Forschungsbericht 1999-2000 | |
Sonderforschungsbereich 496 "Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme vom Mittelalter bis zur französischen Revolution" Salzstr. 41 48143 Münster Tel. (0251) 83-27914/13 Fax: (0251) 83-27911 e-mail: SFB496.Sekretariat@uni-muenster.de WWW: http://www.uni-muenster.de/SFB496 Sprecher: Prof. Dr. Gerd Althoff | |
Forschungsschwerpunkte 1999 - 2000
Sonderforschungsbereiche Sonderforschungsbereich 496 "Symbolische Kommunikation und gesellschaftliche Wertesysteme vom Mittelalter bis zur französischen Revolution" Teilprojekt C2/Prof. Dr. Ruth-E. Mohrmann | ||||
Symbole, Rituale und Gesten in frühneuzeitlichen
Das volkskundliche Teilprojekt untersucht in einem ersten, auf drei Jahre
projektierten Zeitraum Formen, Funktionen und Kontexte symbolischer Akte und
Rituale/ritualisierter Handlungen in frühneuzeitlichen Konflikten. Die
frühneuzeitliche Gesellschaft kannte gerade im und um den Konflikt eine
Vielzahl an regelhaften, symbolischen und ritualisierten Formen des Austrags und der
Regulierung. Im Unterschied zu früheren volkskundlichen Forschungen, die eine
Vielzahl an Quellen z.B. nach bestimmten Formen des Konfliktaustrages wie
ehrenrührigen Gesten oder Rügeritualen durchsahen, untersucht das
Projekt die Gesamtzahl an sogenannten 'Rauf'- und 'Ehrenhändeln' für
bestimmte Zeitschnitte. Die vorläufige Eingrenzung des
Forschungsgegenstandes auf Ehrkonflikte hat dabei in erster Linie pragmatische
Gründe: sie dient dazu, aus der Fülle an überlieferten Konflikten
ein mengenmäßig bearbeitbares und inhaltlich vergleichbares Sample zu
bilden.
Zentrales methodisches Postulat der Forschung ist die Kontextualisierung der Konflikte. Es
spricht vieles dafür, dass Zeichen wie Gesten oder ritualisierte Handlungen nicht immer
wiederkehrend in einer feststehenden Bedeutung verwendet wurden, sondern erst vor ihrem
jeweiligen Hintergrund ihre spezifischen Bedeutungen gewannen. Ehrverletzungen z.B.
erschienen den Zeitgenossen in einem ganz anderen Licht, wenn sie auf reale Ereignisse in der
Biographie der beschuldigten Person oder ihrer Familie Bezug nahmen. Es deutet vieles darauf
hin, dass die Menschen in der frühen Neuzeit in der Wahl ihrer Mittel im Konflikt sehr
wohl gezielt vorgingen, dass sie nicht einfach wahllos in einen Pool an möglichen
Ehrverletzungen griffen, wie es die Forschung gelegentlich suggeriert. So ist mit einem weit
höherem Maß an Reflexivität und Rationalität auch im Einsatz
symbolischer und ritualisierter Formen des Konfliktaustrags zu rechnen als oft angenommen.
Ausgehend von der Hypothese, dass nicht nur zeitlicher Wandel, sondern auch regionale,
konfessionelle sowie Stadt-Land-Unterschiede Einfluss auf das Konfliktverhalten, auf Formen
und Funktionen symbolischer Kommunikation zeitigten (ebenso wie geschlechts- und
generationenspezifische Unterschiede), werden die formulierten Fragen an zwei regionalen
Fallbeispielen untersucht. Als Untersuchungsorte/-regionen dienen die Stadt Freiburg im
Breisgau und der ländliche Bezirk des Patrimonialgerichtes Nordkirchen im
Fürstbistum Münster. Der Untersuchungszeitraum reicht von der Mitte des 16. bis
in die Mitte des 18. Jahrhunderts.
Fragestellungen und Ziele des Projektes wurden im ersten Jahr des Förderzeitraumes an
den Universitäten Wien (Internationale Tagung "Justiz und Gerechtigkeit", Teilnahme: Dr.
Barbara Krug-Richter) und Potsdam (Vortrag: Dr. Barbara Krug-Richter) sowie im Institut
für Realienkunde des Mittelalters in Potsdam (Vortrag: Prof. Dr. Ruth-E. Mohrmann)
vorgestellt. Gastvorträge von Prof. Dr. Robert Muchembled (Paris) zum Thema
"Incestuos Remarks: Young People and Maternal Honour (16th-17th Centuries)" und Prof. Dr.
Reinhard Krüger (Berlin) zum Thema "Mit Händen und Füßen.
Gestische Kommunikation und Konfliktbewältigung in Spätmittelalter und
Früher Neuzeit" dienten dem Gedankenaustausch auf internationaler und
interdisziplinärer Ebene.
Beteiligte Wissenschaftler:
Veröffentlichungen: |
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Hans-Joachim Peter