Das Münzkabinett, Staatliche Museen zu Berlin, im Jahr 2020

von Bernhard Weisser, Karsten Dahmen, Christian Stoess, Johannes Eberhardt, Jens Dornheim, Viola Gürke, Natalie Osowski, Marjanko Pilekić, Angela Berthold und Stefanie Baars

Was von dem Jahr 2020 bleiben wir, das ist die neue Kabinettsgeschichte, die über einen längeren Zeitraum entstanden ist und uns gezeigt hat, dass in vielen Bereichen noch Forschungsbedarf besteht, wir andererseits im Zusammenspiel mit unserem Interaktiven Katalog immer mehr Wissen zur Sammlungsgeschichte dauerhaft festhalten.

Im Januar 2020 wurde das Corona-Virus zum ersten Mal in Deutschland registriert. Zur Eindämmung der Pandemie dient das Mittel des ›Lockdown‹. Das aus dem Englischen stammende Wort Lockdown (›Abriegelung, Ausgangssperre‹) gehörte zuvor nicht zu unserem Wortschatz. Nicht das eindeutigere Wort Massenquarantäne wird genutzt, sondern ein zuvor im Zusammenhang mit Pandemien nicht verwendeter Begriff (Neologismus). Ziel dieser Maßnahmen ist es, die Begegnungen zwischen Menschen zu minimieren, um so die Infektionsmöglichkeiten zu reduzieren. Die Zahlen sind inzwischen (Ende Januar 2021) besser als in den ersten Januarwochen, die Impfungen haben begonnen. Auf der anderen Seite begünstigt die Jahreszeit die Ausbreitung, Sorgen vor einer ansteckenderen Mutation herrschen und die Impfungen werden erst im Laufe des Jahres ihre Wirkung entfalten. Selbst der Numismatiker und Museumsmensch entwickelt zwangläufig Interesse an diesen medizinischen Fragen und Diskussionen.

Museumsschließungen sind Folge der Absicht, die Ausgangssperre wirksam werden zu lassen. Dabei spielt der Umstand, dass für die Museumsbesucher umfängliche Maßnahmen zur Kontaktvermeidung ergriffen wurden und uns kein Fall bekannt ist, in dem ein Museum oder eine Museumsveranstaltung zum ›Hotspot‹ wurde, keine Rolle. Was soll ich in einer Stadt wie Berlin im Winter unternehmen, wenn Museen, Theater und Clubs geschlossen sind, wenn keine Veranstaltungen stattfinden dürfen, wenn an vielen Orten ständig eine medizinische Maske getragen werden soll? Mittlerweile wird auch anerkannt, dass öffentliche Verkehrsmittel ein Ansteckungsrisiko bieten. Der Weg zur Arbeit dauert in Berlin im Durchschnitt eine Stunde, und dieser Weg erfolgt überwiegend mit Hilfe öffentlicher Verkehrsmittel. Konsequenterweise müssen wir nun begründen, warum Mitarbeiter nicht in das Home-Office gehen können. Dabei schätzen wir es, dass der Arbeitgeber über die gesamte Zeit den individuellen Lebenssituationen (Risikogruppe, ›Homeschooling‹ u.a.) Rechnung trägt.

In dieser Situation ist Isolierung wichtiger als eine engmaschig kontrollierte Arbeitsleistung, und was ist das Ergebnis? Jeder gibt sein Bestes unter teilweise schwierigen Bedingungen. Vertrauen zahlt sich aus, vielleicht ist auch dies eine Erkenntnis in der Krise und gibt Hoffnung für ein besseres Miteinander auf Augenhöhe. Im Fazit des Jahres 2020 stehen für das Münzkabinett über 3.000 in hoher Qualität online publizierte Münzen (das sind wenigstens 3.000 Stunden Arbeitszeit), eine Zahl über dem üblichen Jahresdurchschnitt. Keine Anfrage blieb unbeantwortet. Bei den meisten Wissenschaftlern ist die digitale Schublade mit fast fertigen Manuskripten deutlich leerer geworden. Ich rechne mit einem Rekord an Publikationen für die Jahre 2020/21. Dies wird auch für das Münzkabinett gelten. In eingeschränkter Weise blieb das Münzkabinett für drängende Aufgaben zugänglich, so dass etwa Marguerite Spoerri-Butcher ihr Forschungsstipendium der Stiftung Preußischer Kulturbesitz zu den provinzialrömischen Münzen bei uns bis Ende November vollenden konnte. Ebenso gingen die eigenen Drittmittelprojekte weiter. Das ging nur, weil die Mannschaft sinnvoll reduziert war und alle sich penibel an die AHA-Regeln (Abstand halten, Hygiene beachten, Alltagsmasken) hielten. Dieses verantwortungsvolle Handeln gilt für die gesamten Staatlichen Museen. Zwar sind einige Mitarbeiter an Corona erkrankt, aber die jeweils von außen hereingetragene Krankheit fand in den Museen keine Weiterverbreitung.

Seit März haben wir neue Techniken zur Durchführung von digitalen Videoveranstaltungen erlernt (Abb. 1), dazu musste die Ausstattung angepasst werden, was teilweise in privater Initiative erfolgte. Alle Besprechungen und Tagungen sind in den digitalen Raum verlagert, und es gibt mittlerweile eher mehr als weniger Besprechungen und Workshops.

Abb. 1: Vorstellung des neuen Buches »Münzkabinett. Menschen Münzen Medaillen« am 10. Dezember 2020 in Form einer hybriden Videoveranstaltung: Johannes Eberhardt, Hermann Parzinger, Christian Stoess, Stefanie Baars, Karsten Dahmen mit Bernhard Weisser, Angela Berthold, Natalie Osowski, Marjanko Pilekić, Jens Dornheim und Paul Höffgen. Fotos: Johannes Eberhardt, Kollage: Natalie Osowski

Wir können uns aber nicht daran gewöhnen, dass es keine Besucher und Begegnungen bei Veranstaltungen mehr gibt. Jeder von uns vermisst die sozialen Kontakte. Das wird mit jedem Tag deutlicher. Seit dem Sommer haben wir einige Video-Veranstaltungen mit der Numismatischen Gesellschaft durchgeführt. Viele Mitglieder konnten sich mit dem virtuellen Format bisher nicht anfreunden. Dafür erreichen wir solche Mitglieder, die aufgrund des entfernten Wohnortes sonst nur selten teilnehmen können. Die Teilnehmerzahlen sind höher. Es gab sogar einen Antrag auf Neumitgliedschaft unter Hinweis auf das neue digitale Angebot. Wir hoffen trotzdem, bald wieder zu den elf Vortragsveranstaltungen an jedem vierten Donnerstag im Monat im Studiensaal des Münzkabinetts zurückkehren zu können. Bis dahin müssen wir uns mit digitalen Formaten behelfen. Bei geeigneten Themen werden wir zukünftig darüber hinaus an dem digitalen Videoformat festhalten, das sich sicher noch weiter entwickeln lässt.

Die Pandemie ist nicht vorbei, noch wissen wir nicht, was daraus wird, wir sind aber dankbar für die Arbeit im Münzkabinett und das Team, das sich in der Krise bislang glänzend bewährt hat.

Das Münzkabinett beteiligte sich an dem Reformprozess, der sich ab Juni an die Evaluierung der Stiftung Preußischer Kulturbesitz durch den Wissenschaftsrat anschloss. Es ist an der Initiative NFDI4objects beteiligt, die im Oktober ihren Antrag einreichte und auch in der Begutachtungsphase weiterhin intensiv zusammenarbeitete. Im September begann das EU-Projekt CHANGE, in dessen Rahmen 12.000 vorkaiserzeitliche kleinasiatische Münzen erfasst werden. Ein viermonatiges Projekt im Zuge eines BMBF-Projektes diente zur Erfassung keltischer Münzen.

Zehn Jahre lang war Valentina Schröder das Gesicht des Münzkabinetts (Abb. 2), die Person, auf die unsere Besucher als erste trafen, nachdem sie von ihr in den Studiensaal des Münzkabinetts eingelassen worden waren. Der Studiensaal ist ein großer heller Raum mit langem Arbeitstisch, der auch einen Teil unserer Bibliothek enthält. Es gibt drei Kategorien von Besuchern des Münzkabinetts: Besucher von Veranstaltungen, angemeldete Besucher für die Nutzung der Bibliothek und von Beständen und die unangemeldeten Besucher. Für die ersten beiden Gruppen lässt sich manches vorbereiten, etwa bestellte Bücher heraussuchen oder Sicherheitsaufnahmen von gewünschten Münzladen anfertigen. Die angemeldeten Besucher sind oft Personen, die mehrmals kommen und die Arbeitsbedingungen kennen. Viele von ihnen sind ausländische Wissenschaftler, häufig ohne Deutschkenntnisse, die dankbar für die Fremdsprachenkenntnisse von Valentina Schröder waren. Die unangemeldeten Besucher erfordern gelegentlich diplomatisches Geschick, etwa dann, wenn diese Zugang in Sicherheitsbereiche erbitten oder ihnen erklärt werden muss, dass für Materialvorlagen oder Münzbestimmungen Voranmeldungen wichtig sind. Denn dafür ist auch die Anwesenheit des zuständigen Kurators nötig.

Abb. 2: Valentina Schröder, vom 1. August 2010 bis 29. Februar 2020 Mitarbeiterin im Münzkabinett.
Foto: Münzkabinett, Staatliche Museen zu Berlin, Achim Kleuker (2017)

Valentina Schröder ließ sich von 1969–1972 zur Finanzkauffrau an der Fachschule für Finanzwirtschaft in Chişinău (Moldawien, UdSSR) ausbilden. Von 1974–1979 studierte sie an der dortigen Staatlichen Universität Geschichte und war anschließend von 1979–1988 wissenschaftliche Angestellte am Pädagogischen Institut in Tiraspol. Im Jahr 1985 heiratete sie Ralf Schröder, mit dem sie 1989 nach Berlin umzog. Seit 1989 war sie Museumsangestellte bei den Staatlichen Museen.

Valentina Schröder hat neben der Besucherbetreuung in der Bibliothek des Münzkabinetts mitgearbeitet und dort u.a. die Auktionskataloge verzeichnet und aufgestellt. Sie hat die Besucher und wissenschaftlichen Mitarbeiter in ihren Anliegen unterstützt. Nicht nur in ihren über 30 Dienstjahren bei den Staatlichen Museen zu Berlin hat die Museumsamtsmeisterin Valentina Schröder tiefgreifende Wechsel erlebt, die immer wieder eine Neuorientierung notwendig machten. Waren der Umzug aus Moldawien (seit 1991 Republik Moldau) nach Deutschland und der Mauerfall sicherlich die einschneidenden Erfahrungen, so hat sich auch das Münzkabinett in den letzten zehn Jahren gewandelt. Dass das Münzkabinett für seine gute Infrastruktur und freundliche Atmosphäre gelobt wird, ist nicht zuletzt ihr Verdienst.

Seit 1. Oktober 2020 ist Natalie Osowski als Bibliotheksmitarbeiterin am Münzkabinett angestellt.

 

Mitarbeiter und Personalia

Prof. Dr. Bernhard Weisser, Museumsdirektor (Münzen der Antike bis 3. Jh. n. Chr.; Gesamtleitung IKMK, Corpus Nummorum). – Dr. Karsten Dahmen, Vertreter des Direktors (Münzen der Spätantike und des Frühmittelalters, Byzanz, Islam/Orient, ausländische Medaillen der Neuzeit; Datenredaktion IKMK, NUMiD, NDP). – Christian Stoess M.A. (Münzen des Mittelalters, der Neuzeit und Moderne, von Europa und Übersee; Fotodokumentation). – Dr. Johannes Eberhardt (Münzen und Medaillen der Neuzeit und Moderne / deutschsprachiger Raum; Geldscheine und Wertpapiere; historisches Stempelarchiv der Berliner Münzstätte; Bibliothek)

Museumsassistent i. F.: Marjanko Pilekić M.A. (ab 1.2.2020, Sonderurlaub von September bis Dezember für Forschungsprojekt zur keltischen Münzprägung)

Restaurator: Dipl.-Restaurator (FH) Jens Dornheim

Fotograf: Johannes Kramer (Jan.–Aug. 8%, Sept.–Dez. 10%)

Sekretärin: Viola Gürke

Studiensaalaufsicht, Benutzer- und Bibliotheksbetreuung: Valentina Schröder (bis 29.2.2020); Natalie Osowski (ab 1.10.2020)

Projekt: Corpus Nummorum Thracorum – Klassifizierung der Münztypen und semantische Vernetzung über nomisma.org (Förderer: Deutsche Forschungsgemeinschaft, ab 2017): Dr. Angela Berthold (75%), Paula Michalski (stud. Hilfskraft, ab 1.2.2020–31.5.20), Desiree Brunsch (stud. Hilfskraft, ab 31.1.2020)

Projekt: CHANGE. The development of the monetary economy of ancient Anatolia, c. 630–30 BC (Förderer: EU): Stefanie Baars M.A. (65%, seit 1.11.2020), Jan Peuckert M.Ed. (stud. Hilfskraft, seit 1.9.2020), Paula Michalski B.A. (stud. Hilfskraft, seit 1.11.2020)

Projekt: Kipper- und Wipper (Förderer: Förderkreis des Münzkabinetts): Paul Höffgen (stud. Hilfskraft, ab 7.9.2020)

Projekt: Corpus Nummorum Online – die antiken griechischen Münzen von Moesia inferior, Mysien und der Troas (Förderer BMBF): Andrea Gorys M.A. (externe Mitarbeiterin, 50%)

Projekt: Netzwerk universitärer Münzsammlungen in Deutschland = NUMiD (Förderer: BMBF): Dr. Katharina Martin (externe Mitarbeiterin, 30%)

Mitarbeiter im Ehrenamt: Dipl.-Phil. Elke Bannicke, Prof. Dr. Jannis Hourmouziadis, Prof. Dr. Bernd Kluge, Horst Kosanke, Jürgen Morgenstern und Renate Vogel

Gemeinsam mit der Numismatischen Gesellschaft zu Berlin und der Erivan und Helga Haub-Stiftung trug das Münzkabinett dazu bei, (Nachwuchs-)Wissenschaftlern Arbeiten an den Beständen zu ermöglichen: Dr. Alaa Aldin al-Chomari, Stefanie Baars M.A., Paul Höffgen, Oksana Tokmina und Dr. Sonja Ziesmann

Praktika (studienbegleitend): Elisa Kraft und Antonia Schürgens

B. Weisser ist stellvertretender Vorsitzender der Numismatischen Kommission der Länder. Er ist Schatzmeister im Internationalen Numismatischen Rat und wurde als numismatischer Preisrichter in die Jury der Wettbewerbe zur Gestaltung der deutschen Gedenkmünzen berufen. Er ist im Beirat der Deutschen Gesellschaft für Medaillenkunst und im Gremium zur Verleihung des J. Sanford-Saltus Award. Er ist Mitglied im wissenschaftlichen Beirat für das American Journal of Numismatics. Gemeinsam mit K. Dahmen ist er im wissenschaftlichen Beirat der Zeitschriften Notae Numismaticae - Zapiski Numizmatyczne, Krakau, und der Online Zeitschrift zur Antiken Numismatik (OZeAN), Münster.

K. Dahmen leitet den Freundeskreis Antike Münzen (FAM). Er ist Preisrichter für die ›Coin of the Year‹ von Krause Publications. Er gehört der internationalen Arbeitsgruppe zur Schaffung und Vereinheitlichung numismatischer Normdaten (www.nomisma.org) an. Er ist Ombudsmann für gute wissenschaftliche Praxis für die Stiftung Preußischer Kulturbesitz.

Ch. Stoess ist Präsident der Gesellschaft für Internationale Geldgeschichte und Schatzmeister der Numismatischen Kommission der Länder. Er ist wissenschaftlicher Beirat der Numismatic Association of Australia.

J. Eberhardt ist Schriftführer der Deutschen Gesellschaft für Medaillenkunst und Sprecher des Berliner Medailleurkreises. Er wurde als numismatischer Preisrichter in die Jury der Wettbewerbe zur Gestaltung der deutschen Gedenkmünzen berufen. Er ist Mitglied im wissenschaftlichen Beirat der Publikationsreihe Rei nummariae scriptores, Triest.

J. Eberhardt, K. Dahmen und B. Weisser gehören dem Vorstand der Numismatischen Gesellschaft zu Berlin an, dem Förderverein des Münzkabinetts.

 

Erwerbungen

Insgesamt belief sich der Sammlungszuwachs auf 206 Objekte:

Münzen: 3

Marken: 143

Medaillen und Modelle: 60

Von den insgesamt 31 Erwerbungsvorgängen waren 17 Ankäufe, meist von zeitgenössischen Kunstmedaillen, und 14 Schenkungen. Ein Ankauf konnte mit Mitteln der Ernst von Siemens Kunststiftung finanziert werden (Brakteat Acc. 2020/153). Für den Bereich Antike gab es keine Zuwächse, für das Mittelalter konnte vorgenannter Brakteat erworben werden sowie zwei Münzen der Neuzeit. Marken und Zeichen sind mit 143 Stücken vertreten. Medaillen und Modelle machen 60 Objekte aus.

Der Großteil der Medaillenerwerbungen betraf Direktankäufe von zeitgenössischen deutschen Medailleuren, davon wurden 17 Arbeiten mit Haushaltsmitteln bezahlt.

Im Berichtsjahr konnte der zweite Teil der 2019 begonnenen Schenkung von Ingeborg Lewandowski (vgl. Acc. 2019/35–187) in den Bestand überführt werden: Insgesamt 143 englische bzw. britische Marken (Token) aus der Sammlung ihres 2006 verstorbenen Mannes Helmut Lewandowski (Abb. 4). Als weitere Sammlungserwerbung ist die vom Förderverein des Münzkabinetts, der Numismatischen Gesellschaft zu Berlin, angekaufte Sammlung Wissing mit Werken des Bühnenbildners und Medailleurs Horst Sagert (1934–2014) zu nennen (Abb. 9). Diese 24 Stücke sind dem Kabinett von der Gesellschaft geschenkt worden. Ein Brakteat der Gertrud, Äbtissin von Eschwege, mit Darstellung des Kaisers Friedrich I. Barbarossa (Abb. 3), wurde mit Hilfe der Ernst von Siemens Kunststiftung erworben. Weitere Geschenke für den Bestand des Münzkabinetts werden Hanfried Bendig, Jürgen Dietrich, Marianne Dietz, Manfred Olding, Dr. Manfred Posch (Abb. 5), Reinhard Seeck, Anna Franziska Schwarzbach (Abb. 8) sowie der Staatlichen Münze Berlin, dem Berufsverband des Deutschen Münzfachhandels und der Deutschen Gesellschaft für Medaillenkunst verdankt.

 
Abb. 3: Brakteat, Gertrud, Äbtissin von Eschwege (1188), Acc. 2020/153, Objektnummer 18271148. Am 17. März wurde ein bedeutender Brakteat der Äbtissin Gertrud (1180–1188) von der Abtei Eschwege versteigert. Dieser Brakteat wurde im Jahr 1188 anlässlich des Aufenthaltes Kaiser Friedrich Barbarossas auf der nahe liegenden Boyneburg in Nordhessen geprägt, nachdem dieser einen Streit zwischen der Äbtissin und ihrem Voigt, in dem es vor allem um die Einnahmen aus der Münzprägung ging, zu Gunsten von Gertrud geschlichtet hatte. Diese Münze stammt aus dem 1902 geborgenen Fund von Seega in Thüringen. Sie wurde 1908 mit Bild veröffentlicht und ist mit ihren verschiedenen Besitzerwechseln seitdem gut dokumentiert. Es ist unseres Wissens das einzige Exemplar dieses Typs aus der Blütezeit der Brakteatenkunst. Wir konnten diese Münze mit dem Kaiserbildnis von Friedrich Barbarossa zum Preis von 21.000 EUR erwerben. Die Hälfte der Kosten hat die Ernst von Siemens Kunststiftung übernommen, die andere Hälfte bezahlten wir aus unserem Spendentitel. Die ganze Aktion war ein Beispiel, wie gut eine kurzfristige Aktion in Zusammenarbeit mit der Generaldirektion und der Hauptverwaltung möglich war. Foto: Johannes Kramer
Abb. 4: Goldene Marke, John Berkeley Monck (1812), Acc. 2020/142, Objektnummer 18271494. Teil der Schenkung der Sammlung Helmut Lewandowski. In den Jahren 2019 und 2020 hat uns Ingeborg Lewandowski 153 neuzeitliche englische Münzen und 143 Token geschenkt. Es handelt sich dabei um die wertvolle Sammlung ihres im Jahr 2006 verstorbenen Ehemannes Helmut Lewandowski. Die Sammlung stellt eine willkommene Ergänzung unserer Bestände zu Großbritannien dar. Dubletten oder gering erhaltene Objekte wurden vor der Erwerbung ausgesondert. Zu der in dieser Vollständigkeit in Deutschland einmaligen Serie von Silber-Token verfasste im Berichtsjahr Paul Höffgen eine Bachelorarbeit an der Humboldt-Universität zu Berlin. Fotos: Johannes Kramer
 
Abb. 5: Gipsmodell von Leonard Posch: Helena Posch (1817), Acc. 2020/154, Objektnummer 18271220. Von 1817–2020 in Familienbesitz. Schenkung aus dem Besitz der Familie Posch. Foto: Johannes Kramer
Abb. 6: Almuth Lohmann-Zell: Trans-Ident (2017), Acc. 2020/192, Objektnummer 18274658. Ankauf vom Verein der Freunde und Förderer des Waffenmuseums Suhl aus dem Erwerbungsetat des Museums. Fotos: Johannes Kramer
Abb. 7: Marianne Dietz: Greta Thunberg (2020), Acc. 2020/193, Objektnummer 18275304. Ankauf aus dem Erwerbungsetat des Museums. Fotos: Johannes Kramer
Abb. 8: Anna Franziska Schwarzbach: Erinnerung der Undine (2000), Acc. 2020/206, Objektnummer 18276293. Die erste sog. Gittermedaille, in der die Künstlerin das Reißen des dünnen Eisens als bewusstes Element der Gestaltung einbezog. Geschenk anlässlich der Preisverleihung des J.-Sanford Saltus-Award an Anna Franziska Schwarzbach am 3. Dezember 2020 im Münzkabinett. Fotos: Johannes Kramer
Abb. 9: Horst Sagert, Publius Vergilius Maro (1984/2005), Acc. 2020/165, Objektnummer 18271314. Der Berliner Bühnenbildner und Theaterregisseur Horst Sagert (1934–2014) schrieb zu der Dauerausstellung des Münzkabinetts im Nordflügel des Pergamonmuseums: »Auf Medaillen bin ich durch eine Ausstellung im Pergamonmuseum gekommen. Da gab es ein kleines Kabuff mit Münzen – den Zauber fand ich unwiderstehlich«. Seit 1980 schuf Horst Sagert erste plastische Arbeiten in Metall, darunter auch medaillenartige Kleinkunstobjekte. Horst Sagert ist bereits im Kupferstichkabinett vertreten, und das Münzkabinett besitzt bisher sieben Arbeiten von ihm. Jetzt kommen weitere 24 Objekte dazu. Abgesehen von der Person und der ganz eigenen Ausdrucksform sind es Themen wie Westreise, Umbrüche 1990, der Golfkrieg und die Irritation/Desorientierung, die Sagerts Werk museumswürdig machen. Der Ankauf für 17.500 EUR erfolgte aus Mitteln des im November 2019 gegründeten Förderkreises des Münzkabinetts innerhalb der Numismatischen Gesellschaft zu Berlin. Fotos: Johannes Kramer

 

Publikationen

Monografie:

B. Weisser (Hrsg.), Münzkabinett. Menschen Münzen Medaillen, Das Kabinett 17 (Regenstauf 2020). Darin: Die Anfänge im kurfürstlichen Schloss. 16. Jahrhundert bis 1830 (E. Bannicke, Ch. Stoess) – Im Königlichen Museum bis zur Gründung des Münzkabinetts als eigenständiges Museum, 1830–1868 (B. Weisser) – Julius Friedländer als Direktor, 1868–1884 (B. Weisser) – Herausforderungen für Alfred von Sallet, 1884–1897 (K. Dahmen) – Glanzzeit im Kaiser-Friedrich-Museum. Julius Menadier und seine Zeit, 1898–1821 (B. Kluge) – Von Weimar zur Diktatur. Das Direktorat Kurt Reglings (1921–1935) und Arthur Suhles kommissarische Leitung bis 1945 (K. Dahmen) – Die Sammlung des Berliner Münzkabinetts als Trophäengut. Die Jahre 1945–1958 (L. Schmidt) – Zerstörung und Wiederaufbau. Arthur Suhle bis Heinz Fengler, 1945–1988 (B. Kluge, H. Simon, K. Dahmen und U. Kampmann) – Neue Zeiten. Die Jahre 1988–2014 (B. Weisser) – Objektgeschichte und Personengeschichte (B. Weisser) – Das Münzkabinett und seine Hausherren (E. Bannicke) – Mitarbeiter im Münzkabinett (B. Kluge, B. Weisser) – Wo kommen all die Münzen her? Die Erwerbungen des Münzkabinetts und seine Beziehungen zum Münzenhandel 1868 bis 1914 (Ch. Stoess) – Eine Sammlung – viele Köpfe. Vorbesitzer- und Provenienzrecherche (K. Dahmen) – Forschung und Wissenschaft (B. Weisser) – Das Münzkabinett und die Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften. Eine enge Partnerschaft (U. Peter) – Diebe und Verluste (B. Weisser) – Förderer und Mäzene des Münzkabinetts seit 2004 (B. Weisser) – Das Leitbild des Münzkabinetts (B. Weisser) – Provenienzrecherche und ihre Hilfsmittel. Kartellen, Erwerbungsbücher und -akten, Inventarbücher des Münzkabinetts ab 1649 (K. Dahmen) – Berliner Originale. Quellen zur Geschichte des Münzkabinetts im Zentralarchiv der Staatlichen Museen zu Berlin (B. Ebelt-Borchert, P. Winter) – Archivalische Quellen im Geheimen Staatsarchiv Preußischer Kulturbesitz (J. Aberle) (Abb. 10).

 
Abb. 10: Die neue Geschichte des Münzkabinetts erschien im Dezember 2020. An dem Buch seitens des Münzkabinetts E. Bannicke, K. Dahmen, B. Kluge, Ch. Stoess und B. Weisser mit Aufsätzen beteiligt. Gestaltung: Jan Hawemann

Weitere Aufsätze (in Auswahl):

Elke Bannicke

- Preußische Mariengeldmünzen zu VI und XII Groschen sowie Dritteltaler von 1758/59 kamen nicht nur aus der Dresdner sondern auch aus der Leipziger Münzstätte, in: Beiträge zur brandenburgisch/preußischen Numismatik 28, 2020, 118–130: mit L. Tewes.

- Chronologie und Typologie der sächsisch-polnischen Groschen aus Leipzig von 1753 bis 1756 und deren preußische Repliken aus sächsischen sowie preußischen Münzstätten von 1757 bis 1763, in: Beiträge zur brandenburgisch/preußischen Numismatik 28, 2020, 102–117: mit L. Tewes.

- Preußische ›Stiefelknechte‹ im Zahlungsverkehr des Herzogtums Anhalt-Bernburg sowie die Tätigkeit der Münzstätten Silberhütte 1793–1799 und Mägdesprung 1808–1813, in: Numismatisches Nachrichtenblatt 3, 2020, 91–97: mit L. Tewes.

- Harzgold-Dukaten – geprägt 1706 bis 1766 aus Gold vom Fuße des Auerbergs bei Stolberg, in: Numismatisches Nachrichtenblatt 9, 2020, 349–352: mit L. Tewes.

- Silberdukaten von 1710 und 1717 nach Leipziger Fuß aus der Münze zu Stolberg/Harz, in: Numismatisches Nachrichtenblatt 10, 2020, 383–388: mit L. Tewes.

 

Johannes Eberhardt

- Popkultur aus Elektron? Musikmünzen aus Syrakus, in: F. Haymann – S. Kötz – W. Müseler (Hrsg.), Runde Geschichte: Europa in 99 Münz-Episoden (Mainz 2020) 55–57.

- Die ›Freiheit‹ des Stempelschneiders – Hybride Imitation andalusischer Münzen, in: F. Haymann – S. Kötz – W. Müseler (Hrsg.), Runde Geschichte: Europa in 99 Münz-Episoden (Mainz 2020) 144–146.

- Tiermedaillen für Menschen. Zur Sonderausstellung »Bronzen wie Tiere« zum Werk von Heide Dobberkau, in: Numismatisches Nachrichtenblatt 69, 2020, 235–240.

- Kommet, Ihr Hirten… Silberne Weihnachtslieder für alle Sinne, in: Numismatisches Nachrichtenblatt 69, 2020, 465–467.

 

Christian Stoess

- A multi-technical study of silver denars from medieval Poland for improved understanding of their archaeological context and provenance, in: Archaeometry 2020, 1–18: mit M. Hrnjić, S. Röhrs, A. Denker, B. Weisser, M. Matosz und J. M. del Hoyo-Meléndez.

- Goldmünzen der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts (Schlussmünze 1567) aus einer archäologischen Grabung in der Großen Oderstraße von Frankfurt (Oder), in: Geldgeschichtliche Nachrichten 55, 2020, 403–405: mit M. Antkowiak und K.-U. Uschmann.

- Alexander von Humboldt und seine Münzen und Medaillen, in: Geldgeschichtliche Nachrichten 55, 2020, 394–402: mit K. Lepekhina.

 

Bernhard Weisser

- Die Fundmünzen von Priene im Kontext, in: W. Raeck – A. Filges und H. Mert, Priene von der Spätklassik bis zum Mittelalter. Ergebnisse und Perspektiven der Forschungen seit 1998 (Bonn 2020) 251–288, Taf. 61–69, Farbtafel 18: mit J. Eberhardt.

- Nationale Forschungsdateninfrastruktur, in: MuenzenRevue 4/2020, 22–24.

- Briefe aus Berlin, Numismatisch-museologische Betrachtungen, in: MuenzenRevue 52, 2020 (Briefe Nr. 25–35: 25. Peter Robert Franke; 26. Wie eine Ausstellung entsteht; 27. Ein neuer Förderkreis für das Münzkabinett; 28. Valentina Schröder; 29. Corona-Pandemie; 30. Patenschaften; 31. Erwerbungen; 32. Das erste Video-Münzsammlertreffen in Deutschland; 33. Dienstjubiläum in stürmischer Zeit; 34. Das Bode-Museum; 35. Warum der Pergamonaltar NICHT mit dem Thron Satans aus der Johannes-Offenbarung gleichzusetzen ist: mit A. Gorys).

- Das Münzkabinett, Staatliche Museen zu Berlin (Preußischer Kulturbesitz), im Jahr 2019, in: OZeAN 2, 2020, 141–154.

- Das Münzkabinett im Jahr 2016, in: Jahrbuch der Berliner Museen. Ehemals Jahrbuch der Preußischen Kunstsammlungen 59, 2017 (2019) 30–35.

- Das Münzkabinett im Jahr 2017, in: Jahrbuch der Berliner Museen. Ehemals Jahrbuch der Preußischen Kunstsammlungen 60, 2018/19 (2020) 39–45.

 

Die Zeitschrift ›Geldgeschichtliche Nachrichten‹ der Gesellschaft für Internationale Geldgeschichte wird von Ch. Stoess herausgegeben.

 

Social Media

B. Weisser, K. Dahmen, J. Eberhardt und M. Pilekić berichteten auf Twitter über die Arbeit im Münzkabinett. Diese Form der Öffentlichkeitsarbeit erfreut sich wachsender Beliebtheit. Unterstützt wurden sie dabei mit Inhalten und Bildern von Mitarbeitern im Münzkabinett.

 

Sammlungen, Forschung, Lehre und digitale Transformation

a) Sammlungen

Fortgesetzt wurden Arbeiten an den Münzen aus Mysien, der Troas und aus Moesia Inferior, ein Viermonatsprogramm diente der Veröffentlichung von keltischen Münzen. Im September wurde mit der Erfassung der vorkaiserzeitlichen Münzen Kleinasiens begonnen. Fortgesetzt wurde die Erfassung der deutschen Münzen von 900–1140 (Herzogtum Sachsen) und brandenburgisch-preußische Medaillen. Begonnen wurde auch mit der Dokumentation der sog. Kipper und Wipper sowie der Sammlung ›Ius in nummis‹ von Thomas Würtenberger.

Alle Wissenschaftler dokumentierten Objekte im Interaktiven Katalog des Münzkabinetts (IKMK). Die Provenienzforschung betraf viele Einzelrecherchen. Ansonsten wurde die Arbeit an der Sammlung durch Materialvorlagen im Studiensaal, Anfragen, Leihersuchen und Fotowünsche bestimmt, wobei jeweils parallel die Eingabe dieser Objekte in den IKMK erfolgte. Darüberhinausgehende Arbeiten waren eigene Wissenschaftsvorhaben gewidmet (s. dort).

Die Neuaufnahmen von Ladensicherungsbildern erhöhen die Gesamtanzahl an Ladensicherungsbildern auf 7.110 (2019: 6.857). Johannes Kramer fertigte qualitätvolle Aufnahmen von ca. 180 Objekten an und nahm Ausstellungs- und Eventdokumentationen vor. Die Zahl der fotografierten Einzelobjekte mit dem System Quickpx ist von 60.500 im Vorjahr auf 84.537 Stück gestiegen: (1.397 Laden, 723 Antike und 674 Mittelalter/Neuzeit). Damit wurden im Jahr 2020 24.000 Objekte (Vorjahr: 15.500 Objekte) neu mit dem System Quickpx erfasst (Abb. 11). Diese ist der mit Abstand höchste Wert seit Anschaffung des Fotosystems. Vor allem durch spezielle Forschungsvorhaben im Rahmen von Drittmittelprojekten wurde diese hohe Zahl erreicht. Das System Quickpx wurde zur Aufnahme von Münzen und Medaillen auch an die Skulpturensammlung und die Kulturverwaltung des Bundes entliehen. Mit der Implementierung der Kerndaten in die Aufnahmen, einer Entwicklung Winfried Danners in Zusammenarbeit mit dem Münzkabinett, hat sich das System Quickpx als führendes System bei der fotografischen Dokumentation von Münzen und Medaillen durchgesetzt. In einer Fotokampagne der Firma Lübke & Wiedemann wurden 1.731 Objekte aufgenommen, für die sich das hauseigene Fotosystem Quickpx nicht eignet. Somit sind insgesamt 25.948 Objekte im Jahr 2020 fotografisch erfasst worden (Ch. Stoess). 

Abb. 11: 140.000 von 540.000 Objekten sind mittlerweile digital fotografiert. Die Entwicklung der digitalen Fotoerfassung im Münzkabinett seit 2007. Graphik: Christian Stoess

b) Bibliothek und Studiensaal

Der Bestand ist um 196 Monographien und 87 Bände Periodika gewachsen, davon kamen 91 als Tausch- und Belegexemplare oder als Schenkung in das Münzkabinett. Die Retrokonversion der Bibliotheksbestände Im OPAC der SMB-Bibliotheken umfasst nun 9.511 Titel. Die Bibliothekare von der Kunstbibliothek, Daniel Schatz und Elisabeth Scheele, haben die Signierung der Bestände fortgesetzt, die im Zuge dieser Arbeiten auch in neuer Ordnung aufgestellt werden (J. Eberhardt). 621 Besucher wurden im Studiensaal betreut. Dies sind weniger als die Hälfte der Besucher von 2019 (1.272) (V. Schröder, N. Osowski). 

c) Restaurierung (J. Dornheim)

Schwerpunkte waren auch in diesem Jahr, neben der präventiven Konservierung, die restauratorische und konservatorische Betreuung des Sammlungsbestandes. In diesem Rahmen wurden insgesamt 1.095 Objekte auf ihren Zustand hin überprüft. Daraus leiteten sich an 681 Objekten restauratorisch-konservatorische Maßnahmen ab. Dies betraf insbesondere den Bestand an antiken Silber- und Bronzemünzen der römischen Kaiserzeit (Lydien, 1. Jh. v. Chr. bis 3. Jh. n. Chr.) sowie für Ausstellungen vorgesehene Objekte, hier vor allem mittelalterliche Denare und Brakteaten. In diesem Zusammenhang ist vor allem die rheinland-pfälzische Landesausstellung »Die Kaiser und die Säulen ihrer Macht« in Mainz zu nennen. Aber auch für Fotoaufträge wurden Objekte, z. B. Goldmünzen der römischen Kaiserzeit, restauratorisch bearbeitet. Die erforderlichen Arbeiten umfassten die Reinigung der Objekte sowie das Entfernen von Korrosionsprodukten, mit sich – je nach Notwendigkeit – daran anschließenden Konservierungsmaßnahmen. Aus dem künstlerischen Nachlass des Bildhauers und Medailleurs Gerhard Rommel (1934–2014) wurden insgesamt 67 auf Hartfaserplatten verklebte Bronzemedaillen behutsam vom Untergrund gelöst und anschließend einer Restaurierung unterzogen. Auch hier stand die Korrosionsproblematik im Vordergrund. Des Weiteren wurden im Sammlungstresor Metallschubladen gereinigt und insgesamt 840 Münzen auf neuen Tablaren ausgelegt.

Das sich im Bestand des Münzkabinetts befindende kleine Ölgemälde von Suzette Henry (1763–1819, Künstlerin und Tochter des Kupferstechers Daniel Chodowiecki) mit dem Porträt ihres Ehemannes Jean Henry (1761–1831, Prediger und Vorsteher der Königlichen Kunstkammern) konnte restauriert werden (Abb. 12). Die erforderlichen Maßnahmen am Gemälde (einschließlich Zierrahmen) wurden von Frau Dipl.-Restauratorin M.A. Christiane von Pannwitz, Berlin, ausgeführt.

Abb. 12: Das Gemälde auf Jean Henry vor und nach der Restaurierung. Fotos: Christiane von Pannwitz, Johannes Kramer

Für die Dauerausstellung im Museum Schloss Lübben wurden zwei galvanoplastische Kopien hergestellt. Dabei handelte es sich um Repliken von im 19. Jh. auf dem Gebiet des heutigen Bundeslandes Brandenburg gefundenen, antiken römischen Münzen (Aureus, 70 n. Chr., und Denar, 166 n. Chr.). Um das zwar äußerst präzise und qualitätsvolle, aber leider auch zeit- und materialaufwändige Verfahren der galvanoplastischen Vervielfältigung zukünftig eventuell durch die innovative 3D-Druck-Technologie ablösen zu können, gab es in diesem Jahr eine fortgesetzte Zusammenarbeit mit dem Zentrum für digitale Kulturgüter in Museen (ZEDIKUM) und eine erste Kontaktaufnahme mit der Technischen Universität Berlin. Die bei den durchgeführten Versuchen erzielten Ergebnisse sind vielversprechend, reichen hinsichtlich ihrer Qualität aber noch nicht an eine Galvanoplastik heran. Die Zusammenarbeit mit den genannten Institutionen soll fortgesetzt werden.

Gemeinsam mit Herrn Reinhard Uecker, Berlin, wurden mecklenburgische Witten (Silbermünzen, 1410–1450) bei der Bruker Nano GmbH mittels Röntgenfluoreszenzanalyse (RFA) metallurgisch auf ihren Silbergehalt hin untersucht. Bis auf eine Ausnahme deckten sich die gewonnenen Werte mit denen der bisher an Witten vorgenommen Messungen und die Silbergehalte konnten damit bestätigt werden.

Im Rahmen der Ausbildung von wissenschaftlichem Nachwuchs am Münzkabinett wurde erstmals seit langer Zeit wieder eine Studentin der Metallrestaurierung im Rahmen ihres Pflichtpraktikums betreut (Abb. 13). Dafür wurde ein zweiter Arbeitsplatz in der Restaurierungswerkstatt eingerichtet. Die Studentin konnte während ihrer 22-wöchigen Praktikumszeit einen umfassenden Einblick in die Arbeit des Restaurators am Münzkabinett erlangen und ihre Kenntnisse und Fertigkeiten auf dem Gebiet der Metallrestaurierung festigen und vervollkommnen.  

Abb. 13: Antonia Schürgens, studentische Praktikantin im Bereich der Metallrestaurierung am Münzkabinett. Foto: Jens Dornheim

d) Forschung/Wissenschaft

Das Gemeinschaftsprojektes mit der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften »Corpus Nummorum« (CN) wurde fortgesetzt. Weiterhin wird die Datenbank www.corpus-nummorum.eu im technischen und inhaltlichen Ausbau seitens des Münzkabinetts mitbetreut (A. Berthold, P. Michalski). Für die Regionen Troas und Moesia Inferior wurden die Bilder und Kerndaten zur Verfügung gestellt. Die Münzen verschiedener mysischer und troischer Münzstätten wurden in den IKMK und in CN eingegeben (B. Weisser, A. Gorys).

Im September startete das Projekt ›CHANGE. The development of the monetary economy of ancient Anatolia, c. 630-30 BC‹. Es handelt sich um ein von der Europäischen Union gefördertes Forschungsprojekt, das die Erstellung eines digitalen Typenkatalogs der vorkaiserzeitlichen Münzprägung Kleinasiens zum Ziel hat. Der Zeitraum erstreckt sich vom Beginn der Münzprägung im späten 7. Jh. v. Chr. bis zum Jahre 30 v. Chr., dem Beginn des römischen Prinzipats. Es soll ein vollständiger Überblick über alle etwa 336 ausprägenden Münzstätten (Abb. 14) gegeben werden sowie über die vier Großreiche, sechs Königreiche und etwa 50 unabhängige Herrscher, die in ca. 6 Jahrhunderten in der Region regierten. Die Datenbank wird letztlich ca. 50.000 Objekte aus fünf Sammlungen umfassen. Das Berliner Münzkabinett steuert davon etwa 12.000 Objekteinträge bei, die als Linked Open Data vorliegen werden (B. Weisser, S. Baars, P. Michalski, J. Peuckert).

Abb. 14: Kartenausschnitt mit Münzstätten Kleinasiens im IKMK zu Beginn des Projektes CHANGE (Stand 2020)

Maßgeblich mit Eigenmitteln ist das Münzkabinett seit 2017 an NUMiD (www.numid-verbund.de) beteiligt, der Erschließung universitärer Sammlungen in Deutschland (Sprecher: Prof. Dr. Johannes Wienand, Koordinatorin: Dr. Katharina Martin). Die Stammdaten werden in Berlin gesammelt, ediert und verwaltet. Den Hauptarbeitsbereich bildete die Erstellung neuer Konzepte, deren Anreicherung mit Identifikatoren sowie in Abstimmung mit der Koordinatorin die Zusammenarbeit mit den 42 bereits in NUMiD aktiven Sammlungen. Der Stammdatenexport betrifft derzeit 33 Sammlungen. Am Ende des Jahres 2020 waren über das Zentralportal des NUMiD-Verbundes unter der Adresse https://www.numid.online 26.826 in den verschiedenen IKMKs veröffentlichte Objekte online (2019: 21.333). Das Projekt wurde vom BMBF um ein Jahr bis Ende März 2021 verlängert (K. Dahmen, B. Weisser).

Die Arbeit an Archivalien betraf die Kabinettsgeschichte, die Korrespondenz von Arthur Löbbecke und die Recherche zu Vorbesitzern und Veräußerern.

Als Forschungsstipendiatinnen der Stiftung Preußischer Kulturbesitz arbeiteten H.-L. von Lenthe (Wien) und M. Spoerri-Butcher (Oxford) am Münzkabinett. 

e) Lehre

S. Baars, J. Eberhardt und B. Weisser führten Lehrveranstaltungen an der Humboldt-Universität zu Berlin durch. Die von Ch. Stoess angekündigten Lehrveranstaltungen, die die Sammlungsbenutzung voraussetzten, mussten aufgrund der Pandemie ausfallen. S. Baars, K. Dahmen, J. Eberhardt und B. Weisser veranstalteten zusätzlich Führungen und Handübungen mit Studierenden im Rahmen von anderen Universitätsveranstaltungen.

Paul Höffgen verfasste an der Humboldt-Universität eine Bachelorarbeit, die im Zusammenhang mit der Neuerwerbung englischer Token stand: »‘To facilitate trade change being scarce‘. – Die Rolle der britischen Silber-Token von 1811–1812 im alltäglichen Zahlungsverkehr. Eine Untersuchung anhand der Token-Sammlung Lewandowski im Münzkabinett der Staatlichen Museen zu Berlin«. Derzeit werden drei numismatische Dissertationen am Münzkabinett mitbetreut.

f) Digitale Transformation

Ende 2020 waren 39.841 Objekte des Münzkabinetts im World Wide Web (ikmk.smb.museum) publiziert. Der Zuwachs betrug im Jahre 2020 3.001 Objekte (2019: 2.788). Dies war, wie in den letzten dreizehn Jahren, nur durch den enthusiastischen Einsatz aller Beteiligten zu erreichen. Die materialbezogene wissenschaftliche Dokumentation erfolgt auch weiterhin weitgehend durch die Einwerbung von Drittmitteln.

Das Erfassungssystem mk_edit wurde um die neuen Kategorien Herstellungseigenschaften und sekundäre Merkmale ergänzt. Ein neues Feature (Projekt Heidelberg) bietet nun die Möglichkeit, Graffiti auf Münzen mittels Beschreibungsfeldern und normierten Graffitikürzeln umfänglich zu dokumentieren.

Der Bestand an Normdaten wurde weiter erhöht. Sie werden auch vom KENOM-Verbund genutzt. Personeneinträge: 11.062 (2019: 10.035), darunter u. a. Vorbesitzer 1.424 (2019: 1.348), Münzherren: 2.734 (2019: 2.418), Dargestellte: 3.360 (2019: 3.043). Dazu kommen z.B. Geographika (Münzstätten, Ausgabeorte, Fundorte): 3.307 (2019: 3.023). Diese mit weiteren Linked Open Data-Konzepten und Beschreibungen angereicherten Normdaten werden in einem eigenen Normdatenportal präsentiert: https://ikmk.smb.museum/ndp. Über VoIDRDF erfolgt der Datentransfer zu anderen numismatischen Spezialportalen (hier der American Numismatic Society). Die Datenexporte können nun direkt vom Münzkabinett in diese Portale ausgelöst werden. Dies betrifft nicht nur den IKMK des Berliner Münzkabinetts, sondern auch alle Sammlungen des IKMK-Verbundes. Hier erfüllt das Münzkabinett eine wichtige institutionsübergreifende Funktion für die deutsche und internationale Numismatik (K. Dahmen).

 

Ausstellungen und Veranstaltungen

Im Bode-Museum wurden als eigene Ausstellungen »Bronzen wie Tiere. Heide Dobberkau und ihre Tierwelten« (J. Eberhardt und W. Steguweit) und »Von Eva bis Greta. Frauen auf Münzen und Medaillen« (J. Eberhardt) gezeigt. Während die letztere Ausstellung seit November auf ihre Besucher wartet und 2020 aufgrund der Corona-Maßnahmen geschlossen blieb, war die Dobberkau-Ausstellung wenigstens einige Monate geöffnet und erfreute sich großer Beliebtheit. Es entstand in Zusammenarbeit mit dem ZEDIKUM und museum 4.0 ein digitales Führungsblatt: https://xplore.museum4punkt0.de/mk-pwa (Abb. 15) und während der ersten Schließungsphase ein Film zur Ausstellung: https://www.smb.museum/museen-einrichtungen/muenzkabinett/ueber-uns/filme.

Abb. 15: Erstmals wurde eine Ausstellung durch ein digitales Führungsblatt begleitet,
das in Verbindung mit museum4punkt0 entstand. Foto: Josefine Otte

Im Rahmen der Dobberkau-Ausstellung organisierte J. Eberhardt erstmals einen zweitägigen Medaillenworkshop (Abb. 16a–b), der von den Bildhauerinnen und Medailleurinnen Marianne Dietz und Adelheid Fuss geleitet wurde. Da die Ausstellung »Von Eva bis Greta« auch nach Fertigstellung geschlossen bleiben musste, veröffentlicht Ausstellungskurator J. Eberhardt seit November werktäglich ein Exponat der Sonderausstellung über Twitter. Im Rahmen der Ausstellungsvorbereitung und in Zusammenarbeit mit der Deutschen Gesellschaft für Medaillenkunst führte J. Eberhardt einen Nachwuchswettbewerb im Bereich der Medaillenkunst zu dem Thema »Drei Grazien« durch, der am 8. Oktober juriert wurde. Die prämierten Arbeiten und eine Auswahl der Beiträge wurden in die Sonderausstellung aufgenommen.

Abb. 16a–b: Zweitägiger Medaillenworkshop mit Marianne Dietz und Adelheid Fuss. Fotos: J. Eberhardt, B. Weisser

In der Dauerausstellung im Bode-Museum wurde vom Januar bis zum ersten Lockdown im März die Ausstellung »Perlentausch – Wissen, Werte, Welten« des Ethnologischen Museums in zwei Vitrinen präsentiert (C. Heroven, Ch. Stoess), die später im Humboldt-Forum zu sehen sein wird. Das Münzkabinett beteiligte sich an der neuen Dauerausstellung im Bode-Museum, die ebenfalls noch nicht geöffnet werden konnte: »Klartext. Zur Geschichte des Bode-Museums«.

Bedingt durch die Covid-19-Pandemie kam der Leihverkehr – vor allem jener außerhalb der Staatlichen Museen zu Berlin – dieses Jahr nahezu zum Erliegen. So gab es lediglich drei Leihvorgänge mit insgesamt 38 Leihgaben. Mit 30 Objekten war die Entleihe an das Landesmuseum Mainz für die Ausstellung »Die Kaiser und die Säulen ihrer Macht. Von Karl dem Großen bis Friedrich Barbarossa« die umfangreichste, aber auch die einzige außerhalb von Berlin zu betreuende. Für den Katalog B. Schneidmüller (Hrsg.), Die Kaiser und die Säulen ihrer Macht. Von Karl dem Großen bis Friedrich Barbarossa (Mainz 2020) verfassten Ch. Stoess und P. Höffgen 30 Katalogbeiträge.

Abb. 17: Die Intervention »Perlentausch – Wissen, Werte, Welten« des Ethnologischen Museum in der Dauerausstellung des Münzkabinetts im Bode-Museum. Foto: Christian Stoess (Januar 2020)

Ch. Stoess führte am 12. September die Jahresversammlung der Gesellschaft für Internationale Geldgeschichte in Frankfurt/M. durch. Die Treffen der Arbeitsgruppe »Experimentelle Numismatik« fielen aus.

Im Jahr 2020 sind zahlreiche Vorträge ausgefallen oder wurden in den digitalen Raum verlagert. Vorträge wurden gehalten: von K. Dahmen in Berlin (online) und Braunschweig, von J. Eberhardt in Berlin (online) und Erfurt (online), von M. Pilekić in Berlin (online), von Ch. Stoess in Berlin und Mainz und von B. Weisser in Berlin, Braunschweig und Warschau. Digital wurden zwei Veranstaltungen in Verbindung mit der American Numismatic Society durchgeführt: zum Beginn der Münzprägung in Milet und zur Verleihung des J.-Sanford Saltus-Award an die Berliner Bildhauerin Anna Franziska Schwarzbach. Der Videovortrag zu Milet, der bei der Numismatischen Gesellschaft zu Berlin durchgeführt wurde, war zugleich der erste Vortrag in diesem digitalen Format einer numismatischen Gesellschaft in Deutschland überhaupt. Hervorzuheben sind auch die Video-Veranstaltungen anlässlich der Fertigstellung der Ausstellung »Von Eva bis Greta. Frauen auf Münzen und Medaillen« im November und die Präsentation der neuen Kabinettspublikation von fast allen Mitarbeitern im Dezember (Abb. 1).

 

Abb. 18: Am 8. Februar 2020 bekam Karsten Dahmen Besuch von Mitarbeitern des Instituts für Museumsforschung und der Deutschen Digitalen Bibliothek. Es ging um unsere Art der Datenerfassung, Normdaten und Linked Open Data. Im Jahr 2021 wirkt ein solches Bild mit einer Menschenansammlung in einem kleinen Arbeitszimmer wie die Erinnerung an eine weit zurückliegende Zeit, in der Abstandhalten noch keine Tugend war. Foto: Bernhard Weisser

Der Förderkreis des Münzkabinetts

Am 22. November 2019 hat sich eine Gruppe von Freunden des Münzkabinetts und der Numismatik in Berlin zusammengefunden. Sie hat einen Förderkreis für das Münzkabinett gegründet. Damit erfüllte sich ein im Münzkabinett lang gehegter Wunsch. Zum Sprecher wurde Carl-Ludwig Thiele gewählt. In der Mitgliederversammlung der Numismatischen Gesellschaft zu Berlin, gegr. 1843, die satzungsgemäß der Förderverein des Münzkabinetts ist, wurde der Förderkreis am 23. Januar einstimmig als neuer Arbeitskreis innerhalb der Numismatischen Gesellschaft aufgenommen. Der Förderkreis blickt auf ein sehr erfolgreiches erstes Jahr zurück. Insgesamt wurden 102.500 Euro für acht verschiedene Projekte und Erwerbungen zur Verfügung gestellt (z.B. Abb. 9). Den Hauptposten bildet die Finanzierung einer dreijährigen studentischen Hilfswissenschaftlerstelle zur Kern-Erfassung der Kipper- und Wipperprägungen. Es folgen die Erwerbung der Sammlung Wissing und Arbeiten an der neu erworbenen Sammlung »Ius in nummis« von Thomas Würtenberger. Die weiteren Positionen betrafen kleinere Arbeiten im Zusammenhang mit dem IKMK und ein Video anlässlich der Verleihung des J. Sanford Saltus-Award an Anna Franziska Schwarzbach.