Dielektrophoretische Partikelmanipulation

Während optische Pinzetten in ihren vielfältigen Implementationen eine präzise dreidimensionale Kontrolle auf der Mikroskala bieten, ist ihre Anwendung auf wenige Partikel beschränkt, da sich die Laserleistung nicht beliebig oder nur unter großen Anstrengungen vergrößern lässt. Außerdem ist man durch den Einsatz von Mikroskopobjektiven mit sehr großer NA auf das geringe Gesichtsfeld beschränkt. Benutzt man elektronische Effekte wie zum Beispiel die Dielektrophorese für die Anordnung, so lässt sich die Kontrolle von Materie im Prinzip auf eine beliebig große Fläche ausdehnen, da die Fangenergie von einer externen Spannungsversorgung bereitgestellt wird.

Dielektrophorese beschreibt das Verhalten von Materie in stark inhomogenen elektrischen Felder. Im Gegensatz zur Elektrophorese, die die Anziehung von ungleichnamigen Ladungen beschreibt, wirken dielektrophoretische Kräfte auch auf ungeladene Partikel, je nach elektrischen Eigenschaften mehr oder weniger stark anziehend beziehungsweise abstoßend. Diesen Vorgang kann man recht anschaulich beschreiben (hier am Beispiel einer ungeladenen Kugel): Allgemein wird ein Dielektrikum in einem elektrischen Feld polarisiert, es wird also ein Dipol in der ansonsten ungeladenen Kugel induziert. Ist dieses Feld homogen, zum Beispiel in einem Plattenkondensator, so greifen auf jeder Seite des Dipols die gleichen Kräfte, nur in entgegengesetzte Richtung an, sie neutralisieren sich also. Ist das Feld dagegen inhomogen, wie zum Beispiel bei der Elektrodenanordnung in der Animation, so greift auf der einen Seite des Dipols eine stärkere Kraft an als auf der anderen Seite. Der Dipol und damit auch die ungeladene Kugel wird beschleunigt, entweder angezogen falls die Permittivität der Materie größer ist als die des umgebenden Mediums oder abgestoßen im ungekehrten Fall.

Dielektrophorese auf photorefaktiven Kristallen

Graphitpartikel auf einem Lithiumniobat-Kristall Anstatt wie herkömmlich metallische Elektroden zu benutzen, die in mehreren komplizierten Herstellungsschritten auf ein Trägersubstrat aufgedampft werden müssen, lassen sich die Elektroden, die für die Bereitstellung des inhomogenen Feldes nötig sind, auch virtuell erzeugen. Im Bild unten sieht man die Oberfläche eines Lithiumniobat-Kristalls. Durch die internen Felder, die sich durch den photovoltaischen Effekt induzieren lassen, wurden Graphitpartikel in Luft dielektrophoretisch angeordnet. Die Feldstärke im Material kann dabei Werte von mehreren kV/mm erreichen, ein Wert der in Luft sofort zum Durchschlag führen würde. Durch die Eigenschaft der internen Felder, durch eine gleichmäßige Bestrahlung wieder löschbar zu sein, lässt sich die Anordnung rein optische wieder verändern, was das Neuproduzieren der althergebrachten Elektroden überflüssig macht. Darüber hinaus bieten die bisher verwendeten Materialien durch ihre elektrooptischen Eigenschaften auch eine sehr einfache Möglichkeit zur Visualisierung der internen Felder. Der lineare elektrooptische Effekt oder auch Pockels-Effekt sorgt für eine Modifikation des Brechungsindex des Materials in Abhängigkeit des internen oder eines extern angelegten elektrischen Feldes. Eine solche Brechungsindexdifferenz zwischen verschiedenen Stellen im Kristall führt zu einer Phasenänderung und kann so in verschiedenen Phasenkontrastverfahren detektiert werden. Durch die große Vielzahl an photoleitfähigen und elektropotischen Materialien lässt sich ein potentiell breites Spektrum an Anwendungen abdecken, von einer Echtzeitmanipulation von Partikeln bis hin zu einer permanenten Anordnung, die über Tage und so auch zum Beispiel während eines möglichen Transports stabil bleibt.

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Mittels Digitalholographie gemessene elektrische Feldverteilung in photorefraktivem Lithiumniobat Geladene Glaskohlenstoff-Partikel, gefangen in einer optisch induzierten Anordnung auf Lithiumniobat