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Münster (upm/ch)
Prof. Dr. Rolf Wiermann (links) und Reinhard Feldmann begutachten einen der historischen Gartenpläne.<address>© WWU - Grewer</address>
Prof. Dr. Rolf Wiermann (links) und Reinhard Feldmann begutachten einen der historischen Gartenpläne.
© WWU - Grewer

Kostbare Schätze wieder aufgetaucht

Historische Pläne geben Einblicke in die Geschichte des Botanischen Gartens

Kostbare Schätze gelangen manchmal unverhofft wieder ans Tageslicht. Solche Zufallsfunde sind auch sechs historische Pläne des Botanischen Gartens der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU). Als sie wiedergefunden wurden, waren sie zum Teil in desolatem Zustand. Nun lagern sie - behutsam restauriert - unter optimalen Bedingungen in der Universitäts- und Landesbibliothek (ULB). Wie ein Archäologe anhand verschiedener Ausgrabungsschichten die Geschichte einer Stadt rekonstruieren kann, geben diese Pläne tiefe Einblicke in die Entwicklung des Botanischen Gartens und in die Geschichte der Botanik an der WWU.

"Es ist ein glücklicher Zufall, dass wir sie gefunden haben", betont Prof. Dr. Rolf Wiermann. Der ehemalige Hochschullehrer am Institut für Botanik der WWU hatte die Bedeutung der Pläne, die aus den Beständen des Botanischen Instituts und des Gartens stammen, erkannt und sie im Jahr 2009 der ULB übergeben. Dort wurde eine aufwendige Restaurierung veranlasst. Anschließend wurden die Pläne digitalisiert, sodass sie nun von jedem per Internet oder in der ULB eingesehen werden können. "Ich bin froh, dass die Pläne gut aufgehoben und öffentlich zugänglich sind", sagt Rolf Wiermann, Autor der Festschrift zum 200-jährigen Bestehen des Botanischen Gartens. "Für Wissenschaftler oder Interessierte, die sich mit der Geschichte des Gartens auseinandersetzen, sind sie extrem wertvoll."

Der Botanische Garten existiert noch heute dort, wo er 1803 angelegt wurde. Er wurde zwischenzeitlich lediglich etwas zurückversetzt und beginnt nun nicht mehr unmittelbar hinter dem Schloss. Dennoch hat sich vieles verändert. So waren die Areale ursprünglich in vier Bereiche gegliedert: eine "Botanische Partie", in der die Vielfalt der Pflanzen gezeigt wurde, eine "Ökonomisch-technologische Partie" mit Nutzpflanzen wie Hanf, Flachs und Getreidearten, ein Arboretum mit Bäumen und Sträuchern sowie eine "Medicinal-Partie" mit wichtigen pharmazeutisch wirksamen Pflanzen.

Einer der nun restaurierten Gartenpläne aus dem Jahr 1835, der von dem Gärtner Bernhard Revermann erstellt wurde, zeigt ein symmetrisches Raster aus überwiegend viereckigen Beeten. "Ich gehe davon aus, dass dieser Plan die damalige Ordnung der Pflanzen nach dem System Carl von Linnés widerspiegelt. Es war ein künstliches System, in dem die Gewächse nach wenigen willkürlich gewählten Einzelmerkmalen geordnet wurden", erklärt Rolf Wiermann. "Professor Wernekinck, der Begründer des Botanischen Gartens, hat dieses System auch in seinen Vorlesungen zugrunde gelegt."

Eine blaue Handskizze auf dem historischen Papier, mit der jemand einst das Beet-Raster übermalt hat, zeigt einen Entwurf zur Umgestaltung des Gartens. Diese Umstrukturierung wurde später tatsächlich umgesetzt, wie ein Plan aus den 1870er Jahren zeigt. Im Jahr 1882 war die Neugestaltung laut einer "Skizze zur Umlegung der Staudenquartiere" noch weiter vorangeschritten. Das alte Ordnungssystem nach Linné war inzwischen längst passé. Die Pflanzen wurden nun unter Einbeziehung vieler Merkmale nach stammesgeschichtlichen Gesichtspunkten entsprechend ihrer Verwandtschaft sortiert.

Die alten Pläne werfen Schlaglichter auf die Entwicklung des Gartens zwischen 1835 und 1899. "Ich bin dankbar, dass wir die Pläne bekommen haben und dass die Restaurierung so gut gelungen ist", betont Reinhard Feldmann, Leiter des Dezernats Historische Bestände der ULB. "Sollten noch weitere dieser historischen Pläne gefunden werden - hervorragend. Wir haben noch Platz."

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