Neuverhandlungen des Holocaust
„…dass Auschwitz nicht noch einmal sei“
Konferenz und Konzert mit Esther Bejarano


09.11.2014, Bennohaus Münster

Konferenz

Wie drängend ist das Thema Auschwitz in unserer heutigen Gesellschaft noch? In einer Zeit, in der die Nachrichtensendungen von Bildern fundamentalistischer Glaubenskrieger, dem Bürgerkrieg Mitten in Europa und im Nahen Osten und Naturkatastrophen dominiertsind – brauchen wir da ein Erinnern an Auschwitz? Die Antwort ist ja. Gerade jetzt, fast 70 Jahre nach der Befreiung vom Hitlerfaschismus durch die bedingungslose Kapitulation des Dritten Reichs finden überall auf der Welt Kriege, Verfolgung, Unterdrückung und systematischer Massenmord statt. Aus Auschwitz lernen heißt für das Jetzt lernen heißt für die Zukunft lernen.

Längst ist das Thema Auschwitz in unseren Schulen etabliert, der Forschungsbereich ausgebaut, ein gesellschaftlicher Konsens hergestellt. Gedenkstätten, Zeitzeugengespräche, Dokumentationen zeigen uns das wahre Gesicht des Faschismus – und doch ist Neonazismus ein Problem und drängt zurzeit in die Mitte der Gesellschaft. Was tun, um aufzuklären, der Propaganda der Neonazis etwas entgegenzusetzen ohne zu bevormunden? Wie kann ein Gedenken an Auschwitz in der Lebenswelt junger Menschen verankert werden, auch wenn direkt Betroffene des Dritten Reichs in ihrem Umfeld nicht oder nicht mehr vorhanden sind?

Es wird Zeit, den Holocaust neu in den Blick zu nehmen.

Während die ‚vierte Generation‘ sich fragt, ob sie Ur-Opas Verhalten im Dritten Reich wirklich noch etwas angeht, erscheinen regelmäßig Beiträge, Internet-Videos, Facebook-Seiten, die Erinnern und Gedenken unter ganz neuen Perspektiven verhandeln. Auschwitzüberlebende tanzen gemeinsam mit jungen Menschen auf dem ehemaligen KZ-Gelände zu Gloria Gaynors „I will survive“, Facebook-User erstellen ein Profil für den 1942 in Majdanek ermordeten Henio Zytomirski und lösen damit teils heftige Debatten aus. Wie politisch korrekt muss die dritte oder vierte Generation noch sein? Ist es wichtig, dass gedacht wird oder auch wie gedacht wird? Wie gehen Schulen, Gedenkstätten und Pädagogen mit dieser neuen Erinnerungskultur um?

Die Konferenz Neuverhandlungen des Holocaust diskutiert diese drängenden Fragen mit WissenschaftlerInnen, mit MitarbeiterInnen von Gedenkstätten und mit dem münsterschen Publikum.

Kulturveranstaltung

Esther Bejarano und die Microphone-Mafia bilden den Höhepunkt des Konferenztages. Die 89jährige Holocaustüberlebende, Bundesverdienstkreuzträgerin und Vorsitzende des Internationalen
Auschwitz-Komitees Bejarano singt gemeinsam mit der Hip-Hop-Gruppe Lieder über ihre Auschwitz-Vergangenheit und über gegenwärtige rechte Tendenzen in unserer Gesellschaft. In ihren Texten hat Bejarano ihre Vergangenheit als eine der wenigen Überlebenden des Mädchenchors von Auschwitz verarbeitet. Die Musik der Microphone Mafia transferiert diese Erinnerungen in einen gegenwärtigen populärmusikalischen Diskurs.
Den thematischen und musikalischen Ausklang liefern Quijote, mit dem Programm „Ein Licht vom Rand der Seele“, in dem sie dem Buchenwald-Schwur ein musikalisches Denkmal setzen.

Beitragende

Ester Bejarano, Auschwitz-Überlebende und Vorsitzende des Auschwitz Komitees, Künstlerin. Schirmherrin der Veranstaltung.
Dr. Kirstin Frieden, Kulturwissenschaftlerin, München.
Jakob Smigla-Zywocki, freier wissenschaftlicher Mitarbeiter Gedenkstätte Villa ten Hompel und Franz-Hitze-Haus, Münster.
Prof. Dr. Ingo Zimmermann, Pädagoge, Katholischen Hochschule NRW, Abteilung Münster.
Prof. Dr. Herbert Schui, Professor für Volkswirtschaftslehre (emerit.), Hamburg.

Programm
Plakat