Christentum und Menschenrechte

Rechtswissenschaftler Wittreck zur christlichen Fundierung neuzeitlicher Freiheitsrechte

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Prof. Dr. Fabian Wittreck

Dem Verhältnis von Christentum und Menschenrechten geht eine neue gleichnamige Publikation des Rechtswissenschaftlers Prof. Dr. Fabian Wittreck vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“ nach. Er erörtert in dem Essay aus dem Verlag Mohr Siebeck, ob die Menschenrechte christliche Wurzeln haben oder eine „rein säkulare Errungenschaft“ darstellen. Das Thema sei von großer politischer Relevanz, da es die Frage aufwerfe, wem heute die Deutungshoheit über die Menschenrechte zukomme.

„Das Verhältnis von Christentum und Menschenrechten ist hochgradig ambivalent“, schreibt der Autor. Einerseits hätten kirchliche Würdenträger die neuzeitlichen Menschenrechtskataloge anfangs, in der Zeit der Aufklärung, und teils bis ins 20. Jahrhundert, „erbittert als Ausgeburt des Individualismus und Rationalismus“ bekämpft. Andererseits hätten sie später für die Kirche die alleinige Autorschaft an den modernen Grundrechten reklamiert. Beide Positionen greifen nach Einschätzung des Rechtswissenschaftlers zu kurz.

Buchcover „Christentum und Menschenrechte“

Buchcover

Der Autor nimmt in der Studie eine Synthese der widersprüchlichen Aussagen sowie eine Gewichtung beider Positionen vor. „Bei näherem Hinsehen bildet das Christentum nicht oder zu einem geringen Teil die Basis der Menschenrechte“, so Prof. Wittreck. „Es schuf vielmehr unbeabsichtigt die notwendigen Bedingungen zu ihrer Entwicklung.“ Besonders durch die Trennung der Sphären des Geistlichen und des Weltlichen seien, anders als in anderen Weltreligionen, im christlichen Kontext Räume entstanden, in denen sich die Menschenrechtsidee durch das Vernunftnaturrecht habe entwickeln können.

Zugleich enthält, wie der Autor schreibt, die biblische Lehre etwa mit dem Konzept des Menschen als Abbild Gottes Ansatzpunkte, die eine christliche Sakralisierung der Menschenrechtsidee begründen. In einem „quälend langen Lernprozess“ habe sich im Christentum die Erkenntnis durchgesetzt, dass im christlichen Menschenbild ein Konzept von Individualismus angelegt sei. Dies gipfelte dem Essay zufolge in einer regelrechten „Theologie der Menschenrechte“. Im Ergebnis stünden die christlichen Kirchen heute als maßgebliche Verfechter der Menschenrechte da. Dabei sei kritisch zu hinterfragen, wie die katholische, evangelische und orthodoxe Kirche in der eigenen Institution die Menschenrechte gelten lasse. (Mohr Siebeck/mit/vvm)

Hinweis: Wittreck, Fabian: Christentum und Menschenrechte. Schöpfungs- oder Lernprozeß?, Tübingen: Mohr Siebeck 2013, 119 Seiten, ISBN 978-3-16-153071-5, 14,00 Euro.


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