Prof. Dr. Werner Jacobsen
Liturgie und Kunst
Schon seit 1994 steht eine kontinuierliche Beschäftigung mit liturgischen Nutzungskonzepten von Kirchen der Spätantike und des Mittelalters im Mittelpunkt
von Lehre und Forschung, mit interdisziplinärer Öffnung zu Fragen der liturgischen Nutzung, der Altaranordnungen, der Präsentation von
Heiligengebeinen, der internen Organisation des Kirchenraumes und der Zugänglichkeit für Laien. Ein Teilbereich zum Bestand nördlich der Alpen
wurde bereits in einem Speculum-Aufsatz 1997 als Gedankenskizze publiziert, ein anderer Teilbereich Italien in einem Forschungsjahr 1998-1999 an der Bibliotheca
Hertziana in Rom ("Richard-Krautheimer-Gastprofessur") erarbeitet. Symposien mit interdisziplinärer Beteiligung wurden bereits in Bamberg,
Köln und Rom durchgeführt. Im Sommersemester 2001 hielt ich eine Vorlesung mit dem Titel "Kunst und Liturgie". Darin habe ich die
Entwicklung der liturgischen Nutzung des Kirchenbaues im Lichte der neuen Ordinarienforschung vorgestellt, beginnend in der Spätantike mit dem Egeria-Text zur
Jerusalemer Liturgie (um 400) und der Papstmesse in der Stationskirche St. Peter gemäß Ordo primus romanus (um 700) und reichend über das
Weihespektakel der Jesuitenkirche St. Michael in München (1597) bis zu den Exequienfeiern des 18. Jahrhunderts in Saint-Denis und die Diskussionen um die
Neuordnung des Kirchenraums nach dem Zweiten Vaticanum (1964). Aus den verschiedenen Jahrhunderten wurde als Beispiel jeweils ein Kirchenbau bzw. ein
Bauensemble ausgewählt, dessen bauliche Gestalt bekannt ist und für das auch ein Liber ordinarius bzw. sonstige Schriftquellen zum Ablauf der liturgischen
Handlungen bekannt sind und für welches damit die zeitgenössischen liturgischen Abläufe rekonstruiert werden können (Horen, Messe,
Prozessionen, Königs- und Kaiserkrönungen, später auch liturgische Schauspiele, Narrenspiele, Jesuitendrama, Exequien). Ziel war es, den Studenten
das tiefere Verständnis für die Einrichtung der Kirchen, deren Ausstattung mit künstlerischen Objekten und deren einstiger liturgischer Funktion im
Kirchenraum ("Kunstwerke", heute häufig entfunktionalisiert im Kirchenraum bzw. im Museum) sowie deren Änderungen und Wandlungen im
Laufe der Jahrhunderte zu vermitteln. Damit sollte den Studenten das historische Verständnis für die zahlreichen, aus Kirchen stammenden und heute
gewöhnlich in Museen verwahrten und zusammenhanglos präsentierten Kunstwerke und die Rekonstruktion im einstigen Bedeutungszusammenhang vermittelt
werden. Die Vorlesung hat bei den Studenten (auch späterhin bei meinen Examenskandidaten) große Nachfrage bewirkt. Zugleich kommt diese Thematik (an
der ich seit etwa 1990 arbeite) neuerdings sehr in das Bewußtsein der interdisziplinären Forschung. Daher möchte ich alsbald diese Vorlesung zu einem
Buch ausbauen. Das ausformulierte Vorlesungsmanuskript liegt bereits vor.
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