Kommentar |
Die soziologische Handlungstheorie erhebt in ihrer klassischen Ausprägung („methodischer Individualismus") den Anspruch, Leitparadigma der Soziologie zu sein. Der zentrale Bezugspunkt soziologischer Analyse und Erklärung wäre demnach der handelnde Akteur. In jüngerer Zeit haben vor allem makrotheore-tisch ausgerichtete Ansätze (Diskurstheorie, Systemtheorie) das handelnde Sub-jekt „dekonstruiert". Die Kategorie der „Handlung" hat in dieser Perspektive den Status des Grundbegriffs eingebüßt und wird - etwas zugespitzt formuliert - zu einem sozialen Mythos (soziale Systeme und Diskurse machen glauben, dass Per-sonen Handlungen durchführen und dass Handlungen Ordnungen bilden bzw. reproduzieren). Zwischen diesen entgegen gesetzten Alternativen bewegen sich die philosophisch-soziologische Tradition des Pragmatismus und ihre aktuellen Varianten, die weder die Subjektlosigkeit anonymer Kommunikation noch den Individualismus der alten Handlungstheorie verteidigt. Die Lehrveranstaltung führt in klassische soziologische Handlungstheorien und dabei in allgemeine Probleme der Handlungstheorie ein, um vor diesem Hintergrund pragmatistische und praxistheoretische Ansätze betrachten und bewerten zu können. |
Literatur |
Certeau, Michel de (1986): Die Kunst des Handelns, Berlin: Merve; Horn, Christoph und Guido Löhrer (Hg.) (2010): Gründe und Zwecke. Texte zur aktuellen Handlungstheorie, Ffm.: Suhrkamp Joas, Hans (1996): Die Kreativität des Handelns, Frankfurt/M.: Suhrkamp; Luhmann, Niklas (1985): „Kommunikation und Handlung", in: ders., Soziale Systeme. Grundriss einer allgemeinen Theorie, 2te Aufl. Frankfurt/M.: Suhrkamp, S. 191-242. Schatzki, Theodore R., Karin Knorr Cetina, Eike von Savigny (Hg.) (2001): The Practice Turn in Contemporary Theory, London, New York: Routledge. Schütz, Alfred (2004): Der sinnhafte Aufbau der sozialen Welt, ASW Band 2, Konstanz: UVK. |