Pressemitteilung upm

Landschaftsentwicklung mit Hilfe kosmischer Strahlen verstehen

Universität Münster erhält neues Labor für kosmogene Nuklide

Münster (upm), 20. Januar 2006

Am Geologisch-Paläontologischen Institut der Westfälischen Wilhelms-Universität wurde nach einjähriger Bauzeit das neue "Labor für kosmogene Nuklide" mit einem Festkolloquium und einer Laborbesichtigung eingeweiht. Der Bau des Labors erfolgte im Rahmen der Berufung von Prof. Dr. Ralf Hetzel an die Universität Münster und kostete insgesamt rund 265.000 Euro.

Die Erforschung von Prozessen an der Erdoberfläche beschränkte sich lange Zeit auf ihre qualitative Beschreibung. Erst in den letzten Jahren wurde die Untersuchung der Entwicklung von Landschaften durch eine neuartige Methode revolutioniert, die auf der Einwirkung der kosmischen Strahlung auf die Oberfläche der Erde beruht und ihre Grundlagen in der physikalischen Grundlagenforschung hat. Kosmische Strahlen lassen in Gesteinen, solange sich diese an der Erdoberfläche befinden, kontinuierlich besondere Elementarteilchen, so genannte kosmogene Nuklide, entstehen.

Die Konzentration dieser kosmogenen Nuklide in einem Gestein gibt einerseits Aufschluss über die Zeitspanne, die ein Gestein der kosmischen Strahlung ausgesetzt war. Andererseits lässt sich aus der Konzentration berechnen, mit welcher Geschwindigkeit Gesteinsmaterial an der Erdoberfläche abgetragen wird. Die Allgegenwärtigkeit der kosmischen Strahlung gewährleistet die universelle Einsetzbarkeit dieser innovativen Methode. Mittlerweile illustrieren zahlreiche Studien die erfolgreiche Anwendung kosmogener Nuklide für eine Vielfalt geowissenschaftlicher Fragestellungen mit hoher gesellschaftlicher Relevanz.

Zu den spektakulären Einsatzmöglichkeiten zählen die Ermittlung von Bewegungsraten seismisch aktiver Störungen, die Ermittlung von Erosionsraten, die Altersbestimmung von Gletscherablagerungen und die Quantifizierung der Reaktion von Flusssystemen auf Klimaschwankungen. Damit werden die Voraussetzungen geschaffen, um drängende Fragen nach der Gefährdung menschlicher Siedlungsräume durch geologisch, klimatisch und vom Menschen verursachte Landschaftsveränderungen beantworten zu können.

Zu den Einrichtungen des neuen Labors im fünften Stock des Institutsgebäudes an der Corrensstraße 24 gehören zwei "Laminar Flox-Boxen", mit denen durch die Ansaugung und Filterung von Raumluft eine Sauberkeit erreicht wird, die um den Faktor 1000 bis 10000 unter der normalen Raumluft liegt und damit den Nachweis extrem geringer Konzentrationen von kosmogenen Nukliden ermöglicht.

Abteilung Endogene Geologie und Strukturgeologie