Die Devotio moderna gehörte zu den erfolgreichsten geistlichen
Erneuerungsbewegungen des späten Mittelalters. Im Gegensatz zu dem in ihrer
Zeit ebenso verbreiteten wie wohlfeilen Ruf nach einer reformatio in capite et
membris verstand sie sich als reformatio a pedibus - Kirchenreform von
der Basis her. Ausschlaggebend für ihren Erfolg war ein Reformprogramm, das
die religiösen Bedürfnisse des einzelnen mit den Bedingungen eines
Lebens in der Gemeinschaft in Einklang zu bringen versuchte und
verhaltenspsychologische Techniken asketisch-spiritueller
Persönlichkeitsbildung mit neuen Modellen einer apostolischenvita
communis verband. Ziel des Devotio moderna-Projekts war es, die zentrale
Bedeutung von Lesen und Schreiben, Text- und Handschriftenproduktion im Rahmen
dieses Reformprogramms zu erfassen.
Die Beendigung des Sonderforschungsbereichs 231 zum 31.12.1999 traf das Projekt, das erst
seit 1991 gefördert worden ist, inmitten seiner durch umfangreiche Materialsammlungen
und zahlreiche Modellstudien vorbereiteten Auswertungs- und Abschlußphase. Wenn es
gleichwohl gelingt, die als Summe der Projektarbeit geplanten Publikationen in absehbarer Zeit
fertigzustellen, so wird dies dem fortdauernden Engagement der Mitarbeiter und Doktoranden
sowie der Unterstützung durch auswärtige Institutionen wie die Thomas-Stiftung
Kiefer in Kempen und die niederländische Onderzoekschool Medievistiek mit ihrem
Groninger Projekt 'Cultural change: dynamics and diagnosis' zu verdanken sein. Zu diesem
Publikationsprogramm gehören zunächst eine Reihe von Dissertationen, die
Grundproblemen der Devotio moderna-Forschung gewidmet sind, wie die bereits in zweiter
Auflage erscheinende Arbeit von Thomas Kock zur devoten Buchkultur; ferner Editionen
wichtiger historiographischer und normativer Texte und schließlich eine neue
historisch-systematische Synopse der devoten Überlieferung, eine 'Literaturgeschichte
der Devotio moderna'.