Forschungsbericht 1997-98   
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(Kardiologie und Angiologie)

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[Pfeile blau] Forschungsschwerpunkte 1997 - 1998
Fachbereich 05 - Medizinische Fakultät
Med. Klinik und Poliklinik - Innere Medizin C - (Kardiologie und Angiologie)
Rhythmologie
 


Experimentelle Befunde am isolierten Langendorff-perfundierten Kaninchenherzen: Proarrhythmie und ventrikuläre Dysfunktion

Dem plötzlichen Herztod kommt eine besondere gesellschaftspolitische Bedeutung zu. Hierzulande versterben etwa 100.000 Menschen jährlich an kardiovaskulären Erkrankungen; etwa 30% davon plötzlich. Für viele dieser Todesfälle sind ventrikuläre Tachyarrhythmien bei bestehender ventrikulärer Dysfunktion verantwortlich. Seit vielen Jahren werden verschiedenste Antiarrhythmika zur Behandlung dieser ventrikulärer Tachyarrhythmien eingesetzt. Ihre Verwendung ist jedoch durch das potentielle Risiko proarrhythmischer Nebenwirkungen begrenzt. Unter Proarrhythmie wird die Verstärkung und das Neuauftreten von Herzrhythmusstörungen unter antiarrhythmischer Therapie verstanden. Neben der Verwendung von Antiarrhythmika hat sich die elektrische Terminierung von Kammerflimmern und ventrikulären Tachykardien durch einen implantierbaren Defibrillator zu einer der wichtigsten Therpaieformen zum Schutz vor dem plötzlichen tachykardiebedingten Herztod entwickelt. Die Interaktion zwischen antiarrhythmischen Medikamenten, physiologischen Faktoren und der Defibrillationsschwelle ist für die Entwicklung neuer antiarrhythmischer Medikamente und die Programmierung von implantierbaren Defibrillatoren von Bedeutung. Die akute ventrikuläre Dilatation scheint die minimal erfolgreiche Defibrillationsenergie, die sogenannte Defibrillationsschwelle, zu erhöhen. Der elektromechanische Feedback faßt ein wesentliches Phänomen zusammen, das bei der Entstehung ventrikulärer Tachyarrhythmien auf dem Boden einer ventrikulären Dysfunktion von großer Bedeutung ist. Es kennzeichnet die gegenseitige Beeinflussung hämodynamischer und elektrophysiologischer Faktoren. An Tiermodellen wie auch an Menschen konnte gezeigt werden, daß akute Veränderungen des ventrikulären Volumens zu einer Verkürzung des Aktionspotentials und der Refraktärzeiten führen, die das Auftreten ventrikulärer Rhythmusstörungen begünstigen.

Um den Einfluß akuter hämodynamischer Veränderungen auf das elektrophysiologische Substrat von Herzrhythmusstörungen zu untersuchen, entwickelten wir am isolierten Langendorff-perfundierten Kaninchenherzen ein Modell der ventrikulären Dilatation, bei dem die Größe des linken Ventrikels durch Volumenänderung eines im linken Ventrikels plazierten Ballons verändert wird. Eine Zunahme des linksventrikulären Volumens und die damit verbundene Steigerung des diastolischen Drucks führten zu einer signifikanten linearen Verkürzung der linksventrikulären Refraktärzeit. Die repolarisationsverlängernden Effekte des Klasse III Antiarrhythmikums d,l-Sotalol wurden durch die ventrikuläre Dilatation gemindert. Im Vergleich zu einem Kontrollkollektiv mit derselben Ventrikeldilatation blieben sie allerdings erhalten. Demgegenüber konnte für Flecainid (ein Klasse I Antiarrhythmikum) nachgewiesen werden, daß die leitungsverzögernden Effekte frequenzabhängig durch eine akute linksventrikuläre Dilatation gesteigert werden. Diese Zunahme der Leitungsverzögerung kann das Auftreten von Reentry Tachykardien begünstigen und bietet eine mögliche Erklärung für die unter Klasse I Antiarrhythmika gehäuft bei Herzinsuffizienz beobachteten proarrhythmischen Effekte. Die elektrophysiologischen Mechanismen, die zu einer Erhöhung der Defibrillationsschwelle bei akuter ventrikulärer Dilatation führen, wurden ebenfalls an diesem Modell untersucht. Mittels simultaner Aufzeichnung von acht monophasischen Aktionspotentialen gelang der Nachweis, dass eine Reduktion der Dispersion der Repolarisation auch im dilatierten Herzen zur Defibrillation führt. Es wurde zudem die Auswirkung von Sotalol, einem repolarisationsverlängernden Antiarrhythmikum, auf die Defibrillationsschwelle untersucht. Dabei konnte gezeigt werden, dass Sotalol im dilatierten Herzen, im Gegensatz zum nicht dilatierten Herzen, zu einer erhöhten Dispersion der Repolarisation führt. Dieser Effekt wirkt der aktionspotentialsverlängernden Wirkung von Sotalol entgegen. Zur Untersuchung der proarrhythmischen Effekte von Klasse III Antiarrhythmika wurde ein Repolarisationsarrhythmiemodell am isolierten Langendorff-perfundierten Kaninchenherzen entwickelt. In diesem Modell konnte durch Gabe von Sotalol, aber auch anderer nicht primär kardiovaskulärer Substanzen wie Erythromycin und Clarythromycin, die ähnlich dem Sotalol kaliumkanalblockierende Eigenschaften besitzen, reproduzierbar Torsade des Pointes Arrhythmien ausgelöst werden. Dabei handelt es sich um ventrikuläre Tachyarrhythmien, die klinisch typischerweise bei Patienten mit medikamentenbedingter Repolarisationsverlängerung, aber auch kongenital bedingtet Verlängerung der Repolarisation (sog. Long QT syndrome) auftreten. Im Kaninchenmodell ließen sich Torsades de Pointes durch Imitierung zusätzlicher auch klinisch häufig vorhandener zusätzlicher proarrhythmischer Faktoren, nämlich einer Hypokaliämie und Bradykardie, provozieren. Mittels monophasischer Aktionspotentiale konnten frühe Nachdepolarisationen als wesentlicher Mechanismus bei der Initiierung von Torsade de Pointes nachgewiesen werden. Weitere Studien zur Untersuchung anderer proarrhythmischer Substanzen und zur pharmakologischen Beeinflussung von Torsade de Pointes wurden begonnen.

Beteiligte Wissenschaftler:

PD Dr. M. Borggrefe, Univ.-Prof. Dr. G. Breithardt (Leiter), Dr. L. Eckardt, Dr. W. Haverkamp, Dr. P. Kirchhof, Dr. R. Johna

Veröffentlichungen:

Johna, J., H. Mertens, W. Haverkamp, L. Eckardt, T. Niederbröker, M. Borggrefe, G. Breithardt: Clofilium in the isolated perfused rabbit heart: A new model to study proarrhythmia induced by class III antiarrhythmic drugs. Basic Res Cardiol 1997; 93:127-135.

Eckardt, L., W. Haverkamp, M. Borggrefe, G. Breithardt: Experimental models of torsade de pointes. Cardiovasc Res 1998; 39:178- 193.

Eckardt, L., W. Haverkamp, H. Mertens, R. Johna, J.R. Clague, M. Borggrefe, G. Breithardt: Torsade de pointes in the isolated rabbit heart: comparison of clofilium, d,l-sotalol and erythromycin. J Cardiovasc Pharmacol 1998; 32:425-434.

Eckardt, L., W. Haverkamp, U. Göttker, M. Madeja, R. Johna, M. Borggrefe, G. Breithardt: Drugs versus devices in controlling ventricular tachycardia, ventriuclar fibrillation, and recurrent cardiac arrest. Am J Cardiol 1997; 80:67G-73G.

Haverkamp, W., L. Eckardt, M. Borggrefe, G. Breithardt: Antiarrhythmische Therapie der malignen ventrikulären Tachyarrhythmie. In: Bach R, Spitzer S, editors. Trends in der invasiven Kardiologie. Berlin: Akademische Verlagsgesellschaft, 1997: 133-142.

 
 
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Hans-Joachim Peter
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Datum: 1999-09-23