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Teilprojekt 600

TP 600 - Kohlenstoffvorräte und Biodiversität in in nicht ackerbaulich genutzten Ökosystemen

Einführung - Ziele - Methoden - Erste Ergebnisse

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Einführung


WiesensteppeIn den ausgedehnten Mooren Westsibiriens sind Kohlenstoffvorräte von globaler Bedeutung gespeichert. Diese Moore fungieren daher als Senke im globalen Kohlenstoffhaushalt. Jedoch wurden im Umfeld der Stadt Tyumen zur Sowjetzeit bereits großflächig Moore entwässert und als artenarmes Einsaatgrünland bewirtschaftet, obwohl sich dieses als nicht sehr ertragreich erwies.
Wiesensteppe200pxAusgedehnte Seggenmoore, natürliche Flussauen, Steppenrasen und Birkenwälder gehören zu den wertvollsten Lebensräumen, die eine Vielzahl von hochspezialisierten Tier- und Pflanzenarten beherbergen, darunter auch weltweit gefährdete Arten wie Schelladler, Steppenweihe und Weidenammer. Gerade diese wertvollen Ökosysteme scheinen aber auch sehr sensitiv gegenüber Umweltveränderungen durch Klima- und Landnutzungswandel zu reagieren. Die Ausweitung von ackerbaulicher Nutzung wird zu direkten Flächenverlusten dieser Lebensräume führen und auch benachbarte Gebiete durch Drainage und erhöhte Nährstoffeinträge negativ beeinflussen. Auswirkungen einer Intensivierung der Landwirtschaft scheinen ebenfalls möglich, sind aber schwierig abzuschätzen.

Ziele


  • Analyse der aktuellen biotischen und abiotischen Ökosystemfunktionen
  • Entwicklung eines Indikatorsystems für die Bewertung des Ist-Zustands und zukünftiger Veränderungen
  • Übertragung von punktuell erfassten Daten auf die Landschaftsebene
  • Bereitstellung von Basisdaten für die Modellierung von zukünftigen Szenarien des Landschaftswandels
  • Festlegung von Vorranggebieten für den Schutz von Ökosystemfunktion und Empfehlungen für nachhaltige Landnutzungspraktiken

Methoden


Basierend auf Landschaftsklassifikation und Analyse der Landnutzung in den drei Testgebieten (siehe SP200) wurden Ökosystemtypen definiert und für ein stratifiziertes Probenahmedesign genutzt (Abb. 1). Entsprechend der Flächenanteile wurden je 25 Probepunkte in hemi-borealen Birkenwäldern und je 50 Probepunkte in Grasländern pro Testgebiet zufällig ausgewählt. Zur Beurteilung der Kohlenstoffvorräte und der abiotischen Standortverhältnisse werden an jedem Probepunkt Bodenproben aus drei Tiefenstufen gewonnen und im Labor auf unterschiedliche Parameter wie z.B. C, N, P, K und spektrale Eigenschaften (FT-IR Spektren) untersucht. Für jede Probefläche wird eine Vegetationsaufnahme angefertigt. Für krautige Vegetation wird eine Flächengröße von 100 m2 verwendet, Strauch und Baumschichten werden auf einer Fläche von 500 m2 aufgenommen. Für jede Aufnahme wird eine komplette Liste der Gefäßpflanzen erstellt. Um Beziehungen zwischen Biodiversität und Produktivität zu erfassen wird die oberirdische Biomasse bestimmt und im Labor auf ihre chemische Zusammensetzung untersucht. Bereits existierende Daten zu Flora und Vegetation werden zusammen mit unseren russischen Partnern in die Analysen integriert. Art- und Umweltdaten werden benutzt um ein System von Indikatorarten zu entwickeln, das zur Bewertung von Standortbedingungen und für die Detektion von Veränderungen eingesetzt werden kann.

Abb. 1: Probenahmedesign und Probeflächen in den drei Testgebieten

Abb. 1: Probenahmedesign und Probeflächen in den drei Testgebieten

Die zukunftige Laborarbeit fokussiert sich auch auf einen 14C-datierten Torfkern der von unseren russischen Partnern zur Verfügung gestellt wurde, und nun auf 13C, 34S, FT-IR Spektren und Schalenamöben-Gesellschaften analysiert wird. Wir erlangen dadurch Einblicke in die klimatischen Verhältnisse vergangener Zeiten, die zur Bildung der Moore der Region führten, und können zusätzliche Informationen zum Kohlenstoff-Kreislauf auf regionaler Ebene gewinnen.
Um repräsentativ die faunistische Diversität zu bewerten wurden Modell-Organismengruppen ausgewählt, die die trophischen Ebenen von Räubern zu Herbivoren sowie die Spannweite von hoher zu niedriger Mobilität abdecken. Folgende Tiergruppen werden untersucht: Vögel, Heuschrecken und Schmetterlinge. Für Heuschrecken kommen Isolationsquadrate zum Einsatz und Schmetterlinge werden visuell entlang standardisierter Transekte aufgenommen. Vögel werden entlang standardisierter Linientransekte mittels Distance Sampling erfasst. Ähnlich zur pflanzlichen Diversität wird aus den erhobenen faunistischen Daten ein Indikatorensystem abgeleitet.

Abb. 2: Artenreiche Wiesensteppe, Testgebiet 2 (Foto: Wanja Mathar)

Abb. 2: Artenreiche Wiesensteppe, Testgebiet 2 (Foto: Wanja Mathar)

Erste Ergebnisse


Während der beiden Geländekampagnen in den Jahren 2012 und 2013 wurde die Vegetationserfassung in Grasländern und Birkenwäldern in allen drei Testgebieten weitestgehend abgeschlossen. In der Geländesaison 2013 wurden erste Erhebungen auf den großflächigen Mooren nördlich der Stadt Tyumen durchgeführt. Die Erfassung von Heuschrecken und Tagfaltern wurde in den Testgebieten bei Ischim und Omutinsk bereits durchgeführt und wird 2014 mit den Erhebungen im Testgebiet Kaskara abgeschlossen. Nach der Erfassung der Vogelgemeinschaften auf Äckern, Brachen und Grünländern in den Testgebieten Kaskara und Ishim wurden 2013 Erhebungen im Testgebiet Omutinsk durchgeführt und intensiviert. Hier wurden auch Birkenwälder untersucht. Insgesamt wurden bereits über 400 Linientransekte mehrfach begangen, Abundanzdaten sind bereits verfügbar. Für 2014 sind Erfassungen in den ausgedehnten Niedermooren der Region geplant.

Die Geländekampagnen in den Jahren 2012 und 2013 ergaben folgende erste Ergebnisse:

Abb. 3: Wald-Grünland-Komplexe beherbergen eine artenreiche Flora und Fauna (Foto: Wanja Mathar)

Wald-Grünland-Komplex

  • Die größte Artenvielfalt von Gefäßpflanzen, Tagfaltern und Vögeln findet sich in naturnahen Bereichen insbesondere in strukturreichen Wald-Grünland-Komplexen, ackerbaulich genutzte Areale sind eher von geringer Bedeutung.
  • Heuschrecken wurden auch auf Ackerflächen mit vergleichsweise artenreichen Gemeinschaften bodenständig nachgewiesen.

Abb. 4: Mädesüß-Perlmutterfalter (Brenthis ino), einer der häufigsten Tagfalter und Indikatorart früher Brachensukzessionen (Foto: Johannes Kamp).

Mädesüß-Perlmutterfalter
(Brenthis ino)

  • Die Nutzungsaufgabe von gemähten Wiesen und Weiden hat große Auswirkungen auf die Zusammensetzung der Brutvogel- und Heuschreckengemeinschaften und bedroht die Artenvielfalt von Pflanzen und Tagfaltern in blütenreichen Wiesensteppen. Vogelarten reagieren sehr unterschiedlich auf Verbrachung, besonders Ackerbrachen bieten viel mehr Arten Lebensraum als genutzte Äcker.
  • Da Wälder durch häufige Feuer und Beweidung offen gehalten werden, profitieren Tagfalter- und Brutvogelgemeinschaften, deren Vertreter in Europa stark gefährdet sind. In diesen lichten Birkenwäldern findet sich die höchste Artenvielfalt an Pflanzen und viele in Mitteleuropa seltene Arten der Grünlandgesellschaften treten hier auf.

Abb. 5: Niedermoor nördlich von Tyumen (Foto: Tim Wertebach)

Niedermoor
nördlich von Tyumen

  • Die Übergangsmoore, die sich rund um Tyumen aus klassischer Seenverlandung bildeten, leisten einen wichtigen Beitrag zur Biodiversität der Region, da sie eine breite Spanne trophischer Gegebenheiten abdecken. Ihre Gefährdung ist offensichtlich, denn sie beherbergen einige hochmoortypische und boreale Pflanzenarten, die in Europa stark gefährdet sind (z.B. Carex limosa, Scheuchzeria palustris, Rubus chameamorus).
  • Die Rolle dieser Moore für den Kohlenstoff-Haushalt ist mit durchschnittlichen Torfmächtigkeiten von 4-5m enorm.
  • Die ersten Ergebnisse von Porenwasser-Proben, die in einem dieser Moore gewonnen wurden, belegen dies ebenfalls (siehe Abb. 6). Es konnten CH4 und CO2 Gasmessungen von Wasserproben durchgeführt werden. Diese Daten werden es uns erlauben Produktions- und Umsatzraten zu berechnen, und so ein besseres Verständnis ihrer Rolle innerhalb des regionalen Kohlenstoff-Kreislaufs zu schaffen.
Abb. 6: Methan- und Treibhausgaskonzentrationen in unterschiedlichen Tiefen, Tarmanskie Bolota bei Tyumen


Abb. 6: Methan- und Treibhausgaskonzentrationen in unterschiedlichen Tiefen, Tarmanskie Bolota bei Tyumen

Kontakt

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Prof. Dr. Norbert Hölzel
Westfälische Wilhems-Universität Münster
Institut für Landschaftsökologie
Heisenbergstraße 2
D-48149 Münster
Tel.: +49 (0) 251 83 33 994
Fax: +49 (0) 251 83 38 338
E-Mail: norbert.hoelzel@uni-muenster.de
Web: http://www.uni-muenster.de/Oekosystemforschung/

Prof. Dr. Hermann Mattes
Westfälische Wilhems-Universität Münster
Institut für Landschaftsökologie
Heisenbergstraße 2
D-48149 Münster
Tel.: +49 (0) 251 83 33 996
Fax: +49 (0) 251 83 38 338
E-Mail: mattesh@uni-muenster.de
Web: http://www.uni-muenster.de/Biozoenologie/


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