WWU Münster
Westfälische Wilhelms-Universität
Münster



Jahresbericht der Universität 1997

Graduiertenkolleg
"Entstehung und Entwicklung des Sonnensystems"



Die Forschungsarbeiten umfassen die direkte Analyse der festen Körper des Sonnensystems als Zeugen der Entstehungs- und Entwicklungsprozesse, Mitwirkung bei Planung und Datenauswertung wissenschaftlicher Raumsonden, Laborexperimente sowie theoretische Untersuchungen zur Modellierung dieser Prozesse. Die empirische Analyse richtet sich auf Objekte, die entweder im Labor (Meteorite, Interplanetare Staubpartikel, Proben von Weltraummissionen, Proben von irdischen Impaktstrukturen und Auswurfslagen, experimentell geschocktes Material), im Gelände (Impaktstrukturen und Auswurfslagen) oder durch Fernerkundung planetarer Oberflächen untersucht werden können. Die theoretischen Arbeiten bedienen sich der mathematischen Modellierung systemrelevanter Prozesse und der daraus resultierenden physikalischen Zustände. Der forschungsbegleitende Unterricht vermittelt den Kollegiaten nicht nur Grundlagenwissen über Aufbau, Entstehung und Entwicklung des Sonnensystems und einzelner planetarer Körper, sondern trägt auch zur Erweiterung und Vertiefung des geowissenschaftlichen Weltbildes bei, in dem die Erde als Planet und damit als Teil eines größeren Ganzen verstanden wird. Die Kollegiaten sollen mit modernen Methoden der Analyse planetarer Materie (Gesteine, kosmischer Staub, Eisproben), der Fernerkundung und der numerischen Modellierung vertraut gemacht werden. In dem bewußt weit gefaßten Rahmen wird im Graduiertenkolleg der interdisziplinäre Charakter der Weltraumforschung mit ihren geowissenschaftlichen, physikalischen und chemischen Aspekten verdeutlicht und gleichzeitig dem einzelnen Kollegiaten Gelegenheit zur Bildung individueller Schwerpunkte gegeben.

Das Graduiertenkolleg wurde am 1. 1. 1992 gegründet und hat mit dem Jahr 1997 die zweite Phase abgeschlossen. Der Fortsetzungsantrag für die dritte Phase wurde im Dezember 1997 bewilligt. Dabei konnte die Zahl der Postdoktorandenstipendien auf 2 erhöht werden; die Zahl der Doktorandenstipendien ist bei 10 geblieben. Die Ergebnisse der Forschungsarbeiten wurden in renommierten wissenschaftlichen Zeitschriften veröffentlicht und bei einer Vielzahl von wissenschaftlichen Tagungen vorgestellt.

Zum Wintersemester 1995/96 wechselte Dr. D. Wolf an das Geoforschungszentrum Potsdam und schied mit Ende 1997 aus dem Kolleg aus. Seit WS 1996/97 ist Prof. Dr. E. Jeßberger am Institut für Planetologie und beteiligte sich als Mitantragsteller am Fortsetzungsantrag. Mit den Profes. Lange und Hansen wurden in der Geophysik Kollegen gewonnen, die Interesse an planetologischen Fragestellungen haben und sich ab Januar 1998 am Graduiertenkolleg beteiligten.

Die Forschungsschwerpunkte des Kollegs waren im Berichtszeitraum:

a)   Entstehung und Entwicklung des Solarnebels und Akkretion der Planeten (Prof. A. Bischoff und Prof. H. Palme)
b)   Aufbau, Entwicklung und Tektonik der festen planetaren Körper und die Entwicklung ihrer Umlaufbahnen (Prof. T. Spohn)
c)   Viskoelastische Modelle planetarer Deformationen (Dr. D. Wolf)
d)   Physik und Chemie von Eiskörpern im Sonnensystem (Prof. T. Spohn)
e)   Die Bedeutung von Impaktprozessen für die Entwicklung der planetaren Krusten und der terrestrischen Biosphäre. (Dr. A. Deutsch)
f)   Geologische, mineralogisch-chemische und geophysikalische Fernerkundung als Beitrag zur Entwicklungsgeschichte planetarer Körper. (Prof. L. Bischoff)
g)   Wechselwirkung der kosmischen Strahlung mit extraterrestrischen Gesteinen (Dr. U. Herpers)

Da das Institut für Planetologie seit seiner Gründung hauptsächlich in der Graduiertenausbildung tätig ist - Planetologie kann als Promotionsfach nicht aber als Diplomstudiengang an der WWU Münster studiert werden - gab es keine besonderen Umstellungsschwierigkeiten bei der Einrichtung des Kollegs. Die Hochschullehrer haben allerdings die Einrichtung zum Anlaß genommen, um die Qualität der Lehre und die Koordinierung des Ausbildungsprogramms zu verbessern. Die Diskussion über angemessene Formen der Lehre im Rahmen des Kollegs wurde mit den Kollegiaten kontinuierlich geführt.

Das Graduiertenkolleg hatte am Ende der ersten Förderperiode ein Curriculum für ein Promotionsstudium der Planetologie entwickelt, das in den vergangenen beiden Jahren erprobt wurde. Dieses Curriculum beinhaltet gemeinsame Grundveranstaltungen, an denen bevorzugt in den ersten Semestern der Graduiertenausbildung teilgenommen werden soll, sowie weiterführende Veranstaltungen spezielleren Inhalts.

Die Gastwissenschaftlermittel des Kollegs ermöglichen ein ganzjähriges, umfangreiches Kolloquiumsprogramm, das auch die vorlesungsfreie Zeit einschließt. Die Bedeutung dieser Veranstaltungen für die Ausbildung im Kolleg kann nicht überbetont werden. Darüber hinaus ermöglichen die Mittel mehrmonatige Aufenthalte auswärtiger Forscher. Vom 1. 11. 96 - 31. 1. 97 war Frau Dr. Tamara Gudkova vom Institut für Physik der Erde, Moskau als Gastwissenschaftlerin im Rahmen des Graduiertenkollegs in Münster. Vom 15. 4. bis zum 15. 7. 97 war Herr Dr. Olivier Forni als Gastwissenschaftler hier.


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Hans-Joachim Peter
EMail: VDV12@uni-muenster.de
Informationskennung: JB9767
Datum: 1998-02-05 ---- 1998-09-05