WWU Münster
Westfälische Wilhelms-Universität
Münster


Jahresbericht des Rektors 1994

Fachbereich 02 - Katholische Theologie



Lehre und Studiengänge

Die Katholisch-Theologische Fakultät in Münster ist mit 3.083 Studienfällen, 38 weniger als im Vorjahr, auch weiterhin die größte Ausbildungsstätte für katholische Theologie im deutschen Sprachgebiet. Die Zahl der Erstsemester liegt mit einem leichten Anstieg um 11 auf dem Niveau des Vorjahres. Zu beachten ist eine fortschreitende Umgewichtung der Studienziele zugunsten des Lehramts (vor allem Primarstufe und Sek I) und zu Lasten des Diploms und der kirchlichen Abschlußprüfung. Damit steigt auch der Anteil der weiblichen Studierenden, die bevorzugt das Lehramt anstreben, auf insgesamt 56%. Dieser Entwicklung wurde auf verschiedene Weise Rechnung getragen. So haben Lehrende und Studierende in gemeinsamen Studientagen Vorschläge für Innovationen bei der Diplom- und Lehrer- wie Lehrerinnenausbildung erarbeitet. Ein Problem besteht darin, daß die ausschließlich in den Lehramtsstudiengängen eingesetzten Dozenten zunehmend mehr Studierenden zu betreuen haben. Der 1992 neu eingerichtete Studiengang Lizentiat im Kanonischen Recht hat einen so großen Zuspruch, daß unsere Fakultät in Kürze mehr Absolventen aufweisen wird als München, der einzigen weiteren Fakultät für diesen Studiengang. Um diese Ausbildung für weitere Berufsfelder nutzbar zu machen, wird derzeit erwogen, diesen Studiengang auch für die Juristen zu öffnen. Die Dozenten dieses Studiengangs, die in der Mehrzahl nicht der Universität Münster angehören, werden aus Drittmitteln finanziert.

Besorgnis besteht über die hohe Verweildauer der Studierenden. Gründe dafür sind die bis zu drei alten Sprachen, die an der Universität nachgeholt werden müssen, und die nicht einfache Berufsfindung. Letzteres mag auch zu der weiteren Steigerung im Promotionsstudiengang um 14% beigetragen haben. Allerdings zeigt der hohe Anteil von Ausländern am Diplom- wie Promotionsstudiengang, daß Münster für Studierende besonders auch aus Südamerika, Afrika und Asien eine besondere Attraktivität besitzt.
Erfreulich ist die hohe Zahl derer, die katholische Theologie als Fach für das Studium im Alter wählen.

Personal und Nachwuchsförderung

Mit der Wiederbesetzung von 4 Lehrstühlen seit dem WS 93/94 (Katholische Theologie und ihre Didaktik mit Schwerpunkt Systematische Theologie; Dogmatik und theologische Hermeneutik; Fundamentaltheologie; Dogmatik und Dogmengeschichte) sind nur noch 3 Lehrstühle unbesetzt (Exegese des Neuen Testaments; Feministische Theologie; Allgemeine Religionswissenschaft). Unter den drei Habilitationen ist Frau Dr. Heimbach- Steins, die sich als weltweit erste Frau in Christlichen Sozialwissenschaften in Münster habilitieren konnte. Zum Jahresende wurde der Lehrbeauftragte für Kanonisches Recht, Dr. Mussinghoff, zum Bischof von Aachen ernannt.

Perspektiven der Forschung und internationale Kontakte

Zwei der noch nicht besetzten Lehrstühle stehen im Zusammenhang mit dem besonderen Profil der Fakultät. Eine schon 1993 erstellte Berufungsliste für Feministische Theologie, die den ersten Lehrstuhl für dieses Fach im deutschen Sprachgebiet darstellt, konnte wegen noch anstehender Staat-Kirche-Verhandlungen nicht in einen Ruf umgesetzt werden. Die Religionswissenschaft an der Fakultät ist durch den bisherigen Lehrstuhlinhaber, Prof. Khoury, mit dem besonderen Schwerpunkt "Islam" versehen; dafür konnte bislang im deutschen Sprachgebiet kein qualifizierter Bewerber gefunden werden. Die theologische Beschäftigung mit dem Islam hat jedoch weit über die Universität Münster hinausreichende Bedeutung erhalten. Bis zur Wiederbesetzung hält Professor Khoury die internationalen Kontakte, vor allem zu den Partnerhochschulen im Libanon, weiter aufrecht.

Ein weiterer Schwerpunkt besteht im Dialog mit dem Judentum; hier gibt es Planungen zur Gründung eines internationalen Institutes mit Sitz in Palästina. Das Katholisch-Ökumenische Institut und die Forschungsstelle Friedens- und Konfliktforschung haben in Rom und Sarajevo Initiativen zur Vermittlung zwischen den Konfliktparteien im ehemaligen Jugoslawien aktiv unterstützt. In einem Studientag zu "Theologie und Demokratie. Münsterische Theologen während der Weimarer Republik und der NS-Zeit" wurden Fragen von Kooperation wie Widerstand im Nationalsozialismus an der damaligen Katholisch-Theologischen Fakultät aufgearbeitet. In Zusammenarbeit mit der Konrad-Adenauer-Stiftung konnte im Sommersemester eine Ringvorlesung zum Thema "Religion und Politik im internationalen Vergleich" unter Beteiligung auswärtiger Gelehrter angeboten werden. Ferner beteiligte sich unsere Fakultät an der bürgernahen Vortragsreihe "Uni hinter den Kulissen" und an der weihnachtlichen Kindervorlesung. Auch zu derzeit innerhalb der katholischen Kirche kontrovers diskutierten Themen bezog die Fakultät Stellung. U.a. verabschiedete der Fachbereichsrat eine Stellungnahme zur Ordination von Frauen als Reaktion auf das Apostolische Schreiben des Papstes "Ordinatio Sacerdotalis".

Ausblick

Weitere Entwicklungen und Perspektiven der Fakultät sollen in einer Fortschreibung des Strukturplanes von 1989 im Jahr 1995 vorgestellt werden. Neben den schon genannten Bereichen ist hier das Institut für Missionswissenschaft zu nennen mit dem Projekt "Theologie in der Sozial- und Kulturgeschichte Lateinamerikas" sowie dem Projekt "Bilanz und Perspektiven der Befreiungstheologie"; derzeit ist dieses das einzige Institut dieser Art in Deutschland. Zu nennen ist hier auch das Institut für Christliche Sozialwissenschaften, das durch mehrere Projekte seine führende Stellung im deutschen Sprachgebiet beweist.


Zurück zur Startseite  Zurück zum
Inhaltsverzeichnis  Nächster Beitrag  Vorheriger Beitrag

Hans-Joachim Peter
EMail: VDV12@uni-muenster.de
Informationskennung: D2JB9405
Datum: 28.06.1995; 01:37 Uhr