Cisplatin-Ototoxizität
Die Münsteraner Klassifikation: Eine neue Einteilung der Hochtonschwerhörigkeit nach
Cisplatingabe
Der Hörverlust im Hochtonbereich gilt als Frühsymptom einer Innenohrschädigung durch
Cisplatingabe. Eine Schwierigkeit besteht darin, diesen Hörverlust zu klassifizieren, um Ausmaß und
Verlauf der Schädigung zu beschreiben und insbesondere Hochtonverluste früh zu erfassen. Die
WHO- Einteilung erfasst die Hörverluste im Hochtonbereich nicht. Auch die Einteilungen der Hochton-
Schwerhörigkeit nach Khan et al. (1982) und Brock et al. (1991) erscheinen
uns nicht geeignet für die Verlaufsbeschreibung bzw. nicht sensitiv genug. Wir haben anhand von
67 Patienten (39 Jungen, 28 Mädchen), die im Zeitraum von 1999 bis 2003 an
der Universitätsklinik Münster mit Cisplatin therapiert wurden, eine Klassifikation entwickelt, die
insbesondere den Hörverlusten im Hochtonbereich gerecht wird. In Anlehnung an die
WHO- Klassifikation, jedoch unter Einbezug des Hochtonbereichs ab 4 kHz wird in
5 Gruppen eingeteilt: Gruppe 0 (keine Schädigung) beinhaltet Hörverluste bis
10 dB, Gruppe 1 (beginnende Schädigung) Hörverluste > 10 bis 20 dB
bei mindestens einer Frequenz oder Tinnitus. Gruppe 2 (mäßige Schädigung)
beinhaltet Hörverluste ab 4 kHz > 20 dB und unterteilt weiter in 2a (> 20 bis
40 dB), 2b (> 40 bis 60 dB) und 2c (> 60 dB). Die Einteilung des
Hörverlusts < 4 kHz > 20 dB in Gruppe 3 (Beeinträchtigung,
kompensierbar mit Hilfsmitteln) erfolgt analog Gruppe 2 in a, b und c. Gruppe 4 schließlich
(Funktionsausfall) umfasst den mittleren Hörverlust < 4 kHz ab 80dB. Diese Klassifikation
wird mit den Einteilungen nach Khan et al. und Brock et al. sowie der WHO- Klassifikation
verglichen. Es zeigt sich eine hohe Sensitivität (1,0) zur Früherkennung von
Hochton- Hörverlusten bei akzeptabler Spezifität (0,88). Alle Kinder, bei denen im Verlauf
eine beginnende Hörstörung nach Münsteraner Klassifikation auftrat, entwickelten
später einen manifesten Hörverlust. Drei Viertel der Kinder (74,6%) entwickelten eine beidseitige
Hörstörung von mindestens Grad 2a (ab 4 kHz > 20 dB), bei über
einem Drittel (35,8%) trat eine hörgerätepflichtige Hörstörung von mindestens
Grad 3a (< 4 kHz > 20 dB) auf mindestens einem Ohr auf. Unsere Einteilung
könnte die pädaudiologische Verlaufsbeurteilung bei Cisplatintherapie verbessern und als
Grundlage für weitere Arbeiten zur Cisplatinotoxizität mit verbesserter Sensitivität auch
höhergradige Hörschäden vermeiden helfen.
Beteiligte Wissenschaftler:
Veröffentlichungen:
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