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Münster (upm/AKWL)
Wenn viele Medikamente eingenommen werden müssen, kann das zu Verwirrung führen. Medikationspläne sollen helfen.<address>© Symbolfoto: colourbox.de</address>
Wenn viele Medikamente eingenommen werden müssen, kann das zu Verwirrung führen. Medikationspläne sollen helfen.
© Symbolfoto: colourbox.de

Forscher werten Daten zu Medikationsplänen aus

Lückenhafte Pläne - zudem häufig nicht aktuell

Bisher war auf die meisten Medikationspläne kein Verlass. Zu diesem Ergebnis kommen Apothekerin Isabel Waltering (Universität Münster), Dr. Oliver Schwalbe (Apothekerkammer Westfalen-Lippe) und Prof. Dr. Georg Hempel (Universität Münster) in einer Versorgungsforschungsstudie, die im November im Fachjournal "Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung und Qualität im Gesundheitswesen" veröffentlicht wurde.

Die Pharmazeuten werteten bei ihrer Querschnittstudie im Rahmen einer Medikationsanalyse die Daten von 500 Patienten aus. Beteiligt waren 127 Apothekerinnen und Apotheker, die im Rahmen ihrer Ausbildung zum Arzneimitteltherapiesicherheit-Manager (AMTS-Manager) eine sogenannte Brown-Bag-Analyse durchführten und auf diese Weise die aktuelle Medikation der Patienten mit einer vorhandenen Medikationsliste abglichen.

"Von 399 Medikationslisten enthielt keine für alle Arzneimittel Informationen in den einzelnen Kategorien der bundeseinheitlichen Vorgabe", stellen Isabel Waltering, Oliver Schwalbe und Georg  Hempel fest. Der Fertigarzneimittelname war in einem Drittel der Medikationslisten (33,8 Prozent) für alle Arzneimittel angegeben, von denen 41 Prozent nicht mit dem tatsächlich verwendeten Arzneimittel übereinstimmten. Zudem wurden Fertigarzneimittelnamen häufig gemischt mit der Wirkstoffbezeichnung aufgelistet. Dosierungen fehlten bei 34,6 Prozent der Arzneimittel. Bei 80,2 Prozent fehlte die Arzneiform, bei 95,2 Prozent die Indikation und bei 96,7 Prozent die Einnahmehinweise.

Die lückenhaften Daten waren zudem oftmals nicht einmal aktuell: Das Alter der Pläne lag im Schnitt bei 4,5 Monaten mit einer Spannbreite von 0 bis 12 Monaten. Nach zwei Monaten stieg die Anzahl der Abweichungen zwischen Plan und tatsächlicher Einnahme um die Hälfte an. Die Autoren empfehlen daher: "Aktualisiert werden sollten die Pläne sinnvollerweise bei jeder Änderung, aber generell alle drei Monate beziehungsweise einmal im Quartal."

Ein vollständiger aktueller und einheitlicher Medikationsplan sei grundsätzlich notwendig zur Erhöhung der Arzneimitteltherapiesicherheit. Dies gilt besonders für multimorbide Patienten, also für Patienten, die unter mehreren Erkrankungen leiden. "Damit dieses Ziel erreicht werden kann, ist eine Reihe von Angaben wichtig", resümieren die Autoren und fügen hinzu: "Mit den Vorgaben des bundeseinheitlichen Medikationsplans werden diese Ansprüche erfüllt, daher ist eine Implementierung in der jetzt vorliegenden Form sehr sinnvoll."

Um den Medikationsplan so einzusetzen, dass alle Beteiligten, besonders aber die Patienten davon profitieren, sei eine interprofessionelle Zusammenarbeit und Nutzung der verschiedenen Kompetenzen unabdingbar. Jede Änderung der Medikation sollte von der jeweiligen Profession umgehend vorgenommen werden, inklusive einer Aktualisierung der Pläne einmal im Quartal. Eine Umsetzung in der Fläche fordert einen erheblichen Aufwand und Kommunikation aller Beteiligten. Keine der beteiligten Professionen könne diese sinnvolle Aufgabe alleine bewältigen, so die Autoren, die abschließend fordern: "Eine Vernetzung und einfach zu bedienende Software-Lösungen auf Basis des einheitlichen patientenbezogenen Medikationsplans sollten etabliert und Zuständigkeiten sowie Informationswege definiert werden."

Zum Hintergrund:

Das Gesetz für sichere digitale Kommunikation und Anwendungen im Gesundheitswesen (E-Health-Gesetz) sieht vor, dass Patienten, die drei oder mehr verordnete Arzneimittel anwenden, seit dem 1. Oktober 2016 einen Anspruch auf einen bundeseinheitlichen Medikationsplan haben. Der Medikationsplan wird vom verordnenden Arzt ausgefertigt. Die Apotheke hat die Aktualisierung des Medikationsplans bei Abgabe eines Arzneimittels auf Wunsch des Versicherten vorzunehmen. Eine Medikationsanalyse in der Apotheke zur Erfassung der Gesamtmedikation ist vom Gesetzgeber bisher nicht vorgesehen.

Originalpublikation:

Isabel Waltering, Oliver Schwalbe, Georg Hempel:
Informationsgehalt von Medikationsplänen vor dem Hintergrund der Einführung des einheitlichen patientenbezogenen Medikationsplans. Information content of medication schedules prior to the implementation of the federal standard medication plan. Zeitschrift für Evidenz, Fortbildung und Qualität im Gesundheitswesen, 2016, Ausgaben 115-116, S. 24-32.

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