Aigiale oder Milet? Anmerkungen zum Prägeort eines späthellenistischen Münztyps

von Julius Roch

Zusammenfassung: Bereits seit der archaischen Zeit ist der Löwe in Verbindung mit einem Sonnenstern eng mit der Münzprägung Milets verbunden. Ab der spätklassischen Zeit avanciert diese Kombination zu dem charakteristischen Rückseitenbild der Polis. Daher ist es wenig verwunderlich, dass ein Typus hellenistischer Bronzemünzen zumeist Milet zugewiesen wurde. Doch bereits Imhoof-Blumer hatte diesbezüglich Zweifel geäußert. Er schlug stattdessen die Polis Aigiale auf der Kykladeninsel Amorgos als Münzstätte vor. In diesem Beitrag sollen die jeweiligen Argumente vorgestellt und gegeneinander abgewogen werden.

Abstract: Since ancient times, the lion has been closely associated with the sun star in the coinage of Miletus. From the late classical period onwards, this combination became the characteristic image on the reverse side of the polis. It is therefore hardly surprising that a type of Hellenistic bronze coin was mostly attributed to Miletus. However, Imhoof-Blumer had already expressed doubts about this. Instead, he suggested the polis of Aigiale on the Cycladic island of Amorgos as the mint. In this article, the respective arguments will be presented and weighed against each other.

Schlagworte: Milet (nomisma.org/id/miletus), Aigiale (nomisma.org/id/aegiale), Hellenismus (nomisma.org/id/hellenistic_greece), Münzprägung (d-nb.info/gnd/7779080-7), Ikonographie (d-nb.info/gnd/4026535-3)

Key Words: Miletus, Aegiale, hellenism, coinage, iconography

Das Berliner Münzkabinett besitzt fünf Exemplare eines Münztyps, der in diesem Beitrag eingehender betrachtet werden soll (Abb. 1–5). Dies ist insofern bemerkenswert, als darüber hinaus nur vier weitere Exemplare in der Literatur bekannt sind[1]. Die Bronzemünzen zeigen auf dem Avers einen weiblichen Kopf mit Helm, die Rückseiten geben einen Löwen im Kranz wieder, welcher seinen Kopf zurück zu einem Sonnenstern wendet. Unterhalb des Löwen ist ein Beamtenname zu erkennen, dessen Lesung bisher nicht befriedigend gelungen ist[2]; ein Ethnikon fehlt. Alle bekannten Exemplare sind aus demselben Vorderseitenstempel geschlagen[3]. Der Durchmesser beträgt 18–19 mm und das Gewicht zwischen 3,48 g und 4,80 g. Die Stempelstellung der Exemplare ist genau oder zumindest annähernd 12 h.

Abb. 1: Objekt-Nr. 18257462
Abb. 2: Objekt-Nr. 18257465
Abb. 3: Objekt-Nr.  18257466
Abb. 4: Objekt-Nr. 1825767
Abb. 5: Objekt-Nr. 18321772
Abb. 1–5: Weiblicher Kopf mit Helm / Löwe mit Sonnenstern. Berlin, Münzkabinett der Staatlichen Museen. Aufnahmen durch Bernhard Weisser

1.     Münzkabinett, Staatliche Museen zu Berlin, 18257462 (1900 Imhoof-Blumer)[4]: 19 mm; 4,04 g; 12 h

2.     Münzkabinett, Staatliche Museen zu Berlin, 18257465 (1875 Prokesch-Osten)[5]: 19 mm; 3,63 g; 19 mm; 12 h

3.     Münzkabinett, Staatliche Museen zu Berlin, 18257466 (Ross)[6]: 19 mm; 4,27 g: 12 h

4.     Münzkabinett, Staatliche Museen zu Berlin, 18257467 (1873 Fox)[7]: 19 mm; 4,40 g; 12 h

5.     Münzkabinett, Staatliche Museen zu Berlin, 18321772 (1900 Imhoof-Blumer)[8]: 19 mm; 3,53 g; 11 h

 

6.     American Numismatic Society, 1944.100.46591[9]: 19 mm; 4,36 g; 12 h

7.     American Numismatic Society, 1944.100.46592[10]: 17 mm; 3,48 g; 2 h

8.     Staatliche Münzsammlung München[11]: 19 mm; 4,00 g

9.     Ashmolean Oxford (17.3.1948 aus der E. Rogers Collection erworben)[12]: 18 mm; 4,93 g; 12 h

 

Aufgrund der Rückseitendarstellung verwundert es nicht, dass für diesen Münztyp in der Forschung häufig eine Zuweisung an Milet vertreten wurde, denn charakteristisch für die Rückseiten der milesischen Münzen der spätklassischen/hellenistischen Zeit war der Löwe mit dem zum Sonnenstern zurückgewandten Kopf. Auf dem Avers war der Löwe dort mit dem Kopf des Apollon, der milesischen Hauptgottheit, verbunden. So vertritt diese etwa Barbara Deppert-Lippitz in ihrer monographischen Untersuchung zur spätklassischen/hellenistischen Münzprägung Milets. Des Weiteren identifizierte jüngst Hülya Vidin in einem Aufsatz, der die ikonographische Entwicklung des milesischen Prägeprogramms betrachtete, Milet als Prägestätte dieses Typus[13]. Für die Vorderseitendarstellung wurde die Deutung als Roma oder Athena vorgeschlagen[14].

Dagegen hatte bereits Philip Kinns in der Besprechung von Deppert-Lippitz’ Arbeit Zweifel an einer Zuweisung an Milet geäußert, ohne darüber hinaus eine andere Prägestätte vorschlagen zu können[15]. Ferner führte Marie-Christine Marcellesi in ihrer Arbeit zu den spätklassischen/hellenistischen Münzen Milets den Typus nicht auf[16].

Wenn auch der Revers den Löwen in der üblichen milesischen Ikonographie abbildet, sollte der Zuweisung meines Erachtens bereits aus zwei Gründen Zurückhaltung entgegengebracht werden. Zum einen ist der Stil für milesische Prägungen ungewöhnlich. Während der Stern auf den hellenistischen Silber- und Bronzemünzen Milets stets mit Mittelpunktrosette und acht Strahlen erscheint, wirkt er auf dem besprochenen Münztyp abstrakter. Der mittlere Punkt ist nicht deutlich ausgeprägt und er weist lediglich vier bis sechs Strahlen auf[17]. Darüber hinaus wirkt es, als ob der Schrötling für den Aversstempel zu groß und für den Reversstempel zu klein war[18]. Zum anderen fand sich kein Exemplar dieses Typus unter den Fundmünzen Didymas[19].

Man wird, wie im Folgenden versucht wird aufzuzeigen, aus dem sich umblickenden Löwen mit Sonnenstern nicht zwangsläufig auf die Münzstätte Milets schließen müssen. Es soll der Versuch unternommen werden, plausibel zu machen, dass über Milet hinaus die Kolonien der Stadt das Motiv adaptieren konnten. In der jüngeren Forschung blieb weitgehend unberücksichtigt, dass der beschriebene Münztyp bereits Friedrich Imhoof-Blumer bekannt war[20]. Dieser untersuchte, angeregt durch den Münzenhändler Paul Lambros, eine Gruppe Aesmünzen, welche aus Funden von den Kykladen, insbesondere Amorgos, stammten und teilweise ›milesische‹ Motive aufwiesen[21]. Diese Gruppe umfasst fünf Gepräge und kann verschiedenen Münztypen zugeordnet werden, die durch Stempelkopplungen verbunden sind[22]. Nun war darüber hinaus mindestens ein Exemplar[23] des hier besprochenen Münztyps der Gruppe zugehörig[24]. Ein weiterer Typ verbindet das Löwenmotiv mit dem Kopf des Apollon auf der Vorderseite[25]. Der behelmte Kopf wurde von Imhoof-Blumer als jener der Athena angesprochen[26]. Aufgrund der Bilder Pan, Kopf der Athena und Eule, die ferner auf gesicherten Münzypen der amorginischen Prägestätte Aigiale begegnen, schlug Imhoof-Blumer vor, die Münzen dieser Polis zuzuweisen[27].

Eine Zuweisung an Aigiale wirft nun freilich die Frage auf, warum sie ein ›milesisches‹ Reversbild aufgriffen haben sollte. Bereits Imhoof-Blumer vermutete einen Zusammenhang zur Gründung der Stadt als milesische Kolonie. Darüber hinaus verwies er darauf, dass Aigiale in der hellenistischen Epoche sowie der römischen Kaiserzeit Prägungen ausgab, die milesische Münzbilder auf dem Revers zeigten oder sich an diesen orientierten[28]. So zeigt eine hellenistische Rückseite eine Löwenprotome mit zurückgewandtem Kopf[29]. Unter Caracalla schließlich emittierte Aigiale unter dem Archiprytanen Epikrates eine Großbronze, die auf dem Revers Apollon Didymeus gemeinsam mit seiner Schwester, der ebenfalls in Didyma verehrten Artemis Pythie[30]. Enge Verbindungen zwischen Aigiale und ihrer Mutterstadt lassen sich ferner in anderen Quellengattungen fassen. Die Nennung der Molpoi in Inschriften des 2. und 1. Jhs. v. Chr. dürfte weniger die Anwesenheit milesischer Molpoi, wie es Liampi suggeriert, belegen, sondern vielmehr die Übernahme der Kultgemeinschaft in der Tochterstadt durch die Kolonisten und ihrer Nachfahren bezeugen[31]. Zudem dürfte das auf der Münze des Epikrates genannte Archiprytanenamt ein Hinweis auf die Übernahme milesischer Institutionen in der Kolonie sein[32]. Ob Aigiale in der Kaiserzeit den Status einer milesischen Kleruchie innehatte, wie etwa von Norbert Ehrhardt vermutet, oder weiterhin eine autonome Polis war, lässt sich anhand der Münzen nicht entscheiden[33].

Aufgrund der Münzgewichte und der Durchmesser ist die Frage der Entstehung in Milet oder Aigiale nicht zu entscheiden, da diese Parameter für beide Poleis passen würden[34]. Nicht zuletzt führt die oben beschriebene Auffälligkeit, dass der Aversstempel offenbar zu klein für die verwendeten Schröttlinge war, zu keiner Klärung. Dieses Phänomen ist, soweit ich das überblicke, weder für die sonstige hellenistische Münzprägung Milets noch für die von Aigiale zu beobachten.

Fassen wir das zuvor Dargelegte kurz zusammen. Für den hier diskutierten Münztyp wurde aufgrund des Reversmotivs bis in jüngste Zeit immer wieder eine Zuweisung nach Milet vorgeschlagen. Dagegen vermutete bereits 1886 Friedrich Imhoof-Blumer aufgrund von Fundstellen des Typs das amorginische Aigiale als Prägestätte. Die Betrachtung des Gewichts oder des Durchmessers kann diese Frage nicht entscheiden. Für die These Imhoof-Blumers sprechen meines Erachtens jedoch weitere Indizien. Dass Aigiale ein milesisches Reversbild aufgriff, ist durch den Status der Stadt als Kolonie der ›Zierde Ioniens‹ (Herod. 5,28 über Milet) zu erklären und auch durch einen weiteren hellenistischen Münztyp bezeugt. Eine enge Bindung an ihre Mutterstadt zeigen ferner hellenistische Inschriften mit Nennung der Molpoi. Nicht zuletzt spiegelt diese sich in der hohen Kaiserzeit ebenfalls in der Münzprägung Aigiales wider. Dass milesische Kolonien das Motivrepertoire der Polis aufgreifen, ist ferner vielleicht nicht ohne Vergleich. Wenn auch eine Zuweisung an Aigiale als Prägestätte bisher nicht letztgültig zu beweisen ist, scheint sie in der Zusammenschau der Argumente sowie insbesondere der Herkunft der von Imhoof-Blumer untersuchten Münzen eine höhere Wahrscheinlichkeit als Milet beanspruchen zu können[35].

Abschließend bleibt zu fragen, wann der Münztyp entstanden ist. Aufgrund seiner Fabrik schlug Imhoof-Blumer eine Ausgabe »in der letzten Periode vor unserer Zeitrechnung« vor[36]. Die Bronzeprägungen Aigiales setzen an der Wende vom 3. zum 2. Jh. v. Chr. ein[37]. Vor diesem Hintergrund erscheint eine Datierung in das 2. oder 1. Jh. v. Chr. berechtigt. 

 



Ich danke den Herausgeber/innen für die Annahme des Beitrags im OZeAN. Dem/der anonymen Gutachter/in bin ich für konstruktive Hinweise zur Verbesserung des Textes zu Dank verpflichtet. Darüber hinaus haben Aylin Tanrıöver und Stefanie Baars eine frühere Version des Manuskripts gelesen, ihnen sei ebenso gedankt. Für die liberale Überlassung der Fotos der Berliner Exemplare und die Möglichkeit ihrer geschlossenen Publikation möchte ich Bernhard Weisser und Karsten Dahmen meinen Dank aussprechen.

[1] Unsicher muss bleiben, welches Exemplar Imhoof-Blumer 1886, 285 Nr. 5 unter »M.S.« beschreibt. Aufgrund der Angabe, dass es sich in seiner Sammlung befindet, muss es sich um Münzkabinett, Staatliche Museen zu Berlin, 18257462 oder Münzkabinett, Staatliche Museen zu Berlin, 18321772 handeln. Den Durchmesser gibt er mit 19 mm an, das Gewicht 4,81 g passt zum keinen der beiden Stücke. Dass letzteres Exemplar in Berlin unter Aigiale lag, könnte für dieses sprechen.

Weitere Exemplare dieses Typs sind darüber hinaus meines Wissens nicht im Münzhandel aufgetaucht.

[2] Bei Mionnet III, 167 Nr. 772 wird der Beamte mit ΚΑΛΙΚ angegeben. Imhoof-Blumer 1886, 285 Nr. 4–5 las IAM. Liampi 2004, 92 Nr. e2 nennt als Lesung OIANI(?). Deppert-Lippitz 1984, 193 bezeichnet den Beamtennamen als nicht lesbar. Da Fehllesungen bei Mionnet nicht ungewöhnlich sind, sind den Vorschlägen von Imhoof-Blumer und zuletzt Liampi der Vorrang einzuräumen.

[3] Dies bemerkte bereits Kinns 1986, 260.

Bei den hier betrachteten Stücken scheint Nr. 1 (Berlin, 18257462) auf einen anderen Rückseitenstempel zurückzugehen. Zumindest wirkt der Stern auf diesem Exemplar nicht so abstrakt stilisiert. Nicht ausschließen möchte ich, dass diese Beobachtung auf die Abnutzung der oder des Stempel(s) zurückzuführen ist.

[4] Deppert-Lippitz 1984, Nr. 934 Taf. 30.

[5] Deppert-Lippitz 1984, Nr. 935 Taf. 30.

[6] Deppert-Lippitz 1984, Nr. 936 Taf. 30.

[7] Deppert-Lippitz 1984, Nr. 937.

[8] Liampi 2004, 92 Nr. e1 Pl. IX,D.

[9] Deppert-Lippitz 1984, Nr. 938 Taf. 30.

[10] Deppert-Lippitz 1984, Nr. 939 Taf. 30.

[11] Deppert-Lippitz 1984, Nr. 940 Taf. 30.

[12] Liampi 2004, 92 Nr. e2 Pl. IX,E.

[13] Deppert-Lippitz 1984, 117; Vidin 2021, 54 f. Beide datieren den Typ in das 2. Jh. v. Chr. (Deppert-Lippitz 1984, 117 erwägt eine Konkretisierung gegen 130 v. Chr.).

[14] Deppert-Lippitz 1984, 117 mit einer Ansprache als Kopf der Roma. Die Deutung als Athena präferierte dagegen Vidin 2021, 55, wobei sie darüber hinaus den ambivalenten Charakter der Darstellung betont.

[15] Siehe Kinns 1986, 259 f.

[16] Marcellesi 2004.

[17] Sechs Strahlen sind noch bei Münzkabinett, Staatliche Museen zu Berlin, 18257462 zu erkennen. Hier handelt es sich vermutlich um einen anderen Reversstempel als bei den anderen Stücken. Oder aber um einen frühen Nutzungszustand des Stempels; s. dazu oben Anm. 3.

[18] Dieser Umstand sowie der, dass bei allen bekannten Exemplaren für den Avers nur ein und den Revers lediglich zwei Stempel geschieden werden können, zeigen den geringen Ausstoß des Typus an.

[19] Vgl. zudem den Kommentar von Baldus in Didyma III.3, 68, der die Zweifel Kinns bezüglich der Zuweisung Deppert-Lippitz’ an Milet teilt.

[20] Eine Ausnahme in jüngerer Zeit ist Liampi 2004, 91–93.

[21] Vgl. den einführenden Text bei Imhoof-Blumer 1886, 284.

[22] Imhoof-Blumer 1886, 284 f. Nr. 1–5 = Liampi 2004, 91 f. Nr. II,a–e.

[23] Aus Imhoof-Blumer 1886, 285 geht unter Nr. 5 nicht eindeutig hervor, auf wie viele und welche Stücke er sich über das in seiner Sammlung befindliche hinaus bezieht.

[24] Vgl. Imhoof-Blumer 1886, 284 f. Der hier besprochene Typ ist durch das unter Nr. 5 gelistete Stück aus der Sammlung Imhoof-Blumers vertreten und koppelt über die Rückseite mit Nr. 4. Diese Münze ist wiederum über die Vorderseite mit Nr. 2 verbunden, welche bis auf den Beamtennamen denselben Rückseitentyp wie Nr. 1 aufweist.

[25] Imhoof-Blumer 1886, 285 Nr. 4. Leider scheint Liampi für diesen spannenden Typ Imhoof-Blumer 1886, 285 Nr. 4 kein Exemplar anführen zu können.

[26] Vgl. Imhoof-Blumer 1886, 285.

[27] Vgl. Imhoof-Blumer 1886, 285. Liampi 2004, 91–93 weist den Typ ›weiblicher Kopf mit Helm/Löwe‹ unter Berufung auf Deppert-Lippitz Milet zu. Milet möchte sie ferner den Typus Imhoof-Blumer 1886 Nr. 4 zuweisen. Die anderen Münzen ordnet sie einer unbekannten Münzstätte zu. Die Zuweisung durch Deppert-Lippitz erfolgte jedoch lediglich aufgrund der Einordnung des Reversmotivs als ›milesisch‹: ein klassischer Zirkelschluss.

[28] Vgl. Imhoof-Blumer 1886, 285; Imhoof-Blumer 1913, 5. Zu Amorgos als milesische Kolonie siehe Imhoof-Blumer 1886, 285; Liampi 2004, 69.

[29] Liampi 2004, 76. 100 f. Nr. 22; BMC Crete, 84 Nr. 5–6.

[30] Paris, BnF 18 = RPC V,2 unassigned ID 66454; vgl. Imhoof-Blumer 1886, 285; Imhoof-Blumer 1913, 4 f.; Lacroix 1949, 159; Liampi 2004, 75 f. 101 Nr. 24; Roch 2023, 111. Die Identifizierung der Göttin neben Apollon Didymeus als milesische/didymäische Artemis geht auf Imhoof-Blumer 1913, 4 f. zurück. Zuvor hatte er sich der älteren Deutung als Hera von Samos angeschlossen; vgl. Imhoof-Blumer 1886, 285 mit älterer Literatur. Die Zuweisung nach Amorgos/Aigiale geht auf Wroth im BMC Crete, S. XLVII zurück. Sie vertrat danach Imhoof-Blumer 1886, 285; Imhoof-Blumer 1913. Zur Forschungsgeschichte siehe auch Liampi 2004, 75 f. mit Anm. 73.

Der Beamte Epikrates bekleidete das Amt der Archiprytanie ausweislich des »B« in der Legende zum zweiten Mal. Der Name des Beamten weist auf eine bedeutende milesische Familie hin (vgl. Herrmann 1994) und ist darüber hinaus in Aigiale bereits für die Mitte des 2. Jhs. n. Chr. belegt (vgl. Liampi 2004, 69 Anm. 39).

[31] Liampi 2004, 69 schreibt »Connections with the Milesians existed as early as Hellenistic times, as can be seen from inscriptions of the 2nd-1st centuries B.C., recording the Milesian μολποί (guild of the musicians)«. Die epigraphischen Zeugnisse für die Molpoi in Aigiale sind zusammengestellt bei RE Supp. VI (1935) 510 s. v. μολποί (F. Poland).

[32] Vgl. auch Liampi 2004, 69 f.

[33] Vgl. Liampi 2004, 69 mit Anm. 37, die darauf hinweist, dass auch Kleruchien ihr Ethnikon auf den Münzen nannten. Zu Aigiale als Kleruchie Milets siehe Ruppel 1927, 315 f. mit Anm. 9; Ehrhardt 1988, 27 f.

[34] Zum Gewicht und der Größe der milesischen Hemiobole des 2. Jhs. v. Chr. siehe Marcellesi 2004, 182 f. Nr. 49 und 56. Für Aigiale siehe die Übersicht zur hellenistischen Münzprägung mit Ethnikon bei Liampi 2004, 97–100.

[35] Vgl. bereits Roch 2023, 15 f. mit Diskussion der Zuweisung.

[36] Imhoof-Blumer 1886, 285.

[37] Vgl. Liampi 2004, 78–82. 97.

 

Literatur

Deppert-Lippitz 1984

B. Deppert-Lippitz, Die Münzprägung Milets vom vierten bis ersten Jahrhundert v. Chr., Typos V (Aarau 1984). https://d-nb.info/840726392

Didyma III.3

H. R. Baldus, Fundmünzen aus den Jahren 19621998, Didyma III 3 (Mainz 2006). https://d-nb.info/978777093

Ehrhardt 1988

N. Ehrhardt, Milet und seine Kolonien. Vergleichende Untersuchung der kultischen und politischen Einrichtungen, Europäische Hochschulschriften 206 ²(Frankfurt am Main 1988). https://d-nb.info/551421533

Herrmann 1994

P. Herrmann, Milet unter Augustus. C. Iulius Epikrates und die Anfänge des Kaiserkults, IstMitt 44, 1994, 203–236

Imhoof-Blumer 1886

F. Imhoof-Blumer, Zur Münzkunde Grossgriechenlands, Siciliens, Kretas etc., NumZ 18, 1886, 205–286

Imhoof-Blumer 1913

F. Imhoof-Blumer, Beiträge zur Erklärung griechischer Münztypen, Nomisma 8, 1913, 4–5

Kinns 1986

Ph. Kinns, The Coinage of Miletus. Rez. zu B. Deppert-Lippitz, Die Münzprägung Milets vom vierten bis ersten Jahrhundert v. Chr., Typos V (Aarau 1984), NumChron 146, 1986, 233–260

Lacroix 1949

L. Lacroix, Les reproductions de statues sur les monnaies grecques (Paris 1949)

Liampi 2004

K. Liampi, The Coinage of Amorgos: Aigiale, Arkesine, Minoa and the Koinon of the Amorgians, RNum 160, 2004, 63–113. Abrufbar unter https://www.persee.fr/doc/numi_0484-8942_2004_num_6_160_2553

Marcellesi 2004

M.-Ch. Marcellesi, Milet des Hécatomnides à la domination romaine. Pratiques monétaires et histoire de la cite du IVe au IIe siècle av. J.-C., MilForsch 3 (Mainz 2004). https://d-nb.info/971688931

Mionnet III

T.-E. Mionnet, Description de médailles antiques grecques et romaines III (Paris 1808). Abrufbar unter https://digi.ub.uni-heidelberg.de/diglit/mionnet1808bd3

Roch 2023

J. Roch, Die kaiserzeitliche Münzprägung Milets. Fallstudie zur Entwicklung der Repräsentation, Perzeption und Integration der römischen Autorität im kollektiven Selbstverständnis der Städte Kleinasiens, Diss. Halle an der Saale 2021, Berliner Numismatische Forschungen N.F. 13 (Regenstauf 2023). https://d-nb.info/1312474505

Ruppel 1927

W. Ruppel, Zur Verfassung und Verwaltung amorginischer Städte, Klio 21, 1927, 313–339

Vidin 2021

H. Vidin, The Loyalty of a City to its Deity. Miletus and Apollon, in: S. Kerschbaum – H. Vidin (Hrsg.), Traditions through Empires. Cities of Asia Minor and their Coin Images, AMS 99 (Bonn 2021) 43–72