Westfälische Wilhelms-Universität Münster
Forschungsbericht 2001-2002
 
Institut für Kriminalwissenschaften

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Forschungsschwerpunkte 2001 - 2002

Fachbereich 03 - Rechtswissenschaftliche Fakultät
Institut für Kriminalwissenschaften
Abt. IV - Prof. Dr. K. Boers


Verbreitung und Kontrolle der Wirtschaftskriminalität im Zusammenhang mit der
Privatisierung der volkseigenen Betriebe der DDR durch die Treuhandanstalt

Mit dem Inkrafttreten des Treuhandgesetzes und der Umwandlung der volkseigenen Betriebe in juristisch selbständige Wirtschaftseinheiten wurde die Treuhandanstalt (THA) Eigentümerin von insgesamt 45.000 Betriebsstätten, die sie möglichst schnell zu privatisieren oder stillzulegen hatte. Dabei wurden von Anfang an zahlreiche strafrechtlich relevante Verhaltensweisen beoachtet. So täuschten Vertragspartner (auch in Zusammenarbeit mit THA-Mitarbeitern) über ihre Bonität, Arbeitsplatz- oder Investitionszusagen, wurden Unternehmen vertragswidrig Vermögenswerte entzogen (Aushöhlung) oder zur Erlangung von Subventionen falsche Angaben gemacht. Die THA versuchte, diese Entwicklung durch die Einrichtung einer Stabsstelle Besondere Aufgaben zu kontrollieren. Der Stabsstelle gehörten zwar Staatsanwälte und Wirtschaftskriminalisten an, die jedoch beurlaubt waren und somit als Angestellte der THA nicht dem Legalitätsprinzip unterlagen. Die Arbeit der Stabsstelle war deshalb durch eine konzeptionell neuartige Doppelfunktion gekennzeichnet. Diese ermöglichte einerseits eine interne, an den ökonomischen Abläufen der THA angepaßte Untersuchungstätigkeit, die andererseits, da sie nach kriminalistischen und strafprozessualen Kriterien erfolgte, bereits Vorermittlungen für eine externe strafjustizielle Kontrolle darstellte. Bis Ende 1998 wurden mehr als 3.500 Vorgänge bearbeitet. Über die historisch einmalige Umbruchssituation hinaus wird das Projekt am Beispiel typischer Privatierungsvorgänge die strukturell-ökonomischen Dimensionen (z.B. Ressourcen des Investors, Rentabilität des Betriebes, Subventionsgewährung) und die Funktionalität strafrechtswidrigen Verhaltens wirtschaftlicher Akteure sowie die Reichweite und Grenzen einer strafrechtlichen Steuerung des Wirtschaftssystems mit problemzentrierten Tiefeninterviews (Verurteilte, Ermittler, THA-Mitarbeiter, betroffene Betriebsangehörige) sowie aufgrund von Aktenanalysen untersucht. Das Projekt wird seit Beginn des Jahres 2001 von der Deutschen Forschungsgemeinschaft für 3 Jahre gefördert.

Projektdauer:

2001-2003

Drittmittelgeber:

Deutsche Forschungsgemeinschaft

Beteiligte Wissenschaftler:

Prof. Dr. Klaus Boers, Prof. Dr. Ursula Nelles, Dr. jur., Ass. jur. Hans Theile, Dipl. Soz.-Wiss. Kari-Marie Karliczek, Ass. iur. Marion Owzar, Dipl. Soz.-Oek. Ingo Techmeier, Cand. iur. Jan Balthasar, Cand. iur. Stephan Neuser, Cand. iur. Barbara Thalmann, Stud. iur. Hannah Hartwig, Stud. iur. Thomas Wiepen

Wissenschaftlicher Beirat:

Prof. Dr. Hans-Jörg Albrecht (Direktor des Max-Planck-Institut für ausländisches und internationales Strafrecht Freiburg, Kriminologische Forschungsgruppe), Prof. Dr. Klaus-Peter Berger (L.L.M.Westfälische Wilhelms-Universität, Institut für internationales Wirtschaftsrecht), Prof. Dr. Roland Czada (FernUniversität Hagen, Institut für Politikwissenschaften, Professur für Politikfeldanalyse und Verwaltungswissenschaften), Prof. Dr. Christian Harm (Ph.D.Westfälische Wilhelms-Universität, Professur für Betriebswirtschaftslehre, insbesondere Internationale Wirtschaft), Prof. Dr. Günter Heine (Justus-Liebig Universität Gießen, Lehrstuhl für deutsches und ausländisches Strafrecht und Strafprozeßrecht mit Wirtschafts- und Umweltstrafrecht), Prof. Dr. Klaus Lüderssen, Johann Wolfgang (Goethe-Universität Frankfurt am Main, Institut für Kriminalwissenschaften und Rechtsphilosophie, Professur für Strafrecht, Strafprozeßrecht, Rechtsphilosophie und Rechtssoziologie), Prof. Dr. Hans-Michael Wolffgang (Westfälische Wilhelms-Universität Münster, Institut für Steuerecht)

Veröffentlichungen:

Boers, K. (2001): Wirtschaftskriminologie - Vom Versuch, mit einem blinden Fleck umzugehen. In: Monatsschrift für Kriminologie und Strafrechtsreform, 84. Jhrg., Heft 5, S. 385-406.
 
 

Hans-Joachim Peter
EMail: vdv12@uni-muenster.de
HTML-Einrichtung: Izabela Klak
Informationskennung: FO03ED01
Datum: 2003-07-17