WWU Münster
Westfälische Wilhelms-Universität
Münster



Jahresbericht der Universität 1998

Graduiertenkolleg
"Entstehung und Entwicklung des Sonnensystems"



Die Forschungsarbeiten umfassen die direkte Analyse der festen Körper des Sonnensystems als Zeugen der Entstehungs- und Entwicklungsprozesse, Mitwirkung bei Planung und Datenauswertung wissenschaftlicher Raumsonden (z.B. die Thermalsonde MUPUS), Laborexperimente sowie theoretische Untersuchungen zur Modellierung dieser Prozesse. Die empirische Analyse richtet sich auf Objekte, die entweder im Labor (Meteorite und Mikrometeorite, Interplanetare Staubpartikel, Proben von Weltraummissionen, Proben von irdischen Impaktstrukturen und Auswurfslagen, experimentell geschocktes Material), im Gelände (Impaktstrukturen und Auswurfslagen) oder durch Fernerkundung planetarer Oberflächen untersucht werden können. Die theoretischen Arbeiten bedienen sich der mathematischen Modellierung systemrelevanter Prozesse und der daraus resultierenden physikalischen Zustände. Der forschungsbegleitende Unterricht vermittelt den Kollegiaten nicht nur Grundlagenwissen über Aufbau, Entstehung und Entwicklung des Sonnensystems und einzelner planetarer Körper, sondern trägt auch zur Erweiterung und Vertiefung des geowissenschaftlichen Weltbildes bei, in dem die Erde als Planet und damit als Teil eines größeren Ganzen verstanden wird. Die Kollegiaten sollen mit modernen Methoden der Analyse planetarer Materie (Gesteine, kosmischer Staub, Eisproben), der Fernerkundung und der numerischen Modellierung vertraut gemacht werden. In diesem weit gefaßten Rahmen wird im Graduiertenkolleg der interdisziplinäre Charakter der Weltraumforschung mit ihren geowissenschaftlichen, physikalischen und chemischen Aspekten verdeutlicht und gleichzeitig dem einzelnen Kollegiaten Gelegenheit zur Bildung individueller Schwerpunkte gegeben. Wesentlich zum Erfolg des GK trägt auch die im internationalen Vergleich außerordentlich vielfältige Ausstattung der am Kolleg beteiligten Institutionen mit modernsten Analysegeräten, Laboreinheiten sowie die ausgezeichnete Computerausstattung bei.

Das am 01.01.1992 gegründete Graduiertenkolleg ist in den Räumen des Instituts für Planetologie an der Universität Münster untergebracht und befindet sich nun in der dritten Förderperiode (10 Doktoranden-, 2 Postdoktorandenstipendien, umfangreiche Sachmittel). In das GK sind neben den Stipendiaten weitere, über Drittmittelprojekte geförderte Kollegiaten eingebunden. Die Veröffentlichung der Forschungsresultate erfolgt vornehmlich in renommierten internationalen Journalen. Zudem werden die Ergebnisse der Arbeiten von den Kollegiaten auf zahlreichen wissenschaftlichen Tagungen vorgestellt.

Für die nun laufende Bewilligungsphase übernahm A. Deutsch das Sprecheramt von T. Spohn. Die Stellung des GK an der Universität Münster wurde durch die Einbindung der Prof. Jeßberger (Analytische Planetologie), Lange (Angewandte Geophysik) und Hansen (Allgemeine Geophysik) deutlich gestärkt. Weiterhin beteiligen sich an dem Kolleg zwei Dozenten der Universität zu Köln (AR Dr. U. Herpers, Prof. Dr. H. Palme).

Die Forschungsschwerpunkte des Kollegs waren im Berichtszeitraum:

a)   Entstehung und Entwicklung des Solarnebels und Akkretion und frühe Entwicklung von Kleinplaneten (Betreuer: Prof. Dres. A. Bischoff, E. Jeßberger, H. Palme);
b)   Aufbau, Entwicklung und Tektonik der festen planetaren Körper und die Entwicklung ihrer Umlaufbahnen (Prof. Dres. T. Spohn, U. Hansen);
c)   Physik und Chemie von Eiskörpern im Sonnensystem (Profs. Dres. T. Spohn, M. Lange);
d)   Die Bedeutung von Impaktprozessen für die Entwicklung der Geosphäre und planetarer Krusten (Priv.-Doz. Dr. A. Deutsch, Profs. Dres. M. Lange, L. Bischoff);
e)   Geologische, mineralogisch-chemische und geophysikalische Fernerkundung als Beitrag zur Entwicklungsgeschichte planetarer Körper (Prof. L. Bischoff, Priv.-Doz. Dr. A. Deutsch);
f)   Wechselwirkung der kosmischen Strahlung mit extraterrestrischen Gesteinen (AR Dr. U. Herpers).

Da das Institut für Planetologie seit seiner Gründung hauptsächlich in der Graduiertenausbildung tätig ist - Planetologie stellt an der Universität Münster ein Promotionsfach, nicht jedoch einen Diplomstudiengang dar - waren Lehre und Forschung seit jeher ähnlich wie im GK ausgerichtet. Allerdings wurden im GK die Qualität der Lehre und die Koordinierung des Ausbildungsprogramms deutlich verbessert. Am Graduiertenkolleg wurde in der ersten Förderperiode ein Curriculum für das Promotionsstudium Planetologie entwickelt und in den folgenden Jahren erfolgreich erprobt. Dieses Curriculum beinhaltet gemeinsame Grundveranstaltungen, an denen bevorzugt in den ersten Semestern der Graduiertenausbildung teilgenommen werden soll, sowie weiterführende Kurse spezielleren Inhalts. Diese Veranstaltungen werden teilweise von Gastdozenten durchgeführt. Zu den gemeinsamen Veranstaltungen gehört die zweisemestrige Ringvorlesung „Einführung in die Planetologie", deren Konzept im Sommersemster 1998 von den Hochschullehrern des GK überarbeitet wurde. Diese Vorlesung stellt die geowissenschaftlichen, chemischen und physikalischen Grundlagen der Planetologie vor. Das Zielpublikum sind alle Kollegiaten, die einen z.T. sehr unterschiedlichen akademischen Werdegang aufweisen (Physiker, Chemiker, Mineralogen, Geologen), sowie Studierende im Nebenfach.

Weiterhin gehören zu den gemeinsamen Veranstaltungen ein Seminar über „Aktuelle Fragen der Planetologie" und das wöchentliche, auch die vorlesungsfreie Zeit umfassende Kolloquium. Die Gastwissenschaftlermittel des GK erlauben es, für dieses Kolloquium namhafte Forscherpersönlichkeiten von in- und ausländischen Institutionen zu gewinnen. Dies ist für das Gelingen des GK von grundlegender Bedeutung, da planetologische Forschung nur in engem Kontakt mit auswärtigen Institutionen erfolgreich sein kann. Folgende Wissenschaftler arbeiteten 1998 als Gäste des GK am Institut für Planetologie: Dr. A. Glikson (AGS Canberra, 19.04. bis 05.06.1998), Frau Dr. C. Goodrich (derzeit MPI f. Chemie, 19.10 - 30.10.1998) und Prof. Dr. V. Masaitis (Karpinski Inst., St. Petersburg, 05.12 - 20.12.1998).


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Hans-Joachim Peter
EMail: VDV12@uni-muenster.de
Informationskennung: JB9867
Datum: 1999-08-11