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Münster (upm)
Dr. Beate Tröger und Brigitte Nussbaum von der ULB Münster und Steffen Baranski und Felix Höppner vom AStA.<address>© ULB Münster</address>
Dr. Beate Tröger und Brigitte Nussbaum von der ULB Münster und Steffen Baranski und Felix Höppner vom AStA.
© ULB Münster

Verbrannte Asche

Universitäts- und Landesbibliothek und AStA realisieren Ausstellung zur Bücherverbrennung vor 80 Jahren

"Ich stand vor der Universität, eingekeilt zwischen Studenten in SA-Uniform, den Blüten der Nation, sah unsere Bücher in die zuckenden Flammen fliegen und hörte die schmalzigen Tiraden des kleinen abgefeimten Lügners. Begräbniswetter hing über der Stadt." Erich Kästner verfolgte am 10. Mai 1933 in Berlin, wie die Nationalsozialisten seine Bücher verbrannten. Alle, bis auf eines: An „Emil und die Detektive“ trauten sie sich nicht heran, weil sie „einen Aufstand in den Kinderzimmern befürchteten“. Nachzulesen ist das in der Ausstellung "Verbrannte Asche", mit der die Universitäts- und Landesbibliothek Münster (ULB) und der AStA der Universität an die Bücherverbrennung vor 80 Jahren erinnern. Eröffnet wird sie am 6. Mai um 18.30 Uhr im Hörsaal JO1, Johanniststr. 4. Prof. Dr. Hans-Ulrich Thamer hält den Festvortrag.

"Es waren Studierende, die vor 80 Jahren die Bücherverbrennung in Münster organisierten", sagt Felix Höppner, Initiator der Ausstellung. Deshalb fühle sich der AStA verpflichtet, heute die Verantwortung dafür zu übernehmen. Unter Leitung des damaligen AStA-Vorsitzenden Albert Derichsweiler errichtete der Deutsche Studentenbund am 6. Mai einen Schandpfahl auf dem Domplatz und sammelte die verbotenen Bücher ein. "Das gab es nur in wenigen Städten und zeugt von einer besonderen Radikalität", so Höppner.

Verantwortung spürt auch Dr. Beate Tröger, Direktorin der ULB. Denn in deren Magazinen liegen wahrscheinlich noch viele Bücher, die einst von den Nazis geraubt wurden und die ihren Besitzern möglichst zurückgegeben werden sollen. Doch die so genannte "Provenienz"-Forschung, also die Suche nach den Vorbesitzern ist kompliziert und aufwändig. Brigitte Nussbaum von der ULB verdeutlicht das mithilfe von Joseph Roths "Zipper und sein Vater".

Der Band mit der Signatur SA 92985 ist Teil der Ausstellung und gehörte ursprünglich, wie sich nach langen Recherchen herausstellte, dem Arzt Dr. Josef Klüber, deutschnational eingestellt. Bereits 1930 legte er sich das erste Mal mit den Nationalsozialisten an, 1935 schließlich wurde er in seiner Dienstwohnung überfallen und brutal zusammengeschlagen. Daraufhin reichte er sein Entlassungsgesuch zum 1. Januar 1936 ein und starb Mitte 1936. Seine Bibliothek vermachte er der Universitätsbibliothek Erlangen, die das Buch an die ULB Münster weitergab. Also kein Raubbuch, wie anfangs gedacht, doch die langwierige Ermittlung war notwendig, um das zu falsifizieren. Die Attentäter wurden übrigens wegen schweren Landfriedensbruchs verurteilt. Und zu Hitlers Geburtstag amnestiert …

Die ganze Geschichte von SA 92985 ist ab dem 6. Mai unter www.verbrannte-asche.de zu finden. Gestaltet wurde sie von Steffen Baranski, der auch die Ausstellung grafisch gestaltete. In insgesamt neun Bibliotheken der Universität werden je zwei Exemplare eines verbotenen Buches gezeigt, eines aus der Zeit vor 1933 und eines aus der Zeit danach. Denn natürlich gelang es den Nazis nicht, Autoren wie Bert Brecht, Lion Feuchtwanger oder Rosa Luxemburg vergessen zu machen. Von Studierenden geschriebene Texte erläutern die Biografie und den Grund, warum die jeweiligen Autoren verboten wurden. Dazu kommen von Baranski entworfene Plakate mit einem Zitat der Autoren: "Nie wieder Krieg!", fordert bespielsweise Carl von Ossietzky, „Ich bin damit fertig!“, resigniert Kurt Tucholsky.

Die Ausstellung „Verbrannte Asche“ ist bis zum 31. Mai in der Zentrale am Krummen Timpen 3, bei den Germanisten, den Physikern, der Medizin, den Sozialwissenschaftlern, den Kommunikationswissenschaftlern, den Rechts- und Wirtschaftswissenschaftlern und Anglisten zu sehen. Zur Ausstellung erscheint ein Katalog, der für zwölf Euro beim AStA, Schlossplatz 1, erworben werden kann. Die Öffnungszeiten der Ausstellung richten sich nach den jeweiligen Öffnungszeiten der beteiligten Bibliotheken.

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