Forschungsbericht 1997-98   
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Direktor: Prof. Dr. Ulrich van Suntum

 
 
 
[Pfeile blau] Forschungsschwerpunkte 1997 - 1998
Fachbereich 04 - Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Institut für Siedlungs- und Wohnungswesen
Arbeitsmarkt und Beschäftigungspolitik
 


Aktive Arbeitsmarktpolitik in ausgewählten EU-Staaten

Fast täglich finden sich Meldungen zur künftigen Arbeitsmarktpolitik der neuen Bundesregierung in der Presse. So plant Bonn beispielsweise ein Sofortprogramm zur Bekämpfung der Jugendarbeitslosigkeit, welches mit zwei Milliarden DM dotiert ist. Die Bundesanstalt für Arbeit hat ihren Gesamtetat für das kommende Jahr auf ungefähr 105 Milliarden DM erhöht, obwohl sie mit einem leichten Rückgang der Arbeitslosigkeit rechnet. Hier deutet sich ein Richtungswechsel an, der zu einem stärkeren Gewicht der aktiven Arbeitsmarktpolitik in der Bundesrepublik Deutschland führen dürfte. Daher erscheint es lohnenswert, sich mit den Möglichkeiten und Grenzen aktiver Arbeitsmarkt näher zu beschäftigen.

Die Auseinandersetzung mit dem Thema soll anhand einer länderübergreifenden Studie erfolgen. Aufgrund der Fülle des auszuwertenden Materials ist es sinnvoll, die Untersuchung auf einige ausgewählte Länder zu beschränken. Bezugnehmend auf das Internationale Beschäftigungs-Ranking 1998 werden Dänemark, Deutschland, Großbritannien und Schweden in die Untersuchung einbezogen. Aktive Arbeitsmarktpolitik kann entweder bei den Arbeitslosen (Angebotsseite) oder bei den Arbeitsplätzen (Nachfrageseite) ansetzen. Folgende Tatbestände sollen unter den Begriff subsumiert werden:

I. Angebotsseitige Maßnahmen

a) Beratung/Arbeitsplatzvermittlung (job broking)

b) Qualifizierungsmaßnahmen (labour market training)

c) Definition von Zumutbarkeitskriterien

II. Nachfrageseitige Maßnahmen

a) Lohnkostenzuschüsse (subsidised employment)

b) Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen (direct job creation)

c) Förderung von Selbständigkeit (support of starting enterprises).

Alle diese Maßnahmearten können spezielle Ausgestaltungen für Problemgruppen des Arbeitsmarktes (z. B. Jugendliche, Langzeitarbeitslose, Behinderte) erfahren und sollen näher untersucht werden.

Neben der Ermittlung länderspezifischer Unterschiede in Bezug auf Maßnahmearten und/oder Gewichtungen sollen in die Analyse folgende Aspekte einfließen:

- Wie sieht die aktuelle Performance der jeweiligen Arbeitsmärkte aus?

- Welche Maßnahmen werden aktuell in den zu untersuchenden Ländern durchgeführt?

- Welche Entwicklungslinien lassen sich im Bereich der Arbeitsmarktpolitik erkennen?

- Institutionelle Ausgestaltung der Arbeitsmarktpolitiken und sozialen Sicherungssysteme in den untersuchten Ländern.

Im nächsten Untersuchungsschritt wird eine Bewertung der Maßnahmen vorgenommen. Aus theoretischer Sicht stellt aktive Arbeitsmarktpolitik einen Eingriff in Marktprozesse dar. Eine staatliche Intervention in den Arbeitsmarkt kann als legitim betrachtet werden, wenn damit ein Marktversagen gemildert bzw. geheilt werden kann. Beispiele: Mangelnde Transparenz läßt sich durch Arbeitsberatung und -vermittlung reduzieren; regionaler/qualifikatorischer Mismatch kann durch Mobilitätshilfen/Bildungsmaßnahmen vermindert werden.

Interessanter als die Frage der Legitimation ist jedoch die der Nebenwirkungen. Was spricht aus theoretischer Sicht gegen die Effizienz obiger Maßnahmen? Einzugehen ist auf [1] Mitnahmeeffekte (deadweight losses), [2] Substitutionseffekte (displacement effects), [3] Sperrklinkeneffekte (locking-in effects), [4] Fehlanreize: Staat in der Rolle des "lender of last employment", [5] Informationsdefizite.

Die Argumente für und wider arbeitsmarktpolitische Maßnahmen sind empirisch durch die Ergebnisse von Erhebungen bzgl. der Effektivität solcher Maßnahmen zu ergänzen. Grundsätzlich lassen sich mikro- und makroökonomische Evaluationen unterscheiden. Erstere setzen an den Teilnehmern aktiver Arbeitsmarktpolitik an und fragen beispielsweise:

- Haben sich die individuellen Chancen auf einen Arbeitsplatz verbessert?

- Wo ist die betreffende Person sechs/zwölf Monate nach Ablauf der Maßnahme verblieben?

Letztere gehen der Frage nach, welcher Einfluß von aktiver Arbeitsmarktpolitik auf Beschäftigung und Löhne in der gesamten Volkswirtschaft ausgeht.

Schließlich sollen vor dem Hintergrund der theoretischen und empirischen Erkenntnisse Anforderungskriterien an die konkrete Ausgestaltung aktiver arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen aufgestellt werden. Damit ist der Weg zu einer kritischen Beurteilung der anfangs vorgestellten Länderpolitiken geebnet. Herauszuarbeiten ist insbesondere, welche Maßnahmen durch eine günstige Kosten-Nutzen-Relation gekennzeichnet sind.

Einige sich bereits abzeichnende Ergebnisse:

- Die vorliegenden Evaluationen legen nahe, daß aktive Arbeitsmarktpolitik kein Patentrezept gegen Massenarbeitslosigkeit ist.

- Die durchgeführten Maßnahmen sollten auf Problemgruppen des Arbeitsmarktes beschränkt werden.

- Zeitlich begrenzte Lohnkostenzuschüsse zur Reintegration Langzeitarbeitsloser sind sinnvoll.

- Aktive Arbeitsmarktpolitik schafft im Vergleich zu einer passiven Politik zusätzlichen Finanzierungsbedarf. Selbstfinanzierungsquoten werden meistens zu hoch veranschlagt.

Weiterhin ist es denkbar, an dieser Stelle auf in der Literatur vorhandene Vorschläge zur Verbesserung der Effizienz der Arbeitsmarktpolitik einzugehen. Zu erwähnen ist etwa das von Snower vorgeschlagene "Benefit-Transfer"-Programm, welches auf der Vergabe von Beschäftigungsgutscheinen basiert.

Drittmittelgeber:

Bertelsmann Stiftung

Beteiligte Wissenschaftler:

Prof. Dr. Ulrich van Suntum, Dipl.-Volkswirt Martin Kröger
 
 
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Hans-Joachim Peter
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Datum: 1999-07-16