Konfessionelle Spaltung in Deutschland und ihre Folgen

Beitrag des Exzellenzclusters zur Reformation auf der Tagung der „German Studies Association“

News Gsa Tagung Thomas Grossboelting
Prof. Dr. Thomas Großbölting
© Julia Holtkötter

An der 40. Jahreskonferenz der „German Studies Association“ (GSA) in San Diego in Kalifornien beteiligen sich Wissenschaftler des Exzellenzclusters mit Beiträgen zur konfessionellen Spaltung in Deutschland. Der Historiker Prof. Dr. Thomas Großbölting lädt mit seinem amerikanischen Fachkollegen Prof. Mark Edward Ruff zum Seminar „Germany and the Confessional Divide, 1871-1990“ („Bikonfessionalismus in Deutschland 1871-1990“) ein. Beteiligt ist auch Historiker Prof. Dr. Olaf Blaschke vom Exzellenzcluster. „500 Jahre nach der Reformation untersuchen wir die konfessionelle Kluft, die von der Reichsgründung 1871 bis zur deutschen Wiedervereinigung 1990 bestehen blieb“, so Thomas Großbölting. „Dabei analysieren wir die Kräfte, die die konfessionelle Spaltung geschaffen, getragen und schlussendlich in seiner Bedeutung für die politische Kultur auf ein Minimum reduziert haben.“

Die Konferenz kommt vom 29. September bis 2. Oktober 2016 zusammen. Die GSA ist eine interdisziplinäre Vereinigung, die sich mit kulturwissenschaftlichen Themen zu Deutschland, Österreich und der Schweiz befasst. Ihre Konferenzen dienen auch der Vernetzung deutscher und US-amerikanischer Forscher. Die Ergebnisse des Seminars sollen in einen englischsprachigen Sammelband zur Konfessionalisierung in Deutschland von 1871 bis 1990 münden und zum Reformationsjubiläum 2017 im Verlag Berghahn Books, New York, veröffentlicht werden.

„Über das 19. Und das 20. Jahrhundert hinweg war die politische Kultur in Deutschland grundlegend von der Existenz zweier christlicher Großkonfesssionen geprägt“, erläutert der Historiker. Folgen und Auswirkungen lassen sich vom politischen System und in der Parteienlandschaft bis hin zur Ausbildung stark verdichteter konfessioneller Milieus beschreiben. Das Seminar nimmt auch die Austauschprozesse von Katholiken und Protestanten mit Juden, Muslimen und Mitgliedern anderer christlicher Religionsgemeinschaften in den Blick. Erörtert wird dabei, welche rhetorischen Mittel, bildlichen Darstellungen und Narrative die Konfessionen nutzten, um sich von anderen abzugrenzen.

Olaf Blaschke wird sich auf der Tagung mit dem 19. Jahrhundert befassen, das wie das 16. und 17. Jahrhundert durch leidenschaftliche konfessionelle Auseinandersetzungen gekennzeichnet gewesen sei. Es lasse sich als „Zweites konfessionelles Zeitalter“ bezeichnen: Nach dem 16. und 17. Jahrhundert sei die Bedeutung der Konfession zunächst zurückgegangen, um dann im 19. Jahrhundert wieder zu erstarken. „Schließlich bestanden die konfessionellen Bruchlinien bis in die Adenauer-Ära in der Bundesrepublik fort, in manchen westdeutschen Regionen sogar noch länger“, so der Historiker. „Nur in der DDR gingen die konfessionellen Differenzen zurück. Dort war nur eine kleine katholische Minderheit heimisch und dies unter Kontrolle einer Regierung, die offiziell atheistisch ausgerichtet war.“ (maz/vvm)