Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Forschungsbericht 2001-2002
 
Institut für Allgemeine Erziehungswissenschaft

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Forschungsschwerpunkte 2001 - 2002

Fachbereich 06 - Erziehungswissenschaft und Sozialwissenschaften
Institut für Allgemeine Erziehungswissenschaft
Didaktik/Bildungsgangforschung


'Infrareligiöse' Bildungsgänge

Bildungsgangforschung auf Prozesse religiöser Bildung einzustellen, setzt zunächst voraus, dass sich deutsch-westliche Sozial- und Erziehungswissenschaftler ihre oft wie eine Zweite Natur wirkende Säkularzentiertheit klar machen und ein Bewusstsein für eigene Ersatz- oder Neu-Letztgültigkeiten (Aufklärung, Humanisierung, Bildung, Menschenrechte) entwickeln, die lange Zeit der individuellen und gesellschaftlichen Reflexion entzogen waren. Versucht wird hier eine genauere Aufarbeitung des Verhältnisses zwischen säkularer Immanenz und Multikulturalität auf der einen Seite und religiöser Transzendenz und Heilsgewissheit auf der anderen Seite. Dabei ist für diejenigen, die sich in religiösen Prozessen auf Formen der 'Heilsgewissheit' beziehen eine Rückführung derselben auf Kommunikation oder Widerstreit, und sei sie 'interkulturell' oder 'interreligiös', nicht möglich. Oberhalb dieser Konfrontation kann es keine Wechsel- und Gegenseitigkeit mehr geben. Was für alle Religionsgemeinschaften, und beispielsweise nicht nur für die islamischen sondern auch für die christlichen, ansteht, ist im Kontext einer säkularisierten westlichen Welt die 'infrareligiöse' Konsolidierung autonomer Gemeinden. Deren Religion steht zunächst historisch nicht zur Disposition, deren Infrastruktur muss sich gleichwohl gegenüber den Regelungen 'weltlich'-pluraler Gesellschaften verhalten. Mit Hilfe einer Bildungsgangtheorie, welche das Oszillieren um die Transzendenz des Immanenten (Instrumentalisierung, Finalisierung, Spiritualisierung Gottes) und des Immanent-Setzen des Transzendenten (Theisieren, Fundamentalisieren, Humanisieren Gottes) zu explizieren sucht, wird eine Operationalisierung der Formen religiöser Glaubensbildung vorgenommen, welcher dieser 'doppelten Doppeldeutigkeit' Rechnung zu tragen versucht. Die Ergebnisse weisen in struktureller Hinsicht jedoch darauf hin, dass nur eine Minderheit von etwa 25 % der Jugendlichen (signifikant korrelierend mit höheren Bildungsstufen) diese unterstellten Such- und Probebewegungen vollziehen. Bei der Mehrheit der Jugendlichen islamischer Religion herrscht dagegen die Vorstellung eines absoluten außerweltlichen (strafenden/lobenden, barmherzigen/prüfenden oder das Leben vorschreibenden) Gottes vor. Dagegen neigt eine überaus große Gruppe der 'einheimischen' Jugendlichen mit zunehmendem Bildungsgrad zu ebenso 'selbstverständlichen' Formen der Spiritualisierung und Humanisierung zu.

Beteiligte Wissenschaftler:

H. Alacacioglu, H. Kordes (Arbeitsbündnis seit 200 abgebrochen), N. Nagie, E. Brass

Veröffentlichungen:

Kordes, H.: Gänge religiöser Bildung. Vorüberlegungen zu Kategorisierung und Operationalisierung. Salâm-Report 3. Münster 2001Salâm-Interviewbogen: Ich und mein Glaube. IXa. Sechs Möglichkeiten, zwischen Gläubigkeit und Ungläubigkeit zu 'pendeln'.Alacacioglu, H.: Muslimische Religiosität in einer Säkularen Gesellschaft. Abschlussbericht für den Islamrat, Münster 2002, S. 23-24.
 
 

Hans-Joachim Peter
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Informationskennung: FO06AE06
Datum: 2003-09-08 ---- 2003-09-18