Kommentar |
Die Frage nach dem wahren Glauben und nach dem Umgang mit der in der Folge der Reformation entstandenen Glaubensspaltung gehörte in der Reformationszeit zu den zentralen Themen auch der Reichspolitik. Zu dem alten Dualismus von Kaiser und Ständen kam in den 1520er Jahren der Gegensatz zwischen einer „altgläubigen” und einer evangelischen reichsständischen Religionspartei hinzu. Auf den Reichstagen und in mancherlei anderen reichspolitischen Gesprächsformaten verhandelten und stritten der Kaiser (oder sein Vertreter) und die Reichsstände in der Reformationszeit über die Geltung des Wormser Edikts, das Karl V. 1521 gegen Luther hatte ergehen lassen, über die Berechtigung der evangelischen Stände, die Bekenntnis- und Kirchenverhältnisse in ihren Territorien selbst zu gestalten, über mögliche Wege zur Wiederherstellung der Glaubenseinheit und über interimistische Anstände. Nach einer Phase gescheiterter Vermittlungsversuche (Religionsgespräche, 1540/41) wurde schließlich über den wahren Glauben Krieg geführt (Schmalkaldischer Krieg 1546/47, Fürstenrebellion 1552). Erst als sich abzeichnete, dass keine der Religionsparteien würde obsiegen und die Glaubensspaltung einstweilen nicht würde beseitigt werden können, kam es im Augsburger Religionsfrieden 1555 zu einer Friedensordnung, die die religiöse Wahrheitsfrage vorerst unentschieden ließ und die Koexistenz der beiden großen Bekenntnisse im Reich (katholisches Bekenntnis und Augsburgische Konfession) reichsrechtlich dauerhaft regelte. – Die Lehrveranstaltung verfolgt die reichspolitischen Debatten und Konflikte der Reformationszeit um Konfession und Glaubensspaltung, um Kirche und Reichsreligionsrecht und um die religionspolitischen Rechte und Pflichten des Kaisers und der Reichsstände vom Wormser Reichstag von 1521 bis zum Augsburger Religionsfrieden von 1555.
Die Teilnahme an dem Hauptseminar setzt die Bereitschaft zur Übernahme eines Referates voraus. |
Literatur |
Literatur: Horst Rabe, Deutsche Geschichte 1500-1600. Das Jahrhundert der Glaubensspaltung, München 1991; Wolfgang Reinhard, Reichsreform und Reformation 1495-1555, in: Gebhardt Handbuch der deutschen Geschichte, 10., völlig neu bearbeitete Aufl., Bd. 9, hrsg. von Wolfgang Reinhard, Stuttgart 2001, S. 109-356; Olaf Mörke, Die Reformation. Voraussetzungen und Durchsetzung (Enzyklopädie deutscher Geschichte, Bd. 74), 2. Aufl. München 2011; Barbara Stollberg-Rilinger, Das Heilige Römische Reich Deutscher Nation. Vom Ende des Mittelalters bis 1806, 5., aktualisierte Aufl. München 2013; Luise Schorn-Schütte, Die Reformation. Vorgeschichte – Verlauf – Wirkung, 6., überarbeitete Aufl. München 2016. |