WWU Münster
Westfälische Wilhelms-Universität
Münster



Jahresbericht der Universität 1998

Fachbereich 7 Geschichte / Philosophie



Durch die Eingliederung der Musikpädagogik zum 01.10.1998 hat der Fachbereich noch mehr an Heterogenität zugenommen. Inzwischen sind mit der Didaktik der Geschichte, der Textilgestaltung mit ihrer Didaktik und der Musikpädagogik drei Fächer der ehemaligen Pädagogischen Hochschule im Fachbereich 7 "Philosophie/Geschichte" angesiedelt, dessen Bezeichnung - parallel zu dem des Fachbereichs 11 "Philologie" - nun noch weniger den Realitäten entspricht als bisher schon (vgl. den Jahresbericht 1997). Die vorgeschriebene Didaktik der übrigen Schulfächer (Philosophie, Klassische Philologie) kann nicht durch die an der Universität lehrenden Fachwissenschaftler, sondern muß durch Lehraufträge abgedeckt werden. Die wegen des Einzelunterrichts überaus zahlreichen und infolge einer höheren Vergütung besonders kostspieligen Lehraufträge im Fach Musikpädagogik werden laut Eingliederungsvertrag von der zentralen Verwaltung übernommen.

Die Verhandlungen zwischen den Fachbereichen 7 und 11 zur Bildung einer gemeinsamen - horresco referens - Informationsverarbeitungsversorgungseinheit (IVV) sind unter massivem Druck des Rektorats, d.h. unter Androhung des Entzugs sämtlicher Mittel für die Datenverarbeitung sowie durch eine bereits praktizierte Verweigerung von Dienstleistungen der Informationszentrale, mit Wirkung ab 01.01.1999 zustande gekommen.

Der Dezentralisierung der Datenverarbeitungsdienste steht der Versuch einer Zentralisierung der Fremdsprachenausbildung im Sprachenzentrum gegenüber. Obwohl der Fachbereich 7 mehrere spachausbildende Fächer umfaßt und die meisten Fächer Kenntnisse in alten und/oder modernen Fremdsprachen verlangen und diese zum Teil auch vermitteln und abprüfen, ist es nicht gelungen, für den Fachbereich 7 einen Sitz im Vorstand der Sprachenzentrums zu erhalten. Koordination und Finanzierung der fachbereichsübergreifenden Sprachausbildung sind nach wie vor ungeklärt.

Von Stellenkürzungen ist der Fachbereich im Jahr 1998 weitgehend verschont geblieben, wenngleich solche in Zukunft auch zu befürchten sind. Die Zuweisung der C 3-Professur für Musiktherapie (Nachfolge Gembries) hätte zum 01.12.1998 erfolgen müssen, ist bisher aber noch nicht erfolgt.

Obwohl die Aufgaben des Dekanats infolge des größer gewordenen Fachbereichs und der Finanzautonomie, zu deren Aufgaben nun besonders die Stellenkürzungen auf allen Ebenen gehören, gewachsen sind, wurde ihm nach Ablauf der dreijähringen Übergangsfrist nach der Zusammenlegung der alten Fachbereiche 7 und 10 ab 01.12.1999 eine halbe Bürokraftstelle entzogen. Dadurch hat sich im Dekanatsbüro eine kaum noch zu verantwortende Arbeitsverdichtung ergeben.

Die Sachmittel wurden infolge eines erst Mitte des Jahres entdeckten "Buchungskoordinationsmangels" (vox Cancellarii) zu einem Zeitpunkt drastisch gekürzt, als die Mittel des Jahres bereits verplant waren. Dadurch ergaben sich besonders bei den kleineren und kleinsten Fächern erhebliche Behinderungen der Forschung und Engpässe in der Verwaltung.

Die Raumnot vieler Institute ist bekannt. Bücher mußten entgegen den Brandschutzvorschriften auf den Fluren aufgestellt werden. Die geplante Einrichtung eines gemeinsamen Eingangs zu den drei im Gebäude Domplatz 23 untergebrachten Instituten ist bisher nicht zustandekommen. Hinzu kommt der dringende Sanierungsbedarf vor allem des Fürstenberghauses, insbesondere des regelmäßig überschwemmten Kellers (s.u.).

Durch die Bürokratisierung der Verwaltungsabläufe und die gestiegene Zahl an Gremien ist der Anteil der Lehrenden und Studierenden an der Arbeit für die akademische Selbstverwaltung auf Kosten von Lehre und Forschung angewachsen. Das betrifft besonders die Erarbeitung von Strukturkonzepten sowie von Studien- und Prüfungsordnungen zum Zwecke der Anpassung an die Eckdatenverordnungen, die nun nach Abschluß der langwierigen Arbeit schon wieder geändert werden sollen. Mehrere Veränderungen der Studienordnungen, die der Verkürzung der Studienzeiten dienen sollen, führen - auch in Angleichung an das zumeist niedrigere Niveau in den andern europäischen Ländern - zwangsläufig zu einer Senkung der Anforderungen: die Einrichtung kürzerer Studiengänge und von Abschlüssen, die nach kurzer Verweildauer an der Universität erworben werden können wie des "Master" neben dem Magister oder des Baccalaureus (vulgo "Bachelor"). Symptomatisch sind die ständig sinkenden Anforderungen in den alten und modernen Fremdsprachen. Hinzu kommt die Tatsache, daß die Fächer ihre Ansprüche auch in der Absicht senken, mehr Studierende anzulocken, denn die Mittel- und Stellenzuweisungen sind besonders von den Studentenzahlen abhängig.

In den Schulfächern ist infolge von Stellenkürzungen dieses und früherer Jahre die Belastung der einzelnen Prüferinnen und Prüfer durch eine gewachsenen Zahl an Staatsexamia stark angestiegen. Dem steht die Tendenz entgegen, keine Prüfungsgebühren mehr zu bezahlen.

Die Ergebnisse der Forschung sind in den Forschungsberichten nachzulesen. Besondere Erwähnung verdienen die beiden fachbereichsübergreifenden Sonderforschungsbereiche "Funktionen von Religion in antiken Gesellschaften des Vorderen Orients" und "Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme in Mittelalter und früher Neuzeit", an denen jeweils mehrere Fächer des Fachbereichs 7 beteiligt sind.

Aus den einzelnen Lehreinheiten und Instituten ist folgendes zu berichten:

  1. Seminar für Ur- und Frühgeschichte:

    Die Lehre erhielt einen stärkeren Praxisbezug durch die Weiterführung der Grundkurse und die Neueinrichtung von Tutorien. Prof. Capelle wirkte bei der Vorbereitung mehrerer Ausstellungen mit, Prof. Jockenhövel als Co-Kurator der 25. Europarats-Ausstellung "Götter und Helden der Broncezeit". Der Zweitgenannte leitete ferner das zusammen mit der Universität Frankfurt durchgeführte Forschungsunternehmen "Prähistorische Broncefunde" und betreute federführend mehrere andere Drittmittelprojekte.

  2. Archäologisches Seminar und Archäologisches Museum:

    Der Praxisbezug der Ausbildung wurde weiter gestärkt, doch stellt die drohende Kürzung der Mittel für Lehraufträge diesen Fortschritt in Frage.

    Im Personalbereich ist die fehlende Kustodenstelle weiterhin ein kritischer Punkt. Die Verteuerung und Reduzierung der studentischen Hilfskraftstunden behindern zunehmend Forschung und Lehre.

    Prof. Salzmann setzte seine Untersuchungen über "Antike Mosaiken und Pavimente in Pergamon" fort, Prof. Brandenburg seine Bauuntersuchungen der Kirche S. Stefano Rotondo in Rom, Prof. Stähler sein Forschungsprojekt "Die Griechen und ihre Nachbarn".

    Fehlende Finanzmittel verhinderten die Publikation der inzwischen abgeschlossenen Katalogisierung der Sammlung von Gipsabgüssen antiker Skulpturen, denn die Exkursionsmittel wurden entgegen anderslautenden Behauptungen nicht dem Seminarhaushalt zugeschrieben.

    Die regelmäßigen Überschwemmungen im ehemaligen Fahrradkeller des Fürstenberghauses hat ein erstes Opfer gefordert: die überlebensgroße Zeus-Figur ist zusammengebrochen.

  3. Institut für Altertumskunde:

    Das Programm "Qualität der Lehre" wurde trotz sinkender Mittel erfolgreich fortgeführt. Das Lehrangebot konnte wegen erheblicher Stellenkürzungen in den vergangenen Jahren nur eingeschränkt aufrechterhalten werden. Ungeklärt ist weiterhin die Organisation und Finanzierung der Latinums- und Graecumskurse für Hörer aller Fachbereiche. Die Fachaufsicht sollte unbedingt beim Institut für Altertumskunde verbleiben, damit das Niveau nicht absinkt.

    Die wissenschaftliche Mitarbeiterin Frau Dr. Schindler schied zum 30.09.1998 aus und übernahm eine Assistenstelle an der Universität Tübingen. Daß eine gelungene, aber selten gewordene Mobilität durch eine zwölfmonatige Sperrung der Stelle bestraft wird, behindert die Förderung von Nachwuchskräften. Besonders schwierig ist die Situation im Sekretariat, weil von den zwei Bürokraftstellen seit der Umsetzung einer Mitarbeiterin nur noch eine halbe Stelle besetzt ist.

    Prof. Baltes setzte sein Drittmittelprojekt "Der Platonismus in der Antike" fort. Über den Antrag von Prof. Hübner auf eine weitere Förderung der "Bibliographie der lateinischen Wortforschung" mit dem Einsatz der Datenverabeitung hat die DFG im Berichtsjahr noch nicht entschieden.

  4. Seminar für Alte Geschichte und Institut für Epigraphik:

    Das Wissenschaftsministerium von NRW unterstützte ein in der Entwicklung befindliches hypermediales Lehr- und Lernprogramm "Tutorium zur Alten Geschichte".

    Die Aktivitäten der Forschungsstellen "Historische Landeskunde des antiken Griechenland" und "Asia Minor" wurden fortgeführt, neue Verfahrenstechniken (Holographie, Lasertechnologie) in Zusammenarbeit mit dem Labor für Biophysik der Medizinischen Fakultät erfolgreich erarbeitet. Im internationalen Verbund wurden - auch in Zusammenarbeit mit dem "Institut für interdisziplinäre Zypernstudien" - mehrere größere Forschungsprojekte durchgeführt.

  5. Historisches Seminar:

    Keine Angaben aus dem Seminar.

  6. Institut für Didaktik der Geschichte:

    Die ohnehin schon prekäre Knappheit der Lehrkapazität wurde durch die Beurlaubung des Wissenschaftlichen Mitarbeiters Dr. Kenkmann ab 01.10.1998 weiter verschärft. Auf Empfehlung des Ausschusses für Lehre und studentische Angelegenheiten wurde ein drittes Proseminar eingerichtet, damit die Studierenden nicht mehr Gefahr laufen, infolge der Überfüllung von Proseminaren ein Semester zu verlieren.

  7. Seminar für Mittellateinische Philologie:

    Die Lehre vollzog sich verstärkt in Kooperation mit Lehrenden anderer Fächer. Geplant wird ein Weiterbildungsangebot "Mittellateinische Philologie" für Lateinlehrer.

    Die laufenden Forschungsprojekte wurden weitergeführt: Mittelalterliche Enzyklopädik und Sachliteratur (zusammen mit dem SFB 231), Text und Bild im Mittelalter, Frauenliteratur, Lexikon der Farbenbedeutungen im Mittelalter, das lateinische Drama in Spätmittelalter und früher Neuzeit. Drittmittel wurden über das PROCOPE-Projekt zusammen mit der Universität Nancy eingeworben, mit dem Thema "Theatralische und soziale Kommunikation" ist das Seminar an dem bei der DFG beantragten Sonderforschungsbereich "Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme in Mittelalter und früher Neuzeit" beteiligt.

  8. Seminar für Byzantinistik:

    Das kleine Seminar für Byzantinistik hat unter dem mehrfachen Wirksamwerden von Stellensperren und einer rigiden Finanzplanung seitens des Rekatorats besonders zu leiden.

    Als ausländische Gäste weilten dort Frau Dr. Lora Taseva aus Sofia und Herr Dr. Aleksey Barmin aus Moskau.

  9. Philosophisches Seminar:

    Im Rahmen der im LIT-Verlag erscheinenden Einführungen wurde der zweite Band über die Methodik des Philosophiestudiums erarbeitet und herausgegeben. Neben den fortgeführten Beteiligungen an den Studiengängen für Angewandte Kulturwissenschaften und für Umweltwissenschaften bietet das Philosophische Seminar auch Veranstaltungen an, die Lehrer auf das in NRW probeweise eingerichtete Fach "Praktische Philosophie" für die Sekundarstufe I vorbereiten sollen. Zusammen mit anderen europäischen Universitäten wurde ein Studiengang "Angewandte Ethik" geplant, der sich an jüngere Berufstätige wendet.

    Dr. Herold organisierte im Oktober eine Tagung über "Die Politik und der Frieden". Zwei Gastprofessoren aus Japan bzw. Ungarn wurden eingeladen.

  10. Institut für Kunstgeschichte:

    Prof. Jacobsen war ab 01.10.1998 für die Wahrnehmung der Richard-Krautheimer-Gastprofessur an der Bibliotheca Hertziana in Rom beurlaubt und wurde durch Herrn PD Schütze aus Berlin vertreten. Dr. Myssok ist seit 01.03.1998 Wissenschaftlicher Assistent.

    Prof. Jacobsen begann das Forschungsprojekt "Kunst und Liturgie im Mittelalter", fortgesetzt wurde von Prof. Meyer zur Capellen in Zusammenarbeit mit Kollegen der Universität München das Projekt zum osmanischen Sultanbildnis, von Prof. Poeschke in Verbindung mit der Bibliotheca Hertziana die Erforschung der Antikenrezeption in der Architektur der Frührenaissance.

    In Zusammenarbeit mit der Kunsthistorischen Sektion der Nederlandse Onderzoekschool voor Medievistik wurde im Juni ein Kolloquium in Lüttich und Aachen veranstaltet.

  11. Musikwissenschaftliches Seminar:

    Keine Angaben aus dem Seminar.

  12. Seminar für Volkskunde / Europäische Ethnologie:

    Keine Angaben aus dem Seminar.

  13. Institut für Ethnologie:

    Keine Angaben aus dem Institut.

  14. Institut für Textilgestaltung und ihre Didaktik:

    Keine Angaben aus dem Institut.

  15. Institut für Musikpädagogik:

    Das Institut gehört erst seit dem 01.10.1998 zu Fachbereich 7. Es ist im Augenblick dabei umzuziehen. Keine Angaben des Instituts

  16. Institut für Interdisziplinäre Zypern-Studien:

    Im Vorstand des Instituts wurde am 1. 10. 1998 Frau Prof. Mohrmann satzungsgemäß durch ihren Nachfolger im Amt des Prorektors für Lehre und studentische Angelegenheiten, Prof. Thamer, abgelöst.

    Weiter aufgebaut wurde eine Datei zu Zypern-relevanten Institutionen und Personen mit speziellem Interesse an Zypern-Themen, ferner eine Spezialbibliothek, die in den on-line-Katalog der Universität Münster integriert ist, und ein Archiv, bestehend aus Zeitungsartikeln, Videokassetten sowie Musik-Compact Discs und -Kassetten.

    Im Wintersemester 1997/1998 wurde eine Ringvorlesung "Zypern im Kreuzweg der Kulturen" veranstaltet, ferner zusammen mit Kollegen aus anderen Instituten ein Seminar mit dem Titel "Ägeis und Alter Orient", im Wintersemester 1998/1999 unter Beteiligung von elf Professoren aus verschiedenen Fachdisziplinen (Ur- und Frühgeschichte, Klassische Archäologie, Klassische Philologie, Alte Geschichte, Mittelaterliche Geschichte, Neuere und Neueste Geschichte, Volkskunde, Geographie) ein Seminar über "Zypern in Geschichte und Gegenwart", das auf eine Exkursion mit studentes auf die Insel im Mai 1999 vorbereitet.

    Zusammen mit der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der Universität Zyperns wurde im April 1998 ein Symposium über "Integration of Cyprus into the European Union - Aspects of Economic Policy" durchgeführt. Das Institut nahm ferner an der Ausstellung "Vergangenes bewahren - Zukunft sichern" teil, die vom 24.06. - 10.07.1998 in der Vertretung des Landes Nordrhein-Westfalen in Brüssel stattfand.

    Das Institut ist an folgenden Forschungsprojekten beteiligt: zusammen mit dem zyprischen Department of Antiquities sowie dem Labor für Biophysik und dem Seminar für Alte Geschichte der Universität Münster an der Erfassung und Archivierung der kypro-minoischen Keilschrifttäfelchen unter Einsatz moderner Lasertechnik (Holographie) und zusammen mit dem Department of History and Archaeology der Universität Zyperns an der Erfassung und Dokumentation der antiken und byzantinischen Monumente Zyperns.


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Hans-Joachim Peter
EMail: VDV12@uni-muenster.de
Informationskennung: JB9807
Datum: 1999-08-09 ---- 1999-08-26