Forschungsbericht 1997-98 | |
Klinik und Poliklinik für Geburtshilfe und Frauenheilkunde Albert-Schweitzer-Str. 33 48149 Münster Tel. (0251) 83-4 82 01 oder 83-4 82 02 Fax: (0251) 83-4 82 67 e-mail: HPG.Schneider@uni-muenster.de WWW: http://www.uni-muenster.de/ Direktor: Prof. Dr. med. H. P. G. Schneider | |
Forschungsschwerpunkte 1997 - 1998
Fachbereich 05 - Medizinische Fakultät Klinik und Poliklinik für Geburtshilfe und Frauenheilkunde Spezielle Gynäkologie | ||||
Altersforschung
Die klimakterische Transition im Leben einer Frau ist gebunden an den Alterungsprozeß der
Ovarien. Die somatischen Folgezustände sind häufig begleitet von
Veränderungen im Familienleben und im sozialen Umfeld, die tiefen Einfluß auf die
Psyche der Frau nehmen. Nach dem WHO Health Report 1997 leben gegenwärtig
380 Millionen 65jähriger und darüber auf der Welt, in den nächsten
fünfzehn Jahren wird diese Zahl auf 690 Millionen hochgerechnet. Die
Lebenserwartung ist in den vergangenen fünfzehn Jahren bei Frauen um 4,2 und bei
Männern um 4,7 Jahre angestiegen. Dabei verteilt sich der Zuwachs in der über
60jährigen weiblichen Bevölkerung im Sinne einer Verdoppelung in Lateinamerika
sowie einer Steigerung um ein Drittel in Europa, zwei Drittel in den USA und um etwa die
Hälfte in Asien. Dieser Alterungsprozeß stellt die Medizin vor erhebliche
Herausforderungen. Das Klimakterium ist begleitet von einem Symptomenkomplex aus somatischen,
psycho-vegetativen und sozio-kulturellen Veränderungen in langfristiger Abhängigkeit
der klimakterischen Veränderungen stehen Rückbildungsvorgänge des
Urogenitalsystems, kardio-vaskuläre Erkrankungen wie koronare Herzerkrankung, der
Myokardinfarkt und zerebro-vaskuläre Alterung und degenerative Erkrankungen des zentralen
Nervensystems sowie darüber hinaus die Involutionsosteoporose mit ihren
Folgezuständen und die Krebserkrankung der Reproduktionsorgane der Frau.
Auf folgenden Gebieten wurden klinische und Grundlagenforschung vorgenommen:
Epidemiologie
In einer cross-national study zur Hormonsubstitution in der Postmenopause wurden etwa 1.500
Frauen an einem "consumer omnibus survey" sowie weitere 929 Frauen an einem "focused survey"
beteiligt. Die Ergebnisse weisen auf große Schwankungen in der Bereitschaft zur
Prävention mit Östrogenen und Gestagenen hin. Diese Schwankungen sind
abhängig von regionalen und kulturellen Bedingungen, vom Arzt-Patienten-Verhältnis
und der Organisation des jeweiligen Gesundheitssystemes sowie vom Bildungsgrad und
Informationsstand der Betroffenen. So spielen die Medien in der Gesundheitsaufklärung eine
wesentlich größere Rolle in England als vergleichsweise in Deutschland, den
Niederlanden und Spanien. Primäre ärztliche Bezugsperson ist in den letztgenannten
drei Ländern der Frauenarzt, in England jedoch der general practitioner und primary care
physician. Die hormonelle Prävention führt zur Kompression der
Altersmorbidität mit einer etwa 50prozentigen Abnahme der osteoporotisch bedingten
Frakturhäufigkeit, einer ebenso großen Abnahme der Herzinfarktrate älterer
Frauen und auch einer deutlichen Absenkung der Schlaganfallhäufigkeit sowie einer
erheblichen Verringerung des Risikos, in höherem Alter eine degenerative Erkrankung des
zentralen Nervensystems vom Typ des Morbus Alzheimer zu erleben. Die Entscheidung zur
Prävention liegt zu jeweils einem Drittel bei der Betroffenen selbst, bei ihrem betreuenden
Arzt oder bei beiden gemeinsam. Die Akzeptanz der Hormonsubstitution schwankt von 5 bis 10%
in den mediterranen Ländern bis zu 20 bis 25% in Nordeuropa.
Osteoporose
Die im Hause durchgeführten Untersuchungen betreffen die klinisch gebräuchlichsten
Substitutionsschemata, wie zum Beispiel eine sequentielle Hormonsubstitution, begleitet von
weiteren zyklischen Blutungen, oder eine kontinuierlich-kombinierte Hormonsubstition, die weitere
uterine Blutungen ausschließt. Es hat sich herausgestellt, daß die Compliance in der
Postmenopause gegenüber der "No-bleed-Präparation" deutlich zunimmt und
schließlich überwiegt. Die Reduktion der osteoporotischen Frakturrate bei über
zweijähriger Anwendung liegt bei der kontinuierlich-kombinierten Behandlung bei etwa 50%
und bei der sequentiellen Behandlung bei 25%. Der Typ des Gestagens ist bedeutend für
diesen protektiven Effekt; Gestagene mit androgener Restwirkung führen zu einem
höheren Knochenmassegewinn.
Mammakarzinom
Es sind Untersuchungen durchgeführt worden in Kooperation mit dem Tumorzentrum der
Johns-Hopkins-Universität in Baltimore, die die Bedeutung des Progesterons und der
Gestagene für den genetisch programmierten Zelltod (Apoptose) haben klären helfen.
Die Untersuchungen betreffen insbesondere Zellkulturen und den sogenannten Tunel-Test, der die
Apoptoserate erfaßt. Der programmierte Zelltod ist einer der Mechanismen, über den die
physiologische DNA-Reparatur der Zelle erfolgt. Die Steuerung erfolgt über die von
Tumorsuppressor-Onkogenen abhängige Expression von inhibitorischen Proteinen, die
wiederum Einfluß nehmen auf Fortgang oder Stopp des Zellzyklus. Auf diese Weise gelingt
es, mit Sexualhormonen steuernd in den physiologischen und Tumorzellzyklus einzugreifen.
Es wurde ein Projekt in Gemeinschaft mit dem Department für Klinische Chemie der
Universität Utrecht in Holland begonnen, das den Östrogenstoffwechsel sowie die
Progesteronwirkung direkt auf Gewebsniveau der gesunden und erkrankten Brust untersucht. Dabei
werden Gewebsproben im Rahmen der Mammachirurgie normalen, gutartig mastopathisch
veränderten, präkanzerösen und schließlich verkrebsten Brustgewebes
gewonnen. Es wird verglichen, wie sich der Hormonstoffwechsel auf Gewebsniveau der Brust
verhält im Vergleich zur peripheren Zirkulation des Gesamtorganismus. Zugleich wird die
Abhängigkeit bestimmter Tumorformen von dem Gewebshormonstoffwechsel analysiert.
Bisher konnte gezeigt werden, daß ein etwa zehnfacher Gradient zwischen
Östrogenstoffwechsel auf Brustgewebsebene im Vergleich zur Peripherie besteht und deshalb
die Frage einer Beeinflussung der Hormonsubstitution auf die Entwicklung von Brusttumoren mit
großer Zurückhaltung beurteilt werden muß.
Klimakterische Beschwerdeskala
Zur Objektivierung klimakterischer Beschwerden und ihrer therapeutischen Beeinflussung wurde
in Kooperation mit österreichischen und schweizer Gynäkologen eine Menopause
Rating Scale entwickelt. Hier handelt es sich um eine Selbstbewertungsskala, die drei
Beschwerdecluster im Sinne somatischer, psychischer und urogenitaler Veränderungen
charakterisiert aus einer spezifischen Symptomenskala mit elf Items. Diese Skala wurde inzwischen
in großen Studien eingesetzt und ist - erstmals für ein solches Bewertungssystem -
über eine anderthalbjährige Verlaufsbeobachtung auf ihre Stabilität und
Zuverlässigkeit geprüft worden.
Es stellte sich heraus, daß mit der MRS bestimmte Beschwerdetypen erfaßt werden, die
über die gesamte klimakterische Transition individualtypisch erhalten bleiben. Darüber
hinaus erfaßt die MRS die Lebensqualität der alternden Frau, wie eine mit
Unterstützung durch Infratest durchgeführte repräsentative Befragung in
Deutschland ergeben hat. Methodisch wurde eine Beziehung zur Short Form-36, dem
gebräuchlichsten Instrument zur Erfassung der sogenannten quality of life, hergestellt.
Die Untersuchungen wurden unterstützt durch den Förderkreis der Deutschen
Menopause Gesellschaft, die Deutsche Forschungsgemeinschaft und im Rahmen von Phase-III- und
Phase-IV-Studien der pharmazeutischen Industrie. Der Abteilungsleiter war in der Berichtszeit
Präsident der Deutschen Menopause Gesellschaft, Chairman des Council of Affiliated
Menopause Societies der International Menopause Society und Mitglied des Executive Committee
der European Menopause Society.
Drittmittelgeber:
Beteiligte Wissenschaftler:
Veröffentlichungen: |
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Hans-Joachim Peter