Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Forschungsbericht 2001-2002
 
Klinik und Poliklinik für
Phoniatrie und Pädaudiologie

Kardinal-von-Galen-Ring 10
48149 Münster
Direktorin: Prof. Dr. A. Lamprecht-Dinnesen
 
Tel. (0251) 83-56859
Fax: (0251) 83-56889
e-mail: phonpaed@uni-muenster.de
www: http://www.klinikum.uni-muenster.de/institute/phon/
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Forschungsschwerpunkte 2001 - 2002

Fachbereich 05 - Medizinische Fakultät
Klinik und Poliklinik für Phoniatrie und Pädaudiologie
Zentrale Hör- und Sprachverarbeitung


Plastische Reorganisation im Hörkortex nach Cochlea-Implantation

Projekt in Zusammenarbeit mit dem Biomagnetismuszentrum des Instituts für Experimentelle Audiologie.

Der auditorische Kortex besteht aus mehreren Arealen, die jeweils funktionell organisiert sind. Er besitzt die Fähigkeit, sich nach peripherer Verletzung oder Deprivation plastisch zu reorganisieren. Mittels Elektroenzephalographie (EEG), aber insbesondere mittels Magnetenzephalographie (MEG) können diese Prozesse kortikaler Plastizität auch beim Menschen nicht-invasiv sichtbar gemacht und zu Wahrnehmungs- und Verhaltensprozessen in Beziehung gesetzt werden. Veränderung des relativen Gewichts von Afferenzen in einem Projektionsareal, etwa durch ausbleibende Aktivität nach Deafferentierung oder durch intensives Training, kann zur Reorganisation der entsprechenden kortikalen Anordnung führen. Die Versorgung mit einem Cochlea-Implantat stellt dazu ein annähernd ideales Modell dar. Die Erfassung der kortikalen Veränderungen nach der Implantation liefert wichtige Informationen über den Ablauf der plastischen Reorganisation. Die elektrophysiologischen Veränderungen können in Korrelation zu Ergebnissen der intensiv durchzuführenden postoperativen Hör-Sprach-Rehabilitation gesetzt werden.

In dem Projekt "Mismatch Negativity bei Cochlea-Implantat-Patienten" wird durch die elektrophysiologische Ableitung ereigniskorrelierter Potentiale mit der Elektroenzephalographie die Bestimmung der Mismatch Negativity durchgeführt. Die Mismatch Negativity tritt bei der Wahrnehmung von Abweichungen in einer Folge von akustischen Stimuli auf. Es können so die von CI-Patienten zwischen verschiedenen akustischen Strukturen wahrgenommenen Unterschiede objektiviert und in einen Lernprozess eingeordnet werden.

Die Messung neuromagnetischer Felder mit der Magnetenzephalographie bietet gegenüber der Elektroenzephalographie Vorteile in der Lokalisierbarkeit der kortikalen Quellen und im Signal-/Rausch-Verhältnis. Bei herkömmlichen Cochlea-Implantaten stellen die durch die magnetische Fixierung der Sendespule bedingten Artefakte ein unüberwindbares Hindernis für die Messung von auditorisch evozierten Feldern dar. Inzwischen wurde das CI-System Clarion von der Herstellerfirma Advanced Bionics in einer Ausführung entwickelt, die auf den unter der Kopfhaut implantierten Permanentmagneten verzichten kann. Diese Änderung wurde vorgenommen, um bei Patienten klinisch notwendige MRT-Messungen durchführen zu können. Mit dem magnetfreien Clarion-System sind die MEG-Messungen bei CI-Trägern nun prinzipiell möglich geworden. Zusätzlich stellt die Unterdrückung des Stimulationsartefakts eine weitere Herausforderung dar, der mit messtechnischen Lösungen und mit einer speziellen Datenanalyse begegnet werden muss. Diese erweiterte Messtechnik wurde in einer Vorstudie mit zwei CI-Patientinnen entwickelt.

Bei Messungen an zwei Patienten mit einem magnetfreien Cochlea-Implantat konnte reproduzierbar der Nachweis auditorisch evozierter kortikaler Magnetfelder mit einer annähernd normalen Feldverteilung und Latenz erbracht werden. Es gelang, über einen Zeitraum von zwei Jahren stabile Quellen der auditorischen Aktivität nachzuweisen und Prozesse der kortikalen Reorganisation aufzudecken. Es konnten unterschiedliche Verarbeitungs- und Reorganisationsprozesse bei unterschiedlichen Stimulustypen nachgewiesen werden.

Drittmittelgeber:

Fa. Advanced Bionics GmbH, Hannover

Beteiligte Wissenschaftler:

Prof. Dr. Christo Pantev, Arne Knief, Dr. Bernhard Roß, Dr. Michael Riebandt, Priv.-Doz. Dr. Eberhard Seifert, Prof. Dr. Antoinette Lamprecht-Dinnesen

Veröffentlichungen:

C. Pantev, B. Ross, A. Wollbrink, M. Riebandt, K. W. Delank, E. Seifert, A. Lamprecht-Dinnesen, 2002: Acoustically and electrically evoked responses of the human cortex before and after cochlear implantation. Hearing Research, 171(1-2):191-195
 
 

Hans-Joachim Peter
EMail: vdv12@uni-muenster.de
HTML-Einrichtung: Izabela Klak
Informationskennung: FO05AXA01
Datum: 2003-08-07