Westfälische Wilhelms-Universität
Münster
Jahresbericht des Rektors 1996
Konfokale DFG-Forschergruppe
"Der männliche Gamet: Produktion, Reifung, Funktion"
am Institut für
Reproduktionsmedizin
Am Institut für Reproduktionsmedizin der Westfälischen Wilhelms-Universität und am
Institut für Hormon- und Fertilitätsforschung an der Universität Hamburg wurde 1995
nach Prüfung und Begutachtung durch eine internationale Gutachterkommission eine
Konfokale DFG-Forschergruppe "Der männliche Gamet: Produktion, Reifung, Funktion"
für einen Zeitraum von vorerst 3 Jahren eingerichtet. Gemeinsames Ziel der insgesamt
8 Teilprojekte ist die Erforschung eines Kerngebietes der Reproduktion, die Entstehung
der Gameten bis zur Fertilisierung der Eizelle. Vorrangiges Ziel der Forschungsaktivitäten
sind die Verbesserung der Diagnose und Behandlung von Fertilitätsstörungen sowie die
Entwicklung einer praktikablen Methode der Fertilitätskontrolle für den Mann. Am
Institut für Reproduktionsmedizin werden 5 Teilprojekte mit ca. 650 TDM an
Sachmitteln und 3 1/2 Wissenschaftliche Mitarbeiter, 2 Technische Mitarbeiter, 1
Wissenschaftliche Hilfskraft und 1 Arzthelferin bereitgestellt. Die bislang großzügige
Förderung der Forschungsaktivitäten am Institut für Reproduktionsmedizin durch die
DFG-Forschergruppe "Regulation der männlichen reproduktiven Funktionen" (1989-1994) bleibt somit
bestehen und unterstreicht weiterhin die Bedeutung und
Notwendigkeit gemeinsamer Forschung von Naturwissenschaftlern und Medizinern auf
dem Gebiet der Fortpflanzungsmedizin.
Die Forschergruppe bearbeitet am Institut für Reproduktionsmedizin folgende
Fragestellungen:
- Keimzellspezifische Gene im Primatenhoden
- Transgene Tiermodelle zur Untersuchung der Hodenfunktion und Fertilität
- Spermienreifung im Nebenhoden
- Beurteilung des männlichen Fertilitätspotentials
- Interaktion zwischen männlichen und weiblichen Fortpflanzungsfunktionen
- Männliche Kontrazeption
Aus den zahlreichen Ergebnissen der Forschungsaktivitäten seien die folgenden
besonders erwähnt:
- In Zusammenarbeit mit der Universität Turku, Finnland, wurde eine transgene
Mauslinie etabliert, die den Rezeptor für das Follikel-stimulierende Hormon (FSH)
überexprimiert. Damit kann die Bedeutung von Mutationen dieses Rezeptors für die
Reproduktion experimentell untersucht werden. Ebenfalls etabliert werden konnte eine
immortalisierte somatische Zellinie des Hodens, die den FSH-Rezeptor stabil exprimiert.
- Molekulargenetische Untersuchungen zeigten Polymorphismen der
gonadotropen Hormone beim Mann auf. Ob Zusammenhänge mit Fertilitätsstörungen
bestehen, ist noch nicht bekannt.
- In Zusammenarbeit mit dem Deutschen Krebsforschungszentrum wurde im
transgenen Tiermodell ein Transkriptionsfaktor nachgewiesen, der für die Reifung der
haploiden Keimzellen essentiell ist. Erste Untersuchungen an humanem Hodengewebe
zeigten, daß dieser Faktor auch beim Mann spezifisch in den haploiden Keimzellen
exprimiert wird.
- Mittels der Technik der in-vivo Darstellung von teilungsaktiven Zellen durch die
Inkorporation von Bromodeoxyuridin konnte im Tiermodell nicht-humaner Primat
erstmals gezeigt werden, daß bei Hormonmangel ein Proliferationsstop auf der Stufe
der frühen und nicht, wie bislang vermutet, bei den späten Stadien der Keimzellen
auftritt.
- Bei etwa 3% der Patienten mit Azoospermie oder schwerer Oligozoospermie
konnten als Ursache Deletionen von Genen auf dem Y-Chromosom identifiziert werden
(AZF- und DAZ-Gen).
- Klinische Studien zeigten, daß bei hoher Initialdosierung des GnRH Antagonisten
Cetrorelix, einer für die Fertilitätskontrolle beim Mann besonders interessante Substanz,
die dadurch induzierte Hemmung der Reproduktionshormone bereits durch geringe
Erhaltungsdosen gewährleistet ist.
- Das Bindungs- und Verteilungsmuster von Proteinen an den Samenfäden erstmals
durch Einsatz der Flowzytometrie quantitativ untersucht, um das Reifungsmuster der
Samenfäden im Nebenhoden erforschen zu können.
- Durch die Kombination des Hamster-Eizellen-Penetrationstests mit Fluoreszenz-in-situ-Hybridisierung konnte
gezeigt werden, daß Samenfäden mit numerischen
Chromosomenveränderungen fähig sind, die Eizelle zu penetrieren.
Die Aktivitäten der Forschergruppe finden nationale und internationale Anerkennung.
Im Berichtsjahr 1996 resultierten daraus 70 Veröffentlichungen und 60 Vorträge, zu
denen Mitarbeiter des Instituts überwiegend eingeladen wurden. Ferner wurde ein umfassendes und in der
vorliegenden Form für den deutschen Sprachraum bislang
einzigartiges Lehrbuch verfaßt: "Andrologie: Grundlagen und Klinik der reproduktiven
Gesundheit des Mannes" (Springer 1996).
Hans-Joachim Peter
EMail: VDV12@uni-muenster.de
Informationskennung: JB9637
Datum: 1997-04-19