WWU Münster
Westfälische Wilhelms-Universität
Münster



Jahresbericht des Rektors 1995

Fachbereich 07 - Geschichte / Philosophie



Der Fachbereich Geschichte/Philosophie wurde mit Wirkung vom 1. Oktober 1995 durch Zusammenschluß der bisherigen Fachbereiche 7 und 10 gebildet. Aus dem Fachbereich 14 Alte und Außereuropäische Sprachen und Kulturen schloß sich ihm zum gleichen Zeitpunkt das Institut für Altertumskunde an, etwas später folgten das Archäologische Seminar mit dem Archäologische Museum und das Seminar für Ur- und Frühgeschichte. Auch das Seminar für Völkerkunde hat mittlerweile den Wunsch geäußert, sich dem neuen Fachbereich anzuschließen. Die genannten Fachbereiche und Fächer haben damit einen ersten und erfolgversprechenden Schritt zu einer Neustrukturierung der Philosophischen Fakultät vollzogen.

Die sich ständig steigernden Kürzungen bei Personal-, Sach- und Baumittel haben in vielen Einrichtungen des Fachbereichs mittlerweile zu ernsten Engpässen und Mängeln geführt. In einigen Instituten ist die Mindestausstattung nicht mehr gewährleistet. Bei gleichbleibenden Studierendenzahlen wird der weiterhin hohe Qualitätsstand der Lehre nur durch die Bereitschaft der Lehrenden zur Leistung erheblicher Überlastquoten aufrechterhalten, die zum Teil das Doppelte des Lehrdeputats erreichen. Die an sich erfreuliche Fortberufung von jungen Wissenschaftlern hat diese Personalsituation in einigen Instituten noch verschärft (z.B. Musikwissenschaft, Allgemeine Sprachwissenschaft). Die Bibliotheksbestände können nur noch unter Einschränkungen auf dem neuesten Stand der Forschung gehalten werden. Wegen der Kürzung der Hilfskraftmittel müssen die Öffnungszeiten der Bibliotheken zunehmend verringert werden. Die Raumausstattung ist besonders bei den Fächern Alte Geschichte, Archäologie, Volkskunde/Europäische Ethnologie und Kunstgeschichte unzureichend. Der zunehmende Verfall des Fürstenberghauses bedroht die Bibliotheksbestände vor allem in den Dachgeschossen. Schwere Wasserschäden sind in den archäologischen Sammlungen zu verzeichnen.

Im Berichtsjahr konnten die Verhandlungen über die Wiederbesetzung der C 4-Professur für Sozial- und Wirtschaftsgeschichte neuerer und neuester Zeit und über die Wiederbesetzung der C 3-Professuren für Mittelalterliche Geschichte und für Klassische Archäologie mit besonderer Berücksichtigung der Spätantike erfolgreich zu Ende geführt werden. Die Verhandlungen über die Wiederbesetzung anderer Professuren haben sich leider verzögert, wodurch Engpässe vor allem in den Fächern Philosophie, Kunstgeschichte und Alte Geschichte entstanden sind.

Die Nachwuchsförderung im Fachbereich erfolgt insbesondere durch Promotionen und Habilitationen, durch Beteiligung junger Wissenschaftler an Forschungsprogrammen und durch Einrichtung von Graduiertenkollegs. Insgesamt wurden im Berichtsjahr in den Fächern des Fachbereichs 62 Studierende promoviert. Im Fach Geschichte wurden drei, im Fach Philosophie zwei und im Fach Musikwissenschaft ebenfalls zwei Habilitationen erfolgreich abgeschlossen.

Mitglieder oder Einrichtungen des Fachbereichs haben im Berichtsjahr folgende internationale Tagungen durchgeführt oder sich maßgeblich an ihnen beteiligt:

Vom Seminar für Ur- und Frühgeschichte wurden internationale und interdisziplinäre, teilweise von der Volkswagen-Stiftung geförderte Forschungs- und Editionsprojekte über prähistorische Bronzefunde und vorneuzeitlichen Eisen- und Stahlgewinnung im Siegerland und im Sauerland weitergeführt. Internationale Kooperationsbeziehungen wurden besonders mit der Universität Lund gepflegt.
Im Institut für Altertumskunde wurde das von der DFG geförderte Projekt "Platonismus in der Antike" weitergeführt, das auf einer besonders breiten internationalen Zusammenarbeit beruht.
Hochschullehrer des Philosophischen Seminars führten im Juli den 9. internationalen Kongreß zum Zeitalter der Aufklärung durch, an dem sich gut tausend Wissenschaftler beteiligten. Sie organisierten außerdem die Tagung der Deutschen Gesellschaft für Philosophie im September in Münster.

Die Forschungsschwerpunkte des Musikwissenschaftlichen Seminars liegen weiterhin im Bereich der deutschen, italienischen und französischen Musik der frühen Neuzeit, insbesondere der Oper. Über seinen Direktor ist das Seminar an den großen Publikationen der Werke Händels, Glucks und Haydns beteiligt.

Das Seminar für Byzantinistik konnte im Jahre 1995 zwei Wissenschaftler aus Rußland zu mehrmonatigen Forschungsaufenthalten nach Münster einladen. Die Bibliothek des Seminars zählt besonders in ihren älteren Beständen zu den besten Spezialbibliotheken Deutschlands und bietet somit ideale Voraussetzungen für internationale Kooperationsprojekte.

Das Seminar für Mittellateinische Philologie befindet sich nach der Wiederbesetzung des Lehrstuhls im Sommer diesen Jahres im Stadium eines Neuanfangs. Es ist weiterhin in die Forschungsprojekte des Instituts für Frühmittelalterforschung und des SFB 231 eingebettet. Es ist insofern auch an der Einwerbung von erheblichen Drittmitteln von der DFG beteiligt.

Im Bereich der Mittelalterforschung setzten der Sonderforschungsbereich 231 ( Pragmatische Schriftlichkeit im Mittelalter ) und das Graduiertenkolleg Schriftkultur und Gesellschaft im Mittelalter ihre Arbeiten erfolgreich fort. Das Seminar für Alte Geschichte hat vor allem über die von den Forschungsstellen Asia Minor und Historische Landeskunde des Antiken Griechenland getragenen Forschungsprojekte umfangreiche Drittmittel eingeworben. Sie übersteigen den Grundetats des Seminars um mehr als das 15fache.

Der Inhaber des Lehrstuhls für Geschichte der Frühen Neuzeit hat 1995 einen Ruf an die Universität Mainz angenommen. Die von ihm initiierte Arbeitsstelle Westfälischer Friede/Internationale Friedensforschung setzt ihre Arbeit jedoch unter seiner Beteiligung fort, insbesondere zur wissenschaftlichen Vorbereitung der Jubiläumsjahre 1996/98. Fortgeführt wird auch im Bereich der Zeitgeschichte das von der Volkswagen-Stiftung finanzierte Projekt Transformation gesellschaftlicher Systeme und Stalinisierung in der SBZ/DDR sowie das Graduiertenkolleg Kognition und soziale Repräsentation von Problemen und Konflikten , das vom Historischen Seminar mitgetragen wird.

Die meisten Fächer des Fachbereichs beteiligen sich am Studiengang "Angewandte Kulturwissenschaft". Ihr Lehrangebot wird außerdem von Teilnehmern am Programm "Studium im Alter" sehr stark nachgefragt.

Im Fach Geschichte werden gegenwärtig neue Formen des Grundstudiums und neue Formen der Betreuung für Hauptfachstudierende unter dem Aspekt der Intensivierung und Verkürzung des Studiums diskutiert und erprobt. Leider waren die hierfür zur Verfügung gestellten Tutorenmittel auch in diesem Jahre nicht ausreichend.

Der Direktor der Abteilung für Westfälische Landesgeschichte übt aufgrund seiner Funktion in den Vorständen des Instituts für Vergleichende Städtegeschichte und der Historischen Kommission für Westfalen wichtige Aufgaben bei der Koordinierung von Forschungen zur regionalen und überregionalen Landesgeschichte aus. Die Kontakte zum Westfälischen Institut für Regionalgeschichte wurden intensiviert.

Das gute Einvernehmen mit dem Zentrum für Niederlande-Studien hat die Beziehungen zu unseren niederländischen Nachbaruniversitäten weiter intensiviert. Gemeinsame Forschungsprojekte sind eingeleitet worden.

Auch in diesem Jahr hat wieder eine sehr große Zahl von Gastwissenschaftlern ausländischer Universitäten längere oder kürzere Forschungsaufenthalte an Einrichtungen des Fachbereichs verbracht und Gastvorträge gehalten. Die vielfachen internationalen Kontakte des Fachbereichs spiegeln sich darin besonders deutlich wider.


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Hans-Joachim Peter
EMail: VDV12@uni-muenster.de
Informationskennung: Jb9510
Datum: 29.02.1996; 19:30 Uhr