Pressemitteilung upm

Ein Material voller Überraschungen

Schwerpunktprogramm "Graphen" der Deutschen Forschungsgemeinschaft nimmt Arbeit auf / Münstersche Physiker beteiligt

Münster (upm), 11. Oktober 2010

Graphen, eine extrem dünne Verbindung von Kohlenstoffatomen, hat vor einigen Tagen für Schlagzeilen gesorgt: Die beiden Wissenschaftler Konstantin Novoselov und Andre Geim erhielten für die Entdeckung dieses Materials den Nobelpreis für Physik 2010. Ein bundesweites Schwerpunktprogramm (SPP 1459) der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG) zur Erforschung von Graphen nimmt nun nahezu zeitgleich seine Arbeit auf. An dem Schwerpunktprogramm sind rund 40 Arbeitsgruppen beteiligt, darunter die Arbeitsgruppe von Prof. Dr. Helmut Zacharias am Physikalischen Institut der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU).

"Graphen ist ein Material mit vielen überraschenden und ungewöhnlichen Eigenschaften", betont Helmut Zacharias. Es wird aus einer einzigen flexiblen, aber dennoch extrem stabilen Schicht von sechseckig angeordneten Kohlenstoffatomen gebildet. Graphen reagiert kaum mit anderen Substanzen, leitet elektrischen Strom und ist lichtdurchlässig. "Diese besonderen Eigenschaften eröffnen ein großes Anwendungspotenzial zur Entwicklung elektronischer Bauteile - beispielsweise Transistoren mit deutlich schnelleren Schaltzeiten als heute üblich oder Elektroden für Superkondensatoren", erklärt der Physiker. "Die Kombination eines elektrisch leitenden und transparenten Materials ist für viele Anwendungen des Alltags von großer Bedeutung - beispielsweise für Touchscreens. Es lässt sich vergleichsweise einfach herstellen und umweltfreundlich entsorgen."

Die besonderen elektrischen und optischen Eigenschaften von Graphen basieren auf der einzigartigen elektronischen Struktur dieses Materials. Wissenschaftler forschen international mit großem Aufwand an der Untersuchung und der gezielten Veränderung der elektronischen Eigenschaften. Die Physiker um Helmut Zacharias, die mit der Arbeitsgruppe der münsterschen Nanowissenschaftlerin Prof. Dr. Lifeng Chi zusammenarbeiten, untersuchen bestimmte ultraschnelle dynamische Prozesse innerhalb der elektronischen Struktur von Graphen. Dazu setzen sie eine hoch spezialisierte Lasertechnik ein, bei der Lichtwellen im extrem kurzwelligen Ultraviolett erzeugt werden. Durch sogenannte Femtosekunden-Laserpulse, die nur wenige billiardstel Sekunden dauern, nehmen die Elektronen Energie auf. Diese geben sie dann extrem schnell wieder ab. Aus dem Verhalten der Elektronen können die Forscher Rückschlüsse auf die Leitfähigkeit des Graphens ziehen. Sie wollen zudem herausfinden, ob sich durch eine gezielte chemische Veränderung des Graphens neuartige winzige Stromleiter und Isolatoren erzeugen lassen. Dadurch wären in Zukunft "Nano-Leiterbahnen" vorstellbar, die völlig neue technische Möglichkeiten eröffnen könnten.

Das Schwerpunktprogramm zum Thema "Graphen" war bereits im vergangenen Jahr von der DFG eingerichtet worden. Nach der Begutachtung der eingegangenen Förderanträge stehen nun die rund 40 teilnehmenden Projekte fest. Koordinator des Programms ist Prof. Dr. Thomas Seyller von der Universität Erlangen-Nürnberg.

AG Zacharias