Zivilgesellschaft und Demokratie
Einwandererkulturen, Netzwerke und ihre Integrationsqualität. Eine komparative Analyse im Vergleich
der Zuwanderungsnationalitäten und
Bundesländer
Fragestellung/ Methode
Das Forschungsprojekt behandelte die Fragestellung,
welche Rolle Einwanderervereine beim Integrationsprozess in der Bundesrepublik Deutschland spielen. Hierzu
wurden zwei parallele Studien durchgeführt. Erstens
eine Organisationsstudie zu Einwanderervereinen in Deutschland; zweitens eine Sozialdatenanalyse zur Integration
von Einwanderern. In der Organisationsstudie wurden
zum ersten Mal Daten auf Bundesebene erhoben, durch die Auswertung des bundesweiten Archivs des
Bundesverwaltungsamts; die Daten zur Integrationsanalyse wurden
aus Sekundäranalysen bundesweiter Befragungsstudien und amtlichen Statistiken gewonnen.
Ergebnisse
Die im Projektantrag
aufgestellten Hypothesen konnten weitgehend bestätigt werden: Es besteht ein enger Zusammenhang
zwischen der Art der Organisationsbildung der Vereine und
ihrer Performance in der Integration. Zwischen den betrachteten
Einwanderungsnationalitäten (Italiener, Griechen, Türken, Spanier, ehem. Jugoslawen) konnten
deutliche Unterschiede in der Organisationsbildung und in
zentralen Integrationswerten herausgearbeitet werden. Hierbei trat eine deutliche Parallelität zwischen Art der
Organisationsbildung und der Struktur der gemessenen
Integrationswerte auf: Nationalitäten (insbesondere Spanier, Griechen), die sich bereits früh mit Fragen
der Integration in Deutschland beschäftigt
haben (hier insbesondere Bildung) und in Vereinen selbständig organisiert haben, weisen heute in den
entsprechenden Bereichen bessere Integrationswerte auf als
Nationalitäten (insbesondere Türken, Italiener), die sich nicht entsprechend organisiert haben. Hierbei
wurden Hintergrundvariablen, wie der Bildungsstand
bei der Einwanderung etc. statistisch kontrolliert. Es lässt sich eine Linie zeichnen, bei der die Integration
zunächst ganz wesentlich vom Bildungserfolg der
Einwandererkinder abhängt und sich dann weiter im Arbeitsmarkt fortsetzt. Insbesondere bei Spaniern
lässt sich feststellen, dass Vereine im Bereich Bildung
eine große Rolle gespielt haben. Heute sind noch über 25% der spanischen Vereine Bildungsvereine,
die sich für eine bessere schulische Behandlung
spanischer Kinder in Deutschland einsetzt. Bei den Italienern sind dagegen keine 5% der Vereine Bildungsvereine
(Ergebnisse der Archivauswertung). Unter den
betrachteten Nationen belegen italienischen Schüler den letzten Platz in der Bildungshierarchie. Durch eine
zusätzlich beim MARPLAN-Institut in Auftrag
gegebene Befragung zur Vereinsmitgliedschaft konnte dieser Zusammenhang zwischen Mitgliedschaft in einem
Bildungsverein und Bildungserfolg der Kinder auch
statistisch nachgewiesen werden. Diese Ergebnisse wurden auf theoretischer Ebene mit der Analyse über die
Strukturen und Funktionen der Öffentlichkeit
nach Habermas verknüpft und zu einer neuen theoretischen Erklärung von Integrationsprozessen
fortgeführt. Ein zweiter Analysestrang behandelte die
Frage nach der Bedeutung des föderalen Systems der Bundesrepublik Deutschland als determinierenden
Faktor der Integration. Diese Frage konnte insbesondere im
Hinblick auf das Bildungssystem ergebnisreich beantwortet werden. Wie bereits bei den einzelnen
Zuwanderungsnationalitäten konnten erhebliche Unterschiede im
Bildungserfolg auf Bundesländerebene gefunden werden. Diese Diskrepanzen sind über Jahrzehnte
stabil und wurden durch die Berechnung von
Maßzahlen erstmals interregional vergleichbar gemacht. Diese Ergebnisse sind insbesondere vor dem
Hintergrund der aktuellen Analysen der PISA-Studie von
besonderem Interesse, da die PISA-Studie ebenfalls Unterschiede zwischen den Bundesländern ermittelt hat.
Diese, auf der Basis von Leistungstests ermittelten
Unterschiede, verhalten sich jedoch spiegelverkehrt zu den auf der Basis der offiziellen Schulstatistiken ermittelten
Unterschiede der vorliegenden Studie.
Projektdauer:
Drittmittelgeber:
Beteiligte Wissenschaftler:
- Geförderte Wissenschaftler/innen
Kooperationen:
Veröffentlichungen:
- Thränhardt, D. und Hunger, U. (Hrsg.) (2000): Einwanderer-Netzwerke und ihre
Integrationsqualität in Deutschland und Israel. Münster/
Hamburg/ Berlin/ London: Lit-Verlag (Studien zu Migration und Minderheiten, Bd. 11)/ Freiburg i. Br.:
Lambertus-Verlag, 292 S.
darin erschienen:
- Thränhardt,
D.: Einwandererkulturen und soziales Kapital. Eine komparative Analyse, S. 15-52.
- Çetinkaya,
H.: Türkische Selbstorganisationen in Deutschland: neuer Pragmatismus nach der ideologischen
Selbstzerfleischung 83-110.
- Çetinkaya, H.: Haberiniz var mi?
Ein explorative Studie zur Informationsbeschaffung über politische Prozesse am Beispiel türkischer
Migranten in Gelsenkirchen-Horst, S. 111-174.
- Sopart, D.: Polnische Selbstorganisationen in der Bundesrepublik Deutschland - Reinkarnation mit
Geburtswehen, S. 175-218.
- Hunger, U.: Das Analysepotential allgemeiner
Bevölkerungsumfragen für die Migrationsforschung. Ein systematischer Überblick über
deutsche Erhebungen, S. 219- 264.
- Holger Kolb/ Jan Chr. Lamontain:
Selbstorganisationen, soziale Netzwerke und soziales Kapital. Eine Auswahlbibliographie,S. 265-292.
- Lale Akgün/ Dietrich Thränhardt (Hrsg.), Migration in föderalistischen
Systemen. Jahrbuch Migration 2000/01, Münster u.a.:
Lit-Verlag, S. 119-137.
darin erschienen:
- Thränhardt, D.: Einleitung:
Zuwanderungs- und Integrationspolitik in föderalistischen Systemen, S. 15-34.
- Hunger,
U.: Bildungspolitik und "institutionalisierte Diskriminierung" auf Ebene der Bundesländer. Ein
Vergleich zwischen Baden-Württemberg, Bayern,
Hessen und Nordrhein-Westfalen, S. 119-137.
- Hunger, U. und Thränhardt, D. (2001): Die Integrationspolitik des Landes Berlin im Vergleich der
Bundesländer, in: Frank Gesemann (Hrsg.):
Migration und Integration in Berlin, Opladen: Leske und Budrich, S. 109-126.
- . Hunger,
U. (2001): Party Competition and Inclusion of Immigrants in Germany, in: German Policy Studies, Nr. 3, S. 302-330.
- Thränhardt, D. und Hunger, U. (2000): Vom
Partizipationspostulat zum Civil-Society-Konzept. Zum Perspektivenwechsel in der Integrationsforschung im neuen
Jahrhundert, Zeitschrift für Migration und
soziale Arbeit, Nr. 2, S. 32-39.
- Kowalke, Jürgen (2003): Beeinflussen kulturelle Unterschiede den Integrationsprozess? Eine
komparative Analyse mit dem Sozio-ökonomischen Panel
(SOEP), in: Karin Meendermann (Hrsg.): Migration und politische Bildung, Münster: Waxmann, S. 119-156.
- Hunger, U./ Thränhardt, D. (2003): Der Bildungserfolg von Einwandererkindern in den
Bundesländern. Diskrepanzen zwischen der PISA-Studie und
den offiziellen Schulstatistiken in: Auernheimer, G. (Hrsg.): Schieflagen im Bildungssystem. Die Benachteiligung
der Migrantenkinder, Opladen: Leske & Budrich, S.
51-77.
- Hunger, U. (2003): Determinanten des Schulerfolgs ausländischer Schüler. Schlussfolgerungen
und Empfehlungen für die Bildungspolitik, in:
Karin Meendermann (Hrsg.): Migration und politische Bildung, Münster: Waxmann, S. 105-117.
- Hunger, U./ Thränhardt, D. (2001): Vom katholischen Arbeitermädchen vom Lande' zum
italienischen Gastarbeiterjungen aus dem Bayerischen Wald'.
Zu den neuen Disparitäten im deutschen Bildungssystem, in: Klaus J. Bade (Hrsg. für den Rat
für Migration e.V.): Integration und Illegalität in
Deutschland, Osnabrück: Institut für Migrationsforschung und Interkulturelle Studien (IMIS), S.
51-61.
- Hunger, U. (2001): Schulerfolg und bildungspolitische Integrationsmodelle im Vergleich der
Zuwanderungsnationalitäten und Bundesländer, in:
Landesinstitut für Schule und Weiterbildung Nordrhein-Westfalen (Hrsg.): Zweisprachigkeit und
Schulerfolg Beiträge zur Diskussion. Soest, S. 123-151.
- Hunger, Uwe (2002): Von der Betreuung zur Eigenverantwortung. Neuere Entwicklungstendenzen bei
Migrantenvereinen in Deutschland. Working Paper Nr.
22 der Arbeitsstelle Aktive Bürgerschaft am Institut für Politikwissenschaft der WWU
Münster.
- Hunger,
Uwe (Hrsg.) (2002): Migranten als Bürger. Initiative und Engagement in Migrantenselbstorganisationen.
Working Paper Nr. 21 der Arbeitsstelle
Aktive Bürgerschaft am Institut für Politikwissenschaft der WWU Münster.
Lip> Hunger, U. (2003):
"Bürger"-Gesellschaft? Von denen, die nicht die gleichen Rechte und Möglichkeiten der
Beteiligung haben, in: R. Kreibich/ Chr. Trapp (Hrsg.):
Bürgergesellschaft. Floskel oder Programm, Baden-Baden: Nomos (ZukunftsStudien, Bd. 28), S. 68-81.
Durchführung
von Tagungen im Rahmen des Projekts
- "Migranten als Bürger. Initiative
und Engagement in Migrantenorganisationen". Ergebnisse des Forschungsprojekts der Volkswagen-Stiftung
"Einwandererkulturen, Netzwerke und ihre
Integrationsqualität" in Kooperation mit dem Verein Aktive Bürgerschaft e.V., Münster,
Akademie Franz-Hitze-Haus, Münster, 22.-23. Juni
2001.
- "Integrationspolitik in
föderalistischen Systemen im Vergleich", in Kooperation mit dem Arbeitskreis "Migrationspolitik" in
der Deutschen Vereinigung für Politische
Wissenschaft, Münster, 17.-18. Februar 2000.
Vorträge auf wissenschaftlichen
Tagungen
- Einwanderung und Parteiensystem in Deutschland. Vortragsreihe des Zentrums für Europa- und
Nordamerikastudien (ZENS) der Universität
Göttingen, 20. November 2002.
- Einwandererintegration und soziales Kapital.
Symposium des Vereins okay. zusammen leben "Projektstelle für Zuwanderung und Integration" in
Dornbirn, Österreich, 11./12. Oktober 2002.
-
Die Rolle von MigrantInnen-Selbstorganisationen im Integrationsprozess. Das Beispiel der Elternvereine. Tagung
der Heinrich-Böll-Stiftung Hamburg e.V. zum
Thema "Interkulturelle Öffnung von Institutionen. Modelle für Hamburg als
Einwanderungsstadt", Hamburg, 8. September 2002.
- Einwanderung und Wahlkampf. Tagung der Karl-Arnold-Stiftung zum Thema "Politik aktuell im Hinblick
auf die Bundestagswahl", Königswinter,
13. Juli 2002.
- Vom katholischen Arbeitermädchen vom Lande' zum italienischen Gastarbeiter-Jungen aus dem
Bayerischen Wald'. Zu den neuen Unterschieden im
deutschen Bildungssystem. Tagung des Rats für Migration zum Thema "Integration und
Illegalität in Deutschland", Freudenstiftung, Berlin, 27. Juni 2001.
- Schulerfolg und
Bildungspolitik. Tagung der Vereinigung für Politische Bildung, Landesverband Nordrhein-Westfalen zum
Thema "Migration und politische Bildung.
Integration durch Information", Akademie Franz-Hitze-Haus, Münster, 26.-27. April 2001.
- Handlungsperspektiven
für die Integration junger Migranten in Ausbildung und Beruf. Tagung der Evangelische Akademie
Arnoldshain und des Amts für multikulturelle
Angelegenheiten der Stadt Frankfurt a.M., Arnoldshain, 3. April 2001.
- Perspektiven der Ausländer-Integration
in Deutschland. Vortragsreihe der Konrad Adenauer Stiftung Gelsenkirchen, Gelsenkirchen, 9. Februar 2001.
- Die Berliner Integrationspolitik im Vergleich der Bundesländer. Workshop "Migration und
Integration in Berlin", Friedrich-Ebert-Stiftung, Berlin,
3.-4. November 2000.
- Situation und Perspektiven der Einwanderungsgesellschaft. Seminar der Landeszentrale für Politische
Bildung Nordrhein-Westfalen und des
Landeszentrums für Zuwanderung Nordrhein-Westfalen zum Thema "Herausforderungen an die
Einwanderungsgesellschaft im 21. Jahrhundert", Bonn, 24.
November 2000.
- Einwanderung
- zwischen politischer Notwendigkeit und gesellschaftlicher Kritik. Veranstaltung der Bundeszentrale für
Politische Bildung zum Thema "Das vereinigte
Deutschland - Erfahrungen und neue Herausforderungen an Innen- und Wirtschaftspolitik", Ost-Weg-Kolleg
Brühl, 5. Juli 2000 und 4. Oktober 2000.
-
Naturalization and the federal
system in Germany. Annual Meeting of the American Political Science Association (APSA), Washington DC, 31.
August - 2. September 2000.
- Party Competition and Inclusion
of Immigrants in Germany. Annual Meeting of the American Political Science Association (APSA), Washington
DC, 31. August - 2. September 2000.
- Einwandererkulturen,
Netzwerke und ihre Integrationsqualität. Vortragsreihe des Instituts für Migrationsforschung und
Interkulturelle Studien (IMIS) der Universität
Osnabrück, 24. April 2000.
- "Networks, State Policies and Integration of Immigrants in Germany". Kongress der "International
Studies Association (ISA)", Los Angeles CA, USA,
13.-18. März 2000.
- Schulerfolg und bildungspolitische Integrationsmodelle im Vergleich der Zuwanderungsnationalitäten
und Bundesländer. Fachtagung
"Zweisprachigkeit, Schulerfolg und gesellschaftliche Integration" des Landesinstituts für Schule und
Weiterbildung Nordrhein-Westfalen, Soest, 27.-28. Oktober 1999.
- Von der Betreuung zur Selbstverantwortung. Neuere Entwicklungstendenzen bei
Migrantenselbstorganisationen. Jubiläumstagung der
Regionalen Arbeitsstelle zur Förderung ausländischer Kinder und Jugendlicher (RAA) zum Thema
"Selbststeuerung und Partizipation. Dimensionen
interkulturellen Lernens und Zusammenlebens", Mülheim an der Ruhr, 25. Oktober 1999.
- Türkische Selbstorganisationen in Deutschland.
Fachtagung "Die türkische "Community" in Deutschland" der Thomas-Morus-Akademie,
Bensberg, 22. Oktober 1999.
- 'Bürger'-Gesellschaft? Von denen, die kein Recht auf und/oder keine Möglichkeit der Beteiligung
haben. Sommerakademie des Sekretariats für
Zukunftsforschung "Bürgergesellschaft. Floskel oder Programm?", Gelsenkirchen, 23.-24. September
1999.
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