Pressemitteilung upm

Weder Klatsch noch Tratsch

Sommerschule "Rhetorik und Geschlechterdifferenz" an der Universität Münster

Münster (upm), 05. August 2004

Mit dem Zusammenhang von Rhetorik und Geschlechterdifferenz beschäftigen sich vom 9. bis 20. August 2004 im Rahmen einer akademischen Sommerschule 50 Studierende der Universität Münster und anderer Hochschulen aus Deutschland, der Schweiz, Österreich und Schweden.

Um öffentlich und vor Publikum das Wort ergreifen zu können, braucht man Selbstbewusstsein und Sicherheit in Artikulation und Auftritt. All dies ist Gegenstand der Rhetorik, die in Europa eine lange, bis in die griechisch-römische Antike zurückreichende Tradition hat. Wenn bis heute viele Rednerpulte überwiegend mit Männern besetzt sind, hat dies ebenfalls mit dieser Tradition zu tun. Frauen waren in der Redekunst nicht vorgesehen. Stattdessen galten Geschwätzigkeit und schrille Töne, Überredung und Verführung als charakteristische weibliche Eigenschaften. So haben es Frauen immer noch schwer, sich auf dem Podium zu behaupten.

Prof. Dr. Martina Wagner-Egelhaaf und Dr. Doerte Bischoff vom Institut für Deutsche Philologie II der Universität Münster haben ein umfangreiches und vielseitiges Programm vorbereitet, das sowohl Seminare und Vorlesungen zur Einführung in die Bereiche Rhetorik und Gender Studies, als auch praktisches Training in Sprecherziehung und Selbstpräsentation umfasst. "Die Verbindung von Theorie und Praxis soll in der Sommerschule im Mittelpunkt stehen", betont Prof. Wagner-Egelhaaf.

In der zweiten Hälfte des 18. Jahrhunderts als Kunst der Täuschung und der Verstellung verschrien, erfuhr die Rhetorik im 20. Jahrhundert durch die zunehmende Medienpräsenz ihre Wiederentdeckung. Zudem änderte sich das Verständnis der "neuen" Rhetorik: Sie geht davon aus, dass Sprache auf rhetorische Weise Inhalte und Bedeutungen erst hervorbringt. Obwohl es heute zu einem neuen Interesse an der Rhetorik gekommen ist, spielt sie in der akademischen Lehre in Deutschland bislang kaum eine Rolle, ganz im Gegensatz zu den angelsächsischen Ländern. Amerikanische Universitäten verfügen über eigenständige Departments of Rhetoric and Composition.

Die zweiwöchige Sommerschule beginnt morgens mit einer Vorlesung im Alexander von Humboldt-Haus. Daran schließt sich ein Seminar zum Thema Rhetorik und Cultural/Gender Studies an. Nachmittags dreht sich alles um die rhetorische Praxis. In kleinen Gruppen wird die freie Rede trainiert, die Atem- und Stimmführung oder selbstbewusstes Auftreten.

Im Vortragsraum des Alexander von Humboldt-Hauses stehen abends von 18.15 Uhr bis 19.45 Uhr verschiedene, öffentliche Vorträge auf dem Programm. Die internationalen Dozentinnen und Dozenten kommen aus unterschiedlichen wissenschaftlichen Disziplinen, wie Germanistik, Romanistik, Politikwissenschaft, Geschichte sowie aus dem Bereich der praktischen Rhetorik und Sprecherziehung.

Finanziert wird die Sommerschule mit dem Preisgeld des Frauenförderpreises der Universität Münster, den Prof. Dr. Martina Wagner-Egelhaaf und Dr. Doerte Bischoff im Jahr 2002 erhalten haben.

Institut für Deutsche Philologie II