kurze metatheoretische Reflexion rundet den Artikel ab.</p> <p>This paper firstly presents in detail the complex system’s theory of Niklas Luhmann, in particular his reflections on religion in a secularized and functionally differentiated society, on faith as a symbolicgeneralized medium of communication, and on the church, pastoral care, chaplaincy, and diakonia. Then without claim to completeness, the possible benefit of this theory for practical theology is denoted. A short meta-theoretical reflection rounds off the article. </p> Stefan Gärtner Copyright (c) 2024 2024-01-17 2024-01-17 43 2 45 55 Möglichkeiten-Eröffnen als pastoraltheologische Praktik https://www.uni-muenster.de/Ejournals/index.php/zpth/article/view/5288 <p>Was eröffnen Butlers Arbeiten einer pastoraltheologischen Theoriebildung? Dieser Frage wird anhand von drei Aspekten nachgegangen: sprechen, anerkennen und versammeln. Dabei steht Butlers diskurskritischer Blick auf die Konstitutionsmacht von Normen und Sprache sowie deren produktive und verwerfende Funktion im Vordergrund. Dadurch eröffnen sich sowohl Analyseperspektiven auf verschiedene Forschungsfelder der Pastoraltheologie, als auch Reflexions- und Veränderungsmöglichkeiten eigener pastoraltheologischer Praktiken.</p> <p>What does Butler's work open up for pastoral theological theorizing? This question is explored on the basis of three aspects: speaking, recognizing, and gathering. The article focuses on Butler's discoursecritical view on the constitutional power of norms and language as well as their productive and rejecting function. This opens up analytical perspectives on various fields of research in pastoral theology, as well as possibilities for reflection and change in one's own pastoral theological practices. </p> Ellen Geiser Copyright (c) 2024 2024-01-17 2024-01-17 43 2 57 66 In anderen Formen https://www.uni-muenster.de/Ejournals/index.php/zpth/article/view/5289 <p>Menschliches und nicht-menschliches Leben gestaltet sich in vielfältigen Formen. Diese Lebensformen entstehen in sozialen Kontexten, werden darin (re-)produziert und gewinnen in ihrer Wiederholung etwas Natürliches und Selbstverständliches. In diesem Konstruktionsprozess von Leben in seinen normativen Gestalten werden Ein-/Ausschlüsse erzeugt. Kritische Morphologie reflektiert die performative Produktion von normativen Lebensformen und fragt nach ihrer Veränderbarkeit. An den Grenzen des Lebens beginnt die Suche nach einem Anderswie, nach anderen Formen (Heteromorphien) jenseits der normativen Gestalten und ihrer Ein-/Ausschlüsse. Der Artikel stellt im Anschluss an autobiografische Berichte des Models Joana Cortes und die Kritische Theorie Judith Butlers Kritische Morphologie vor. Er arbeitet heraus, wie in Butlers performativer Theorie des Körpers ein spezifisches Denken des Anderswie angelegt ist, und skizziert programmatisch, wie Theologie als ein solches heteromorphologisches Denken durchgeführt werden kann.</p> <p>Human and non-human life takes shape in many different forms. These forms of life emerge in social contexts, are (re-)produced therein and gain something natural and self-evident in their repetition. Whenever life in normative forms take shape, inclusions/exclusions are produced as visible or hidden sideeffect. Critical morphology reflects this performative production of normative forms of life and reflects their changeability. At the borders of life, the search for an ‘otherwise’ begins, for possibilities of life in other forms (heteromorphies), beyond the normative shapes and their mechanisms of inclusions/ exclusions. The article introduces Critical Morphology, following autobiographical narrations of the model Joana Cortes and Judith Butler's Critical Theory. It elaborates how, in Butler's performative theory of the body, a specific morphological thinking of the otherness is laid out. The article programmatically outlines how theology can be carried out as such a heteromorphological thinking. </p> Christian Kern Copyright (c) 2024 2024-01-17 2024-01-17 43 2 67 79 Wie unser Kopf funktioniert https://www.uni-muenster.de/Ejournals/index.php/zpth/article/view/5290 <p>Kognitive Psychologie ist eine psychologische (Teil-)Disziplin, die Kognitionen, also mentale Zustände und Prozesse, unter der Perspektive der Informationsverarbeitung untersucht. Damit stellt sie einen Bereich der Psychologie dar, der (pastoral-)theologisch bislang kaum wahrgenommen wird, jedoch vielfältige Anfragen an im Alltag, aber auch im wissenschaftlichen Diskurs gebräuchliche Annahmen über den Menschen stellt. Knapp vorgestellt werden ein von Wahrscheinlichkeiten und Unsicherheiten bestimmtes Bild von Wahrnehmung sowie kognitive Verzerrungen, denen wir uns üblicherweise nicht bewusst sind, die aber zu Denkfehlern und Täuschungen führen. Aufklärung über diese Befunde und ihre Konsequenzen für das menschliche Selbstverständnis sind ein gesellschaftliches, aber auch pastoraltheologisches Desiderat.</p> <p>Cognitive psychology is a psychological (partial) discipline that examines cognitions, i. e. mental states and processes, from the perspective of information processing. It represents an area of psychology that has so far hardly been noticed from (pastoral) theology, but which puts a number of questions regarding assumptions about human beings that are common in everyday life, but also in scientific discourse. A picture of perception determined by probabilities and uncertainties as well as cognitive distortions, which we are usually not aware of but which lead to errors in reasoning and deception, are briefly presented. Information about these findings and their consequences for human selfunderstanding are a social, but also a pastoral-theological desideratum. </p> Tobias Kläden Copyright (c) 2024 2024-01-17 2024-01-17 43 2 81 90 Ein nüchternes Theoriemodell für religiöse Gefühle? https://www.uni-muenster.de/Ejournals/index.php/zpth/article/view/5291 <p>Wahrnehmungen und Gefühle, die von religiösen Menschen durch Modelle mit Bezug zu ihrem jeweiligen Bekenntnissystem gedeutet werden, werden möglicherweise auch von anderen Menschen empfunden, ohne dass dabei entsprechende Deutungskategorien zum Einsatz kommen. Diese Erfahrungen müssen also auch ohne theologischen bzw. theologalen Bezug erschlossen werden können. Die von Gernot Böhme entwickelte Atmosphäre-Theorie kann dabei ein hilfreiches Mittel sein, das auch zur kritischen Betrachtung der religiösen Deutung etwas beizutragen hat.</p> <p><br />Perceptions and feelings that are interpreted by religious persons through modelling with reference to their confessional system may also be felt by other people without the use of those interpretive categories. It must therefore be possible to understand these experiences without theological reference or the idea of transcendence. The theory of atmosphere developed by Gernot Böhme can be a helpful tool here, which also contributes to the critical consideration of religious paradigm. </p> Sebastian Lang Copyright (c) 2024 2024-01-17 2024-01-17 43 2 91 99 Vom Gehorsam zur Leistung https://www.uni-muenster.de/Ejournals/index.php/zpth/article/view/5292 <p>Der koreanischstämmige Philosoph Byung-Chul Han analysiert in Teilen der westlichen Gesellschaften einen interessanten Wandel: die Disziplinargesellschaft, in der Individuen in eine feste Ordnung eingefügt werden sollten bzw. sich davon emanzipierten, wird durch eine Positiv- bzw. Leistungsgesellschaft abgelöst. Sie folgt einer vornehmlich neoliberalen Logik und muss daher alle negativen Anteile eliminieren, da Negativitäten den „Deal“ stören. Ein Christentum bzw. eine Religion, die Kontingenzen voraussetzt und bewältigen möchte, wird damit buchstäblich funktionslos. Dies hat fundamentale Konsequenzen für die Pastoraltheologie: Sie kann nicht mehr davon ausgehen, dass Menschen heute etwas fehlt, was Religion füllen oder ergänzen könnte. Zugleich muss sie auf die Aporien dieser Gesellschaftslogik hinweisen und sich mit denen solidarisch erweisen, die in ihr nicht bestehen können.</p> <p>The Korenian-born philosopher Byung-Chul Han analyzes an interesting change in parts of Western societies: the disciplinary society, in which individuals were supposed to be inserted into a fixed order or emancipated themselves from it, is being replaced by a meritocracy. It follows a primarily neoliberal logic and must therefore eliminate all negative parts, as negativity disrupts the "deal". A Christianity or a religion that presupposes human limitations and wants to cope with them becomes literally functionless. This has fundamental consequences for pastoral theology and care: it can no longer assume that people today lack something that could fill or complement religion. At the same time, it must point out the aporias of this social logic and show solidarity with those who cannot survive in it. </p> Jan Loffeld Copyright (c) 2024 2024-01-17 2024-01-17 43 2 101 109 Die globalisierte Externalisierungsgesellschaft (Stephan Lessenich) https://www.uni-muenster.de/Ejournals/index.php/zpth/article/view/5293 <p>Wir leben in einer Zeit multipler Krisen, die zugleich globaler Natur sind. Die Pastoraltheologie, die vorwiegend mit Soziologien aus und für die westliche Welt arbeitet, ist für die globale Perspektive schlecht gerüstet. Eine Analyse mit weltweitem Fokus und sozioökonomischem Blick legt der Soziologe Stephan Lessenich vor, der die Welt als globale Externalisierungsgesellschaft sieht. Anhand von drei Begriffen beschreibt er die unglückselige Dynamik: die Strukturen der Macht, den Mechanismus der Ausbeutung sowie den Habitus einer (unreflektierten) Praxis westlicher Bürger*innen. Wie diese Analyse die Pastoraltheologie inspirieren und Kirche sich als Teil der Lösung verstehen könnte, beschreibt der letzte Abschnitt.</p> <p>We live in a time of multiple crises that are also global in nature. Pastoral theology, which primarily works with sociologies from and for the Western world, is not really prepared for the global perspective. The sociologist Stephan Lessenich presents an analysis with a global focus and a socio-economic perspective, who sees the world as a global externalizing society. He uses three terms to describe the unfortunate dynamic: the structures of power, the mechanism of exploitation and the habitus of an (unreflective) practice of Western citizens. The last section describes to what extent and how this analysis could inspire pastoral theology and how the church could see itself as part of the solution. </p> Johannes Panhofer Copyright (c) 2024 2024-01-17 2024-01-17 43 2 111 122 Praktische Theologie und relationale Praxistheorien https://www.uni-muenster.de/Ejournals/index.php/zpth/article/view/5294 <p>Der Beitrag stellt den Ansatz neuerer Praxistheorien nach Andreas Reckwitz vor. Es handelt sich um eine bestimmte Perspektive auf das Soziale, die binäre Unterscheidungen von Geist/Materie, Leib/Seele, Ereignis/Struktur, Subjekt/Diskurs oder Mikro-/Makroperspektive zugunsten von relationalen Praktiken als Basiskonzept überwindet. Als exemplarischer Referenzpunkt für eine theologische Rezeption wird das Denken von Michel de Certeau vorgestellt, der eine relationale Theologie des Ereignisses und den Practice Turn von Theorie beidermaßen geprägt hat. Die methodischen Konkretionen des ethnographischen Un/doing differences-Ansatzes von Stefan Hirschauer und der machtsensiblen Situationsanalyse von Adele Clarke sowie das Beispiel einer Analyse von Un/doing Co- Klerikalismus schließen den Beitrag ab.</p> <p>The article presents the approach of recent practice theories according to Andreas Reckwitz. It is a particular perspective on the social that overcomes binary distinctions of mind/matter, body/soul, event/structure, subject/discourse or micro/macro perspective in favor of relational practices as a basic concept. As an exemplary reference point for a theological reception, the thinking of Michel de Certeau is presented, who has shaped a theology of the event and the practice turn of theory alike. The methodological concretions of Stefan Hirschauer's ethnographic un/doing differences approach and Adele Clarke's power-sensitive situational analysis as well as the example of an analysis of un/doing co-clericalism conclude the contribution. </p> Michael Schüßler Copyright (c) 2024 2024-01-17 2024-01-17 43 2 123 132 Doing pastoral https://www.uni-muenster.de/Ejournals/index.php/zpth/article/view/5295 <p>Praxistheorien, wie sie seit einigen Jahrzehnten in der Soziologie und vielen weiteren Wissenschaften erarbeitet und als Forschungsperspektive eingesetzt werden, finden auch innerhalb der Theologie immer mehr Beachtung. Praxistheorien fokussieren auf Praktiken als zentrale soziale Kategorie, ohne dabei die Spannung zwischen struktureller Bestimmtheit und autonomer Handlung auf eine Seite hin aufzulösen. Zugleich wird die Bedeutung von Materialität und Körperlichkeit an zentraler Stelle mitreflektiert. Dieser Beitrag fasst die grundlegenden Annahmen praxistheoretischer Ansätze zusammen und stellt deren Potenzial für die praktisch-theologische Forschung, etwa im Bereich praktischtheologischer Erkenntnistheorie, dar.</p> <p>Theories of practice have been developed and used as a research perspective in sociology and many other sciences for several decades. They are currently also attracting more and more attention within theology. Practice theories focus on practices as a central social category without dissolving the tension between structural determination and autonomous action. In doing so, the importance of materiality and corporeality is taken into account. This article summarises the basic assumptions of practice- theoretical approaches and presents their potential for practical-theological research, for example in the field of practical-theological epistemology. </p> Teresa Schweighofer Copyright (c) 2024 2024-01-17 2024-01-17 43 2 133 141 Die enorme potenzielle Bedeutung der pragmatistischen Praxisphilosophie für die Pastoraltheologie https://www.uni-muenster.de/Ejournals/index.php/zpth/article/view/5296 <p>Der folgende Beitrag will die enormen Chancen plausibel machen, die in einer konsistenten Rezeption der pragmatistischen Praxisphilosophie innerhalb der Pastoraltheologie liegen. Dazu werden zunächst zentrale handlungstheoretische Entscheidungen des Pragmatismus vorgestellt. Anschließend erfolgt die Identifikation von fünf Gründen, warum gerade dieses Theorieangebot reiche pastoraltheologische Kontraste und Gewinne verspricht. Die biografische Dynamik, die mich zum Pragmatismus geführt hat, liegt in der Co-Leitung des deutsch-amerikanischen Exposure-Projektes ‚Crossing Over‘ (vgl. Sellmann 2011a). Die dort gemachten pastoralen Erfahrungen haben eine „inquiry“ (Dewey 2002; Langner-Pitschmann 2018, 20f) in Gang gesetzt, die mich bis zur Gründung eines Forschungszentrums auf dezidiert pragmatistischer Grundlage geführt hat (vgl. Sellmann 2011b; 2015; 2022).</p> <p>The following contribution shows the enormous chances of a consistent reception of the pragmatist philosophy of praxis within pastoral theology. To this end, central decisions of pragmatism in terms of action theory are presendet. This is followed by five reasons, why this theory in particular offers rich pastoral theological benefits. The biographical dynamics which led me to pragmatism is the coleadership of the German-American Exposure Project 'Crossing Over' (cf. 'Crossing Over' (cf. Sellmann 2011a). The pastoral experiences set in motion an "inquiry" (Dewey 2002) which has led me to found a research centre on a decidedly pragmatist basis (cf. Sellmann 2011b; 2015; 2022). </p> Matthias Sellmann Copyright (c) 2024 2024-01-17 2024-01-17 43 2 143 153 Wissenschaftsforschung und wissenszentrierte Praktiken (Karin Knorr Cetina) im Kontext der Praxistheorien https://www.uni-muenster.de/Ejournals/index.php/zpth/article/view/5297 <p>Praxistheorien haben in den Sozial- und Kulturwissenschaften, aber auch in der (Praktischen) Theologie zunehmend Relevanz. Diese legen oftmals einen Fokus auf das implizite Wissen, das in Praktiken deutlich wird, und thematisieren überwiegend Alltagspraktiken. Die Überlegungen zu wissenszentrierten Praktiken, die Karin Knorr Cetina auf ihre ethnografischen Untersuchungen in der Wissenschaftsund Technikforschung aufbaut, können dagegen hilfreich sein, wissenschaftliche Praktiken zu analysieren und damit die Theologie selbst zum Gegenstand praxistheoretisch informierter Analysen zu machen. Nach einer kurzen Darstellung des Ansatzes von Knorr Cetina folgt eine Vorstellung meines persönlichen Erschließungszusammenhangs, in dem schwerpunktmäßig der Frage nachgegangen wird, welche Anknüpfungspunkte dieser Ansatz für die Erforschung des Doing Pastoral Theology liefern könnte. Abschließend werden einige Ideen genannt, in welchen weiteren Bereichen innerhalb der Pastoraltheologie die Arbeiten von Knorr Cetina Anschlussfragen eröffnen könnten.</p> <p>Theories of practice are increasingly important in the social and cultural sciences, but also in (Practical) Theology. However, these theories often focus on the implicit knowledge that becomes apparent in practices, and they mostly deal with everyday practices. Thus, the notion of knowledge-centered practices, as developed by Karin Knorr Cetina in her ethnographic research in the context of science and technology studies can be helpful for analyzing academic practices and, therefore, for making theology itself the object of analyses informed by theories of practice. After a brief presentation of Knorr Cetina’s approach, I will illustrate my personal context of discovery of her concepts. Thereby, I will reflect on the question: What can research on doing Pastoral Theology learn from Knorr Cetina’s work? Finally, I will give a few brief ideas on other areas where Knorr Cetina’s work can open follow up questions for Pastoral Theology.</p> Verena Suchhart-Kroll Copyright (c) 2024 2024-01-17 2024-01-17 43 2 155 165 Dienstleistungstheorie als Quelle pastoraltheologischer Theoriearbeit https://www.uni-muenster.de/Ejournals/index.php/zpth/article/view/5298 <p>Pastoraltheologisches Forschen setzt die kreative Konfiguration pluraler Wissensbestände mit den Praxisfeldern gelebten Glaubens voraus. Dafür ist der Bezug zu den Wissenskorpora anderer akademischer Disziplinen entscheidend. Ein bisher stiefmütterlich konsultierter Theorieort ist die Dienstleistungstheorie. Dadurch blieb unbeachtet, dass sie sich seit einigen Jahren zu einer komplexen Handlungs- und Interaktionstheorie weiterentwickelt hat. So versteht sie unter Dienstleistungen soziale Praktiken, die sich als kooperativ-kollaborative Interaktionsgeschehen realisieren und ko-kreative Wertschöpfungsprozesse anbahnen. Von einer Diskurspartnerschaft kann die Pastoraltheologie nicht nur durch die präzise Terminologie und methodisch-organisatorische Gestaltungsvorschläge profitieren. Sie enthält auch Hinweise auf eine pluralitätsfähige Pragmatik der Glaubensüberlieferung.</p> <p>Pastoral theological research requires creative configuration of pluralistic knowledge with practical fields of lived faith. Therefore, the connection to knowledge of other academic disciplines is crucial. One field of knowledge that has been neglected so far is service theory. As a result, it has gone unnoticed that it has evolved into a complex theory of action and interaction in the last few years. For example, services are understood as social practices that are realized as cooperative-collaborative interaction events and initiate co-creative value creation processes. Pastoral theology can benefit from a discourse partnership not only through its precise terminology and methodological-organizational design suggestions. It also contains implications for a pluralistic pragmatics of the tradition of faith.</p> Björn Szymanowski Copyright (c) 2024 2024-01-17 2024-01-17 43 2 167 176 Jean-François Lyotard, Der Widerstreit https://www.uni-muenster.de/Ejournals/index.php/zpth/article/view/5299 <p>Der französische Philosoph Jean-François Lyotard, auf den ich im Zuge meiner Habilitation im Kontext der Postmoderne-Debatte stieß, hat diese entscheidend geprägt. Sein Konzept des „Widerstreits“ erhellt die Ungerechtigkeiten, die dadurch entstehen, dass Werte und Perspektiven nicht anerkannt werden, wenn sie nicht dem herrschenden Diskursmuster entsprechen. Wir leben nebeneinander in verschiedenen Welten. Wolfgang Welsch postuliert Brückenschläge zwischen ihnen, die nur eine „transversale Vernunft“ zu leisten vermag. Auf dieser Basis wird eine praktisch-theologische Konkretisierung vorgeschlagen.</p> <p>The French philosopher Jean-François Lyotard, whom I came across in the course of my habilitation in the context of the postmodern debate, has decisively shaped it. His concept of "contradiction" illuminates the injustices that arise from the fact that values and perspectives are not recognised if they do not conform to the prevailing pattern of discourse. We live side by side in different worlds. Wolfgang Welsch postulates building bridges between them, which only a "transversal reason" is able to do. A practical-theological concretisation is proposed on this basis. </p> Maria Widl Copyright (c) 2024 2024-01-17 2024-01-17 43 2 177 186 Gemeinsam wirksam! https://www.uni-muenster.de/Ejournals/index.php/zpth/article/view/5300 <p>Warum arbeiten Pfarreien und Caritas nicht intensiver zusammen, warum bewirbt eine Pfarrei nicht Angebote der Familienseelsorge, warum dringen innovative Ansätze nicht durch? Obwohl Akteur*innen aufeinander verwiesen sind, um etwas zu bewirken, gelingt Interaktion häufig nicht. Projekte scheitern, es kommt zu Konflikten, Ergebnisse bleiben unter ihren Möglichkeiten. Es kommt zu Koordinations- und Motivationsproblemen, vielleicht sogar zu opportunistischen Verhalten, weil sich Akteur*innen nur begrenzt rational verhalten können. Die Institutionenökonomik als Referenztheorie bietet der Pastoraltheologie methodische Herangehensweisen an, mit denen Probleme der Interaktion fokussiert werden können. Dabei kommen formelle und informelle Regelsysteme, „Institutionen“, in den Blick, die das Ineinanderwirken stabilisieren oder gefährden können.</p> <p>Why don't parishes and Caritas cooperate more intensively, why doesn't a parish advertise offers of family pastoral care, why don't innovative approaches penetrate? Although actors rely on each other to make a difference, interaction often does not succeed. Projects fail, conflicts arise, results remain below their potential. Coordination and motivation problems arise, perhaps even opportunistic behavior, because actors can only behave rationally to a limited extent. Institutional economics as a reference theory offers pastoral theology methodological approaches with which problems of interaction can be focused. Formal and informal systems of rules, "institutions," come into view, which can stabilize or endanger interaction. </p> Thomas Wienhardt Copyright (c) 2024 2024-01-17 2024-01-17 43 2 187 196 Editorial https://www.uni-muenster.de/Ejournals/index.php/zpth/article/view/5302 Ulrich Feeser-Lichterfeld Katharina Karl Judith Könemann Traugott Roser Copyright (c) 2024 2024-01-17 2024-01-17 43 2 3 7