Unterseminar: Ethisch argumentieren: In
Bioethik, Medizinethik und Allokationsethik / The Ethical Argument: On
Bioethics, Medical Ethics and the Ethics of Allocation (Sommer 2006)
ergänzende Informationen und Materialien
- Veranstaltungsnummer:
- 021537
- Teilgebiete:
- Sektion C: D; G; HR; GG; BK; M.A.(NF); P C3; P (wF)C2; SI C3; SII/I C4; BA KJ; BA 2F; BA JE
- Zeit:
- Di., 16-18 Uhr
- Ort:
- Hüfferstiftung Raum 2.69
- Beginn:
- 4. April 2006
- Ende:
- 11. Juli 2006
Gehen Sie von einfachen Beispielen aus. In der Bioethik: Der Bundestag
debattiert über die Forschung an embryonalen Stammzellen. Die einen
sagen, man müsse diese Forschung zulassen, um Krankheiten zu erforschen
und dadurch die Entwicklung neuartiger Therapien zu ermöglichen;
dadurch werde langfristig zahllosen, unter schweren Krankheiten
leidenden Menschen geholfen. Andere sagen, man dürfe diese Forschung
auf keinen Fall zulassen, auch nicht mit dem Ziel, die Entwicklung
neuartiger Therapien zu ermöglichen, weil es sich auch bei embryonalen
Stammzelllinien um menschliches Leben handle; und menschliches Leben
dürfe man auf keinen Fall instrumentalisieren, also nicht
ausschließlich einem fremden Zweck unterwerfen. Oder in der
Medizinethik: Eine Organisation bietet den „betreuten Tod“ an; es
handelt sich dabei um ein Paket, bestehend aus psychologischer und
medinzinischer Sterbebegleitung sowie der Regelung aller Formalitäten,
bis hin zur Bestattung. Das Angebot richtet sich an schwerkranke
Menschen, die eigentlich noch – wenn auch meist unter erheblichem
therapeutischem Aufwand – weiterleben würden, aber selbst ihrem Leben
ein Ende setzen möchten. Sie berufen sich dabei auf ihr
Selbstbestimmungsrecht und verweisen auf ein langes, sinnloses Leiden,
an dessen Ende doch der Tod stehen wird; dieses Leiden möchten sie
verkürzen. Soll es, darf es solche Organisationen geben? Oder in der
Allokationsethik: Ein Zug ist entgleist, dreihundert Insassen sind mehr
oder weniger schwer verletzt. Die Rettungskräfte beginnen mit der
Versorgung der Verletzten. Aber wie beginnen sie? Zuerst die
Schwerstverletzten, um deren Leben zu retten – das ist sehr aufwändig
und bindet viele Kräfte, die dann für die Versorgung der
Leichtverletzten nicht zur Verfügung stehen. Also zuerst die
Leichtverletzten; deren Versorgung ist weniger aufwändig, so dass man
mit den zur Verfügung stehenden Kräften sehr vielen Menschen effektiv
helfen kann – man müsste dann allerdings die Schwerverletzten erst
einmal liegen lassen. Also vielleicht zuerst die Kinder? Oder die
Eltern von Kindern? Und die Hochbetagten zuletzt? Gibt es eigentlich
Pläne, wie man in Katastrophensituationen Verletzte sortiert und wer
zuerst behandelt wird? Und wer entscheidet überhaupt darüber? Und mit
welchen (medizinischen? ethischen?) Argumenten kann man rechtfertigen,
dass man die eine Gruppe gegenüber der anderen Gruppe privilegiert?
Anhand solcher Fragen werden im Seminar verschiedene Typen ethischen
Argumentierens vorgestellt, gegenübergestellt und eingeübt. Ziel des
Seminars ist es einerseits, verschiedene ethische Argumentationsweisen
kennenzulernen und sie in Bezug auf Beispiele aus den Bereichen
Bioethik, Medizinethik und Allokationsethik einzusetzen. Und Ziel des
Seminars ist es andererseits, öffentliche Debatten kritisch verfolgen
zu können, also erkennen zu können, wer wann warum wie ethisch
argumentiert, welche ethische Orientierung und welcher ethische
Argumentationstyp dabei im Hintergrund steht.
Einführende Literatur
- Literatur:
Marcus Düwell/Klaus Steigleder (Hg.), Bioethik. Eine Einführung,
Frankfurt: Suhrkamp 2003. /// Eve-Marie Engels (Hg.), Biologie und
Ethik, Stuttgart: Reclam 1999. /// Christian Geyer (Hg.), Biopolitik.
Die Positionen, Frankfurt: Suhrkamp 2001. /// Johann S. Ach/Gerd
Brudermüller/Christa Runtenberg (Hg.), Hello Dolly? Über das Klonen,
Frankfurt: Suhrkamp 1998. /// Urban Wiesing (Hg.), Ethik in der
Medizin. Ein Studienbuch, Stuttgart: Reclam 2004. /// Oliver
Rauprich/Georg Marckmann/Jochen Vollmann (Hg.), Gleichheit und
Gerechtigkeit in der Medizin, Paderborn: mentis 2005. /// Georg
Marckmann/Paul Liening/Urban Wiesing (Hg.), Gerecht
Gesundheitsversorgung. Ethische Grundpositionen zur Mittelverteilung im
Gesundheitswesen, Stuttgart/New York: Schattauer 2003. /// Weyma Lübbe
(Hg.), Tödliche Entscheidung. Allokation von Leben und Tod in
Zwangslagen, Paderborn: mentis 2004.
- Das Seminar findet in Verbindung mit von
qualifizierten Studierenden geleiteten Tutorien statt, die den
SeminarteilnehmerInnen den Einstieg in das Studium der Theologie
erleichtern sollen.
- Die Anmeldung zum Seminar findet bei der
zentralen Vorstellung und Einteilung der Basismodul-Unterseminare am
Dienstag, 04.04.2006, um 14 c.t. im KThS I statt. Nachmeldung ist nach
Maßgabe vorhandener Plätze an den darauffolgenden Tagen per Eintrag auf
einer im Fakultätsgebäude in der Johannisstraße aushängenden Liste
möglich. Die TeilnehmerInnenzahl ist auf 30 Personen beschränkt.
Bedingungen für den Erwerb eines Leistungsnachweises
In dem Seminar sind vier ECTS-Punkte zu erzielen. Ein CP muss aus der
regelmäßigen Teilnahme am Seminar erzielt werden, ein weiterer CP aus
der Teilnahme an den diesem Basismodul-Seminar verbindlich zugeordneten
Tutorien; die beiden übrigen Punkte können wahlweise aus folgenden
Leistungen erzielt werden:
Referat und schriftliche Ausarbeitung des Referats: 2 CP;
Schriftliche Seminararbeit (Hausarbeit): 2 CP.