Forschungsbericht 1997-98 | |
Med. Klinik und Poliklinik - Innere Medizin C - (Kardiologie und Angiologie) Albert-Schweitzer-Str. 33 48143 Münster Tel. (0251) 83-47617 Fax: (0251) 83-47864 e-mail: debreithg@uni-muenster.de WWW: http://medc.uni-muenster.de/medc Direktor: Univ. Prof. Dr. med. G. Breithardt | |
Forschungsschwerpunkte 1997 - 1998
Fachbereich 05 - Medizinische Fakultät Med. Klinik und Poliklinik - Innere Medizin C - (Kardiologie und Angiologie) Rhythmologie | ||||
Experimentelle Befunde am isolierten Langendorff-perfundierten Kaninchenherzen: Proarrhythmie und ventrikuläre Dysfunktion
Dem plötzlichen Herztod kommt eine besondere gesellschaftspolitische Bedeutung zu.
Hierzulande versterben etwa 100.000 Menschen jährlich an kardiovaskulären
Erkrankungen; etwa 30% davon plötzlich. Für viele dieser Todesfälle sind
ventrikuläre Tachyarrhythmien bei bestehender ventrikulärer Dysfunktion
verantwortlich. Seit vielen Jahren werden verschiedenste Antiarrhythmika zur Behandlung
dieser ventrikulärer Tachyarrhythmien eingesetzt. Ihre Verwendung ist jedoch durch das
potentielle Risiko proarrhythmischer Nebenwirkungen begrenzt. Unter Proarrhythmie wird die
Verstärkung und das Neuauftreten von Herzrhythmusstörungen unter
antiarrhythmischer Therapie verstanden. Neben der Verwendung von Antiarrhythmika hat sich
die elektrische Terminierung von Kammerflimmern und ventrikulären Tachykardien
durch einen implantierbaren Defibrillator zu einer der wichtigsten Therpaieformen zum Schutz
vor dem plötzlichen tachykardiebedingten Herztod entwickelt. Die Interaktion zwischen
antiarrhythmischen Medikamenten, physiologischen Faktoren und der Defibrillationsschwelle
ist für die Entwicklung neuer antiarrhythmischer Medikamente und die Programmierung
von implantierbaren Defibrillatoren von Bedeutung. Die akute ventrikuläre Dilatation
scheint die minimal erfolgreiche Defibrillationsenergie, die sogenannte Defibrillationsschwelle,
zu erhöhen. Der elektromechanische Feedback faßt ein wesentliches
Phänomen zusammen, das bei der Entstehung ventrikulärer Tachyarrhythmien auf
dem Boden einer ventrikulären Dysfunktion von großer Bedeutung ist. Es
kennzeichnet die gegenseitige Beeinflussung hämodynamischer und
elektrophysiologischer Faktoren. An Tiermodellen wie auch an Menschen konnte gezeigt
werden, daß akute Veränderungen des ventrikulären Volumens zu einer
Verkürzung des Aktionspotentials und der Refraktärzeiten führen, die das
Auftreten ventrikulärer Rhythmusstörungen begünstigen.
Um den Einfluß akuter hämodynamischer Veränderungen auf das
elektrophysiologische Substrat von Herzrhythmusstörungen zu untersuchen, entwickelten
wir am isolierten Langendorff-perfundierten Kaninchenherzen ein Modell der
ventrikulären Dilatation, bei dem die Größe des linken Ventrikels durch
Volumenänderung eines im linken Ventrikels plazierten Ballons verändert wird.
Eine Zunahme des linksventrikulären Volumens und die damit verbundene Steigerung des
diastolischen Drucks führten zu einer signifikanten linearen Verkürzung der
linksventrikulären Refraktärzeit. Die repolarisationsverlängernden Effekte
des Klasse III Antiarrhythmikums d,l-Sotalol wurden durch die ventrikuläre Dilatation
gemindert. Im Vergleich zu einem Kontrollkollektiv mit derselben Ventrikeldilatation blieben
sie allerdings erhalten. Demgegenüber konnte für Flecainid (ein Klasse I
Antiarrhythmikum) nachgewiesen werden, daß die leitungsverzögernden Effekte
frequenzabhängig durch eine akute linksventrikuläre Dilatation gesteigert werden.
Diese Zunahme der Leitungsverzögerung kann das Auftreten von Reentry Tachykardien
begünstigen und bietet eine mögliche Erklärung für die unter Klasse
I Antiarrhythmika gehäuft bei Herzinsuffizienz beobachteten proarrhythmischen Effekte.
Die elektrophysiologischen Mechanismen, die zu einer Erhöhung der
Defibrillationsschwelle bei akuter ventrikulärer Dilatation führen, wurden ebenfalls
an diesem Modell untersucht. Mittels simultaner Aufzeichnung von acht monophasischen
Aktionspotentialen gelang der Nachweis, dass eine Reduktion der Dispersion der Repolarisation
auch im dilatierten Herzen zur Defibrillation führt. Es wurde zudem die Auswirkung von
Sotalol, einem repolarisationsverlängernden Antiarrhythmikum, auf die
Defibrillationsschwelle untersucht. Dabei konnte gezeigt werden, dass Sotalol im dilatierten
Herzen, im Gegensatz zum nicht dilatierten Herzen, zu einer erhöhten Dispersion der
Repolarisation führt. Dieser Effekt wirkt der aktionspotentialsverlängernden
Wirkung von Sotalol entgegen. Zur Untersuchung der proarrhythmischen Effekte von Klasse III
Antiarrhythmika wurde ein Repolarisationsarrhythmiemodell am isolierten
Langendorff-perfundierten Kaninchenherzen entwickelt. In diesem Modell konnte durch Gabe
von Sotalol, aber auch anderer nicht primär kardiovaskulärer Substanzen wie
Erythromycin und Clarythromycin, die ähnlich dem Sotalol kaliumkanalblockierende
Eigenschaften besitzen, reproduzierbar Torsade des Pointes Arrhythmien ausgelöst
werden. Dabei handelt es sich um ventrikuläre Tachyarrhythmien, die klinisch
typischerweise bei Patienten mit medikamentenbedingter Repolarisationsverlängerung,
aber auch kongenital bedingtet Verlängerung der Repolarisation (sog. Long QT
syndrome) auftreten. Im Kaninchenmodell ließen sich Torsades de Pointes durch
Imitierung zusätzlicher auch klinisch häufig vorhandener zusätzlicher
proarrhythmischer Faktoren, nämlich einer Hypokaliämie und Bradykardie,
provozieren. Mittels monophasischer Aktionspotentiale konnten frühe
Nachdepolarisationen als wesentlicher Mechanismus bei der Initiierung von Torsade de Pointes
nachgewiesen werden. Weitere Studien zur Untersuchung anderer proarrhythmischer
Substanzen und zur pharmakologischen Beeinflussung von Torsade de Pointes wurden
begonnen.
Beteiligte Wissenschaftler:
Veröffentlichungen: |
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Hans-Joachim Peter