Forschungsbericht 1997-98   
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Direktor: Prof. Dr. Ulrich van Suntum

 
 
 
[Pfeile blau] Forschungsschwerpunkte 1997 - 1998
Fachbereich 04 - Wirtschaftswissenschaftliche Fakultät
Institut für Siedlungs- und Wohnungswesen
Wohnungswirtschaft, Wohnungsbaufinanzierung, Wohnungspolitik
 


Instrumente sozialer Wohnungspolitik in Deutschland - Eine Analyse der Wirkungen auf die großräumige Mobilität von Erwerbstätigen

Die effiziente Ausgestaltung des Instrumentariums der sozialen Wohnungspolitik besitzt in Deutschland angesichts der gestiegenen Zahl von Bedürftigen bei gleichzeitig geringen staatlichen Finanzierungsspielräumen seit einigen Jahren höchste Priorität. In der politischen und wissenschaftlichen Diskussion werden die einzelnen Instrumente vor allem hinsichtlich ihrer sozialen Treffsicherheit und ihrer Eignung zur Erhöhung des Wohnungsangebotes für bedürftige Haushalte bewertet. Daneben findet zu Recht auch das Kriterium der allokativen Effizienz verstärkt Beachtung bei der Beurteilung der Instrumente. Dieses besagt, daß staatliche Eingriffe auf dem Wohnungsmarkt möglichst neutral in dem Sinne verlaufen sollen, daß Investitionsstruktur und Nachfragerpräferenzen nicht entgegen der Marktkräfte verzerrt werden. Angesichts eines Subventionsvolumens von geschätzten 40 Mrd. DM jährlich und der starken Verflechtung zu vor- und nachgelagerten Märkten gehen die allokativen Wirkungen der sozialen Wohnungspolitik jedoch über den Wohnungsmarkt hinaus. Die möglichen Einflüsse auf die gesamtwirtschaftliche Verteilung und Flexibilität der Produktionsfaktoren Arbeit, Boden, Kapital sind dabei vielfältig. Reformvorschläge zur effizienten Ausgestaltung der Instrumente sollten daher idealerweise mögliche "allokative Nebenwirkungen" gesamtwirtschaftlicher Art berücksichtigen.

Mit dieser Arbeit wird das Ziel verfolgt, die Wirkungen der sozialen Wohnungspolitik auf die Mobilität des Produktionsfaktors Arbeit, also der Erwerbstätigen, in die Analyse einzubeziehen. Hintergrund ist die Tatsache, daß in Deutschland seit den sechziger Jahren ein stetiger Rückgang der großräumigen, arbeitsplatzorientierten Wanderungsfälle zu beobachten ist. Immer wieder wird in diesem Zusammenhang auf die möglichen negativen Folgen für den gesamtwirtschaftlichen Strukturwandel und den regionalen Arbeitsmarktausgleich hingewiesen. Hinsichtlich der sozialen Wohnungspolitik wird die These geäußert, daß sie arbeitsplatzmotivierte Wanderungen über ihre Instrumente Wohneigentumsförderung, sozialer Wohnungsbau und Mietrecht verteuert und damit die dargestellte Entwicklung begünstigt. Wäre eine solche Beziehung gegeben, würde dies bedeuten, daß sich durch den Einsatz sozialpolitisch motivierter Maßnahmen die gesamtwirtschaftliche Wohlfahrt verringert und sich dadurch die Zahl der Bedürftigen letztendlich erhöht. Eine theoretisch fundierte Analyse dieser Zusammenhänge liegt für Deutschland jedoch nicht vor. Im Rahmen dieser Arbeit werden daher die Mobilitätswirkungen der angesprochenen Instrumente, ergänzt um die des Wohngeldes, analysiert und im Rahmen abzuleitender Reformvorschläge für eine effiziente soziale Wohnungspolitik berücksichtigt.

In einem ersten Arbeitsschritt muß als eine Art Bestandsanalyse die Entwicklung und die gesamtwirtschaftliche Bedeutung der Mobilität von Erwerbstätigen eingehend analysiert werden. Dabei sind als alternative Mobilitätsform auch großräumige, tägliche Pendelwanderungen zum Arbeitsplatz, die in den letzten Jahrzehnten kontinuierlich an Bedeutung gewonnen haben, einzubeziehen. Im Anschluß daran sind die individuellen Bestimmungsgründe von Migration und Pendeln theoretisch zu untersuchen. Dies ist notwendig, um später den Einfluß wohnungspolitischer Instrumente auf das Entscheidungskalkül des potentiell Mobilitätswilligen bestimmen zu können. Die individuelle Entscheidung, einen neuen Arbeitsplatz in einer anderen Region über eine Migration oder alternativ über tägliches Pendeln zu erreichen, hängt entscheidend von den erwarteten Kosten dieser beiden Mobilitätsformen und vom erwarteten Zusatznutzen (Einkommen) am neuen Arbeitsplatz ab. Als mobilitätsrelevante Kosten müssen insbesondere Umzugskosten monetärer und nichtmonetärer Art, Suchkosten, Pendelkosten und die zu erwartenden Wohnkostenunterschiede in das Entscheidungskalkül aufgenommen werden. Zu beachten ist, daß der Einfluß dieser Kosten auf die Mobilitätsentscheidung zum Teil mit den persönlichen Merkmalen des Betroffenen (Alter, Familiensituation, Einkommen und Bildungsniveau) variiert.

Im Hauptteil der Arbeit sollen die Wirkungen einzelner Instrumente der sozialen Wohnungspolitik innerhalb der abgeleiteten Mobilitätskalküle abgebildet und quantifiziert werden. Als Beispiel sei hier kurz der soziale Wohnungsbau angeführt. Der Kreis der Sozialwohnungsberechtigten ist in Deutschland deutlich größer als der entsprechende Wohnungsbestand. Für einen Sozialmieter besteht die Gefahr, daß er den wohnungsgebundenen Mietpreisvorteil gegenüber einer vergleichbaren freifinanzierten Wohnung, den er bei einem Auszug aus der öffentlich geförderten Wohnung verliert, u. U. in einer anderen Stadt nicht wieder erlangt, weil er dort keine neue Sozialwohnung bewohnen kann. Die daraus resultierenden erwarteten Wohnkostenunterschiede verteuern seine Migrationsentscheidung. Bedürftige Haushalte sind davon in geringerem Ausmaß betroffen als Fehlbeleger, weil sie am Zielort der Migration u. U. die Möglichkeit besitzen, eine neue Sozialwohnung zu beziehen und somit wieder Mietvorteile zu realisieren.

Die theoretisch abgeleiteten Wirkungen auf die einzelnen Kostenkomponenten sind soweit wie möglich zu quantifizieren und im Hinblick auf ihre Gesamtwirkung auf das Mobilitätskalkül unterschiedlicher Haushaltsgruppen zu beurteilen. Aus diesen Schlußfolgerungen lassen sich Thesen zu den Mobilitätswirkungen einzelner wohnungspolitischer Instrumente ableiten. Diese Thesen sollen im weiteren empirisch überprüft werden. Das Mobilitätsverhalten (Migration, Pendeln) von Sozialmietern beispielsweise soll mit ansonsten vergleichbaren Mietern im frei finanzierten Wohnungsbestand verglichen werden. Hierzu bietet sich als Datengrundlage das Sozio-oekonomische Panel an.

Im abschließenden Teil der Arbeit sollen die erzielten Ergebnisse zu den Mobilitätswirkungen einzelner Instrumente in die Diskussion von Reformvorschlägen für eine effizienzsteigernde Ausgestaltung der sozialen Wohnungspolitik einfließen. Modifizierungen können dabei sowohl hinsichtlich der Ausgestaltung einzelner Instrumente als auch im Hinblick auf ihre Gewichtung im wohnungspolitischen Gesamtsystem sinnvoll sein.

Beteiligter Wissenschaftler:

Dipl.-Volkswirt Roland Nolte
 
 
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Hans-Joachim Peter
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Datum: 1999-07-15