Von Geistern in der Wahlkabine

Wissenschaftler diskutieren in Münster über die unsichtbare Dimension afrikanischer Politik

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Dr. Barbara Meier und Dr. Arne Steinforth

Der Glaube an Geister und übernatürliche Kräfte beeinflusst in Afrika laut Experten die Politik auf allen Ebenen und in allen Gesellschaftsschichten. „Geister können Kriege verursachen und beeinflussen, aber auch zur  Versöhnung beitragen“, sagte Ethnologin Dr. Barbara Meier vom Exzellenzcluster „Religion und Politik“ der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU) am Wochenende bei einer Tagung. Der Glaube an ein „Reich des Unsichtbaren“ bedeute aber weder Rückständigkeit noch einen Rückfall in vormoderne Zustände. Afrika gehe vielmehr seinen eigenen Weg in die Zukunft.

Ethnologe Dr. Arne Steinforth, Mitorganisator der Tagung, brachte ein Beispiel für den Einfluss des Geisterglaubens auf die Wahlen in Malawi 2004, die er vor Ort erlebte. Ein Heiler habe damals einem wenig aussichtsreichen Kandidaten angeboten, ihm einen Geist dienstbar zu machen. „Dieser würde sich in einer Wahlkabine verstecken, unmerklich die Hand der Wähler führen und dem Politiker so zum Sieg verhelfen“, so Steinforth.

„Zauberei verspricht Wohlstand und Einfluss“

Die Ausführungen des Ethnologen und anderer Tagungsteilnehmer belegten, dass viele Staatspräsidenten bei der Inszenierung ihrer Macht auf das „Reich der Geister“ verweisen. Die Workshop-Teilnehmer aus Europa, Afrika und den Vereinigten Staaten betonten in ihren Vorträgen die Bedeutung kulturspezifischer Konzepte von Macht im Spannungsfeld von Religion und Politik. Nur mit Hilfe von Opfern seien Wohlstand, Macht und Einfluss zu erlangen – auch in Europa: Professor Stephen Ellis aus Amsterdam verglich in seiner Eröffnungsrede den afrikanischem Geisterglauben mit dem europäischen Glauben an das Kapital. Beide bezögen sich auf unsichtbare Kräfte. Und die steigende Verschuldung zur Bewältigung der weltweiten Wirtschaftskrise sei „die Opferung der eigenen Kinder“.

Die nicht sichtbare Welt der Magie und der Geister in Malawi ist laut Steinforth seit Einführung der Demokratie ebenfalls demokratischer geworden: „Zauberei ist nicht mehr Königen und Heilern vorbehalten, sondern verspricht vielen einen Weg zu Wohlstand und Einfluss.“ Die Existenz mehrerer politischer Parteien, von Amtsgerichten und demokratischen gewählten Volksvertretern verbinde sich mit traditionellen, lokalen Weltbildern. (arn)