|
Münster (upm/ja)
Wenig Erholung trotz Strand<address>© colourbox.de</address>
Wenig Erholung trotz Strand
© colourbox.de

"Erholung muss fest eingeplant werden"

Erholungsforscherin Prof. Dr. Carmen Binnewies gibt Tipps für die vorlesungsfreie Zeit

Viele Studierende sprechen schon lange nicht mehr von "Semesterferien", sondern von der vorlesungsfreien Zeit. Kein Wunder: Mit Blick auf die Vielzahl von Hausarbeiten und Prüfungen, die sie während der Sommermonate leisten müssen, will sich oft kein echtes Feriengefühl einstellen. Juliane Albrecht sprach mit Erholungsforscherin Prof. Dr. Carmen Binnewies vom Institut für Psychologie darüber, was Studierende für sich Gutes tun können und sollten, selbst wenn zwischen den Semestern die Aufgaben-Liste drückt.

Studierende haben heute ein straff durchorganisiertes Studium und meist weniger freie Zeit als früher. Was ist ihr Rat für Studierende sich zu erholen?

Wichtig ist, dass es nach anstrengenden Phasen auch wieder Erholungsphasen gibt. Am besten ist es, wenn möglichst kurzfristig den Phasen der (besonderen) Anstrengung durch Erholung etwas entgegengesetzt wird. Ansonsten verliert man über die Zeit immer mehr Energie und Motivation und benötigt deutlich mehr Anstrengung für die nächsten Aufgaben. Man muss aufpassen, nicht in einen Teufelskreis zu kommen, bei dem man "Erholung kürzt", um noch Aufgaben fertig zu stellen. Kurzfristig funktioniert es, für eine Klausur oder Arbeit einige Tage voll durchzuarbeiten. Aber spätestens wenn sich über einen längeren Zeitraum Klausuren oder Hausarbeiten aneinanderreihen, wird mangelnde Erholung zum Problem. Darüber hinaus ist guter Schlaf für Erholung essenziell. Es kommt zwar mehr auf eine gute Schlafqualität als auf die Schlafdauer an, aber den meisten Menschen ist es nicht möglich, mit weniger als sechs Stunden einen erholsamen Schlaf zu erleben und am nächsten Tag wieder fit zu sein. Wichtig ist, zu realisieren, dass für eine gute (Studien-) Leistung und langfristig für unsere Gesundheit Erholung unabdingbar ist und fest mit eingeplant werden muss.

Was sollen Studierende machen, die auch die Ferienzeit verplant haben und zum Beispiel nicht wegfahren können, um abzuschalten?

Um sich zu erholen oder speziell um vom Studium abzuschalten, ist es nicht unbedingt erforderlich wegzufahren. Ein Ortswechsel kann hilfreich sein, weil man neue Eindrücke bekommt, aber man kann auch daheim Wege finden um abzuschalten. Zum einen kann man zu Hause für sich Plätze suchen und finden, die man als "Erholungsoase" für sich definiert. Für manche ist das vielleicht der Aasee oder eine Grünfläche. Aber selbst in den eigenen vier Wänden kann man so einen Platz festlegen – etwa die Sofaecke oder die Küche. Dort sollte man möglichst nicht lernen oder arbeiten, damit es zur Routine wird, dass dieser Ort zur Erholung dient. Abschalten wird auch gefördert, wenn wir Aktivitäten ausüben, die uns voll und ganz mental in Anspruch nehmen. Zum Beispiel lösen manche Leute Kreuzworträtsel oder puzzeln gerne, da diese Aufgabe von der Arbeit oder vom Studium ablenken. Darüber hinaus wird Abschalten gefördert, wenn wir mit anderen zusammen sind und nicht über die Arbeit oder das Studium sprechen. Andere Leute lenken uns leichter von den Gedanken an unerledigte Aufgaben ab. Zu bedenken ist, dass Erholung aber für jeden Menschen ein Stück weit individuell ist. Man muss für sich selbst überlegen, bei welchen Aktivitäten man sich erholt und gut abschalten kann. Meistens weiß man das auch, dann geht es eher darum, sich im Alltag dafür feste Zeiten einzuplanen.

Erholungsforscherin Prof. Dr. Carmen Binnewies<address>© WWU - privat</address>
Erholungsforscherin Prof. Dr. Carmen Binnewies
© WWU - privat


Gibt es spezielle Erholungs-Tricks für Studierende, die viel am Schreibtisch sitzen müssen?

Die Forschung hat gezeigt, dass Menschen, die unter Stress am Schreibtisch arbeiten, oft Muskelverspannungen bekommen, obwohl sie sich subjektiv noch gar nicht gestresst fühlen. Diesem Prozess kann man durch Kurzpausen entgegenwirken. Hilfreich ist es, sich in diesen Kurzpausen zu bewegen. Man kann das auch mit anderen angenehmen Aktivitäten verbinden: eine Runde um den Block gehen oder einen Tee kochen. Manche Menschen können auch entgegen der allgemeinen Erwartung gut an Plätzen lernen und arbeiten, wo es etwas Abwechslung gibt, zum Beispiel in einem Café. Andere brauchen eher ihre Ruhe und vermeiden jegliche Ablenkung. Es gibt kein Patentrezept – jeder muss für sich selbst herausfinden, womit er am besten zurechtkommt.

Links zu dieser Meldung