Schwerpunkte
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Religiöser Wandel in der Moderne

In der Religionsgeschichte wechseln sich seit jeher Phasen rapiden Wandels mit Phasen relativer Stabilität ab. Die Moderne gilt als eine Epoche verdichteten und beschleunigten religiösen Wandels. Individualisierung und Pluralisierung des Religiösen gehen hier Hand in Hand mit Säkularisierungsprozessen. Die Forschungsarbeit des CRM zielt darauf ab, zum einen den Wandel der Organisations- und Sozialformen des Religiösen in modernen und sich modernisierenden Gesellschaften zu untersuchen. Das Christentum bildet dabei aus historischen Gründen einen Schwerpunkt. Zugleich aber geht es auch darum, Veränderungen in der religiösen Lebensführung, der Frömmigkeitskultur, den religiösen Praktiken und Überzeugungen und nicht zuletzt in den religiösen Semantiken sowie in der theologischen Reflexion dieser Vorgänge zu erfassen. Rekonstruiert werden sollen die Entstehungs-, Verlaufs- und Verarbeitungsformen dieser Prozesse und ihrer politisch-rechtlichen, ökonomischen sowie sozialkulturellen Kontextbedingungen. Gefragt wird auch, wie sich etwa die religionskulturelle Pluralisierung selbst auf religiöse Bindungen auswirkt. Das Ziel besteht darin, auf diese Weise allgemeine Zusammenhänge, generalisierbare Muster und Bestimmungsgründe hinter der Vielfalt der Phänomene und Entwicklungen zu identifizieren. Religiöser Wandel soll folglich nicht nur beschrieben, sondern in seiner Dynamik grundsätzlich verstanden und - zumindest in Ansätzen - auch erklärt werden.

Ordnungen religiöser Pluralität

Die Koexistenz von unterschiedlichen religiösen und nicht-religiösen Traditionen stellt moderne Gesellschaften und ihre politische Ordnung, aber auch die Religionen selbst vor drängende Herausforderungen. Sie ergeben sich zum einen, wenn exklusive oder überlegene religiöse Wahrheitsansprüche formuliert werden, und versucht wird, diese (gewaltsam) durchzusetzen. Interessengegensätze kommen aber auch dann auf, wenn aus nicht-religiöser Perspektive religiöse Überzeugungen grundsätzlich als ‚unvernünftig‘ oder ‚nicht wahrheitsfähig‘ betrachtet oder religiöse Lebensführungsmodelle als prinzipiell unvereinbar mit den Mindestnormen zivilen Zusammenlebens in modernen Gesellschaften diskreditiert werden. Religiöse Vielfalt kann auch verunsichernd wirken und religiöse Identitätskonstruktionen irritieren. Der moderne ‚westliche‘ Verfassungsstaat mit den Prinzipien von Religionsfreiheit, bürgerlicher Gleichheit und staatlicher Neutralität lässt sich als eine erfolgreiche Antwort auf die Herausforderungen religiöser Pluralität begreifen. Doch wird dieses Arrangement derzeit, nicht nur in Westeuropa, durch die beschleunigte religiöse und kulturelle Pluralisierung vor neue Herausforderungen gestellt. Vor dem Hintergrund dieser Beobachtungen zielen die Forschungsarbeiten im CRM darauf ab, Ordnungsmuster zu identifizieren, die auch unter den gewandelten Bedingungen einer gesteigerten religiösen Pluralität eine friedliche politische und gesellschaftliche Koexistenz erlauben beziehungsweise ermöglichen.