Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Forschungsbericht 2001-2002
 
Institut für Experimentelle Audiologie

Kardinal-von-Galen-Ring 10
48143 Münster
Kommissarischer Direktor: Prof. Dr. B. Lütkenhöner
 
Tel. (0251) 83-56861
Fax: (0251) 83-56882
e-mail: Lutkenh@uni-muenster.de
www: http://biomag.uni-muenster.de/
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Forschungsschwerpunkte 2001 - 2002

Fachbereich 05 - Medizinische Fakultät
Institut für Experimentelle Audiologie
Labor für Biophysik


Funktionsanalyse mechanischer und biologischer
Herzklappenprothesen durch holographische Interferometrie

Für viele Patienten mit Herzklappenerkrankungen besteht als einzige Behandlungsmöglichkeit der operative Austausch der erkrankten Klappe gegen eine Herzklappenprothese. Die natürliche menschliche Herzklappe besitzt jedoch in Bezug auf Funktion und Aufbau einzigartige Eigenschaften, die im Normalfall zu einer lebenslangen Funktion führen und die von künstlichen Herzklappenprothesen nur unvollständig nachgeahmt werden können. Sowohl in mechanischen als auch in biologischen Herzklappenprothesen können bereits vor der Implantation verborgene Strukturdefekte vorhanden sein, die unter der permanenten Belastung nach Implantation schließlich zum Versagen der Prothese führen. In diesem Projekt wurde erstmals die holografische Interferometrie zur Analyse von biologischen Herzklappenprothesen eingesetzt. Das hier am Labor für Biophysik in Zusammenarbeit mit der Klinik und Poliklinik für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie entwickelte Verfahren ermöglicht es, in-vitro berührungslos und zerstörungsfrei Strukturdefekte bzw. irreguläre Deformationsmuster unter Belastung der Klappenmaterialien zu detektieren, die bei einer Oberflächenbetrachtung unter dem Mikroskop verborgen bleiben. Die bisherigen Untersuchungen haben gezeigt, dass die holografische Interferometrie eine sehr genaue Erkennung von intrinsischen Strukturdefekten und irregulären Deformationsmustern, die zu einer gesteigerten mechanischen Belastung führen, in Herzklappenprothesen ermöglicht. Dies gilt sowohl für mechanische als auch für biologische Herzklappen. Der Vorteil der holografischen Interferometrie ist die völlig berührungslose Vollfeld-Untersuchung des Objektes, d.h. eine zu untersuchende Herzklappe kann mit einem Messvorgang in allen Abschnitten beurteilt werden. Die holografischen Untersuchungen von handelsüblichen Bioprothesen zeigten, dass in einer Vielzahl analysierter Klappen sich Auffälligkeiten in den Interferogrammen zeigten, die Hinweise auf Schädigungen der Gewebetextur bzw. ungünstige Veränderungen der Gewebeeigenschaften mit gesteigerter mechanischer Belastung geben. Eine Häufung holographisch detektierter Anomalien in den Bioprothesen läßt sich im Bereich der Kommissuren und der basalen Befestigungsnaht der Segel an dem Prothesengerüst beobachten. An diesen Stellen beschreibt die Literatur die Ausgangspunkte für die Verkalkung der Grafts und führt dies auf die hohe mechanische Belastung des Gewebes in diesen Arealen zurück. Zum Zeitpunkt der holografischen Messung sind die Klappen noch keiner mechanischen Beanspruchung ausgesetzt gewesen, dennoch lassen sich im Vergleich zu natürlichen menschlichen und tierischen Herzklappen Irregularitäten nachweisen, die - und dies wurde durch neuartige Kalzifikationsexperimente überprüft - Ausgangspunkt der Verkalkung der Herzklappen darstellen, die letztlich zum Funktionsverlust der Herzklappenprothese führen. Derzeit wird verstärkt an der Erweiterung und Optimierung des Messverfahrens gearbeitet, um so Herzklappenprothesen verschiedener Funktionsart und Hersteller untersuchen zu können. Die im Rahmen dieses Projektes geleistete Forschungsarbeit wurde mit dem Hancock II Jahrespreis 2000 der Deutschen Gesellschaft für Thorax-, Herz- und Gefäßchirurgie ausgezeichnet.

Drittmittelgeber:

Deutsche Forschungsgemeinschaft DE 687 / 1-2

Beteiligte Wissenschaftler:

Prof. h.c. (Acad. Sci. UA) von Bally (Projektleiter), Dr. B. Kemper, Dipl. Phys. J. Kandulla, Prof. Dr. Scheld (Projektleiter, Klinik für Torax-, Herz- und Gefäßchirurgie, Priv. Doz. Dr. med. Deiwick (Projektleiter, Klinik für Torax-, Herz-und Gefäßchirurgie, Prof. Dr. W. Böcker (Pathologisches Institut), Prof. Dr. Rau (Helmholtz Institut für Biomedizinische Technik, RWTH-Aachen), Dr. B. Glasmacher (Helmholtz Institut für Biomedizinische Technik, RWTH-Aachen)

Veröffentlichungen:

Deiwick, M.; Glasmacher, B.; Pettenazzo, E.; Hammel, D.; Castellón, W.; Thiene, G.; Reul, H.; Berendes, E.; H.H. Scheld: Primary tissue failure of bioprostheses: New evidence from in vitro tests. Thorac Cardiov Surgeon 49, 78-83, 2001

Dirksen, D.; Droste, H.; Kemper, B. ; Deleré, H.; Deiwick, M.; Sheld, H.; G. von Bally: Lensless Fourier Holography for Digital Holographic Interferometry of Biological Samples. Opt. Lasers Eng. 36, 241 - 249, 2001

 
 

Hans-Joachim Peter
EMail: vdv12@uni-muenster.de
HTML-Einrichtung: Izabela Klak
Informationskennung: FO05AWC01
Datum: 2003-08-05