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Münster (upm/bn)

Westfälische Alltagswelt und Schmuggelei in der Ostsee

Vortragsabend des Zentrums für Textedition und Kommentierung

Das Zentrum für Textedition und Kommentierung (ZETEK) der Universität Münster lädt zu einem Vortragsabend in die Rüstkammer im historischen Rathaus der Stadt Münster ein. Am Donnerstag, 5. Mai, werden dort um 19 Uhr die Historikerinnen Dr. Mechthild Black-Veldtrup, Leiterin der Abteilung Westfalen des Landesarchives NRW, und Dr. Silvia Dethlefs sowie der Direktor des Institutes für Rechtsgeschichte an der WWU, der Jurist Prof. Dr. Peter Oestmann, aus der Arbeit ihrer Editionsprojekte berichten.

Die beiden Historikerinnen präsentieren die Tagebücher des Freiherrn Ludwig von Vincke (1774-1844), der nach der Säkularisation des Stiftes Münster 1815 erster Oberpräsident der neugegründeten preußischen Provinz Westfalen wurde. In dieser Funktion hatte er wesentlichen Anteil an der Durchsetzung der Leitgedanken der preußischen Reformära und sollte zu einer legendären Integrationsfigur werden. Mit der Führung der nun edierten Tagebücher hatte er schon im Alter von 15 Jahren begonnen und hörte erst auf dem Totenbett damit auf. Die Tagebücher spiegeln deshalb nicht nur das persönliche Leben eines bürgerlich denkenden Adligen, sondern auch die westfälische Alltagswelt und die politische Großwetterlage zwischen französischer Revolution und preußischen Reformen.

Prof. Oestmann behandelt in seinem Vortrag einen spannenden Rechtsstreit aus der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts: Ein Lübecker Schiffer beförderte regelmäßig Schmuggelgut von Lübeck ins damals russische Reval. Einmal wurde er erwischt, konnte aber fliehen. Beim zweiten Mal hatte er dieses Glück nicht. Das Schiff wurde konfisziert, die Ladung beschlagnahmt, der Schiffer kam ins Gefängnis und starb in russischer Haft. In Lübeck begann jetzt ein Streit zwischen der Witwe des Schiffers sowie einigen Handelsgesellschaften und Versicherungen. Es ging um Schadensersatzforderungen und nicht zuletzt um die Frage, ob ein deutscher Kaufmann oder Schiffer sich überhaupt an ausländische Einfuhrverbote halten musste. Das Oberappellationsgericht der vier freien Städte Deutschlands in Lübeck fällte ein wegweisendes Urteil zur Freiheit des Handels.

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