Zentrale Hörverarbeitung
Untersuchung der auditorischen Verarbeitung beim idiopathischen Stottern mit Hilfe der
Magnetoenzephalographie
Die bei der Sprachperzeption und Sprachproduktion ablaufenden kortikalen Prozesse bei Probanden mit
idiopathischem Stottern und bei Nichtstotterern sollen mit Hilfe nichtinvasiver Verfahren wie der
Magnetoenzephalographie (MEG) beschrieben und objektiviert werden. Ein verbessertes Verständnis
für die komplexe Leistung der Sprachverarbeitung in unserem Gehirn und für deren Störung
ist das Ziel. Das Kernverhalten
des Stotterns besteht aus Repetitionen, Prolongationen und Blocks. Stottern setzt in den meisten Fällen
zwischen dem 2. und 5. Lebensjahr ein (American Psychiatric Association, 1987). Nach van Riper
(1982) soll die auditive Rückmeldung im Zuge der kindlichen Entwicklung an Bedeutung verlieren, sobald
keine Meldungen über falsch gesprochene Wörter mehr auftreten. Im Verlauf der Sprachentwicklung
wird diese Kontrollfunktion vom taktil-kinästhetischen System und der Tiefensensibilität (Lage und
Bewegungsempfindung) des Sprechapparates übernommen. Bei Stotterern soll die Dominanz des
akustischen Kontrollsystems bestehen bleiben. Bekannt ist, dass bei gehörlosen Patienten sehr selten
Stottern auftritt. Bisher durchgeführte
Studien mit bildgebenden Verfahren wie PET und MRT weisen auf eine Störung des Motorsystems, eine
gestörte Lateralisation von Spracharealen und Funktionen des auditorischen Kortex oder auf eine
Störung im Netzwerk von Motorarealen und auditorischem Kortex im Zusammenwirken bei der
Sprachproduktion hin. Magnetoenzephalographische Untersuchungen ergeben ein ähnlich uneindeutiges
Bild der kortikalen Ursachen des Stotterns, das von Störungen der auditiven Rückkopplung, einer
Veränderung der Lateralisation von Spracharealen bis zu einer Veränderung im Zusammenwirken
von Motorplanung und auditorischem System reicht.
Mit der Magnetoenzephalographie
durchgeführte Studien beschreiben überwiegend einen Einfluss auf die ereigniskorrelierte
Hirnaktivität (N100), so dass für die Suche nach spezifischen Komponenten für die
Artikulation und Phonation eine Notwendigkeit besteht. Diese Suche wird multimethodisch, sowohl mit
klassischen Methoden (Amplituden- und Latenzanalysen in gemittelten Zeitreihen,
Quellenlokalisationsverfahren) als auch unter Einbeziehung neu entwickelter Auswerteverfahren
(Kurzzeitfrequenzanalyse, Unabhängiger Komponentenanalyse und Beam-Former Techniken)
durchgeführt. Die zu untersuchenden Reize sind einfache und komplexe Töne, Vokale,
Konsonant-Vokal-Kombinationen und Einzelwörter sowie kurze gesprochene Texte.
Es wird geprüft, ob sich Unterschiede im auditorischen Kortex und in Spracharealen zwischen Stotterern
und Nicht-Stotterern finden, und ob sich Veränderungen bei Stotterern zwischen gestotterten und
flüssig gesprochenen Passagen nachweisen lassen. Es ist geplant, die evozierte Aktivität und deren
kortikale Generatoren zu lokalisieren und zu prüfen, ob induzierte oszillatorische Hirnaktivität eine
Reizabhängigkeit zeigt und Hinweise auf die zu Grunde liegenden kortikalen Netzwerke liefert.