Umwelt- und Planungsrecht
Die Planfeststellung zwischen Kontrollerlaubnis und Planungsentscheidung - Zur Dogmatik eines
janusköpfigen Rechtsinstituts
Kaum ein anderes Rechtsgebiet wird so durch die höchstrichterliche Rechtsprechung geprägt wie
das Planfeststellungsrecht. Die Gründe hierfür sind mannigfaltig. Neben der jedenfalls
ursprünglich geringen Dichte der gesetzlichen Regelungen lassen sich insbesondere die zum Teil
immensen Auswirkungen von planfestgestellten Großvorhaben auf die Menschen, auf die Bodennutzung
sowie auf Natur und Landschaft anführen. Diese Auswirkungen führen dazu, dass
Planfeststellungsbeschlüsse gerade mit Blick auf das Eigentumsgrundrecht oder auch
naturschutzrechtliche Regelungen immer wieder den Gegenstand von Revisionsentscheidungen der Senate des
Bundesverwaltungsgerichts bilden. Hinzu kommen unzählige Entscheidungen der
Oberverwaltungsgerichte und Verwaltungsgerichtshöfe.
Der dogmatische Ausgangspunkt der
Rechtsprechung, der allen diesen Entscheidungen zu Grunde liegt, ist in einem fundamentalen
bundesverwaltungsgerichtlichen Urteil aus dem Jahr 1975 zum Neubau eines Teilabschnitts der
Bundesstraße 42 zu finden. Dort heißt es wörtlich: »Die planerische Gestaltungsfreiheit
ergibt sich - auch ohne solche ausdrückliche Erwähnung - aus der Übertragung der
Planungsbefugnis auf die Planfeststellungsbehörde in Verbindung mit der Erkenntnis, dass die Befugnis
zur Planung - hier wie anderweit - einen mehr oder weniger ausgedehnten Spielraum an Gestaltungsfreiheit
einschließt und einschließen muss, weil Planung ohne Gestaltungsfreiheit ein Widerspruch in sich
wäre. « Begründet wird dieser Ansatz im Wesentlichen mit einer Parallele zu der bereits zuvor
entwickelten Dogmatik des Bauplanungsrechts.
Noch ein weiteres Spezifikum des Planfeststellungsrechts hat
die Rechtsprechung der Dogmatik des Bauplanungsrechts entliehen, nämlich die These, dass sich die
soeben erwähnte planerische Gestaltungsfreiheit wesensmäßig vom herkömmlichen
Rechtsfolgenermessen unterscheide. Während das Rechtsfolgenermessen durch einen konditionalen
Normaufbau gekennzeichnet werde, herrsche im gesamten Planungsrecht - und damit auch im
Planfeststellungsrecht - eine finale Normstruktur vor.
Trotz vereinzelter Kritik in der Literatur sind die
Kernaussagen zur rechtlichen Stellung der Planfeststellungsbehörde und zum Wesen der planerischen
Gestaltungsfreiheit in der Rechtsprechung weitgehend unverändert geblieben. Nur ganz gelegentlich
klingt in gerichtlichen Entscheidungen an, dass es eigentlich der Vorhabenträger sei, dem die so genannte
planerische Gestaltungsfreiheit zustehe.
In der vorliegenden Untersuchung wird anhand eines grundlegenden
Vergleiches herausgearbeitet, wie sich die Planfeststellung und die Plangenehmigung einerseits von anderen
Zulassungsentscheidungen und andererseits von vorgelagerten Planungsentscheidungen, mit denen keine
unmittelbare Vorhabenzulassung einhergeht, unterscheiden. Dabei wird deutlich, dass eine an sich gebundene
Zulassung wie zum Beispiel die immissionsschutzrechtliche Genehmigung weitaus mehr Parallelen zur
Planfeststellung aufweist, als das bisherige dogmatische Verständnis der Rechtsprechung vermuten
lässt. Umgekehrt werden wesentliche Divergenzen zwischen dem Bauplanungs- und dem
Planfeststellungsrecht sichtbar, so dass auch der ursprüngliche Begründungsansatz des
Bundesverwaltungsgerichts für die Einordnung der Planfeststellung ins Wanken gerät.
Die Arbeit liefert wertvolle Erkenntnisse für die rechtsdogmatische Einordnung der Planfeststellung und der
Plangenehmigung, indem sie das »Normale« dieser beiden Rechtsinstitute verdeutlicht. Zu nennen
ist zum Beispiel die Erkenntnis, dass die Gestaltungswirkung des Planfeststellungsbeschlusses sich letztlich
nicht von der Gestaltungswirkung anderer Verwaltungsakte unterscheidet, oder dass jedenfalls dann, wenn der
Vorhabenträger ein grundrechtsberechtigtes Privatrechtssubjekt ist, sich sein Verhältnis zur
Planfeststellungsbehörde weitgehend mit dem Verhältnis zwischen dem Antragsteller und der
Genehmigungsbehörde in anderen Zulassungsverfahren deckt. Auf diese Weise nimmt die Untersuchung
der Planfeststellung viel von ihrem vermeintlichen Zauber.
Beteiligte Wissenschaftler:
Veröffentlichungen:
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