Pressemitteilung upm

Neurodermitis von der Wurzel her angehen

Münsterscher Dermatologe erforscht innovative Therapie chronisch-entzündlicher Hauterkrankungen

Münster (upm), 27. März 2006

[Steinhoff]
Auf der Suche nach einer ursächlichen Therapie von Neurodermitis und anderen chronisch-entzündlichen Hauterkrankungen: Prof. Dr. Dr. Martin Steinhoff
   

Ob Neurodermitis oder Nesselsucht - gemein ist diesen und anderen chronisch-entzündlichen Hauterkrankungen, dass sie schwer heilbar sind. Zwar gibt es durchaus Fortschritte bei der Entwicklung entsprechender Medikamente, jedoch können damit mehr oder weniger erfolgreich lediglich die Symptome bekämpft beziehungsweise abgemildert werden. Einen viel versprechenden neuen Ansatz, der solche Erkrankungen erstmals von der Wurzel, das heißt von den molekularen Ursachen her, anfasst, verfolgt Prof. Dr. Dr. Martin Steinhoff von der Hautklinik des Universitätsklinikums Münster (UKM).

Im Zentrum seines Forschungsinteresses steht dabei die Kommunikation zwischen dem Nervensystem und dem Immunsystem. Normalerweise werden durch äußere Reize auf die Nervenzellen der Haut, sei es etwa durch Sonne, Bakterien, Milben, Temperatureinflüsse oder sonstige "Stressfaktoren", bestimmte Botenstoffe auf den Plan gerufen, die das Immunsystem alarmieren und eine Entzündungskaskade auslösen. Klappt die Kommunikation zwischen den beiden Zellsystemen, so hält die körpereigene Abwehr die "Störenfriede" in Schach, das heißt eine begonnene Entzündung der Haut kann sich nicht weiter ausbreiten, sondern wird erfolgreich bekämpft. Warum dieses eingespielte System bei Neurodermitis und anderen entzündlichen Hauterkrankungen aus dem Gleichgewicht gerät und die Abheilung dadurch verhindert wird, war bislang nicht bekannt. Mittlerweile hat Steinhoff mit molekularbiologischen Methoden aber schon wichtige Mosaiksteinchen zusammengetragen, die mehr Licht auf die zugrunde liegenden molekularen Mechanismen werfen. In einer gezielten Beeinflussung dieser Abläufe sieht er eine Chance für eine ursächliche Therapie der körperlich und psychisch äußerst belastenden Hauterkrankungen.

Eine wichtige Rolle bei der Kommunikation zwischen Nerven- und Immunzellen spielen, wie Steinhoff herausgefunden hat, bestimmte Rezeptoren auf diesen Zellen. Diese Empfängermoleküle sorgen dafür, dass die ausgeschickten Botenstoffe ihren Adressaten auch tatsächlich erreichen und dass das Zusammenspiel zwischen Sender und Empfänger funktioniert. Die Rezeptoren sind also so etwas wie die Türöffner zur Zelle. Sie spielen demnach eine wichtige Schlüsselrolle bei der Interaktion der Zellen. Auf einer Zelle gibt es indes eine große Zahl unterschiedlicher Rezeptoren mit jeweils ganz spezifischen Aufgaben. Um zu erfahren, welche von ihnen das Zusammenspiel von Nerven- und Abwehrzellen nachhaltig beeinträchtigen können, hat Steinhoff im Labor mit Hilfe moderner Verfahren Gene und Eiweiße charakterisiert, die für die Kommunikation der Zellen entscheidend sind.

Im Rahmen seiner Forschungsarbeiten konnte der münstersche Dermatologe bereits mehrere Rezeptoren identifizieren, von denen bislang nicht bekannt war, dass sie überhaupt auf Nervenzellen existieren. Dazu zählt unter anderem ein Empfängermolekül auf Nervenzellen, dass durch Enzyme (Proteasen) aktiviert werden kann. 2000 hat Prof. Steinhoff diesen so genannten Protease-Rezeptor-Mechanismus im Rahmen eines zweijährigen Forschungsaufenthaltes an der University of California in San Francisco entdeckt. In Studien mit Mäusen, denen dieser Rezeptor fehlt, konnte Steinhoff nachweisen, dass Entzündungsprozesse der Haut in der Tat ungleich harmloser verlaufen als bei Artgenossen, die diesen Rezeptor besitzen. Experimentelle Arbeiten mit entsprechenden Antagonisten, das heißt mit Substanzen, die den Protease-Rezeptor lahmlegen, sind laut Steinhoff sehr viel versprechend.

Wie hoch die Fachwelt die Forschungsarbeiten des münsterschen Dermatologen einschätzt, zeigt neben mehreren renommierten Wissenschaftspreisen auch das beachtliche Drittmittelaufkommen. Seit fast genau einem Jahr bekleidet Steinhoff eine auf insgesamt fünf Jahre angelegte Stiftungsprofessur, die immerhin ein Drittel der sich allein in diesem Jahr auf insgesamt rund 1,5 Millionen Euro belaufenden externen Forschungsförderung ausmacht. Die Reihe der wissenschaftlichen Auszeichnungen wird sich in diesem Jahr übrigens fortsetzen. So wird Prof. Steinhoff im Mai gleich zwei hochrangige Preise entgegennehmen: Am 3. Mai erhält er in Philadelphia eine mit 75.000 Euro dotierte Auszeichnung der "Rosacea foundation", gut zwei Wochen später einen mit 15.000 Euro dotierten Preis der Gesellschaft für Dermatologie, den er sich mit einem Fachkollegen aus den Niederlanden teilt.

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