Vom Siegesoratorium zum „Trommelschall fürs Vaterland“

Buchcover
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Druckfrisch vereint ein Sammelband die Beiträge einer Händel-Veranstaltungsreihe am Exzellenzcluster „Religion und Politik“ über das bekannte Oratorium „Judas Maccabaeus“. Vier Vorträge beleuchteten das Werk im vergangenen Semester aus musik-, literatur- und geschichtswissenschaftlicher sowie aus theologischer Perspektive. Sie sind in der neuen Publikation nachzulesen. Weitere Aufsätze legen den Schwerpunkt auf die wechselhafte Rezeption des Werks, etwa auf die Umtextierung des Librettos während der Nazi-Diktatur. Herausgeber der interdisziplinären Studien sind die Musikwissenschaftler Prof. Dr. Jürgen Heidrich und Dr. des. Dominik Höink. Das Buch mit dem Titel „Gewalt – Bedrohung – Krieg. Georg Friedrich Händels Judas Maccabaeus“ ist Ende April bei Vandenhoeck und Ruprecht erschienen.

Darin zeichnet der katholische Theologe PD Dr. Johannes Schnocks den Wandel des Titelhelden Judas Maccabaeus „vom frommen Rebellen zum gottgefälligen Heerführer“ nach. Historikerin Dr. Iris Fleßenkämper beschreibt in ihrem Aufsatz „Judas Maccabaeus – ein Held in der Krise“ die gesellschaftspolitische (In-)Stabilität Großbritanniens im 18. Jahrhundert. Die Anglistin Prof. Dr. Gabriele Müller-Oberhäuser ordnet das Libretto des Oratoriums aus literaturwissenschaftlicher, Prof. Dr. Jürgen Heidrich das Vokalwerk aus musikwissenschaftlicher Sicht ein.

Dr. des. Dominik Höink fasst in seinem Beitrag die Pflege und publizistische Rezeption von „Judas Maccabaeus“ im deutschsprachigen Raum von 1800 bis 1900 zusammen. Er untersucht, wie sich das Oratorium als ursprünglich religiöses Werk in dieser Zeit zu einem Transportmedium für nationale Ideen und Vorstellungen entwickeln konnte.

Das Oratorium „Judas Maccabaeus“ ist über die Jahrhunderte hinweg immer wieder zur Identifikationsstiftung von Nationen instrumenalisiert worden. Ein Aufsatz über die italienischen Bearbeitungen des Werks von Fortunato Santini in dem neuen Sammelband macht das Buch auch für Münsteraner Lokalpatrioten interessant: Die entsprechenden Originalhandschriften aus dem 19. Jahrhundert sind Teil der Santini-Sammlung der Diözesanbibliothek zu Münster. Neun Abbildungen, darunter fünf aus den Santini-Noten, das vollständige Libretto von „Judas Maccabaeus“ in der Fassung von 1866, eine Auswahl-Bibliographie und ein Personenregister runden die Veröffentlichung ab. (bhe)


Hinweis: Dominik Höink und Jürgen Heidrich (Hg.): Gewalt – Bedrohung – Krieg: Georg Friedrich Händels Judas Maccabaeus. Interdisziplinäre Studien. 1. Auflage 2010. 242 Seiten mit 9 Abbildungen, gebunden. 39,90 Euro. ISBN 978-3-89971-718-1. V&R unipress