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Eine knappe Million für die interdisziplinäre Modellforschung

VolkswagenStiftung fördert Projekt zu "Literaturforschung und Energiewende" / Außergewöhnliche Interdisziplinarität zwischen WWU-Literaturwissenschaftlern und KIT-Spitzenforschung
Prof. Dr. Stierstorfer, Dr. Erdbeer und Prof. Dr. Achermann
Die WWU-Forscher Prof. Dr. Klaus Stierstorfer, PD Dr. Robert Matthias Erdbeer und Prof. Dr. Eric Achermann (v.l.n.r)
© Uni MS/Friederike Stecklum

Modelle gehören zu den grundlegenden Strategien menschlicher Orientierung und Identitätsfindung. Globale Herausforderungen wie Klimaerwärmung, Massenmigration oder der sich beschleunigende Technologiewandel sind komplex und diffus. Um derartige Entwicklungen umfassend verstehen und angemessen darauf reagieren zu können, bilden Menschen anschauliche Modelle, die auch als Grundlage für gesellschaftliche und politische Entscheidungen dienen. In der Forschung befassen sich daher die meisten Disziplinen mit konkreten Modellierungen der einen oder anderen Art. Zwischen den Modell-Begriffen und -Theorien der verschiedenen Disziplinen gibt es bisher jedoch wenig Austausch, ähnliche Terminologien werden oft unterschiedlich genutzt.

"Was fehlt, ist eine interdisziplinäre Anstrengung, einen Mehrwert aus diesen Unterschieden zu gewinnen und den Weg für eine Modellforschung jenseits der Disziplingrenzen zu bereiten", erläutert Prof. Dr. Klaus Stierstorfer, Literaturwissenschaftler am Englischen Seminar der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster (WWU). Er ist Sprecher des Projekts "Literaturforschung und Energiewende – Entwicklung und Applikation einer literarischen Modelltheorie", das ab August 2017 von der VolkswagenStiftung in der Linie "Offen - für Außergewöhnliches" über vier Jahre mit rund 940.000 Euro gefördert wird.

Die aus Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen der WWU und des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT) bestehende Forschungsgruppe möchte diese Lücke nun mit einer allgemeinen Modelltheorie schließen und gleichzeitig ein Werkzeug für konstruktive Modellkritik bereitstellen. Dafür wird am Projektstandort Münster an der Entwicklung einer allgemeinen Modelltheorie gearbeitet, die von einer literarischen Modelltheorie ausgehend die Kluft zwischen den Geistes- und den Natur- beziehungsweise Technikwissenschaften überwinden kann. Praktisch angewendet und getestet wird das entwickelte Theoriemodell am Projektstandort Karlsruhe, in einem der komplexesten Modellszenarien Deutschlands: dem "EnergyLab 2.0" des KIT, in dem ein Campus zum Modell wird, um die Energiewende in Deutschland bis zum Jahr 2050 darzustellen.

"Die Kooperation zwischen Münster und Karlsruhe wird durch die konkrete Prüfung einer allgemeinen Modelltheorie zu einer signifikanten Verbesserung dieser Theorie führen und schließlich zur Bildung einer Pädagogik oder Didaktik der Modellierung beitragen, die die Kommunikation und das Marketing von Modellen an verschiedene Adressaten, von Politikern und Entscheidungsträgern bis hin zum Bildungssektor und der breiten Öffentlichkeit weiter untersuchen wird", erläutert WWU-Literaturwissenschaftler Dr. Robert Matthias Erdbeer die Zielsetzungen des mit Vertretern aus Literaturwissenschaft, Psychologie, Informatik und Physik ungewöhnlich zusammengesetzten Projektteams. "Die literarische Modellforschung kann entscheidende Impulse liefern, um transdisziplinäre Strategien der öffentlichen Vermittlung, aber auch der kontrollierten Rückkoppelung der Diskussionen an die technischen Prozesse zu ermöglichen", betont Klaus Stierstorfer.

Beteiligte Wissenschaftler:

Westfälische Wilhelms-Universität Münster (WWU):
Prof. Dr. Klaus Stierstorfer (Englisches Seminar), Sprecher
Prof. Dr. Eric Achermann (Germanistisches Institut)
PD Dr. Robert Matthias Erdbeer (Germanistisches Institut)

Karlsruher Institut für Technologie (KIT):
Prof. Dr. Armin Grunwald (Institut für Technikfolgenabschätzung und Systemanalyse)
Prof. Dr. Veit Hagenmeyer (Institut für Angewandte Informatik)
Prof. Dr. Ines Langemeyer (Institut für Berufspädagogik und Allgemeine Pädagogik)