Entscheiden über Bauprojekte

Vortrag der Architektursoziologin Dr. Michaela Schmidt über Eigenlogik und Wirkmacht administrativer Praktiken

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Administrative Praktiken bei Bauprojekten stehen im Mittelpunkt eines Vortrags am SFB 1150. (Symbolbild)
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Prozesse des Entscheidens in der Eigenlogik von Behörden stehen im Mittelpunkt eines Vortrags der Architektursoziologin Dr. Michaela Schmidt von der ETH Zürich. Die Wissenschaftlerin wird im Rahmen der AG Praktiken des Entscheidens über die Frage referieren, inwiefern die Praxistheorie dazu beitragen kann, Prozesse des Entscheidens zu analysieren. Die Sitzung findet am Dienstag, dem 14. November, von 18 bis 20 Uhr im Institut für Ethnologie an der Studtstraße 21 statt. Alle Interessierten sind dazu herzlich eingeladen. Michaela Schmidt ist derzeit  als Gastwissenschaftlerin des SFB 1150 „Kulturen des Entscheidens“ in Münster, auf Einladung der Projekte B05 Politisches Entscheiden über Sicherheit im britischen Parlamentarismus (16.-19. Jahrhundert) (Leitung: Rolf Ahmann und André Krischer) und C04 Entscheiden im frühmodernen Gerichtsverfahren: Ein deutsch-englischer Vergleich, 16.-19. Jahrhundert (Leitung: André Krischer und Peter Oestmann).

Michaela Schmidts Studie „Im Inneren der Bauverwaltung. Eigenlogik und Wirkmacht administrativer Praktiken bei Bauprojekten“ (Bielefeld 2016) ist in verschiedener Hinsicht für die Fragestellungen des SFB interessant. Es geht um Entscheidungen über Bauprojekte in der Schweiz, aber vor allem auch um die Prozesse des Entscheidens selbst. Michaela Schmidt beobachtet, wie aus einem Antrag ein behördenspezifischer ‚Fall‘ wird, der allmählich eine entscheidungsreife Gestalt gewinnt. Dieser Prozess unterliegt der Eigenlogik der für die Behörde eingespielten Praktiken. Er ist nicht einfach als  eine Ausführung der Vorschriften zu begreifen, sondern als ein Zusammenspiel formaler und informaler Vorgehensweisen. In der Arbeit geht es entsprechend um die technischen und symbolisch-expressiven Dimensionen des Verwaltungsverfahrens, um dessen „materielle Infrastruktur“ (Akten, Modelle), um die Ressource beziehungsweise das Medium ‚Zeit‘ und um Sitzungen. Entscheiden wird damit als ein komplexer, Sequenzen übergreifender, Mündlichkeit, Schriftlichkeit und Dinglichkeit umfassender Vorgang dekonstruiert.

Michaela Schmidt hat in Potsdam und Freiburg im Breisgau Humangeographie, Geographie und Kunstwissenschaften studiert. Von 2009 bis 2012 war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin bei der Stadt Eschwege in der Sozial- und Altenhilfeplanung. Seit 2010 ist sie als Nachwuchswissenschaftlerin an der ETH Zürich, Department Architektur, im Projekt „ETH Wohnforum – ETH CASE Centre for Research on Architecture, Society & the Built Environment“ beschäftigt. 2015 wurde sie an der ETH promoviert. Während ihrer Zeit in Münster wird Frau Schmidt an Politiken und Praktiken der Organisation und Aneignung von Wohnraum für MigrantInnen und geflüchtete Menschen arbeiten, einer vergleichenden Studie lokaler Modelle der Wohnraumversorgung im Kontext von Migration und städtischem Wandel.