„Du sollst nicht töten!“

Das Verbot, Menschen zu töten und seine Ausnahmen

Buchcover
© Vandenhoeck & Ruprecht

Die Frage nach dem normativen Gehalt des Tötungsverbots in der Antike steht im Mittelpunkt einer neuen Publikation, die J. Cornelis de Vos und Hermut Löhr unter Mitarbeit von Juliane Ta Van vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“ herausgegeben haben. „Dass man keine Menschen töten soll, scheint selbstverständlich zu sein, aber es passiert immer wieder, und manchmal ist es sogar notwendig andere zu töten“, erläutert der Wissenschaftler, Prof. Dr. de Vos vom Exzellenzcluster, der sich mit Normativität in der Antike befasst. Leitfrage der Studie ist, wie biblische und nicht-biblische Tötungsverbote in der Antike funktionierten.

Der Sammelband „You Shall Not Kill. The Prohibition of Killing in Ancient Religions and Cultures“ ist im November 2017 im Verlag Vandenhoeck & Ruprecht erschienen. Er bündelt Beiträge über den Umgang mit dem Verbot, Menschen zu töten. Beiträge aus den Bereichen des altorientalischen und antiken Rechts, der Bibelwissenschaft, der alten Geschichte, des antiken Judentums und der frühen Kirchengeschichte geben Einblicke in diese bis heute aktuelle Thematik.

Legitimes Töten?

Kann Töten legitim sein, z.B. aus Selbstverteidigung, um weiteres Töten zu vermeiden, als Strafe für Tötung usw.? Die Quellen, die im Sammelband untersucht werden, geben dafür immer wieder Beispiele, auch wenn das Töten von Menschen an sich in der Regel als problematisch erfahren wird. Es gibt allerdings zwei Ausnahmen. Auf der einen Seite haben frühkirchliche Schriftsteller bis zur Zeit Konstantins des Großen versucht, jede Form von Gewalt zu vermeiden, haben also keine legitimen Formen von Tötung definiert. Auf der anderen Seite wurde in den Theatern des kaiserzeitlichen Roms das Töten als Spektakel aufgeführt. Das Töten dieser Menschen wurde nicht als problematisch erfahren.

J. Cornelis de Vos und Hermut Löhr leiteten von 2012–2017 am Exzellenzcluster das Projekt A2-10 „Der jüdische Nomos zwischen Normativität und Identität am Beispiel Alexandrias im 1.-3. Jh. n.Chr.“ und waren bis 2012 wirksam im Projekt A9 „Der Dekalog als religiöser, politischer und ethischer Basistext.“

Hinweis: Vos, J. Cornelis de; Löhr, Hermut (Hg.) (2017): You Shall Not Kill. The Prohibition of Killing in Ancient Religions and Cultures. Unter Mitarbeit von Juliane Ta Van. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht (Journal of Ancient Judaism Supplements, 27). 978-3-525-55268-1. 312 Seiten. € 99,00.

Aus dem Inhaltsverzeichnis

  • J. Cornelis de Vos / Hermut Löhr, Introduction
  • Matthias Köckert, Das Verbot „Du sollst nicht töten“ im Dekalog
  • Guido Pfeifer, „Wenn ein Mann jemanden tötet, dann ist es so, dass dieser Mann getötet wird“. Zur Tötung als Element von Tatbeständen und Rechtsfolgen in altorientalischen Rechtssammlungen
  • Reinhard Achenbach, Ursprung und Gestalt des Todesrechts im Bundesbuch
  • Ed Noort, A God Who Kills. Deadly Threat and Its Explanation in the Hebrew Bible
  • Johannes Schnocks, When God Commands Killing. Reflections on Execution and Human Sacrifice in the Old Testament
  • Eibert Tigchelaar, “Thou Shalt Not Kill” in the Dead Sea Scrolls. Narrative and Halakah
  • J. Cornelis de Vos, Murder as Sacrilege. Philo of Alexandria on the Prohibition of Killing
  • Silvia Castelli, Murder and Murder Prohibition in Josephus
  • Johannes Hahn, Die Lust am Töten. Öffentliche Straf- und Hinrichtungsrituale und der Tod als Spektakel im kaiserzeitlichen Rom
  • Sebastian Fuhrmann, “For All Who Take the Sword Will Perish by the Sword” (Matt 26:52). Tradition and Reception of the Matthean Word of the Sword
  • Hermut Löhr, The Model Death of Paul in Early Christianity
  • Anders-Christian Jacobsen, The Prohibition of Killing in the Ethics of the Church Fathers